Eckdaten

Die Entwicklung der GaN-Halbleiter schreitet schnell fort: GaN löste in nur drei Jahren SiC (Siliziumkarbid) in HF-Verstärkern ab. Die etwas höheren Preise für GaN-Halbleiter schrecken zwar noch manchen Entwickler von deren Anwendung ab. Marktforscher gehen jedoch davon aus, dass ein 15-A-GaN-HEMT zwischen 2016 und 2019 preislich mit seinem Silizium-Pendant gleichziehen kann und schon jetzt durch die technischen Vorteile punktet.

Die Elektronik begann mit „Feldeffekten“ in Form von feldgesteuerten Röhren, ob nun als lineares Verstärkerelement (Elektronenröhre mit geheizter Kathode) oder als Schalter für höhere Leistungen (gasgefülltes Thyratron). Beide hatten den Vorzug, über die Gitter hochohmig und rein spannungsgesteuert zu arbeiten. Zudem war zumindest die reguläre Elektronenröhre auch für höherfrequente Anwendungen geeignet.

Viele Halbleiter, die längst den Platz der Röhren eingenommen haben, sind ebenfalls feldgesteuert. Das Prinzip des FETs, des spannungsgesteuerten unipolaren Feldeffekttransistors, wurde schon in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts definiert, damals jedoch mangels der Möglichkeit, diese Bauteile herzustellen, nicht weiter verfolgt. Deshalb waren die ersten marktreifen Transistoren Ende der 40er-Jahre zunächst bipolar. Der FET in all seinen Varianten ist heute jedoch gegenüber dem mit p-n-Sperrschichten stromgesteuerten bipolaren Transistor viel weiter verbreitet. Eine Kombination aus beiden ist der IGBT (Insulated-Gate Bipolar Transistor). Dieser hat den Thyristor, das Äquivalent zum Thyratron, in der Leistungselektronik außerhalb einfacher Glühlampendimmer, deren Ära nun auch abgelaufen ist, längst abgelöst.

Der FET wurde laufend weiterentwickelt. Zunächst war er als Kleinleistungs-JFET wie bipolare Transistoren mit einer Sperrschicht ausgerüstet, die bei falscher Polung leitete. Danach kam der MOSFET mit einem durch Siliziumoxid isolierten Gate, der längst auch als Leistungs-MOSFET verfügbar ist. GaN-HEMTs erreichen aufgrund der besonderen Materialeigenschaften mit und ohne isoliertem Gate eine noch bessere Schaltcharakteristik und Schaltgeschwindigkeit als Silizium-Halbleiter wie JFET, MOSFET oder IGBT.

Nobelpreis für GaN

Der Verbindungshalbleiter Galliumnitrid wurde zunächst als Grundlage für blaue und damit auch weiße LEDs bekannt. 2014 erhielten die Erfinder dafür den Nobelpreis. Dann entdeckte man, ähnlich zum Galliumarsenid, die besonderen Fähigkeiten des Materials für Hochfrequenz-Transistoren. High Electron Mobility Transistors (HEMT), sind nun auch als Leistungsbauelemente des Herstellers Transphorm bei Hy-Line Power Components verfügbar. Diese Bauteile entwickeln Leute, die zuvor bereits GaN-LEDs und GaN-Hochfrequenz-Bauteile produziert hatten, und so auf viele Jahre Erfahrung mit diesem Material zurückblicken.

Eine höhere Aktivierungsenergie führt zu höherer Lebensdauer.

Eine höhere Aktivierungsenergie führt zu höherer Lebensdauer.Transphorm

Wide-Band-Halbleiter wie GaN haben den Vorteil geringer Leckströme und hoher Temperaturfestigkeit. Germaniumtransistoren ersetzte man wegen ihrer geringen Temperaturbeständigkeit und ihrer hohen Ruheströme bereits nach wenigen Jahren durch Siliziumhalbleiter. Im Vergleich dazu lassen sich Transphorm-GaN-Halbleiter bis 175 °C Sperrschicht-Temperatur betreiben, also noch höher als Silizium. Dabei fällt dank des hohen Wirkungsgrads und infolge der hohen Elektronenbeweglichkeit im Halbleiter, die die Schaltzeiten minimiert, die Eigenerwärmung des Bausteins geringer aus. Bei diesen HEMTs ist deshalb der Betrieb bis 150 °C am Gehäuse zulässig. Doch auch bei geringeren Temperaturen bringt die höhere Aktivierungsenergie von GaN eine erhöhte Lebensdauer.

Die hohe Elektronenbeweglichkeit der HEMTs entsteht dadurch, dass sie mindestens zwei unterschiedliche Verbindungs-Halbleitermaterialien mit verschiedener Bandlücke nutzen. Neben GaN ist dies beispielsweise noch AlGaN. An der Grenzschicht zwischen beiden Materialien entsteht dann das sogenannte zweidimensionale Elektronengas, eine Zone, in der sich Elektronen entlang der Grenzfläche – und nur entlang dieser – besonders schnell bewegen können.

Querschnitt durch einen Leistungs-HEMT, hier mit isoliertem Gate. Das „zweidimensionale Elektronengas“ (2DEG) bildet sich an der Grenzschicht zur AlGaN-Sperrschicht aus.

Querschnitt durch einen Leistungs-HEMT, hier mit isoliertem Gate. Das „zweidimensionale Elektronengas“ (2DEG) bildet sich an der Grenzschicht zur AlGaN-Sperrschicht aus. Transphorm

Selbstsperrend ist sicherer

Ein Problem normaler GaN-HEMTs besteht darin, dass sie von Natur aus ohne Steuerspannung leitend sind, sie sind sogenannte selbstleitende Verarmungs-Typen. Ein Bauteil, das ohne Steuerspannung einschaltet, ist schon in Kleinleistungsschaltungen ungewohnt und lästig, in der Leistungselektronik jedoch absolut problematisch. Denn ein Ausfall der Ansteuerung zum Durchschalten der Leistungsstufen führt zu Kurzschlüssen.

Selbstsperrende Anreicherungs-Typen hingegen sind im Schaltungsdesign wesentlich angenehmer, doch beim GaN-HEMT eher als p-Kanal-Varianten realisierbar, bei denen nicht Elektronen, sondern Elektronen-Lücken (Löcher) den Strom darstellen. Diese haben leider gegenüber den N-Kanal-Varianten die schlechteren Kenndaten. Auch andere Designvarianten, die zu HEMTs führen, die ohne Steuerspannung sperren, haben funktionelle Nachteile. Sie erreichen beispielsweise nur 200 V Sperrspannung.

Transphorm-Kaskodenschaltung aus N-Kanal-HEMT und steuerndem Niederspannungs-Silizium-MOSFET.

Transphorm-Kaskodenschaltung aus N-Kanal-HEMT und steuerndem Niederspannungs-Silizium-MOSFET.Transphorm

Transphorm hat dieses Problem durch eine Kaskoden-Schaltung aus einem selbstsperrenden Niederspannungs-MOSFET in Silizium-Technik und einem normalen N-Kanal-HEMT gelöst. Bei kleinen Spannungen ist der konventionelle MOSFET noch schnell genug und die Kaskode ist ebenfalls selbstsperrend. Ein Miller-Plateau tritt nicht in Erscheinung und 600 V Sperrspannung wie bei IGBTs und MOSFETs sind kein Problem.

Vorteile der GaN-HEMTs

Den HEMT kann man prinzipiell wie einen normalen Silizium-Leistungs-MOSFET einsetzen. IGBT- und MOSFET-Treiberschaltungen sind daher auch für GaN-HEMTs verwendbar und für Steuerspannungen bis zu ±18 V mit ihrem erhöhten Störabstand einsetzbar. Den HEMT eins zu eins anstelle eines MOSFET in eine vorhandene Schaltung einzubauen, ist allerdings nicht sinnvoll, weil er dabei seine Vorzüge nicht ausspielen kann. HEMTs sollten eigens für sie entwickelte Schaltungen erhalten, die die höhere Schaltgeschwindigkeit, die geringere Verlustleistung und auch andere Unterschiede bei den „inneren Werten“ berücksichtigen. So enthält der HEMT keine langsame Body-Diode mit hohem Qrr, die Probleme bereitet, und benötigt keine externen Freilaufdioden.

GaN-HEMTs benötigen auch in mehrphasigen Brückenschaltungen keine Freilaufdioden.

GaN-HEMTs benötigen auch in mehrphasigen Brückenschaltungen keine Freilaufdioden.Transphorm

MOSFETs können wegen des hohen Qrr ihrer Body-Dioden in Brückenschaltungen nur unterhalb von 10 kHz arbeiten und IGBTs schaffen maximal 150 kHz und benötigen zusätzliche Freilauf-Dioden. Ein aktuell lieferbarer GaN-HEMT hat dagegen Einschaltzeiten von nur 3,5 ns. Wirkungsgrade und Leistungsdichten für Stromversorgungen und Spannungswandler mit GaN-Leistungshalbleitern liegen deutlich über denen optimierter Silizium-Lösungen. Dabei muss das schnellere Schalten nicht zu erhöhten Funkstörungen führen. Um diese zu minimieren, gibt es HEMTs von Transphorm jeweils in unterschiedlichen Bauformen mit Source oder Drain an der Kühlfahne, um an dieser auch in Brücken- und Gegentakt-Schaltungen stets ein stabiles Potenzial ohne schnelle Spannungswechsel zu haben.

Vorhandene Schaltungslayouts sind für die höheren Schaltgeschwindigkeiten und Taktfrequenzen der GaN-HEMTs oft ungeeignet. Sie können durch zu hohe und womöglich ungewollt gekoppelte parasitäre Induktivitäten zu Fehlfunktionen und im Extremfall zur Zerstörung der Halbleiter führen. Um dem Entwickler frustfreies Testen der GaN-HEMTs zu ermöglichen, wurden eigene Musteraufbauten entwickelt, die als Demo-Boards komplett erhältlich sind. Layout und Stücklisten stehen auch einzeln zur Verfügung. Allerdings gibt es diese erst bei direktem Kontakt und nicht zum allgemeinen Download, um nicht durch vermeidbare Fehler oder eigene Anpassungen schlechte Performance oder Ausfälle zu erzeugen.

Entwicklungsboards für die Evaluierung

Wechselrichter-Demoboard, das die kompakteren Layouts widerspiegelt, die GaN-Halbleiter gegenüber Silizium-IGBTs ermöglichen.

Wechselrichter-Demoboard, das die kompakteren Layouts widerspiegelt, die GaN-Halbleiter gegenüber Silizium-IGBTs ermöglichen.Transphorm

Photovoltaik-Wechselrichter sind ein typisches Einsatzgebiet von GaN-Halbleitern. Hier sind sowohl der höhere Wirkungsgrad als auch das kleinere Volumen von Vorteil. Dazu entwickelte das japanische Unternehmen Yaskawa Transphorm-GaN-HEMTs mit 50 kHz Taktfrequenz. Größe und Verluste dieser Lösung ließen sich um 40 Prozent reduzieren. Das Demoboard TD-PV1000E0C1 ermöglicht es Entwicklern, eine solche Lösung in Photovoltaik-Wechselrichtern oder USV-Anlagen zu evaluieren. Es enthält vier als Vollbrücke konfigurierte GaN-HEMTs, die mit 100 kHz oder noch schneller schalten können, um aus 400 VDC 100 bis 240 VAC zu erzeugen. 1000 W Ausgangsleistung sind mit Konvektionskühlung erreichbar, mit Lüftung bis zu 1500 W.

Demoboard für die brückenlose Totempole-Lösung mit zwei GaN-HEMTs und zwei SI-MOSFETs.

Demoboard für die brückenlose Totempole-Lösung mit zwei GaN-HEMTs und zwei SI-MOSFETs.Transphorm

Ebenfalls interessant ist das Demoboard TDPS250E2D2. Hier wurde eine Stromversorgung mit Universal-Wechselstromeingang (100 bis 240 VAC ohne Umschalten) für einen typischen „All-in-One“-Computer mit 250 W, und damit eine eher preissensitive Consumer-Anwendung, von Standard-Silizium-Halbleitern auf GaN umdesignt. Es nutzt drei GaN-HEMTs in der PFC-Schaltung und den resonanten Brückenkreisen. In letzteren ermöglicht die äußerst niedrige Ausgangskapazität der GaN-HEMTs eine schnellere Umladung und damit 200 kHz Taktfrequenz bei geringeren Verlusten. Tatsächlich verkleinerte sich die Größe um 45 %, und die Verluste gingen um 30 % zurück, was einen Wirkungsgrad von über 95 % ermöglichte. Das Netzteil liefert 12 V Ausgangsspannung bei bis zu 20 A, wobei am 230-V-Netz bis zu 95,4 % Wirkungsgrad erreicht werden. 

Referenzboard für 250-W-All-in-One-Computernetzteil im Vergleich zur heute verbauten Silizium-Lösung.

Referenzboard für 250-W-All-in-One-Computernetzteil im Vergleich zur heute verbauten Silizium-Lösung.Transphorm

Ein brückenloses Totem-Pole-Netzteil mit PFC ist Gegenstand des Demo-Boards TDPS500E2A2, das zwei GaN-HEMTs und zwei Silizium-MOSFETs als Synchrongleichrichter nutzt. Diese Art von Schaltungen bietet hohe Wirkungsgrade bei geringerer Bauelementeanzahl und EMV-Problematik als andere Lösungen. So gibt es hier keine festen PFC-Verluste, sondern nur zum entnommenen Strom proportionale Verluste. Infolgedessen sind bei 50 % Last erstmals 98 % Wirkungsgrad für den Gleichstromausgang möglich.

Totempole-Schaltung mit Synchrongleichrichter.

Totempole-Schaltung mit Synchrongleichrichter.Transphorm

GaN in Leistungshalbleitern gilt gegenüber Silizium-Technologie noch als eingeschränkt, doch nach den 600-V-Baureihen bringt Transphorm nun auch 1200-V-Varianten auf den Markt, die damit ein Pendant zur gängigsten IGBT-Sperrspannungsklasse darstellen. Ebenfalls geplant sind Vier-Quadranten-HEMT-Schalter, die bislang übliche, weit komplexere Konstruktionen ersetzen können.

Wolf-Dieter Roth

ist technischer Redakteur bei Hy-Line Power Components.

(pet)

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