Die Nachfrage nach kraftstoffeffizienten Fahrzeugen bedeutet für die Hersteller, das Gewicht zu verringern, den Verbrauch zu senken und interne Energieverbraucher effizienter zu steuern. Eine weitere Herausforderung sind die strengen Emissionsauflagen, die kreative Lösungen von den Herstellern verlangen. Die Kernfrage lautet somit: Wie will die Automobilindustrie mit diesen wachsenden Anforderungen von Verbrauchern und Industrie den Bedarf an mehr Energie und mehr Leistung im Fahrzeug erfüllen?

Ultrakondensatoren

Die Applikationen von Ultrakondensatoren in Fahrzeugen sind weit gestreut.

Die Applikationen von Ultrakondensatoren in Fahrzeugen sind weit gestreut.Maxwell Technologies

Hier kommt die Technologie des Ultrakondensators ins Spiel. Das sich kontinuierlich entwickelnde Ökosystem der Autoindustrie schafft Möglichkeiten für verschiedene Ultrakondensator-Anwendungen, zu denen unter anderem regenerative Bremssysteme, Start-Stopp-Systeme, aktive Fahrwerksysteme, Bordnetzstabilisierung, elektrische Turbolader und andere Hochleistungsfunktionen wie Servo-Lenksysteme in der E/E-Architektur gehören.

Die oft auch als Ultracaps bezeichneten Ultrakondensatoren sind flexibel einsetzbar; sie können sowohl in Verbindung mit Batterien als auch als alleinstehende Ultrakondensator-Lösung zur Anwendung kommen. Eine der Hauptcharakteristiken eines Ultrakondensators ist die Fähigkeit, jeweils den Spitzenleistungsbedarf von Anwendungen abzudecken. Während Batterien Energie auf längere Zeit liefern können, sind Ultracaps speziell dafür konstruiert, um kurze Leistungsspitzen für viele verschiedene Anwendungen zu liefern.

Ein Start-Stopp-System mit Ultrakondensatoren.

Ein Start-Stopp-System mit Ultrakondensatoren. Continental

Die Nutzung von Ultrakondensatoren in Fahrzeugen hat eine Vielzahl von Vorteilen: Ultracaps haben eine lange Lebensdauer, eine hohe Leistungsdichte und einen hohen Wirkungsgrad. Sie arbeiten in einem breiten Betriebstemperaturbereich und sind – anders als Batterien – unempfindlich gegenüber Kälte. Durch die geringen Anforderungen an Zell-Symmetrierung lassen sich Ultracaps im Vergleich zu anderen elektrochemischen Speichertechnologien außerdem einfach überwachen. Ultrakondensatoren sind für hohe Vibrations- und Schockbelastungen optimiert (ISO16750-3 Tabelle 12, IEC 60068-2-27, IEC 60068-2-29) und in vielen Transportanwendungen wie zum Beispiel Hybrid-Dieselbussen und Bahnen bereits ein etabliertes Produkt.

Start-Stopp-Systeme

Gemäß der Zeitschrift Car and Driver Magazine verfügen einige Start-Stopp-Systeme über das Potenzial, CO2-Einsparungen zwischen 5 und 10 % zu ermöglichen. Navigant Research sagt voraus, dass der weltweite Bedarf an Start-Stopp-Systemen bis zum Jahr 2022 auf über 55 Millionen Einheiten steigt, was 54,3 % der Fahrzeugverkäufe entspricht. Ultrakondensatoren sind auf dem Markt der Start-Stopp-Systeme von Anfang an mit dabei. Sie ermöglichen in diesen Systemen schnellere Startzeiten, was zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit führt. Ultrakondensatoren verlängern die Standzeit der Batterie, weil sie die Last der Spitzenleistung von der Batterie übernehmen. Dadurch kann die Batterie andere Verbraucher im Fahrzeug versorgen. Im Gegensatz zu Batterien können Ultrakondensatoren im Temperaturbereich von -40 °C bis +65 °C arbeiten – und das erweitert die Verfügbarkeit der Start-Stopp-Funktion. Startspannungseinbrüche lassen sich vermeiden, weil Ultracaps die Trennung des Starters vom restlichen Bordnetz ermöglichen. Zu guter Letzt bieten diese Kapazitäten das Potenzial zur Senkung des Fahrzeuggewichts, die eine ansonsten unter Umständen notwendige zusätzliche Start-Stopp-Batterie obsolet machen.

Eck-Daten

Ultrakondensatoren, auch Ultracaps oder Supercaps genannt, weisen eine hohe Leistungsdichte gepaart mit Zyklenfestigkeit bei langer Lebensdauer auf. Hinzu kommt ein hoher Wirkungsgrad sowie ihr zuverlässiger Betrieb auch bei tiefen Temperaturen. Damit sind sie prädestiniert für viele Anwendungen im Fahrzeug – vom Start-Stopp-System (inklusive Segeln) über elektrische Turbolader bis hin zu aktiven Fahrwerkssystemen.

Ultrakondensatoren aus dem Hause Maxwell sind im VSS-System von Continental bereits in mehr als einer Million Fahrzeuge verbaut; weitere OEM-Evaluierungen sind auf Grund der Vorteile der Ultracaps in Start-Stopp-Systemen bereits im Gange. Die nächste Generation von Start-Stopp-Systemen und Fahrzyklen ist bereits unterwegs. Der neue Fahrzyklus WLTP (World Light Vehicle Test Procedure, Harmonisierte Testprozedur für den Kraftstoffverbrauch) wird Einfluss auf die aktuellen Vorteile eines konventionellen Start-Stopp-Systems haben. Die neuen Start-Stopp-Systeme werden mit neuen Funktionen wie Segeln ausgestattet sein, die weitere Kraftstoffeinsparungen ermöglichen. Beim Segeln und Ausrollen ist ein schneller Start noch wichtiger als in einfachen Start-Stopp-Systemen. Auch hier können Ultrakondensatoren einen schnellen Start gewährleisten.

Elektrische Turbolader

Neuere und strengere Emissions- sowie Kraftstoffverbrauchsvorschriften zwingen Automobilhersteller, neue Wege zu finden, um den Kraftstoffverbrauch zu verbessern, ohne die Leistung und die Fahrqualität zu verringern. Eine der erfolgversprechenden Methoden zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs, ohne dabei die Leistung zu reduzieren, ist die Verwendung von kleineren aufgeladenen Motoren.

Elektrische Turbolader sind eine relativ neue Technologie, die es ermöglicht, bei niedrigen Motordrehzahlen mehr Leistung zur Verfügung zu stellen. Es gibt mehrere Vorentwicklungsprogramme, in denen die Experten Ultrakondensatoren und Batterietechnologien wie zum Beispiel Lithium-Ionen-Batterien evaluieren. In Abhängigkeit von der Grundlast einer gegebenen Automobilarchitektur könnten Ultrakondensatoren als eine starke Technologie hervortreten, die den zusätzlichen Leistungsbedarf und die Zyklenanzahl eines elektrischen Turboladers erfolgreich bewältigen kann.

Aktive Fahrwerksysteme

Die steigenden Anforderungen an die Energieversorgung in konventionellen Fahrzeugen haben die 12-V-Versorgung an ihre Grenzen gebracht, sodass die OEMs intensiver über E/E-Architekturkonzepte mit 48-V-Technologie nachdenken. Eine frühe Anwendung werden aktive Fahrwerksysteme sein, deren Entwicklung derzeit sowohl im 48-V- als auch im 12-V-Bordnetz erfolgt. Während der Fahrphase wird der Energiespeicher mit hochfrequenter Zyklisierung und großen Leistungsspitzen – bei nur geringem Energiebedarf – belastet. Aktivfahrwerke verbessern den Kraftstoffverbrauch, ermöglichen Energierückgewinnung und schnellere Reaktionszeit.

Für Aktivfahrwerke bieten Ultrakondensatoren mehrere Vorteile, zu denen unter anderem eine hervorragende Leistungsdichte und eine adäquate Energiedichte sowie ein breiter Betriebstemperaturbereich, aber auch eine hohe Zyklenfestigkeit und Lebensdauer gehören. Der niedrige Innenwiderstand von Ultrakondensatoren hat einen hohen Wirkungsgrad zur Folge, was in niedriger Verlustleistung und geringen Sicherheitsanforderungen resultiert.

Ultracaps formen die Autos von morgen

Die Automobilindustrie wird sich in den nächsten zwei bis fünf Jahren detaillierter mit verschiedenen Energiespeichertechnologien beschäftigen, um die Anforderungen der Verbraucher und die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Die neuen Trends der Autowelt wie zum Beispiel die Trennung von Energie- und Leistungsverbrauchern haben gewiss Einfluss auf die Einbeziehung der Ultrakondensator-Technologie. Die fortschreitende Elektrifizierung von Fahrzeugen, die Entwicklung verschiedener Bordnetzarchitekturen und der steigende Leistungsbedarf erfordern ein neues Denken in Bezug auf Energiespeicherstrategien im Automobilbereich. Exakt hier kann die Ultrakondensator-Technologie die derzeit existierende Lücke für die Automobiltechnologie erfolgreich schließen.

Michael Finger

Senior Vice-President Global Sales bei Maxwell Technologies.

(av)

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