601_Bild 1_Teaching_NEU

Kollaborative Roboter – sogenannte Cobots – arbeiten mit Menschen zusammen und unterstützen sie in den jeweiligen Fertigungsprozessen. (Bild: Franka Emika)

Eckdaten

Infineon bietet von Controllern über Leistungselektronik bis hin zu den Sensoren und Chips für Safety- und Security-Funktionen eine umfangreiche Palette von Bausteinen, mit deren Hilfe die effiziente Elektronik für die neue Generation von Robotern, den sogenannten Cobots, realisiert werden kann.

Längst schon sind Roboter die Arbeitstiere an den Produktionslinien in modernen Fabriken. Hersteller weltweit profitieren durch gesteigerte Produktivität und Kostenoptimierung. Vor dem Hintergrund von Industrie 4.0 und Smart Factory revolutionieren nun Industrieroboter der neuesten Generation die traditionellen Produktionsprozesse. Diese Generation kommt als kollaborative Roboter, sogenannte Cobots, zum Einsatz. Sie arbeiten mit Menschen zusammen, unterstützen sie in den jeweiligen Fertigungsprozessen und steigern dank ihrer hochpräzisen und sicheren Arbeitsweise die Qualität der gefertigten Produkte.

Im Gegensatz zu klassischen Industrierobotern arbeiten Cobots ohne Sicherheitskäfig und interagieren direkt mit dem Menschen. Um die damit einhergehenden Anforderungen erfüllen zu können, muss ihr Design bestimmte Merkmale aufweisen. Insbesondere sind spezielle Sicherheitsmaßnahmen erforderlich, damit Roboter und Mensch gefahrlos zusammenarbeiten können.

Wachstumsmarkt Robotik

Die wichtigsten Designkriterien für Cobots sind eine hohe Leistungsdichte und ein möglichst kleiner Formfaktor der Steuerung, hohe Präzision, Integration und Effizienz, eine funktionale Sicherheit und Schutz der Menschen im Umfeld, unterschiedliche Topologien bezüglich Achsenanzahl, Gelenken und Motoren sowie Schutz des geistigen Eigentums vor Fälschung und Security als Voraussetzung für Safety.

Mit intelligenten und effizienten Halbleiterlösungen können diese Anforderungen bei der Entwicklung von herkömmlichen Robotern, Industrierobotern und den kollaborativen Robotern umgesetzt werden. Und der Markt bietet Potenzial. Für 2015 erreichte der Umsatz im Markt für Industrieroboter weltweit fast zehn Milliarden US-Dollar. Zwischen 2015 und 2020 sagen Analysten allein für die kollaborativen Roboter ein Wachstum von etwa 23 Prozent voraus.

Infineon produziert nicht nur ein umfassendes Halbleiter-Portfolio, das in Robotern zum Einsatz kommt, sondern ist selbst ein Anwender verschiedener Roboter-Generationen. Da das Equipment für die Chipfertigung sehr teurer ist, wurde hier schon sehr früh auf optimierte Automatisierung gesetzt, um die Maschinen möglichst gut auszulasten und die Qualität der Fertigung ständig überwachen und neu anpassen zu können. So kann die Ausbeute erhöht und der Reinraum optimal genutzt werden. Viele Konzepte, die heute im Industrie-4.0-Umfeld diskutiert werden, sind hier bereits im Einsatz, wie eine vollständig vernetzte Produktion. Mobile Roboter, sogenannte AGVs (Autonomously Guided Vehicle) sorgen dabei auch für die Einbindung bisher autonomer Produktionsinseln. Neben den Robotern innerhalb der Produktionsinseln arbeiten in der Fertigung in Dresden allein inzwischen über 170 mobile Roboter. Das damit aufgebaute Robotik-Systemwissen fließt dann wieder in die Entwicklung der Chips ein.

Neuer Roboter-Typus: kompakt, agil und sicher

Bild 3: In der Fertigung in Dresden fährt ein Roboter, der sein Umfeld mit innovativen, robusten und kostengünstigen ToF-3D-Kameras vollständig erkennen kann. Eine Erweiterung mit redundanten 24- oder 60-GHz-Radarsystemen und Algorithmen zur Antizipation von Bewegungsrichtungen sind in Vorbereitung. Infineon

In der Fertigung in Dresden fährt ein Roboter, der sein Umfeld mit innovativen, robusten und kostengünstigen ToF-3D-Kameras vollständig erkennen kann. Eine Erweiterung mit redundanten 24- oder 60-GHz-Radarsystemen und Algorithmen zur Antizipation von Bewegungsrichtungen sind in Vorbereitung. Infineon

Technologische Fortschritte auf den Gebieten der Sensorik, der schnellen Analyse riesiger Datenmengen, der künstlichen Intelligenz und der Leistungselektronik haben die neue Roboter-Generation möglich gemacht. Der Robotik-Markt ist im Umbruch – neben den bekannten Platzhirschen sind viele relativ kleine Start-up-Firmen auf dem Markt erschienen und der Trend geht weiter. Deren Fokus liegt darin, spezielle Algorithmen zu entwickeln als Grundlage für neue Roboter-Konzepte. Sie wollen sich weniger um die mechanische Auslegung und erforderliche Elektronik-Hardware kümmern. Deshalb setzen diese Unternehmen auf Lieferanten mit System-Expertise und entsprechenden Produkten. So sind die spezialisierten neuen Start-up-Robotik-Firmen in der Lage, innerhalb von wenigen Wochen Entwicklungsplattformen aufzubauen, auf deren Basis Roboter für den Einsatz in ganz unterschiedlichen Gebieten entstehen. Sie müssen nicht wie die früheren Roboter-Generationen aufwendig für die jeweilige Ziel-Applikation programmiert werden. Sie lassen sich vielmehr einfach und flexibel neu programmieren und können ihre Bewegungsabläufe – teilweise sogar schon selbstständig – an neue Gegebenheiten anpassen.

Nächste Seite: Halbleiter-Portfolio für moderne Roboter

Bild 2: Rund um die neue Roboter-Generation gib es ein weites Anwendungsfeld für moderne Halbleiterprodukte. Infineon

Rund um die neue Roboter-Generation gib es ein weites Anwendungsfeld für moderne Halbleiterprodukte. Infineon

Rund um die neue Roboter-Generation gib es ein weites Anwendungsfeld für moderne Halbleiterprodukte. Das Spektrum reicht von der Motorsteuerung, der leistungsfähigen Positions- und Objekt-Erfassung, effizienten und kompakten Antrieben und Stromversorgungen beziehungsweise Ladegeräten, der Implementierung von virtuellen Sicherheitsgattern bis hin zu Security-Funktionen mit sicherer Authentifizierung und Kalibrierung. Funktionale Sicherheit (Safety) ist in vernetzten Produktionsumgebungen ohne Security nicht machbar. Außerdem ist der IP-Schutz, insbesondere für Start-up-Unternehmen, deren Know-how auf den Algorithmen liegt, essenziell.

Ein wesentliches Kriterium für die neue Roboter-Generation ist ein möglichst kompakter Aufbau, insbesondere eine Platz sparende und effiziente Motorsteuerung. Dafür sorgen IGBTs und IGBT-Module, MOSFETs mit geringem Durchlasswiderstand (zum Beispiel OptiMOS) und hochintegrierte Gate-Treiber mit eingebauten Schutzfunktionen. Auch die Gewährleistung der funktionalen Sicherheit ist ein besonders wichtiger Aspekt. Hier gilt es, Parameter wie Drehmoment, Position, Druck und weitere mit entsprechenden Sensoren präzise zu erfassen und die Daten mit leistungsfähigen Safety-Controllern wie der Aurix-Familie (eigene Schreibweise: AURIX) zu verarbeiten.

Raus aus dem Käfig

Will man die Roboter aus ihren Käfigen befreien, muss sichergestellt werden, dass der Mensch erst gar nicht in die kritische Reichweite eines mit Hochgeschwindigkeit und Präzision arbeitenden Roboters kommt und durch eigenes Verschulden oder Fehlfunktionen verletzt werden könnte. Roboter entsprechend sensitiv zu machen, funktioniert nur mit ausgeklügelter Sensortechnik.

Grundsätzlich gilt es, das Umfeld zwischen Mensch und Roboter, aber auch zwischen Robotern selbst sicherer zu machen. Hier geht es darum, die Schutzzonen flexibler zu gestalten, das heißt zum Beispiel, dass sich eine stark verkleinerte Schutzzone dynamisch mit einem bewegten Roboterarm mitbewegt. Bei der Implementierung der virtuellen Zäune arbeitet man mit  einem Zonen-Konzept. So erfolgt bei Annäherung in der ersten Warnstufe nur ein Warnsignal, während der Roboter mit voller Geschwindigkeit weiterarbeitet. Bei weiterer Annäherung wird dann die Geschwindigkeit reduziert mit entsprechendem Warnhinweis. Erst im direkten Gefahrenbereich stoppt der Roboter.

Entsprechende Schutzmechanismen erfordern eine extrem präzise Objekterkennung. Redundante Abtastung sorgt für höchste funktionale Sicherheit. Hilfreich ist auch die Erfassung der Bewegungsrichtung – nähert sich eine Person und bewegt sich dann wieder weg oder kommt sie in den Gefahrenbereich? Durch eine intelligente Erkennung der tatsächlichen Gefahrensituation können unnötige Stillstandzeiten oder eine verlangsamte Arbeit des Roboters – und damit Produktionsausfälle beziehungsweise Kosten – vermieden werden.

Infineon arbeitet hier zusammen mit Partnern an Time-of-Flight-Konzepten (ToF) sowie Radar-Sensoren. Damit kann die Umgebung in 3D zu attraktiveren Systemkosten als mit traditionellen Lidar-Scannern abgetastet werden. Aus der 3D-Auflösung ergibt sich die Möglichkeit, über spezielle Algorithmen zum Beispiel die Bewegungseinrichtungen zu antizipieren. In der Fertigung in Dresden fährt bereits der Prototyp eines Roboters, der mit ToF-3D-Kameras sein Umfeld erkennt und damit später auch Bewegungsrichtungen antizipieren soll. Eine redundante Erweiterung auf 24- und 60-GHz-Radarsysteme befindet sich in Vorbereitung.

Safety und Security

Nur im Hinblick auf die Security (Datensicherheit) sind sichere Systeme auch funktional sicher – ein Aspekt der im Zeichen von Industrie 4.0 und IoT immer wichtiger wird. Mittels kryptographischer Verschlüsselung muss sichergestellt werden, dass der Roboter nur die Funktionen ausführt, die er soll. Hier gilt es insbesondere die Roboter als Teil des Fertigungsprozesses bei drahtgebundenen oder Remote-Software-Updates gegenüber Manipulation zu sichern. Außerdem ist eine sichere Authentifizierung von Anwendern sowie neu eingebrachten Komponenten erforderlich.

Eine Kalibrierung ist für die korrekte Funktion des Roboters notwendig. Manipuliert aber beispielsweise ein Hacker die Kalibrierungen, dann könnte der Roboter die vorgegebenen Bewegungsgrenzen überschreiten. Hier wachsen Security und Safety zusammen – ohne effizienten Security-Schutz gibt es also keine funktionale Sicherheit. Das ist eine wichtige Anforderung für künftige Systeme und wird durch spezielle Security-Controller (OPTIGA-Familie) oder Aurix-Mikrocontroller mit Funktionen wie dem (Hardware-Security-Module) adressiert. Durch die Realisierung der Security-Funktionen in Hardware benötigen Anwender nur geringe Detailkenntnisse in Verschlüsselungstechnologien. Darüber hinaus ist der Einfluss auf bestehende Software-Implementierungen extrem gering.

Länger mobil

Eine wesentliche Rolle in den mobilen Robotern spielen effiziente und kompakte Stromversorgungen und Ladefunktionen. Auf Basis neuester CoolMOS-, SiC- und der GaN-Technologien erwartet Infineon eine Steigerung der Leistungsdichte im Vergleich zu konventionellen Batterieladegeräten um den Faktor zwei bis fünf, mit verkürzter Ladezeit für mobile Roboter. Auch kabellos laden ist möglich. Noch effizienter lässt sich die Energie nutzen, wenn über den Bremsvorgang die Batterien wieder geladen werden (Rekuperation). Das machen die modernen Leistungshalbleiter genauso möglich wie die bessere Nutzung der Batterien in unterbrechungsfreien Stromversorgungen – zum Beispiel für die Pufferung der Energie. Aufgrund der zunehmenden Verbreitung von batteriegestützten AGVs in zukünftigen IE4.0-Fabriken, könnten diese vernetzt dazu eingesetzt werden, den Aufwand und die Kosten für die in der Fertigung zusätzlichen notwendigen USV-Batterien drastisch vermindern. Denn die Batterien eines an der Ladestation befindlichen AGVs können in gewissem Maße zur Notspeisung des fabrikinternen Versorgungsnetzes eingesetzt werden.

Thema der nächsten Seite ist die einfachere Verkabelung

Bild 4: Mit modernen Halbleitern und der Integration von Powerline-ähnlicher Modulation zusammen mit der Motorsteuerungselektronik kann die Anzahl von Kabeln in einem Roboterarm von fast 30 auf nur noch zwei bis drei reduziert werden. Infineon

Mit modernen Halbleitern und der Integration von Powerline-ähnlicher Modulation zusammen mit der Motorsteuerungselektronik kann die Anzahl von Kabeln in einem Roboterarm von fast 30 auf nur noch zwei bis drei reduziert werden. Infineon

Ein herkömmlicher Industrieroboter basiert üblicherweise auf einer zentralen Motorsteuerung und zahlreichen Antrieben in den Achsen. Das bedingt einen beträchtlichen Verkabelungsaufwand für einen typischen Roboterarm mit drei- oder mehr-phasigen dicken Motorkabeln pro Motor plus eines zusätzlichen Kommunikationsbus zu Steuerungszwecken beziehungsweise Auslesen von Sensordaten.

Dank moderner Halbleiter und der Integration von Powerline-ähnlicher Modulation (Power-Line-Communication-Technik, ) zusammen mit der Motorsteuerungs-Elektronik kann dieser Aufwand signifikant reduziert werden und damit auch Gewicht und Kosten. Infineon ist es in Laborversuchen gelungen, die Anzahl von Kabeln in einem Roboterarm von fast 30 auf nur noch zwei bis drei zu reduzieren. Gleichzeitig wurden dabei Übertragungsgeschwindigkeiten von weit über 100 MBit/s erreicht – nahezu Echtzeit. Weniger Kabel bedeutet auch weniger Schnittstellen in den rauen Fertigungsumgebungen, was die Zuverlässigkeit erhöht. Ein erster Prototyp einer solchen Motorsteuerung, zu dem Infineon die notwendigen Komponenten integriert, befindet sich in Vorbereitung.

In die Invertermodule wird dazu ein entsprechendes PLC-Chipset integriert (12, 24, 48, 600 VDC oder 400 VAC), das optimal an die vorhandene Leistungselektronik angepasst ist. Durch die Integration von PLC-Technik und die höhere Leistungsdichte der Motorelektronik, ist ein sehr einfacher Verbau von dezentral gesteuerten Motoren direkt in den Achsen es Roboters möglich.

Effiziente Wartung

Bild 5 Infineon

Basierend auf einem Arduino-Shield liefert eine Monitoring/Sensor-Box die erforderlichen Daten für eine vorausschauende Wartung. Infineon

Systeme im Umfeld von Industrie 4.0 erfordern auch eine effiziente vorausschauende Wartung. Dabei muss der Status der Motoren, ihrer Steuerungen und das gesamte System nicht-invasiv abgefragt werden, indem Spannung, Stromstärke, Frequenz, Temperatur, Drücke, Geräusche, Gase und weitere überwacht werden. Anschließend müssen die Daten verarbeitet und mit Referenzwerten verglichen werden, auf Basis von maschinenspezifischen Algorithmen und Sensorwerten. Mit einem entsprechenden Monitoring können Stillstandzeiten reduziert und die Voraussetzung für Industrie 4.0 geschaffen werden.

Infineon hat dazu eine eigene Sensor-Box entwickelt, die zur Datenauswertung über WLAN oder USB mit einem PC verbunden wird. Auf jede Box können bis zu zwei beliebige Sensoren in Form von sogenannten „Arduino Shields“ aufgesteckt werden. Bis zu vier Boxen können über einen USB-Hub zu insgesamt acht Sensoren verbunden werden, wie Silizium-Mikrophone, Druck-, Strom-, Winkel-, CO2-, Radar- und magnetische 3D-Sensoren. Auf Basis des breiten Sensorportfolios werden interessierte Kunden mit dieser Lösung in die Lage versetzt, eine für ihre Monitoringfunktion optimale Sensorauswahl zu treffen und hierfür einfach eigene Algorithmen für die jeweils gewünschte Applikation zu entwickeln.

Fazit

Bei Robotern besteht eine wachsende Nachfrage nach Verkleinerung der Steuergeräte, intelligente Sicherheitsmaßnahmen für kollaborative und nicht-kollaborative Umgebungen, Unterstützung für sich ständig verändernde Arbeitsumgebungen/-aufgaben und bessere Sicherheitsfunktionen zum Schutz vor Manipulationen und Hackerangriffen. Die fortschreitende Robotik-Revolution hat einen neuen Typ von Industrieroboter hervorgebracht – die sogenannten kollaborativen Roboter. Diese interagieren direkt mit Menschen, die neben ihnen arbeiten können, ohne die Notwendigkeit von geschlossenen Sicherheitskäfigen. Sie verfügen über fortschrittliche Sensor- und Steuerungskomponenten, die Leistung und Kraftwirkung begrenzen, um kritische Kollisionssituationen vollständig ausschließen zu können. So werden höchste Sicherheitsanforderungen erfüllt.

Dr. Clemens Müller

Director Business Development Robotics bei Infineon Technologies

(ah)

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Infineon Technologies AG

Am Campeon 1-12
85579 Neubiberg
Germany