Bild 1: Testaufbau mehrerer kommunikationsunabhängiger USVs am Stromnetz (links) und der Software-Ablaufplan zum Auf- und Abschalten des Stromrichters (rechts).

Bild 1: Testaufbau mehrerer kommunikationsunabhängiger USVs am Stromnetz (links) und der Software-Ablaufplan zum Auf- und Abschalten des Stromrichters (rechts).





(Bild: HTW Aalen)

Bild 1: Testaufbau mehrerer kommunikationsunabhängiger USVs am Stromnetz (links) und der Software-Ablaufplan zum Auf- und Abschalten des Stromrichters (rechts).

Bild 1: Testaufbau mehrerer kommunikationsunabhängiger USVs am Stromnetz (links) und der Software-Ablaufplan zum Auf- und Abschalten des Stromrichters (rechts).





HTW Aalen

Beim Aufbau einer redundanten Versorgung für den Inselnetzbetrieb mittels Parallelschaltung mehrerer unterbrechungsfreier Stromversorgungen (USVs) erfolgt die symmetrische Lastaufteilung und Synchronisation üblicherweise über eine separate Kommunikation zwischen den Stromrichtern beziehungsweise durch eine gesonderte Betriebsführung.

Diese zusätzliche Kommunikation wirkt sich nachteilig auf die Zuverlässigkeit und die Kosten einer redundanten USV aus. Aus diesem Grund ist es vorteilhaft, die symmetrische Lastaufteilung von Blind- und Wirkleistung über sogenannte Leistungsstatiken zu gewährleisten. Dieses Verfahren unterscheidet sich somit grundlegend von der üblichen Netzeinspeisung, bei der ein Stromrichter als Stromquelle einen Strom in ein vorhandenes Versorgungsnetz einspeist.

Aufbau der Testumgebung

Ein wesentlicher Bestandteil des Testaufbaus sind Stromrichter in 3-Level-Topologie, die jede sinusförmige Halbwelle der Ausgangsspannung per Pulsweitenmodulation mit zusätzliche Spannungsstufen erzeugen. Durch die daraus resultierende feinere Auflösung der Ausgangsspannung lässt sich die Induktivität und damit auch die Baugröße der netzseitigen Filterdrossel bei gleichbleibendem Stromripple im Netzstrom verringern. (Erklärung zur 3-Level-Topologie in einem themenverwandten Beitrag)

Eckdaten

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Aalen (HTW) untersucht USVs, die sich ohne zusätzliche Kommunikation untereinander nach dem Prinzip der Leistungsstatiken eigenständig zum lokalen Stromnetz zu- und abschalten können. Mit Unterstützung der Firma Schäfer Elektronik in Achern wurde ein Prototypenaufbau zur kommunikationslosen Parallelschaltung mehrerer Stromrichter mit 3-Level-Topologie entwickelt, aufgebaut und getestet.

Als Netzfilter dient ein LCL-Filter. Die für die Regelung beziehungsweise für eine mögliche Fehlerabschaltung relevanten elektrischen Größen wie Netzstrom und Netzspannung, werden messtechnisch erfasst. Jeder Stromrichter lässt sich beispielsweise im Fehlerfall über Netzrelais separat vom Inselnetz abtrennen. Die Messung der Spannungen sollte möglichst genau sein, um im Betrieb eine symmetrische Wirk- und Blindleistungsabgabe zu gewährleisten.

Da die Blindleistungsstatik sehr empfindlich auf Messungenauigkeiten reagiert, wäre eine Ungleichverteilung der Blindlast auf die einzelnen Stromrichter die Folge. Die Blindleistungsstatik liefert einen festen Zusammenhang zwischen der eingespeisten Blindleistung eines Stromrichters und dem Effektivwert der gemessenen Netzspannung.

Herzstück der Regelung ist ein digitaler Signalprozessor (DSP) aus der Serie Concerto von Texas Instruments. Der DSP übernimmt die Berechnung der Regelalgorithmen sowie die Ansteuerung des Stromrichters. Auf eine Auslagerung der Ansteuerung des 3-Level-Stromrichters in ein externes FPGA oder CPLD haben die Entwickler verzichtet. Bild 2 zeigt den prinzipiellen Aufbau der Hardware.

Bild 2: Jede USV besteht aus Batterie und Leistungsschaltstufe in Level-3-Topologie (links), der Hardwaradaptierung mit LCL-Netzfilter, Steuersignaltreibern und Messwerterfassung (Mitte) sowie dem DSP-Board zur Steuerung (rechts).

Bild 2: Jede USV besteht aus Batterie und Leistungsschaltstufe in Level-3-Topologie (links), der Hardwaradaptierung mit LCL-Netzfilter, Steuersignaltreibern und Messwerterfassung (Mitte) sowie dem DSP-Board zur Steuerung (rechts). HTW Aalen

Prinzip der Leistungsstatiken

Hinter dem Prinzip der Leistungsstatiken verbirgt sich die Theorie induktiv gekoppelter Spannungsquellen. Aus dieser Theorie ergibt sich ein physikalischer Zusammenhang zwischen der abgegebenen Wirkleistung einer Quelle und der Phasenlage der Spannung in Bezug auf die Netzspannung sowie ein Zusammenhang zwischen Blindleistung und Effektivwertdifferenz von Quell- zu Netzspannung.

Die von einem Stromrichter abgegebene Leistung lässt sich folglich über die Phasenlage beziehungsweise die Frequenz und den Effektivwert der Ausgangsspannung einregeln. Damit sich die Leistung symmetrisch zwischen den parallel betriebenen Stromrichtern aufteilt, führt man lineare, auf die Nennleistung der Stromrichter normierte Leistungsstatiken ein (Bild 3). Die Statiken sind in Bezug auf ihre Wirkungsweise vergleichbar mit einer Gegenkopplung, die dazu führt, dass sich die Stromrichter auf einen stationären, symmetrischen Zustand einpendeln.

Passt die abgegebene Leistung eines Stromrichters nicht zur entsprechenden Frequenz oder zum Effektivwert aus der Statik, regelt der Stromrichter diese Werte nach bis die Verhältnisse mit den Statiken übereinstimmen. Bei der Wahl der Statiken ist die Norm DIN EN 62109-2 zu beachten, die die erlaubten Abweichungen zur Nennspannung beziehungsweise Grundfrequenz in Inselnetzen festlegt. Bild 3 zeigt die linearen Leistungsstatiken.

Bild 3: Damit sich die Leistung symmetrisch zwischen parallel betriebenen Stromrichtern aufteilt, führt man lineare, auf die Nennleistung der Stromrichter normierte Leistungsstatiken ein. Hier dargestellt sind Blind- und Wirkleistungsstatiken.

Bild 3: Damit sich die Leistung symmetrisch zwischen parallel betriebenen Stromrichtern aufteilt, führt man lineare, auf die Nennleistung der Stromrichter normierte Leistungsstatiken ein. Hier dargestellt sind Blind- und Wirkleistungsstatiken. HTW Aalen

Parallelbetrieb und USV-Funktion

Beim Aufbau eines Inselnetzes mit parallelen Stromrichtern muss jede Einheit einem systematischen Ablauf folgen, damit das Netz durch zusätzliche Stromrichter erweitert und sich im Zuge dessen die Redundanz beziehungsweise die Leistungsfähigkeit des Netzes variabel erhöhen lässt. Der Ablauf sieht vor, dass der Stromrichter die Spannung erzeugt, der sich als erstes am Netz befindet. Um einen Stromrichter auf ein bestehendes Inselnetz aufzuschalten, ist die Ausgangsspannung auf die Netzspannung zu synchronisieren, bevor das Netzrelais den Stromrichter zuschaltet. Somit lassen sich Ausgleichsströme unmittelbar nach dem Zuschalten verhindern.

Dies bedeutet, dass jeder Stromrichter gleichberechtigt ist und sowohl zur Erzeugung als auch zur Stützung des Inselnetzes beitragen kann. Im Betrieb selbst führen DC-Offsets in der Ausgangsspannung zu einer unsymmetrischen Belastung der Zwischenkreiskondensatoren, was zu einer Verschiebung der Mittelpunktspannung führt. Dies lässt sich verhindern, indem man eine Verschiebung der Potenziale im Zwischenkreis über die angeschlossene Last mittels Symmetrieregler ausregelt.

Jede Einheit speist im Betrieb eine von ihrer Nennleistung und der am Netz angeschlossenen Last abhängige Leistung ein. Diese Leistung verringert sich mit jedem zusätzlichen Stromrichter im Netz. Nach dem Trennen einer Einheit vom Inselnetz übernehmen die anderen Stromrichter, die sich noch am Netz befinden „On-the-fly“ deren Leistungsbeitrag ohne dabei einen nennenswerten Spannungseinbruch im Netz zu verursachen. Das Diagramm in Bild 4 zeigt den Netzspannungsverlauf nach dem Trennen eines Stromrichters vom Inselnetz. Die Abschaltung erfolgte zirka 8,6 ms nach Aufzeichnungsbeginn.

Bild 4: Bis auf einen kurzen Schaltimpuls bleibt der Netzspannungsverlauf beim Trennen eines Stromrichters vom Inselnetz stabil.

Bild 4: Bis auf einen kurzen Schaltimpuls bleibt der Netzspannungsverlauf beim Trennen eines Stromrichters vom Inselnetz stabil. HTW Aalen

Vorteile und Herausforderungen

Das vorgestellte Verfahren zur symmetrischen Lastaufteilung zwischen mehreren netzparallelen Stromrichtern über Leistungsstatiken bietet die Möglichkeit eines komplett modularen Aufbaus als Multi-Slave-System ohne zusätzliche Kommunikation. Dabei reduziert sich der Verkabelungsaufwand auf ein Minimum, was sich positiv auf die Kosten der Anlage auswirkt. Die Ausfallsicherheit lässt sich sowohl durch die Einsparung zusätzlicher Komponenten für eine Kommunikation zwischen den USVs, als auch durch eine Erhöhung der Redundanz mittels Parallelschaltung mehrerer Stromrichter verbessern.

Allerdings gibt es systembedingte Einschränkungen bezüglich der Belastung der Stromrichter durch angeschlossene Verbraucher. Da die Zwischenkreissymmetrierung über die Last erfolgt, ist es unmöglich ein Inselnetz zu bilden, das ausschließlich unsymmetrische Lasten wie zum Beispiel Einweggleichrichter versorgt. Hierzu wäre eine aktive Zwischenkreisregelung über ein zusätzliches Leistungselektronik-Stellglied nötig.

Bei der Schaltungsentwicklung ist besonderes auf die Spannungsmessung in Bezug auf Offset- und Verstärkungsfehler beziehungsweise Stabilität zu achten. Diese Eigenschaften bilden das Fundament für eine symmetrische Lastaufteilung sowie für eine fehlerfreie Synchronisation beziehungsweise eine Verminderung der transienten Einschwingvorgänge beim Aufschalten auf ein bestehendes Netz.

Prof. Dr.-Ing. Heinrich Steinhart

lehrt an der HTW Aalen in den Bereichen E-Antriebstechnik, Leistungselektronik und Sensorik & Aktorik.

Dipl.-Ing. (FH) Franz Geiß

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Labor für E-Antriebstechnik und Leistungselektronik der HTW Aalen.

M. Sc. Daniel Lebsanft

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Labor für E-Antriebstechnik und Leistungselektronik der HTW Aalen.

(hb, jwa)

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