Nahezu alle Rennmotoren von Volkswagen durchlaufen das konzerneigene Testzentrum in Hannover, wo insgesamt 130 Mitarbeiter beschäftigt sind. Es handelt sich dabei um Hochleistungs-Diesel-, Erdgas- und Benzinmotoren, die für diverse Wettbewerbe zum Einsatz kommen: die Rallye Dakar, die Formel 3, das 24-h-Rennen am Nürburgring, die STCC (Schwedische Tourenwagen Meisterschaft), den Scirocco-Cup, die Formel ADAC oder den Jetta-Cup USA. Für diese Hochleistungsmotoren sind umfangreiche Testverfahren erforderlich. „Unsere Arbeit beginnt mit der grundlegenden Entwicklung der Brennverfahren und reicht bis hin zur abschließenden Simulation der Fahrprofile, mit der wir die Motoren für jedes einzelne Rennen optimal abstimmen“, erklärt Johannes Brandt von Fackh, Verantwortlicher für die Motorprüfstände bei VW Motorsport. Die Aggregate werden dabei extremen Belastungen unterzogen. „Ein Testlauf kann mitunter bis zu 150 Stunden dauern“, so der Motorexperte.

Relaunch der Mess- und Regeltechnik

Als VW Motorsport sich dafür entschied, seine Motorprüfstände zu modernisieren, sollte auch die Mess- und Regeltechnik für die technische Gebäudeausrüstung und die Medienkonditionierung auf den neuesten Stand gebracht werden. Diese dient in erster Linie dazu, die Wasser-, Öl- und Ladeluftkühlung sowie die Verbrennungsluft der Motoren auf den Prüfständen zu konditionieren. Darüber hinaus steuert sie die Klimatisierung der Prüfräume und des Bedienstandes. „Diese Funktionen liefen bis dahin über eine relativ unübersichtliche Schnittstelle, die aus vielen analogen Signalleitungen und einem kaum genutzten Profibus bestand und für jede Prüfzelle unterschiedlich ausgeführt war“, erläutert von Fackh.

Kommunikation via Ethercat

Mit der Modernisierung der Mess- und Regeltechnik betraute man RTW B. Nossol aus Neuenkirchen bei Soltau. Der auf Schaltanlagenbau sowie Automatisierungs- und Gebäudeleittechnik spezialisierte Systemintegrator kann auf eine zwanzigjährige Erfahrung in diesem Bereich zurückgreifen. „Aufgrund moderner Fertigungsanlagen für den Schaltanlagenbau verfügen wir über die entsprechenden Kapazitäten, um die geplanten Umbaumaßnahmen des Prüfstandes in dem vorgegeben Zeitrahmen zu realisieren“, erläutert Timo Rickert, Projektleiter bei RTW B. Nossol: „Bei der Konzeption der neuen IT-Infrastruktur fiel die Wahl auf Beckhoff-Automatisierungskomponenten mit Ethercat als Datenbus. Für Ethercat sprechen vor allem die Flexibilität und die Leistungsreserven in Bezug auf die Integration anderer Feldbusse sowie die vergleichsweise niedrigen Systemkosten.“

Das Herzstück der neuen IT-Infrastruktur für die Medienkonditionierung der Motorprüfstände und die Klimatisierung der Testräume sind ein Beckhoff Panel-PC CP6201 mit Intel-Pentium-1,8-GHz-Prozessor und die Automatisierungssoftware Twincat. Um die insgesamt 360 I/Os anzusteuern, werden vier Ethercat-I/O-Stationen, mit insgesamt 61 Ethercat-Klemmen, eingesetzt, die in einem Schaltschrank untergebracht sind. Über die im Ethercat-Klemmensystem integrierten Profibus-Klemmen kommuniziert das Netzwerk mit dem übergeordneten Prüfstandssystem.

SPS-Bibliotheken und -Funktionsbausteine vereinfachen Planung und Installation

Das Prüfstandssystem von dem Motorenmesstechnik-Spezialisten AVL erfasst und wertet während der Testläufe die Motordaten aus. Gleichzeitig lassen sich sowohl die Umgebungstemperatur als auch die Öl- und Kühlwassertemperatur über das Ethercat-Netzwerk regeln. Mithilfe der SPS-Bibliothek Twincat PLC HVAC konnte die komplexe Mess- und Regeltechnik für die Medienkonditionierung der Motorprüfstände sowie die Klimatisierung der Prüfräume und des Bedienstandes in vorgefertigten Makros und Funktionsbausteinen abgebildet werden. „Dies hat uns vor allem bei der technischen Planung sehr geholfen. Aber auch die Installation gestaltete sich dadurch einfach. Denn wir mussten vor Ort nur noch die I/Os mit der Aktorik und Sensorik verbinden“, bringt Timo Rickert die Vorteile der SPS-Bibliothek auf den Punkt. Um die laufenden Prozesse stets im Blick zu haben, nutzen die Motorexperten die Visualisierungssoftware Twincat HMI CE. Über diese Software lassen sich auch bestimmte Parameter, etwa der Betriebszustand der Lüfter, verändern. „Mit dem PC- und Ethercat-basierten System konnten alle Anforderungen, die wir an die neue Mess- und Regeltechnik hatten, umgesetzt werden“, ist Johannes Brandt von Fackh rundum zufrieden. Und bisher ist die gesamte Installation zuverlässig gelaufen, ebenso wie die Rennmotoren des VW Touareg bei der diesjährigen Rallye Dakar.

(mf)

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