Markenpiraterie – in der Elektronik ein unangenehmes Thema. Dramatisch wird das Ganze, wenn es sich bei den Fälschungen um Bauteile handelt, die in Serie verbaut werden. Dann sind ganze Serien hochwertiger Maschinen tangiert und der Hersteller haftet für Risiken, die er nicht zu haben glaubte oder von denen er nicht einmal wusste.

In einer Grauzone zwischen Legalität und Illegalität bewegen sich Produkte, die dem Original nachempfunden sind, aber unter eigenem Namen verkauft werden. Hier sind die Grenzen fließend. Ist die Ähnlichkeit vertretbar, ist von einem so genannten Me-too-Produkt die Rede. Ist sie zu groß, handelt es sich um ein Plagiat. In Asien gehen inzwischen Massen von iPhones über den Ladentisch, bei denen der Verkäufer ganz offen einräumt, dass es sich um Kopien handelt. Diese heißen dann beispielsweise thaiPhone. Wer möchte, bekommt das Apple-Symbol zum Aufkleben als Goodie mit dazu. Ganz klar – das sind keine Me-too-Produkte sondern Plagiate. Allerdings mit Einverständnis des Käufers, denn dieser weiß sehr genau, dass er weder die Qualität noch den Support von Apple bekommt. Wenn hier also jemand betrogen wird – dann der Hersteller des Originals.

Ansichtssache: Kopie oder kreatives Re-Engineering?

Ähnlich gelagerte Beispiele lassen sich zahlreich im Bereich Power-Module aufzeigen – insbesondere bei den zum Industriestandard gewordenen Schaltreglern der 78er-Klasse. Ursprünglich von Recom entwickelt und pin-kompatibel zu den weit verbreiteten Längsreglern konzipiert, sind inzwischen viele ähnliche Produkte mit unterschiedlichen Logos auf dem Markt. Auch diese Produkte bewegen sich irgendwo in der Grauzone zwischen Me-too-Produkt und Plagiat – der Nachweis der Produktpiraterie lässt sich in der Regel schwer erbringen. Denn wenn sich im Gehäuse tatsächlich eine eigene Entwicklung unter Verwendung anderer Komponenten befindet, so handelt es sich eher um so genanntes kreatives Re-Engineering

Erfolgreiche Produkte finden eben Nachahmer – so Recoms pragmatische Einschätzung – und der Markt definiert sowieso aus Gründen der Austauschbarkeit Größe und Anschlussdaten. Solange sich Logo und Typenbezeichnung unterscheiden, ist das zu akzeptieren, denn der Kunde weiß in der Regel, woran er ist.

Wenn aus der Kopie eine Fälschung wird

Problematisch wird es, wenn gefälschte Bauteile auf dem Markt angeboten werden – und zwar mit Markennamen und Typenbezeichnung des Originals. Hier wird nämlich nicht nur der Originalhersteller betrogen, sondern auch der ahnungslose Kunde. Ein Praxisbeispiel anhand vergossener DC/DC-Wandler, wie sie auf Controller-Platinen vieler Maschinen verbaut werden, mit 24 Volt DC am Eingang und 3,3 Volt am Ausgang zur Versorgung des Prozessors. Während der Entwicklung hatten die Ingenieure eines Maschinenbauers ausschließlich hochwertige Komponenten ausgewählt und diese intensiv getestet.

Die Maschine kam vor etwa anderthalb Jahren auf den Markt und erfreute sich schnell großer Nachfrage. Mit dem Ende der Krise kämpfte man nun plötzlich mit Lieferengpässen auch bei Komponenten, wie DC/DC-Wandlern. Dann ein Lichtblick: Aus Asien kam ein Angebot für ein scheinbar identisches Produkt derselben Marke – praktisch ab Lager lieferbar und zu einem günstigeren Preis. Wer würde diese Chance auslassen? Als knapp 500 Wandler verbaut und mehrere Maschinen in Betrieb genommen waren, kamen erste Reklamationen. Mehrfach mussten Servicetechniker vor Ort Controller-Boards austauschen, die offenbar ihren Dienst quittiert hatten.

Kurze Zeit später wurde klar: Die Fehlerursache war in nahezu allen Fällen einer der Wandler auf dem Board, was zum Ausfall der kompletten Steuereinheit führte. Neben immensen Kosten für Support und Service in USA, China und Europa und Regressansprüchen der Endkunden für Produktionsausfälle war dies bei einem brandneuen Produkt auch mit schmerzlichen Imageschäden verbunden.

Ins Detail einer Fälschung gehen

Auch im Hause Recom herrschte Alarmstimmung. Hatte sich plötzlich bei einem Wandler, der schon seit Jahren problemlos läuft, trotz regelmäßiger Kontrollen ein Produktionsfehler eingeschlichen? Noch bevor die ersten defekten Wandler zurück kamen, hat der Hersteller im eigenen Umweltlabor in Gmunden mit Halt-Tests an Exemplaren der laufenden Produktion begonnen, allerdings ohne dass sich in den nächsten Tagen Auffälligkeiten zeigten. Dann trafen die defekten Teile ein. Diese trugen zwar ein Recom-Logo und auch die Typenbezeichnung stimmte – aber irgendwie sahen sie etwas anders aus.

Das Logo war vertikal gestreckt und aufgedruckt – nicht aufgelasert wie beim Original. Ein Blick durchs Elektronenmikroskop zeigte weitere, markante Unterschiede. Statt eines soliden, gut geschirmten E-Kern-Trafos war ein billiger, nicht abgeschirmter Ringkern verwendet worden. Die Isolation war dabei so schlecht ausgeführt, dass sie nicht annähernd dem geforderten Wert entsprach. So führte ein nur wenige Euro teures Bauteil letztlich zum Ausfall teurer Maschinen und verursachte Servicekosten in einem deutlich fünfstelligen Bereich – den Imageschaden des Herstellers nicht eingerechnet.

China – der Copy-Shop der Welt?

Das Land, das einem wohl als erstes in Zusammenhang mit Kopien und Fälschungen einfällt, ist China. Böse Zungen behaupten sogar, das C stünde für Copy und zu Recht an erster Stelle. Teilweise liegt das natürlich auch darin begründet, dass die derzeitige Generation das aufholen möchte, was in vorherigen verschlafen wurde. Das ist natürlich einfacher, wenn dem Kopieren eine höhere Priorität eingeräumt wird als der Innovation. Zu erwähnen ist ebenfalls, dass in China erste Fortschritte insbesondere beim Kampf gegen die Markenpiraterie erzielt wurden.

Aber bei allem Verständnis, ein großes Ärgernis ist der staatlich tolerierte Betrug mit dem CE-Zeichen, wie die Abbildung verdeutlicht. So findet sich auf zahllosen Elektrogeräten ein CE-Zeichen, das kaum vom Original zu unterscheiden ist, aber absolut nichts mit Sicherheit oder gar einer Zulassung für Europa zu tun hat. Es steht für China-Export und ist damit aus europäischer Sicht völlig überflüssig, denn Made in China wäre als Hinweis auf das Ursprungsland ausreichend. Typografie und Anordnung der beiden Lettern sind so nah am Original, dass sich die Vermutung einer gezielten Fälschung förmlich aufdrängt. Momentan sind zwei Versionen im Umlauf, bei denen entweder der Strich im E länger oder der Abstand zwischen beiden Lettern kleiner ist. Soweit bekannt, hat die chinesische Verwaltung bislang nichts gegen diese Art von Fälschung unternommen. Sie fördert damit den Zugang chinesischer Technik zum europäischen Markt, die hierfür nicht zugelassen ist.

Was tun?

Jeder mehr oder weniger erfolgreiche Hersteller muss damit leben, kopiert zu werden. Recom zumindest weiß aus Informationen seiner Distributoren, wann welcher Wettbewerber ein neues Produkt bestellt. Kommt dann eine Kopie auf den Markt, ist das Unternehmen vorbereitet und in der Regel einen Schritt voraus. Gegen Fälschungen hilft aber auch die beste Vorbereitung nur bedingt: im eigenen Interesse muss der Kunde hier wachsam sein.

Reinhard Zimmermann

: Produkt Marketing Manager bei Recom Electronic in Dreieich.

(eck)

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