Die Tri-Cam verfügt über ein Standardobjektiv (links), wie es auch in der Monokamera zum Einsatz kommt, ein Teleobjektiv (rechts) zur Objekterkennung in größerer Entfernung sowie ein Fischaugenobjektiv (Mitte), um den Nahbereich besser abzudecken.

Die Tri-Cam verfügt über ein Standardobjektiv (links), wie es auch in der Monokamera zum Einsatz kommt, ein Teleobjektiv (rechts) zur Objekterkennung in größerer Entfernung sowie ein Fischaugenobjektiv (Mitte), um den Nahbereich besser abzudecken. (Bild: ZF TRW)

Um eines Tages wirklich sicher automatisiert fahren zu können, müssen sich die Autos der Zukunft auf sehr leistungsfähige Umfeldsensoren verlassen können. Diese beinhalten unter anderem die fortschrittlichen Kamera- und Radarsensoren, die heute schon in der Serienproduktion sind. Allerdings werden Sensoren in der Zukunft über noch weiter verbesserte Fähigkeiten in Bezug auf die Entfernungsmessung, die Objekterkennung in größerer Reichweite und das Sichtfeld verfügen müssen, um eine Vielzahl von Fahrszenarien abzudecken. ZF TRW hat mit der Tri-Cam, die 2018 erstmals in Serie geht, eine solche Lösung entwickelt.

Um die Funktionen für hochkomplexe automatisierte Fahrszenarien sowohl auf der Autobahn als auch im Stadtverkehr zu entwickeln, sind leistungsfähigere Sensoren erforderlich, die eine 360-Grad-Umfelderkennung ermöglichen. Die neuste skalierbare Kamerafamilie von ZF TRW, die S-Cam-4-Familie, ist eine der Schlüsseltechnologien für diese Funktionen: Sie umfasst eine Monokamera mit einer größeren Reichweite zur Objekterkennung, einem vergrößerten Sichtfeld und einer etwa sechsmal höheren Rechenleistung als ihr Vorgänger, sowie die Tri-Cam, ein Kamerasystem mit drei Linsen, das ZF TRW als Premium-Variante für teilautomatisierte Fahrfunktionen entwickelte.

Drei Objektive sehen mehr

Die Komponenten der Tri-Cam: Das System verfügt ZF TRW zufolge über das kompakteste Packaging auf dem Markt.

Die Komponenten der Tri-Cam: Das System verfügt ZF TRW zufolge über das kompakteste Packaging auf dem Markt. ZF TRW

Die Tri-Cam ist zum einen mit einer Standardlinse ausgestattet, die auch in der Monokamera zum Einsatz kommt. Mit einem horizontalen Sichtfeld von 52° unterstützt sie die üblichen Funktionen der Monokamera wie beispielsweise Fahrzeugerkennung, erweiterte Verkehrszeichenerkennung, optische Zeichenerkennung und Spurhalteassistenz, um nur einige davon zu nennen. Das zweite Objektiv arbeitet mit einer Telebrennweite und einem schmalen Öffnungswinkel von 28° für die Objekterkennung in mehr als 250 m Entfernung sowie die Fußgängererkennung in mehr als 100 m Entfernung. Betrachtet man die Tri-Cam von vorne, so befindet sich das Teleobjektiv auf der rechten Seite des Gehäuses.

Das dritte Objektiv hat Fischaugencharakter mit einem größeren Sichtfeld, wodurch es die unmittelbare Fahrzeugumgebung besser erkennen kann. Um das Sichtfeld optimal auszunutzen, ist das Fischaugenobjektiv in der Mitte des Gehäuses positioniert. Dank seines horizontalen Sichtfelds von 150° kann es Nachbarspuren erfassen. Sein erweitertes vertikales Sichtfeld unterstützt die Ampelphasenerkennung – und zwar auch dann, wenn das Fahrzeug an vorderster Stelle steht: ein großer Fortschritt im Vergleich zu herkömmlichen Kamerasystemen.

Die rechte Bildhälfte zeigt das Sichtfeld der aktuellen S-Cam 3 von ZF TRW. Die linke Hälfte zeigt im direkten Vergleich die verbesserte Leistung der Tri-Cam.

Die rechte Bildhälfte zeigt das Sichtfeld der aktuellen S-Cam 3 von ZF TRW. Die linke Hälfte zeigt im direkten Vergleich die verbesserte Leistung der Tri-Cam. ZF TRW

Da das Tele- und das Standardobjektiv nur wenige Zentimeter auseinanderliegen, entsteht ein Überlappungsbereich. Dieses gemeinsame Sichtfeld ermöglicht es, Objekte und Entfernungen sehr genau zu ermitteln. Außerdem entsteht dadurch ein weiterer Redundanzlevel, der zusätzliche Plausibilität verschafft.

Parallele Datenverarbeitung

Jedes Objektiv hat seinen eigenen Bildsensor, sodass das Kamerasystem drei verschiedene Bilder gleichzeitig verarbeitet und auswertet. Mit einer Auflösung von 1280 x 960 Pixeln trägt der Bildsensor (1,2 MPixel CMOS) dazu bei, dass die Tri-Cam Objekte in großer Entfernung erfassen kann. Die hochdynamischen rauscharmen und hochsensiblen Bildsensoren verbessern die Funktionalität sogar unter herausfordernden Bedingungen wie beispielsweise schwierigen Lichtverhältnissen. Die Tri-Cam arbeitet mit einem weiterentwickelten Prozessor, dem neusten, Eye Q4 genannten Chip von Mobileye, der gegenüber seiner Vorgängergeneration die rund sechsfache Rechenleistung besitzt.

Wie auch bei der Monokamera kommt der SfM-Ansatz (Structure from Motion) zur Anwendung, um aus den 2-D-Bildern eine Tiefeninformation ableiten zu können: Durch die Eigenbewegung des Fahrzeugs verändert sich die Kameraperspektive, sodass der Sensor dieselbe Situation aus variierenden Blickwinkeln aufnimmt. Aus diesen perspektivischen Unterschieden der aufeinanderfolgenden Einzelbilder (Frames) über die Zeitachse berechnet das System mittels Triangulation die notwendige Tiefeninformation, um den Abstand zwischen dem Objekt und dem eigenen Fahrzeug zuverlässig zu bestimmen.

Eckdaten der Tri-Cam.

Eckdaten der Tri-Cam. ZF-TRW

Die Tri-Cam verfügt über das kompakteste und leichteste Packaging auf dem Markt. Die Montage der Kamera geschieht nach bewährtem Verfahren an der Windschutzscheibe. Alle Materialien der Tri-Cam sind auf die Automobilindustrie ausgelegt. Die hochfeste Leichtbau-Legierung bietet den Fahrzeugherstellern die notwendige Flexibilität beim Packaging. Bei der Entwicklung der mechanischen Komponenten berücksichtigten die Designer das Wärmemanagement stets mit; die thermische Leitfähigkeit der Tri-Cam-Legierung ist um 25 % höher als bei vergleichbaren Werkstoffen – bei gleichzeitig gering bleibender Dichte.

Fazit und Ausblick

Die Tri-Cam kann sowohl als Einzelsensor fungieren als auch mit anderen Sensorlösungen gekoppelt werden, um noch komplexere Fahrsituationen zu bewältigen. So kann sie beispielsweise in Fusion mit zwei Nahbereichsradaren, die an den beiden vorderen Ecken des Fahrzeugs montiert sind, alle Informationen in eine robuste 360-Grad-Umgebungserkennung einfließen lassen. ZF TRW arbeitet bereits an Weiterentwicklungen des Systems der nächsten Generation, um dazu beizutragen, dass das automatisierte Fahren bald zur Realität wird – und zwar sicher.

Bob Newton

(Bild: ZF TRW)
Engineering Senior Supervisor bei ZF TRW

(av)

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

ZF Friedrichshafen AG

Löwentalerstraße 20
88046 Friedrichshafen
Germany