Auf einen Blick

Beim Design und Test von RF-Komponenten und -Baugruppen sind softwaredefinierte Prüfsystemarchitekturen und modulare, computergestützte Messsysteme auf Basis des PXI-Standards kaum noch wegzudenken, da sie dem Anwender sowohl beim Prototyping im Laborbereich als auch im Produktionsumfeld ein Höchstmaß an Flexibilität und Skalierbarkeit bieten. Für diese Anwendungsfälle lässt sich ein RF-Vektorsignalgenerator und -analysator mit einem rekonfigurierbaren FPGA-Backend zur Signalverarbeitung, Steuerung und Regelung in Echtzeit in ein Gerät kombinieren. Dieses verlagert den Schwerpunkt noch stärker in Richtung Software und schafft nicht nur eine hybride Datenverarbeitungsstruktur, sondern auch eine völlig neue Messgeräteklasse mit SDR-Architektur – die „software-designten“ Vektorsignal-Transceiver.

Um den Anforderungen an Geschwindigkeit und Flexibilität gerecht zu werden, werden in kommerziellen Lösungen zum Test von RF-Komponenten und Baugruppen zunehmend rekonfigurierbare FPGA-Bausteine eingesetzt, da sie die für die Implementierung benutzerdefinierter Hardwarefunktionen und digitaler Signalverarbeitung benötigte Flexibilität bieten. Dies stellt zwar einen wichtigen Fortschritt dar, doch sind aufgrund des geschlossenen Aufbaus der FPGA-Bausteine mit festgelegten Funktionen nur begrenzte Möglichkeiten zur benutzerdefinierten Anpassung vorhanden. Hier bieten offene, anwenderprogrammierbare FPGAs einen bedeutenden Vorteil, da sich so RF-Messgeräte individuell anpassen lassen und auf wechselnde Anwendungsanforderungen ausgerichtet werden können.

Bei den Vektorsignal-Transceivern (VST) handelt es sich um eine neue Klasse von Messgeräten, die einen Vektorsignalgenerator (VSG) und -analysator (VSA) mit FPGA-Technologie für die Signalverarbeitung, Steuerung und Regelung in Echtzeit in einem einzigen Gerät im PXI-Formfaktor (drei beziehungsweise vier Steckplätze) vereinen. Die VSTs von National Instruments (PXIe-5644R/45R) verfügen über einen offenen, anwenderprogrammierbaren FPGA, der die Implementierung benutzerdefinierter Algorithmen in die Hardware des Messgeräts sowie einen direkten Zugriff auf das RF-Frontend auf Pin-Ebene ermöglicht. Dieser Ansatz bietet die Flexibilität einer SDR-Architektur und die Leistungsfähigkeit von klassischen RF-Messgeräten, indem er einen proprietären Hardwareaufbau mit fester Funktionalität durch einen flexiblen, Software-designten Ansatz ersetzt (Bild 1).

Die VSTs (PXIe-5644R/45R) decken einen Frequenzbereich von 65 MHz bis 6 GHz ab und bieten eine Echtzeitbandbreite von bis zu 80 MHz. Zusätzlich ist eine Variante mit einer Basisband-I/Q-Schnittstelle verfügbar (PXIe-5645R) mit 16-Bit-Auflösung, abgetastet mit 120 MS/s bei 80 MHz komplexer Bandbreite, konfigurierbar als differenziell oder single-ended. Somit kann zum Beispiel auch direkt die Basisband-I/Q-Schnittstelle von Transceivern getestet werden. Alle VSTs stellen des Weiteren HS-Digital-I/O mit bis zu 250 Mbit/s an 24 Kanälen zur Kommunikation mit Steuerung von DUTs zur Verfügung. Die neuen Messgeräte basieren auf einem für High-Performance-DSP-Anwendungen optimierten, offenen Xilinx Virtex-6 FPGA (LX195T), der die Anbindung sowie Steuerung von Taktgeberschaltungen für das Basisband, A/D-Wandler, D/A-Wandler, PXI/PXIe-Trigger, S/DRAM und so weiter ermöglicht (Bild 2).

Das große Potenzial dieser Architektur und der Funktionsweise liegt in der deutlichen Reduzierung von Test- und Setupzeiten. Da der Großteil der Signalverarbeitung auf dem integrierten FPGA erfolgen kann und die Datenübertragung über den PCI-Express-Bus realisiert wird, sind im direkten Vergleich Messungen zehn- bis hundertmal schneller möglich, als beim Einsatz von klassischen RF-Messgeräten. Der kleine Formfaktor sowie der modulare Aufbau der PXI-Plattform ermöglichen den Einsatz des Vektorsignal-Transceivers in den verschiedensten Konfigurationen. So können zum Beispiel bis zu 5 VSTs in einem einzigen PXI-Chassis (18 Slots) untergebracht werden, um parallele Tests und/oder phasenkohärente, mehrkanalige Messungen (MIMO 5 x 5) zu übernehmen (maximal 8-x-8-MIMO-Konfiguration), wie es beispielsweis beim Test von aktuellen WLAN-Standards wie IEEE 802.11ac erforderlich ist.

Softwarearchitektur eines Vektorsignal-Transceivers

Das Softwarepaket NI LabVIEW FPGA erweitert die Systemdesignsoftware NI LabVIEW, so dass FPGA-Zieltechnologie auf rekonfigurierbarer I/O-Hardware (RIO) wie dem NI-VST angesprochen und personalisiert werden kann. LabVIEW bildet Parallelität und Datenfluss in Prozessen eindeutig ab und ist besonders für die FPGA-Programmierung geeignet, da es im herkömmlichen FPGA-Design erfahrenen wie auch unerfahrenen Anwendern die Leistung rekonfigurierbarer Hardware durch ein einfach zu bedienendes Werkzeug erschließt, ohne dass diese über Detailkenntnisse in Hardwarebeschreibung (HDL) verfügen müssen. Als Systemdesignsoftware kann LabVIEW die Verarbeitung über einen FPGA derart abstrahieren, dass kein umfassendes Wissen über Rechenarchitekturen und Datenmanipulation erforderlich ist. Dies ist bei der Auswahl und Entwicklung moderner Kommunikationsprüfsysteme von großer Bedeutung.

Die Software für den VST basiert neben dem leistungsstarken Zusatzpaket LabVIEW FPGA auf der NI-RIO-Architektur und bietet verschiedene Einstiegspunkte für die Anwendungsentwicklung, darunter vorgefertigte Anwendungs-IP gemäß aktueller Standards, grundlegende Referenzdesigns, eine Vielzahl an Beispielprogrammen und komplette LabVIEW-Projekte. Alle diese Einstiegspunkte stellen Standardfunktionen für Messungen sowie vorgefertigte FPGA-Abbilder (Bitfiles, IP-Cores) zur Verfügung, die eine schnelle Anwendungsentwicklung ermöglichen. Die sofort einsetzbaren Funktionen und die Anwendungs-/Firmware-Architektur tragen zur einfacheren Handhabung des Software-designten VST bei, da sie den Anwender von der Programmierung auf I/O-Ebene entbinden.

Die Brücke zwischen RF-Design und Test

Die Vektorsignal-Transceiver kombinieren eine hohe Messgeschwindigkeit in einem kleinen Formfaktor eines Messsystems für das Produktionsumfeld mit der Flexibilität und Leistungsstärke von industrietauglichen Stand-alone-Messgeräten. Damit kann der VST beispielsweise Standards wie IEEE 802.11a/c testen und erreicht dort exzellente Werte (zum Beispiel RMS EVM < -45 dB @ 5,8 GHz). Zudem teilen sich Übertragungs-, Empfangs-, Basisband-I/Q- sowie digitale Ein- und Ausgangssignale einen gemeinsamen anwenderprogrammierbaren FPGA, wodurch der VST lokal über mehr Leistung verfügt.

Die Datenreduktion ist ein Musterbeispiel, bei der Dezimierung, Kanalaufteilung, Mittelwertbildung und andere benutzerdefinierte Algorithmen und rechenintensive Tasks auf dem FPGA abgebildet und ausgeführt werden können. Dies verkürzt Prüfzeiten, indem der notwendige Datendurchsatz und die Verarbeitungslast des Host-PCs reduziert werden, und ermöglicht verbesserte Berechnungen, wodurch Anwender noch mehr auf die Zuverlässigkeit ihrer Messungen vertrauen können. Weitere Anwendungsbeispiele für FPGA-gestützte digitale Signalverarbeitung sind zum Beispiel anwenderspezifische Trigger, Frequenzbereichstrigger, Echtzeit-FFT, Rauschkorrekturen, Inline-Filter, Erzeugung variabler Verzögerungszeiten und Leistungspegelregulierung.

Software-designte Messgeräte wie der VST schlagen so die Brücke zwischen Design und Test und gestatten es Prüfingenieuren, Designaspekte noch vor der Fertigstellung zu berücksichtigen und zu validieren.

Leistungspegelregulierung für RF-Verstärkertests

RF-Leistungsverstärker müssen selbst außerhalb des linearen Betriebsbereichs über eine bestimmte Ausgabeleistung verfügen. Für die korrekte Kalibrierung eines RF-Leistungsverstärkers wird eine Rückkopplungsschleife für die Leistungsregulierung eingesetzt, um den finalen Verstärkungsfaktor zu bestimmen. Bei der Leistungspegelregulierung wird die Ausgabeleistung mit einem Analysator erfasst und der Leistungspegel des Generators so reguliert, bis die gewünschte Leistung erreicht ist, ein durchaus zeitintensiver Prozess. Einfach ausgedrückt, wird eine proportionale Regelschleife eingesetzt, so dass der Leistungspegel hin- und herpendelt, bis der Ausgabeleistungspegel mit der angestrebten Leistung übereinstimmt. Ein VST eignet sich insbesondere für die Leistungspegelregulierung, da der Prozess direkt auf dem anwenderprogrammierbaren FPGA implementiert werden kann, so dass der angestrebte Ausgabewert viel schneller erreicht wird (Bild 3).

Christoph Landmann

ist Senior Regional Product Manager CER – Automated Test bei National Instruments Germany, München

(ah)

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