Die Redundanztechnik RPR verschickt auch im Wlan alle Pakete doppelt und sorgt so für eine besser Verfügbarkeit.

Die Redundanztechnik RPR verschickt auch im Wlan alle Pakete doppelt und sorgt so für eine besser Verfügbarkeit.Belden, Eugenesergeev – Fotolia-com

Unterbrechungen, Verzögerungen und Verluste von Datenpaketen können schnell zu schwerwiegenden Problemen und so zu hohen Folgekosten führen. Im Ethernet-Umfeld haben sich verschiedene Redundanztechniken etabliert, die auch beim Ausfall einzelner Verbindungen für einen reibungslosen Weiterbetrieb des Netzwerkes sorgen. Einige dieser Redundanztechniken lassen sich auch in drahtlosen Anwendungen nutzen, um die Verfügbarkeit und Dienstgüte der Verbindungen zu erhöhen. Im kabelgebundenen Umfeld kommt zunehmend das standardisierte PRP (Parallel Redundancy Protocol) nach IEC 62439 zum Einsatz, um eine stoßfreie Redundanz – verlustfreies Umschalten ohne jegliche Verzögerung – beim Ausfall einer Netzwerkstrecke oder eines Geräts zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, werden die Anwendungspakete dupliziert und parallel auf zwei unterschiedlichen Pfaden übertragen. Vor der Auslieferung der verdoppelten Pakete werden diese wieder zusammengeführt und die Duplikate entfernt. Die Anwendung kann so trotz einer schwerwiegenden Störung im Netzwerk fehlerfrei weiter arbeiten.

PRP in einem ungestörten Netzwerk: Zwei redundante Pfade kommen zeitgleich zum Einsatz.

PRP in einem ungestörten Netzwerk: Zwei redundante Pfade kommen zeitgleich zum Einsatz.Belden

Redundanz für Wlan

Auch im drahtlosen Umfeld lässt sich PRP einsetzen, die Wirkung ist jedoch eine andere. Während beim Einsatz von PRP im drahtgebundenen Fall eine stoßfreie Umschaltung zwischen zwei Netzwerken erfolgt, bietet die Verwendung von PRP bei Funkstrecken die Möglichkeit prinzipbedingte Störungen – zum Beispiel Interferenz – auszugleichen. Um dies zu erreichen, werden die Pakete mit PRP auf zwei unterschiedlichen Funkstrecken gleichzeitig übertragen. Dadurch lässt sich eine Störung der Übertragung auf einer Strecke durch die parallele Übertragung auf einer anderen kompensieren. Mit anderen Worten: Unkorrellierte Paketverluste können ausgeglichen werden.

PRP im Falle eines gestörten Netzwerkes: Ohne Umschaltzeiten werden die Pakete des zweiten Netzwerkpfades verwendet.

PRP im Falle eines gestörten Netzwerkes: Ohne Umschaltzeiten werden die Pakete des zweiten Netzwerkpfades verwendet.Belden

Außerdem führt der Einsatz von PRP zu einer geringeren Latenz, da stets das schnellere der beiden Pakete weitergeleitet wird. Außerdem sinken Laufzeitschwankungen (Jitter), weil PRP lange Verzögerungen – durch ein belegtes Medium oder durch Neuübertragungen – ausgleicht.

Redundanz sorgt für geringere Verlustrate

Der Nutzen von PRP lässt sich anhand eines einfachen Rechenbeispiels verdeutlichen: Angenommen die Verlustrate auf beiden Strecken wäre identisch und liegt bei 0,1%, so liegt die Rate des PRP-Gesamtsystems bei 0,0001 % (0,0001 x 0,0001 = 0,000001) – ein 1000-fach besserer Wert.

PRP über zwei Wlan-Funkstrecken: Die redundante Übertragung kompensiert Paketverluste und gleicht last- und störungsbedingte Laufzeitunterschiede aus.

PRP über zwei Wlan-Funkstrecken: Die redundante Übertragung kompensiert Paketverluste und gleicht last- und störungsbedingte Laufzeitunterschiede aus.Belden

Diese Berechnung geht jedoch davon aus, dass Verluste gleichmäßig verteilt und unkorreliert sind. Um dies in der Praxis zu erreichen, ist es notwendig, Faktoren auszuschließen, die beide Funkkanäle gleichermaßen beeinflussen. Zu diesem Zweck lassen sich beide Strecken in verschiedenen Frequenzen oder Frequenzbändern betreiben, sodass eine konkurrierende Funkübertragung oder andere Umwelteinflüsse nicht beide Strecken gleichzeitig stören können. Darüber hinaus müssen Anwender auch weitere Effekte minimieren. So kann zum Beispiel eine dauerhafte Überlastsituation einer Verbindung zum Verwerfen von Paketen führen, was die Verlustraten dieser Verbindung in die Höhe treibt und damit auch die kombinierte Verlustrate steigen lässt. In Testaufbauten ließ sich der für die Anwendung wahrnehmbare Paketverlust mit PRP von 3,3 sowie 2,3 % für die Einzelverbindungen auf 0,05 % mit einer parallel redundanten PRP-Verbindung verringern – eine etwa 60-fache Verbesserung.

PRP über zwei Wlan-Funkstrecken: Die redundante Übertragung kompensiert Paketverluste und gleicht last- und störungsbedingte Laufzeitunterschiede aus.

PRP über zwei Wlan-Funkstrecken: Die redundante Übertragung kompensiert Paketverluste und gleicht last- und störungsbedingte Laufzeitunterschiede aus.Belden

Ein weiterer positiver Effekt beim Einsatz von PRP ist, dass die Netztwerklatenz und die Laufzeitunterschiede, also der Jitter, im Netzwerk zurückgehen. Der Testaufbau zeigte einen Rückgang der durchschnittlichen Latenz von 5,4 auf 3,2 ms und der maximalen Latenz von 135 auf 67 ms. Ebenso verringert sich der Jitter-Wert von 0,31 auf 0,27 ms. Der Grund für die Verbesserung ist, dass durch PRP stets das schnellere der beiden Pakete weitergeleitet wird. Ausreißer – Pakete mit langen Übertragungszeiten –, wie sie bei Wlan durch das geteilte Medium und den nicht-deterministischen Kanalzugriff die Regel sind, lassen sich so weitgehend eliminieren. Deshalb ist es möglich, mit PRP drei der wichtigsten Qualitätsindikatoren eines Netzwerkes, Verlustrate, Jitter und Übertragungszeit, zu verbessern.

PRP in einem Wlan-Netz, das aus mehreren Access Points und einem Client besteht. Die Elimination führt ein PRP-fähiger Switch an zentraler Stelle durch.

PRP in einem Wlan-Netz, das aus mehreren Access Points und einem Client besteht. Die Elimination führt ein PRP-fähiger Switch an zentraler Stelle durch.Belden

Wlan und Kabel senden gemeinsam redundant

PRP zeigt aber vor allem bei komplexeren Netzwerkstrukturen die Flexibilität der standardisierten und nicht auf drahtlose Strecken begrenzten Lösung. Zwar bieten auch proprietäre Wlan-Redundanzlösungen Leistungsverbesserungen bei der Übertragung. Diese fokussieren jedoch stets auf eine einzelne Funkstrecke. PRP hingegen ermöglicht es, komplexere Szenarien aus Funk- und Ethernet-Verbindungen sowie mobile Roaming-Applikationen mit PRP-Geräten zu realisieren. In Anwendungen mit schwierigen Rahmenbedingungen, zum Beispiel beweglichen Teilen oder hohen Temperaturen, lässt sich die Funkstrecke als umschaltfreie Backup-Verbindung zur Kabelstrecke verwenden. Beim Einsatz proprietärer Wlan-Redundanzlösungen ist eine solche Mischung nicht möglich.

Der Wlan-Client kann darüber hinaus die redundanten Verbindungen zu verschiedenen Access Points entlang der Stecke aufbauen und sich so von Access Point zu Access Point hangeln, während stets eine der beiden PRP-Verbindungen aktiv bleibt. So lassen sich Roaming-Unterbrechungen umschaltfrei vermeiden. Wichtig bei diesem Szenario ist, dass PRP nicht auf den drahtlosen Kanal begrenz ist, da die verschiedenen Wlan-Verbindungen über mehrere Access Points verlaufen, die auf unterschiedliche Weise ins Netz eingebunden sein können. Daher ist es nötig, die verdoppelten Pakete an einem zentralen Punkt im Netzwerk zu eliminieren, was nur eine standardisierte und Wlan-unabhängige Methode ermöglicht.

Dr. Tobias Heer

ist Head of Embedded Software Development – Functions bei der Hirschmann Automation and Control GmbH in Neckartenzlingen.

(mf)

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