Bild 1: Die Abmessungen und die extremen Bedingungen, denen der Cube-Sat auf seiner Mission ausgesetzt sein wird, verlangen den verbauten Elektroniksystemen alles ab.

Bild 1: Die Abmessungen und die extremen Bedingungen, denen der Cube-Sat auf seiner Mission ausgesetzt sein wird, verlangen den verbauten Elektroniksystemen alles ab. (Bild: Harwin)

Icarus

Die Kenntnis über die einzelnen Zugmuster von Vögel, Fledermäuse und Großinsekten ist für das Verständnis der ökologischen und evolutionären Aspekte der Verbreitung von Arten wichtig. Mit dem Kleintierverfolgungssystem Icarus können Forscher Probleme angehen, wie zum Beispiel:

  • Verbreitung von Infektionskrankheiten (über Vögel, Fledermäuse, Nagetiere oder Insekten)
  • Zusammenhänge zwischen biologischer Vielfalt und Funktionieren des Ökosystems
  • Verfolgung und Vorhersage des Auftretens von Vögeln für mehr Flugsicherheit
  • Wanderrouten und -muster

Milliarden Vögel, Fledermäuse und Großinsekten legen bei ihrer Wanderung jedes Jahr große Entfernungen zurück, manchmal sogar von einem zum anderen Kontinent. Bisher waren die Wissenschaftler nicht in der Lage, kleine Lebewesen bei ihren jeweiligen Reisen zu verfolgen. Das kann sich bald ändern: Icarus, ein Akronym für „International Cooperation for Animal Research Using Space“ ist ein globaler Zusammenschluss von Tierwissenschaftlern, die eine satellitengestützte Infrastruktur aufbauen wollen, mit der sich nicht nur ziehende Vögel und Fledermäuse beobachten lassen, sondern auch Meeresschildkröten.

Der Cube-Sat wurde von Wusat für einen Launch der internationalen Raumstation ISS konzipiert und ist in das Icarus-System eingebunden. Alle GPS-, 3D-Beschleunigungs- und weitere Daten über einzelne Tiere kommen in den Black-Box-Datenschreibern zusammen. Die Datenschreiber senden dann kleine Datenpaketen an sogenannte Leo-Satelliten (Low Earth Orbit) in erdnaher Umlaufbahn, von wo aus sie decodiert an eine Bodenstation gelangen.

2018 auf der ISS

2018 plant das Icarus-Projekt, den Wusat3 zur ISS ins All zu bringen. Dabei hat sich das Team für ein Design mit drei Einheiten entschieden: Es sind im Grunde genommen drei aufeinandergestapelte Cube-Sats. Am oberen Ende des Geräts befindet sich eine ausfahrbare Antennengruppe, die als Empfänger der Icarus-Signale dient (siehe Bild 1).

Bild 1: Die Abmessungen und die extremen Bedingungen, denen der Cube-Sat auf seiner Mission ausgesetzt sein wird, verlangen den verbauten Elektroniksystemen alles ab.

Bild 1: Die Abmessungen und die extremen Bedingungen, denen der Cube-Sat auf seiner Mission ausgesetzt sein wird, verlangen den verbauten Elektroniksystemen alles ab. Harwin

Die eingesetzten Elektroniksysteme müssen wegen der geringen Abmessungen und den schwierigen Betriebsbedingungen im All entsprechend robust ausgeführt sein. Beim Launch sind die Systeme den Stößen und Erschütterungen mit einem Vielfachen der Erdbeschleunigung ausgesetzt. Auch die Temperaturen können in der Umlaufbahn je nach relativer Position des Satelliten zur Sonne zwischen sehr kalt und extrem heiß wechseln. Elektronische Verbindungssysteme sind besonders anfällig, da sie nicht nur die Integrität des Signals garantieren sollen, sondern auch eine konstruktive Aufgabe wahrnehmen.

Größe und Gewicht sind bei jeder Raumfahrtanwendung ausschlaggebende Aspekte: Je kleiner und leichter die Bauelemente und Komponenten sind, desto mehr Nutzlast lässt sich mitnehmen – und das gilt umso mehr bei einem winzigen Nanosatelliten. Auch der wirtschaftliche Aspekt ist wichtig: Für Raumfahrtmaßstäbe sind Cube-Sats vergleichsweise günstig. Natürlich kostet die Entwicklung und der Launch immer noch Tausende Euro, und es gibt keine Möglichkeit, ein Problem nach dem Launch zu beheben. Die Steckverbinder dürfen nicht versagen.

Wusat1 und Wusat2

Im April 2013 wurde der erste Cube-Sat (Wusat1) mit einem Stratosphärenwetterballon bis in 30 km Höhe gebracht, um seine Systeme vor den kommenden Raketenmissionen in einer rauen Umgebung testen zu können. Dort fielen die Temperaturen auf unter -50 °C. WUSAT2 ging 2015 auf die Reise und brachte eine spektroskopische Nutzlast im Rahmen des DLR/SNSB-Projekts Rexus (Rocket Experiment for University Students) auf eine Höhe von 90 km.

Wusat, in Zusammenarbeit mit Elektroniktechnikberater Roke Manor Research, ist einer der Partner bei der Entwicklung des Leo-Cube-Sats. Das Wusat-Team der Warwick University besteht seit zehn Jahren und arbeitet seit 2012 an der Entwicklung seines eigenen Cube-Sat-Satelliten: Der Nanosatellit ist üblicherweise in Würfelform mit einer Kantenlänge von 10 cm und einem Gewicht unter 1,33 kg.

Datamate

Wusat hat für seinen Nanosatelliten die Steckverbinder von Harwin verwendet: Die Datamate- und Mix-Tek-Familien im 2-mm-Rastermaß, die 1,25-mm-Gecko-Familie und die M300-Steckverbinder sind für hohe Ströme ausgelegt. Damit funktionieren sie auch unter extremen Stoß-, Vibrations- und Temperaturbelastungen. Sie lassen sich nicht nur in vielen Satellitenanwendungen einsetzen, sondern auch in der Robotik, im Motorsport und bei UAV-Projekten (Unmanned Aerial Vehicle, zu Deutsch: Unbemanntes Flugzeug).

Bild 2: Hier zu sehen sind die verschiedenen Boards im CAD-Modell.

Bild 2: Hier zu sehen sind die verschiedenen Boards im CAD-Modell. Harwin

Bei der WUSAT3-Mission befindet sich das Team noch in der Entwicklungsphase. Aber eine der faszinierenden Möglichkeiten, die das Team in Erwägung zieht, ist die Verwendung von Datamate-Steckverbindern nicht nur als elektrische Verbindung, sondern auch als konstruktives Element innerhalb eines Designs aus vier Leiterplatten mit kastenförmigem Querschnitt, in dem die Boards dann selbsttragend werden (siehe Abbildung 2).

Üblicherweise werden die Leiterplatten in Cube-Sat-Designs übereinander gestapelt mit pfostenartigen Abstandhaltern verbaut. Die neue vorgeschlagene Anordnung würde nicht nur mehr Platz schaffen, sondern auch eine Menge an Verdrahtungen zwischen den gestapelten Leiterplatten einsparen. Ebenso wichtig ist, dass hier die am besten geeignete Entwurfsmethode für das Design der signalverarbeitenden Schaltungen eingesetzt werden könnte, die einen großen Teil dieses Projekts ausmachen.

Eckdaten

Der Cube-Sat von Wusat, der für einen Launch von der internationalen Raumstation ISS konzipiert ist, soll in das Icarus-System eingebunden werden. Der Hochwürfel ist mit Steckverbindern von Harwin konzipiert worden. Dabei müssen sie für hohe Ströme ausgelegt sein und auch unter extremen Stoß-, Vibrations- und Temperaturbelastungen tadellos funktionieren. Harwin hat dafür die Datamate-Familie der Serien Mix-Tek und J-Tek verwendet sowie Gecko-Serie G125 und die M300-Steckverbinder.

Konstruktion des Hohlwürfels

Der Aufbau des Cube-Sats im CAD-Display-Modell.

Der Aufbau des Cube-Sats im CAD-Display-Modell. Harwin

Bei dem Hohlwürfel sollen die J-Tek-Steckverbinder aus der Harwin-Familie Datamate zum Einsatz kommen. Sie sind mit verriegelnden Verschraubungen ausgestattet, was für mehr Stecksicherheit sorgen soll – was wichtig ist, wenn die konstruktive Stabilität des Designs auf die Robustheit des Steckverbinders aufbaut.

Tatsächlich zieht man Verschraubungen nicht nur bei Raumfahrtanwendungen den Verrastungen oder sonstigen Befestigungsmechanismen vor, die aufgrund übermäßiger Vibrationen verschleißen und versagen können. Auch in weiteren Branchen wie Luftfahrt, Robotik und Motorsport ist dies gang und gäbe. Mit J-Tek lässt sich die Verbindung einfache mithilfe von Standardwerkzeugen trennen.

Das Datamate Mix-Tek ist ein Koax, Leistungs- und Signalkontakt in einem Steckverbinder mit vielen Kombinationsmöglichkeiten. Die Leistungskontakte sind bis 20 A und der Koax ist bis 6 GHz ausgelegt.

G125-Serie

So sieht das Display-Modell des Wusat3 aus.

So sieht das Display-Modell des Wusat3 aus. Harwin

Die Steckverbinder Gecko-Serie G125 haben neben dem Rastermaß von 125 mm eine zweireihige Kabel-zu-Platine und Platine-zu-Platine-Verbindungslösung mit niedrigem Profil. Damit eignen sie sich zum Stapeln und für Kabelverbindungen in Bereichen, in denen PCB-Platzbedarf eine Priorität ist.

Für den Einsatz im All sind diese Steckverbinder geeignet, weil sie mit ihrem Miniaturgehäuse an Platz und Gewicht sparen. So sind 50 Kontakte pro Stecker bei einem Abstand von 1,25 mm möglich – damit lässt sich bis zu 35 % mehr Platz als bei vergleichbaren Hochleistungssteckverbindern erreichen. Je nach Konstellation können die Steckverbinder bis zu 2,8 A pro Kontakt verkraften. Die G125-Serie hält Temperaturen von -65 °C bis +150 °C stand. Sie lassen sich auch unter Vibrationen (Z-Achse, 100 g, 6 m/s) einsetzen. Auch diese Steckverbinder halten einer höheren Anzahl von Steckzyklen stand.

M300-Steckverbinder

Mit den M300-Steckverbindern hatte Harwin seine High-Rel-Familie (High Reliability) mit hochdicht ausgelegten Stromversorgungssteckverbindern erweitert, welche Ströme bis zu 10 A verkraften. Man bezeichnet industrielle Anwendungen als Hi-Rel, wenn sie bei Vorgängen eingesetzt werden, bei denen der Steckverbinder nicht versagen darf. Dazu gehören normalerweise Anwendungen in Umgebungen mit rauen Betriebsbedingungen wie Stoß-, Schwing- und Temperaturwechselbelastungen.

Die Steckverbinder der M3000-Serie sind im 3-mm-Rastermaß und für raue Umgebungen konzipiert. Sie vertragen im Vergleich zu Vorgängerversionen die doppelte Anzahl an Steckzyklen.

Für den Wusat3 verwendete man auch einen weiblichen Vier-Zungen-Kontakt aus Berylliumkupfer. Der Kontakt ist für bis zu 1000 Steckzyklen und Leiterquerschnitte von 18 bis 22 AWG (American Wire Gauge) ausgelegt. Er eignet sich für den Einsatz bei Temperaturen von -65 °C bis +175 °C,  ist stoßfest nach EIA-364-27 (100 g, 6 ms, keine Unterbrechung > 1 µs) und vibrationsfest nach EIA-364-28 (10 g, keine Unterbrechung > 1 µs).

 

Scott Flower

Produktmanager für High-Reliability-Steckverbinder bei Harwin.

(jck)

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