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Bild 1: Am Siemens-Standort „Erl F80“ im Westen Erlangens sind rund 3000 Beschäftigte tätig.

Bild 1: Am Siemens-Standort „Erl F80“ im Westen Erlangens sind rund 3000 Beschäftigte tätig.Siemens

Am Standort „Erl F80“ von Siemens Motion Control Systems werden die Steuerungen Sinumerik und Simotion gefertigt. Zudem laufen auch die Antriebe Simodrive, Sinamics und Simovert Masterdrives dort vom Band (Bild 1). Seit seiner Gründung im Jahr 1969 wurden immer wieder verschiedene Bereiche des Werks erweitert und bestehende erneuert. Ein wichtiges Ziel bei der Neugestaltung der Fertigung im Gerätewerk Erlangen (GWE) war, die Anzahl an Fertigungsstufen von drei auf zunächst zwei zu verringern.

In der ersten Stufe findet die SMD-Fertigung der Flachbaugruppe statt. Die zweite Stufe umfasst die Resthandbestückung der THT-Bauelemente, und sich daran anschließende Löt- und Lackierprozesse, bis hin zur Fertigstellung der Flachbaugruppe. Aktuell erfolgt in der dritten Stufe die Montage der Flachbaugruppen in Geräten. Mit dem Wechsel zur zweistufigen Fertigung sind die Resthandbestückung und Gerätemontage nun in Lean-Inseln zusammengefasst.

Schlanke Produktion im GWE

Bild 2: Funktionsprinzip des Ganzheitlichen Produktionssystems (GPS), innerhalb dessen bei Siemens die Grundprinzipien der Lean Production umgesetzt werden.

Bild 2: Funktionsprinzip des Ganzheitlichen Produktionssystems (GPS), innerhalb dessen bei Siemens die Grundprinzipien der Lean Production umgesetzt werden.Siemens

Ausgehend von der Lean-Offensive im Siemens-Konzern werden im „Ganzheitlichen Produktionssystem“ (GPS), die Grundprinzipien der Lean-Production umgesetzt. Hierbei werden der Wert aus Kundensicht definiert, der Produktwertstrom identifiziert, ein Flussprinzip realisiert, das Pull-Prinzip eingeführt sowie Perfektion in der Fertigung angestrebt. Ein Ziel des GWE ist es, bis 2014 das Ganzheitliche Produktionssystem (GPS) weiter zu etablieren. Beim GPS handelt es sich um eine GWE-spezifische Ausprägung des „Siemens Produktionssystems“ (SPS). Dabei sollen die Standardwerkzeuge wie 5S, Total Productive Maintenance (TPM), KVP, Shopfloor Management (SFM) in Verbindung mit einer gelebten Null-Fehler-Kultur zu einer getakteten, harmonischen Fließfertigung im „One Piece Flow“ führen (Bild 2). Hierfür ist unter anderem auch eine Neugestaltung des Fertigungslayouts im Bereich THT-Bestückung erforderlich.

Bild 3: Gegenüberstellung von starr verketteter, zentral angeordneter Fertigungstechnik zu dezentralen Fertigungssystemen in Lean-Inseln.

Bild 3: Gegenüberstellung von starr verketteter, zentral angeordneter Fertigungstechnik zu dezentralen Fertigungssystemen in Lean-Inseln.Siemens

In der Vergangenheit wurden die Resthandbestückung der Flachbaugruppe und die Gerätemontage bereits in Fraktalen zusammengefasst. Dabei sind die für die Flachbaugruppenfertigung erforderlichen Technologien, die in zentralen Produktionsanlagen bereitgestellt werden, mittels Transportsysteme an die Fraktale angebunden. Diese starr verkettete Flachbaugruppenfertigung stellte jedoch eine erhebliche Einschränkung der Fertigungsflexibilität dar. Jede geringfügige Störung der zentralen Produktionsanlagen, wie etwa Inline-Wellenlötanlagen, einer Inline-Selektivlötanlage und einer Lackieranlage, verursacht einen erheblichen Rückstau im Transportsystem und kann zum Fertigungsstillstand in der Gerätemontage führen. Größer werdende Produktvielfalt und steigende Stückzahlen erfordern jedoch flexible, dezentrale Produktionsinseln (Bild 3).

Bei der Neugestaltung des Fertigungslayouts wurden deswegen alle Aktivitäten auf den Kundennutzen fokussiert. Der allgemeine Trend zur Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen, kürzere Produktlebenszyklen sowie ein verschärfter globaler Wettbewerb, machen eine Flexibilisierung der Produktion erforderlich, um schnell auf die Anforderungen des Marktes reagieren zu können. Diese Produktionsflexibilisierung soll durch eine konsequente Umsetzung von Lean-Prinzipien erreicht werden. In den neu gestalteten Lean-Inseln wurden daher die Technologien für die Flachbaugruppenfertigung und die Gerätemontage zusammengeführt. Darüber hinaus ließen sich durch die Einbindung dezentraler Fertigungsanlagen in Lean-Inseln die Transportwege und die Antwortzeiten erheblich verkürzen, wodurch es möglich war, eine Verschlankung des Materialflusses bei sogenannten „Renner-Baugruppen“ im „One Piece Flow“ zu realisieren.

Dezentrale Selektivlöttechnik

Der Wechsel von zentralen Lötsystemen zur dezentralen Löttechnik ist ein strategisch bedeutender Schritt hin zu einer echten Lean-Fertigung im GWE. Zur Bewältigung der damit verbundenen technologischen Herausforderungen hat das GWE als Leitwerk bei Siemens Motion Control Systems einen geeigneten Partner unter den Systemanbietern gesucht und Ersa gefunden.

Bild 4: Bestätigt auch im Feldeinsatz die überzeugenden Leistungen, die der Selektivlötanlage Ecoselect 2 den Sieg im Siemens-internen Benchmarking beschert hat.

Bild 4: Bestätigt auch im Feldeinsatz die überzeugenden Leistungen, die der Selektivlötanlage Ecoselect 2 den Sieg im Siemens-internen Benchmarking beschert hat.Ersa

Dezentrale Lötsysteme müssen abhängig von der Applikation, eine Reihe von Anforderungen erfüllen, beispielsweise Flexibilität, Taktzeit, reproduzierbare Qualität, Platzbedarf sowie geringe Investitions- und Unterhaltskosten. Darüber hinaus werden beim Benchmarking weitere Anforderungen an technische Zulieferer, wie beispielsweise ein personell gut aufgestellter, reaktionsschneller und kompetenter Service sowie ein auf die speziellen Kundenwünsche fokussiertes Key-Account-Management bewertet. Zunächst wurde eine Lötanlage gesucht, die auf eine geringere Stückzahl und hohe Varianz ausgelegt ist. Außerdem sollte die Anlage, die in mehrere Fraktale integriert werden sollte, einen geringen Platzbedarf benötigen. Zudem waren weitere technische Anforderungen zu erfüllen, die sich aus dem Einsatzgebiet der Leistungselektronik ergeben.

Bild 5: Die benetzbare Einzellötdüse der Ecoselect 2 sorgt für reproduzierbare Lötergebnisse.

Bild 5: Die benetzbare Einzellötdüse der Ecoselect 2 sorgt für reproduzierbare Lötergebnisse.Ersa

Das Lötsystem Ecoselect 2 von Ersa (Bild 4), hat sich in einem breit angelegten Benchmarking als geeignetes System für diesen speziellen Anwendungsfall herauskristallisiert. Die über acht Quarzstrahler flexibel programmierbare Vorheizung sowie die benetzbare Lötdüse (Bild 5), die von einer elektromagnetischen Pumpe gespeist wird, erfüllen die Qualitätsanforderungen des Lötens von Hochkupfer-Leiterplatten. Dass sich auch im Selektivlöten ein hoher Durchsatz erzielen lässt, demonstriert Ersa mit seinem Lötsystem Ecocell. In dieser Anlage werden die Prozessschritte Fluxen, Vorheizen und Löten parallel abgearbeitet (Bild 6) und damit eine geringe Taktzeit erreicht. Außerdem erlaubt der Einsatz von ebenfalls mit einer elektromagnetischen Pumpe betriebenen Multiwellen-Löttiegeln (Bild 7), den Lötprozess gegenüber der Einzellötdüse deutlich abzukürzen.

Bild 6: Die Selektivlötanlage Ecocell ermöglicht kürzeste Taktzeiten, da die Prozessschritte Fluxen, Vorheizen und Löten parallel abgearbeitet werden.

Bild 6: Die Selektivlötanlage Ecocell ermöglicht kürzeste Taktzeiten, da die Prozessschritte Fluxen, Vorheizen und Löten parallel abgearbeitet werden.Ersa

Mittels einer auf das Baugruppenlayout abgestimmten Düsenplatte wird über Multiwellen die Flachbaugruppe in einem Hub verlötet. Mit der elektromagnetischen Pumpe für diese großen Multiwellendüsen verfügt Ersa über ein gewisses Alleinstellungsmerkmal gegenüber den Marktbegleitern. Durch das u-förmig angeordnete Transportsystem innerhalb der Anlage liegen Ein- und Auslauf auf einer Seite. Somit eignet sich Ecocell zur Integration in Lean-Fertigungsinseln. Im GWE wurden zwei Lean-Inseln mit integrierter Flachbaugruppenfertigung und Gerätemontage für hochvolumige Produkte aufgebaut. In diesen Anwendungsfällen konnten zwei flexibel einsetzbare, dezentrale Ecocell-Lötanlagen mit Multiwellentiegeln die Kapazität einer großen zentralen Wellenlötanlage ersetzen.

Bild 7: Auch der Einsatz von Multiwellen-Löttiegeln, die ebenfalls mit einer elektromagnetischen Pumpe betrieben werden, sorgt für Durchsatz.

Bild 7: Auch der Einsatz von Multiwellen-Löttiegeln, die ebenfalls mit einer elektromagnetischen Pumpe betrieben werden, sorgt für Durchsatz.Ersa

Dezentral macht schlank

Mit dem angebotenen technischen Leistungsspektrum und dem breit aufgestellten Produktportfolio, welches unter anderem die Serien-Lötmaschinen Ecoselect2, Ecocell, Versaflow 345 beinhaltet, hat die Firma Ersa auf alle Anwendungsfälle des GWE eine passende Antwort und unterstützt durch ihre dezentrale Selektivlöttechnik die Umsetzung der Lean-Offensive innerhalb des Siemens-Konzerns.

Dr. Andreas Kunze

ist Fertigungstechnologe bei Siemens in Erlangen.

Werner Eckert

ist Fertigungstechnologe bei Siemens in Erlangen.

Radek Lauer

ist Key Accounts Lötsysteme von Ersa in Wertheim.

(mrc)

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