Die Konstruktion von Bauteilen mit komplexen geometrischen Oberflächen erfolgt auf CAD-Systemen, die in der Regel Bézier-Flächen oder Nurbs (Non Uniform Rational B-Spline) verwenden, um die Geometrie der Bauteile zu beschreiben. Das CAM-System erzeugt aus dieser Beschreibung den Bearbeitungsablauf für die Fertigung des Werkstücks. Hierbei werden die Flächen des Werkstücks durch eine Folge von Punkten beschrieben, die durch kurze Geradensegmente miteinander verbunden sind. Hierdurch entstehen Sehnenfehler zwischen der theoretischen Bahn und dem Polygonzug, der die Bahn annähert. Bei der Diskretisierung der Flächen lassen sich maximale Toleranzbreiten vorgeben. Je kleiner der Anwender diese Toleranzbreite wählt, desto besser ist die Annäherung. Jedoch steigen mit kleinerer Toleranzbreite auch die Anzahl der Punkte und der Geradensegmente und somit auch die Datenmenge. Weil der Anwender aber aus Qualitätsgründen die Toleranzbreite klein wählen muss, führt dies zu großen NC-Programmen mit vielen kurzen Linearsätzen, die die CNC-Steuerung verarbeiten muss.

Bei Hochgeschwindigkeitsanwendungen müssen CNC-Steuerung und Antriebe genau aufeinander abgestimmt sein, um qualitativ saubere Ergebnisse zu erzielen

Bei Hochgeschwindigkeitsanwendungen müssen CNC-Steuerung und Antriebe genau aufeinander abgestimmt sein, um qualitativ saubere Ergebnisse zu erzielenDas Glasauge – Fotolia.com

Für hohe Oberflächenqualität und Konturtreue muss die CNC-Steuerung das NC-Programm ohne Vorschubschwankungen abarbeiten können. Zu Vorschubeinbrüchen kann es kommen, wenn die Satzverarbeitungszeit für einen NC-Satz länger ist als die Abarbeitungszeit für den vorherigen NC-Satz. Um dies zu verhindern, muss die CNC-Steuerung zum einen eine möglichst kurze Satzverarbeitungszeit haben und zum anderen über einen ausreichend großen Puffer an vorbereiteten NC-Sätzen verfügen. Reicht der Puffer nicht aus, muss die Vorschubgeschwindigkeit soweit verringert werden, bis die Abarbeitungszeit der NC-Sätze größer ist als die Satzverarbeitungszeit.

Maximaler Vorschub in Abhängigkeit von der Satzverarbeitungszeit der CNC-Steuerung und der Länge der Linearsätze.

Maximaler Vorschub in Abhängigkeit von der Satzverarbeitungszeit der CNC-Steuerung und der Länge der Linearsätze.LTI

In der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung liegen die Schnittgeschwindigkeiten je nach Werkstoff höher als im konventionellen Bereich. In der Folge ergeben sich höhere Spindeldrehzahlen und damit verbunden auch höhere Vorschubgeschwindigkeiten. Das Abarbeiten von vielen kleinen Linearsätzen bei gleichzeitig hoher Vorschubgeschwindigkeit ist nur möglich, wenn die Satzverarbeitungszeit ausreichend kurz ist. Die CNC-Steuerung Andronic 3060 des Unternehmens Andron hat eine Satzverarbeitungszeit von 100 µs und ist somit in der Lage, NC-Programme mit kurzen Linearelementen auch bei hohen Vorschüben zu verarbeiten.

Schnelles abarbeiten

Die Andronic 3060 ist eine PC-basierte CNC-Steuerung mit zwei getrennten Prozessoren. Ein Prozessor ist für die Bedienoberfläche zuständig (HMI), der zweite Prozessor für den Steuerungskern (NC). Beide Prozessoren kommunizieren über eine PCIe-Bridge miteinander. Das Trennen der Aufgaben auf zwei Prozessoren ermöglicht ein ungestörtes Abarbeiten auf der NC-Seite, die von der HMI-Seite unabhängig ist.

Das Abarbeiten eines NC-Programms beginnt im Gegensatz zu anderen CNC-Steuerungen bei dieser schon vor der Ausführung. In einem ersten Schritt wird das NC-Programm, das in einem Textformat vorliegt, in ein binäres Format umgesetzt. Bei der späteren Ausführung ist die Analyse eines binären Formats schneller als die Analyse eines Textformats. Bei der Umsetzung in das binäre Format führt die Steuerung gleichzeitig eine Syntaxprüfung durch, die dann bei der Ausführung des Programms nicht mehr notwendig ist. Werden keine Änderungen am NC-Programm vorgenommen, ist die Umsetzung nur einmal vor der ersten Ausführung nötig. Während der Ausführung des Programms werden die Daten im binären Format als kontinuierlicher Datenstrom an die NC-Seite übertragen, die sie dann weiter analysiert und verarbeitet.

Die einzelnen Achsen einer Werkzeugmaschine sind hinsichtlich ihrer erreichbaren Dynamik begrenzt. Neben dem Bahnvorschub bestimmt auch die Geometrie der Bahn die Geschwindigkeit, Beschleunigung und den Ruck der Achsen. Um die dynamischen Grenzen der Achsen einzuhalten und Konturverletzungen zu vermeiden, muss der Vorschub in Abhängigkeit von der Geometrie, zum Beispiel vor Ecken und Kanten, verringert werden. Die CNC-Steuerung muss hierfür den kommenden Bahnverlauf vorhersehen. Diese Analyse des künftigen Bahnverlaufs wird Look Ahead genannt. Je größer der Vorschub ist, desto weiter muss der kommende Bahnverlauf analysiert werden. Die CNC-Steuerung hat einen dynamischen Look-Ahead-Puffer, der eine Vorausschau von bis zu 25 000 Sätzen ermöglicht. Auch bei hohen Vorschüben erkennt sie so Geometrieänderungen rechtzeitig.

Genau der Kontur folgen

Um eine hohe Konturtreue zu erreichen, müssen die Antriebe den Vorgaben der CNC-Steuerung ohne Schleppfehler folgen. Dies gilt insbesondere für die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, da der Schleppfehler und somit auch die Konturabweichung mit dem Vorschub größer werden. Um den Schleppfehler zu eliminieren, kommt die Technik der Vorsteuerung zum Einsatz. Aus dem Lagesollwert, der als Führungsgröße für den Lageregelkreis dient, werden durch Ableitung zusätzliche Geschwindigkeits- und Beschleunigungssollwerte generiert. Der Geschwindigkeitssollwert wird dann dazu benutzt, den Sollwert der Drehzahl- oder der Geschwindigkeitsregelung einer Achse vorzusteuern. Ebenso wird mit dem Beschleunigungssollwert der Sollwert der Stromregelung vorgesteuert. Das eliminiert den Schleppfehler. Die geschlossenen Regelkreise regeln dann nur noch Störungen aus.

Vergleich der Beschleunigungsvorsteuerwerte ohne beziehungsweise mit Piko-Interpolation

Vergleich der Beschleunigungsvorsteuerwerte ohne beziehungsweise mit Piko-InterpolationLTI

Die CNC-Steuerung überträgt die Lagesollwerte über die Sercos-Schnittstelle mit einer minimalen Zykluszeit von 125 µs zu den Antrieben. Die Servoone-Antriebe von LTI sind auf den Einsatz mit der CNC-Steuerung abgestimmt. Der Antrieb erzeugt in einer antriebsinternen kubischen Feininterpolation aus den übertragenen Lagesollwerten die Geschwindigkeits- und Beschleunigungssollwerte für die Vorsteuerung. Eine Besonderheit ist, dass die CNC-Steuerung die Lagesollwerte mit einer Auflösung von 48 Bit anstelle der üblichen 32 Bit zu den Antrieben übertragen kann. Diese Piko-Interpolation genannte Fähigkeit verringert das Quantisierungsrauschen der Geschwindigkeits- und Beschleunigungssollwerte. Bemerkbar macht sich das in einer besseren Laufruhe der Achsen und in einer höheren Oberflächengüte des Werkstücks.

Dr. Martin Stockinger

Produktmanager bei der Andron GmbH in Wasserburg

(mf)

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