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Smart-Connected-Sensoren versprechen gerade in der Industrie, das Engineering zu vereinfachen. Kunden können sich auf die Dienste in der Cloud fokussieren.

Smart-Connected-Sensoren versprechen gerade in der Industrie, das Engineering zu vereinfachen. Kunden können sich auf die Dienste in der Cloud fokussieren.SSV Software Systems

Der Hype um das Internet der Dinge hat viele Sensor-basierte Produkte für Monitoringaufgaben hervorgebracht, die zum Teil in sehr großen Stückzahlen produziert und vermarktet werden: Fitness-Armbänder, Laufschuhe mit Beschleunigungssensoren, Smart Watches, Personenwaagen mit Internetanbindung, GPS-Tracker für Tiere oder Fahrräder und vieles mehr. Sogar ein Zustandsmonitoring für Zierpflanzen per Internet gibt es. Die Monitoringfunktionen dieser Produkte basieren auf Sensoren, die über eine Kommunikationsverbindung mit einer Zusatzsoftware verbunden sind. Im einfachsten Fall handelt es sich um eine Smartphone-App, in anderen Anwendungen ist der Sensor direkt mit einer Online-Plattform gekoppelt, die zusätzliche Softwarefunktionen zur Verfügung stellt.

Die Industrie ist viel vorsichtiger als der Endkundenmarkt. Dabei wächst gerade hier der Bedarf an Sensoren, die mehr können als eine physikalische Messgröße in einen 4…20-mA-Strom oder ein digitales Feldbusdatum umzuwandeln. So versucht zum Beispiel der Maschinenbau seinen Kunden seit Jahren ein kostengünstiges Condition-Monitoring zu bieten. Bisher scheitern viele Vorhaben trotz relativ kostengünstiger Sensorik jedoch am hohen Integrationsaufwand. Um aus einem Beschleunigungssensor ein Schwingungsmesssystem mit automatischer Auswertung für einen bestimmten Antrieb zu schaffen, ist noch sehr viel Engineering nötig. Mit einem Sensor, der ab Werk bereits mit einer offenen IT-Serviceplattform gekoppelt ist, müssten die Ingenieure nur noch die Software zur Messdatenauswertung ergänzen.

Smart Connected Sensor

Ein Smart Sensor beinhaltet neben der eigentlichen Messgrößenerfassung auch die komplette Signalaufbereitung und Signalverarbeitung im gleichen Gehäuse. Er besitzt üblicherweise eine digitale Schnittstelle (Modbus, CAN, CANopen, IO-Link, Ethernet oder andere) zur Kommunikation mit übergeordneten Systemen. Sogar Varianten mit integriertem Mobilfunkmodem sind am Markt zu finden.

Eckdaten

Klassische Sensoren liefern ihre Messwerte als einfache Analogspannung oder Feldbus-Datagramme. Smart-Sensoren kümmern sich bereits um die Datenaufbereitung, aber erst Smart-Connected-Sensoren verbinden sich direkt mit einer Service-Plattform. Hersteller von Konsumeranwendungen setzen längst auf dieses Modell, doch auch in der Industrie lohnt dieser Ansatz. Der Artikel beschreibt die Hintergründe und begründet, welche neuen Möglichkeiten sich dadurch den Sensorherstellern eröffnen.

Zu einem Smart Connected Sensor (SCS) gehört immer eine spezielle (Cloud-) Serviceplattform, an die der Sensor Daten übermittelt, ohne dass dafür ein zusätzliches Engineering erforderlich wäre. Über die Cloud-Serviceplattform müssen sich Zusatzfunktionen realisieren lassen, zum Beispiel der Abgleich der vom Sensor erhaltenen Messgrößen mit einer Sollwert-Datenbank, um bei Bedarf einen Alarm oder eine Nachricht zu verschicken. Zum Beispiel könnte ein Füllstandssensor den jeweils gemessenen Füllstand bei jeder Änderung an eine Cloud-Serviceplattform schicken. Eine dem SCS zugeordnete Softwarekomponente würde den Messwert entgegennehmen und auf Grenzwerte prüfen. Liegt der Wert unter dem vorgegebenen Mindestfüllstand, könnte die Serviceplattform eine Auffüllbenachrichtigung an eine hinterlegte Adresse senden.

Bild 1: Ein Smart Connected Sensor mit einer direkten Internet-Verbindung liefert Messwerte an die Cloud-Serviceplattform. Zwischen Sensor und Cloud sind nur Infrastrukturkomponenten aber keine datenveränderten Funktionsbausteine zu finden.

Bild 1: Ein Smart Connected Sensor mit einer direkten Internet-Verbindung liefert Messwerte an die Cloud-Serviceplattform. Zwischen Sensor und Cloud sind nur Infrastrukturkomponenten aber keine datenveränderten Funktionsbausteine zu finden.SSV Software Systems

Direkte oder indirekte Vernetzung

Ein Smart Connected Sensor kann auf verschiedene Weisen mit der Cloud-Serviceplattform kommunizieren. Im einfachsten Fall besitzt er ein 2G/3G/4G-Mobilfunkmodem mit SIM-Karte und erreicht über das Mobilfunknetz die Cloud (Bild 1). Diese Lösung ermöglicht eine vollständige Vorkonfiguration ab Werk, sodass der Anwender den Sensor nur noch im Feld installieren muss. Weitere Vor-Ort-Konfigurationen sind nicht erforderlich, sodass Massen-Roll-Outs problemlos möglich wären. Auch ein integriertes Wi-Fi-Interface ist denkbar, dann muss der Kunde den SCS aber vor Ort für seinen Wi-Fi-Access-Point konfigurieren. In beiden Fällen sind ein vollständiger TCP/IP-Stack sowie spezielle Security-Bausteine zur Abwehr von Cyber-Angriffen direkt im SCS notwendig. Es ist aber auch eine Wireless-Sensing-SCS-Variante möglich, die per Short-Range-Wireless-Network (zum Beispiel Zigbee, Bluetooth, Wireless-M-Bus) mit einem speziellen Gateway kommuniziert, das die Sensormessgrößen an die Cloud-Serviceplattform weiterleitet. In diesem Fall sind TCP/IP plus Security nur im Gateway erforderlich. Der einzelne Wireless-Sensing-Knoten wäre dann viel kostengünstiger.

Bild 2: Ein einfacher Sensor kann via Bluetooth Low Energy mit einer Smartphone-App kommunizieren, die sich mit der Cloud-Serviceplattform verbindet. Die App kann Sensordaten vorverarbeiten, verändern, zwischenspeichern oder visualisieren.

Bild 2: Ein einfacher Sensor kann via Bluetooth Low Energy mit einer Smartphone-App kommunizieren, die sich mit der Cloud-Serviceplattform verbindet. Die App kann Sensordaten vorverarbeiten, verändern, zwischenspeichern oder visualisieren.SSV Software Systems

Für viele Anwendungen reicht es aus, wenn der Sensor eine Bluetooth-Low-Energy-Schnittstelle (BLE) besitzt und zusammen mit einer Smartphone-App ausgeliefert wird. Der Sensor selbst hat dann keine direkte Verbindung in die Cloud. Diese wird über die App realisiert (Bild 2). Die App kann Sensordaten vorverarbeiten, verändern, zwischenspeichern und auch gleich vor Ort visualisieren. Neben dem Ist-Zustand kann die App auch die Historie darstellen, indem sie von der Cloud-Serviceplattform die Vergangenheitsdaten anfordert.

Virtuelle Repräsentanzen

In der IT und der Konsumerelektronik gibt es längst Monitoringanwendungen mit vernetzten Sensoren, die sich hinsichtlich Architekturen, Bausteinen und Komponenten als Vorbild für Smart-Connected-Sensoren eignen. Anbieterneutrale Orientierungshilfen findet man aber auch im Internet-of-Things-Architecture-Förderprojekt (IoT-A) der Europäischen Union.

Bild 3: In einer IoT-Anwendung soll ein Smart Connected Sensor als physische Repräsentanz ein jeweils aktuelles Datenabbild an eine virtuelle Repräsentanz liefern. Für den Zugriff durch Benutzer und andere Systeme gibt es offene Serviceschnittstellen.

Bild 3: In einer IoT-Anwendung soll ein Smart Connected Sensor als physische Repräsentanz ein jeweils aktuelles Datenabbild an eine virtuelle Repräsentanz liefern. Für den Zugriff durch Benutzer und andere Systeme gibt es offene Serviceschnittstellen.SSV Software Systems

Dieses EU-Flagship-Projekt soll ein möglichst universelles Referenzmodell für künftige IoT-Anwendungen entwickeln. Sensoren, Aktoren und Devices bilden in diesem Modell die physischen Repräsentanzen. Zu jeder physischen Repräsentanz gehört eine virtuelle Repräsentanz (Bild 3), die per IoT- oder Cloud-Service realisiert ist. Eine solche IoT-Serviceplattform speichert zum Beispiel den aktuellen Zustand der Sensoren und erneuert ihn bei jeder Zustandsänderung. Auf das jeweilige Datenabbild können andere Systeme und Benutzer mittels eines Application Programming Interface zugreifen. Ein solches Cloud- oder IoT-Service-API muss in der Regel unterschiedliche M2M- und IT-Protokolle sowie plattformunabhängige Datenformate unterstützen und darüber hinaus geeignete Sicherheitsmechanismen anbieten.

Komplexe Applikation

Die Daten der virtuellen Repräsentanzen und die dazugehörenden APIs bilden den eigentlichen Funktionskern einer IoT-Anwendung. Über die APIs sind die SCS sowie übergeordnete IT-Systeme (etwa SCADA, ERP, CRM, MES oder SQL), Smartphone-Apps und Webanwendungen in eine IoT-Applikation eingebunden (Bild 3). Mithilfe der Service-APIs werden Datenobjekte angelegt, verwaltet, die einzelnen Datenelemente gelesen, mit neuen Werten versehen und – falls erforderlich – auch wieder gelöscht. Die Daten selbst lagern in einer speziellen Datenbank.

Für die externe Benutzer- oder Anwendungssicht kommen gängige IT-Datenformate wie JSON oder XML zum Einsatz, zum zum Beispiel die JSON-basierten Real Time Data Channels (RTDC) von SSV Software Systems. Auf einer RTDC-basierten IoT-Serviceplattform bildet jede einzelne Anwendung ein separates Datenprojekt mit einem individuellen Schlüsselpaar für die Zugriffsberechtigung per API. Ein RTDC-Datenprojekt beinhaltet beliebig viele Datenobjekte, die sich wiederum aus einzelnen Daten-Items zusammensetzen. Limitierungen hinsichtlich der Datenprojekt-, Objekt- und Item-Anzahl existieren lediglich durch die Hardware-Ressourcen der Server, auf denen die RTDC-IoT-Serviceplattform läuft.

Der Sensor wird zum System

Bisher werden Sensoren in erster Linie als einfache Komponenten vermarktet, um sie in Subsysteme und Endprodukte zu integrieren. Durch die aktuelle Marktsituation steigt zwar der Sensorabsatz, die Preise und Gewinnmargen fallen allerdings. Die Verlagerung der Wertschöpfung in den Systembereich unter Berücksichtigung der IoT-Marktanforderungen wäre eine Alternative für viele Sensorhersteller. Sie ermöglicht dem einzelnen Anbieter das Erschließen neuer Märkte, eine breitere Kundenbasis und verbesserte Margen. Darüber hinaus können sie Partner-Unternehmen einbinden, die beispielsweise SCS-Apps entwickeln. Ein solches App-Konzept hat vor ein paar Jahren einem bis dahin mittelmäßig erfolgreichem IT-Unternehmen aus dem kalifonischen Cupertino geholfen, den Markt für mobile Telefone völlig umzukrempeln: sicher kein schlechtes Vorbild.

Klaus-Dieter Walter

ist Geschäftsführer der SSV Software Systems in Hannover.

(lei)

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