Gehäuse, Baugruppenträger und Schränke werden von verschiedenen Herstellern am Markt als Katalogware angeboten. Meist decken diese Standardprodukte etwa 80 Prozent aller Anforderungen ab. Dennoch bieten die Standardprodukte dem Anwender einige Vorteile. Sie sind einfach zu bestellen (oft nur eine Bestell-Nummer für eine Konfiguration), werden schnell geliefert, sind preiswerter als kundenspezifische Produkte und werden auch für Prototypen eingesetzt. Nachteilig ist, dass die Flexibilität etwas auf der Strecke bleibt und selbst kleine Anpassungen nur mit hohem Aufwand realisierbar sind. Oft passen die Standardprodukte nicht 100-prozentig zur Applikation und kundenspezifische Entwicklungen werden notwendig. Diese haben den Vorteil, dass sie genau auf die Bedürfnisse der Applikation beziehungsweise auf die Anforderungen des Anwenders abgestimmt sind. Nachteilig sind hier allerdings die meist höheren Kosten, Mindestbestellmengen sowie längere Entwicklungs- und Lieferzeiten.

Produktplattformen als Basis

Optimal wäre es, wenn man die Vorteile von Standardprodukten mit denen von kundenspezifischen Lösungen vereinen und damit die Nachteile beider möglichst eliminieren könnte. Die Kunst liegt also darin, Gehäuse, Baugruppenträger und Schränke anzubieten, die einerseits einen hohen technischen Standard gewährleisten, andererseits so variabel und flexibel sind, um unterschiedlichen Anwendungen gerecht zu werden. Durch sogenannte Produktplattformen, die auf einer gemeinsamen Basis aufbauen und durch eine Vielzahl von Standardeinzelteilen ergänzt werden, können Hardware-Entwickler kundenspezifische Lösungen aus Standardteilen schnell und kostengünstig realisieren. Voraussetzung ist natürlich ein umfangreiches Angebot an Standardprodukten und -teilen, die diese Flexibilität und Anpassbarkeit ermöglichen. In der Regel können so etwa 80 Prozent aller Kundenforderungen mit Standardprodukten umgesetzt werden. Weitere zehn Prozent benötigen zusätzlich kleine Produkt-Anpassungen, wie beispielsweise Bohrungen, Ausbrüche, Sonderfarben und so weiter. Solche Modifikationen lassen sich einfach, schnell und kostengünstig bewerkstelligen. Auf diese Weise werden die Vorteile aus Standardkomponenten und kundenspezifischen Lösungen miteinander verbunden. Hierbei profitieren die Kunden von einem definierten Spektrum an Modifikationen, mit kurzen Lieferzeiten und niedrigen Preisen.

Dieses Konzept von Pentair Equipment Protection wird am Beispiel von Schroff Baugruppenträgern verdeutlicht. Baugruppenträger dienen der Aufnahme von Leiterkarten und Steckbaugruppen und entsprechen der 19-Zoll-Norm (IEC 60297-3-101ff). Die 84 TE breiten Versionen lassen sich in 19-Zoll-Elektronikschränke einbauen. Diverse Anforderungen beim Einsatz in unterschiedlichen Marktsegmenten erfordern Baugruppenträger in verschiedenen Varianten. Durch modulare Baugruppenträger, basierend auf einer Produktplattform entstehen so auf einer einheitlichen Basis mit verschiedenen standardisierten Bauteilen unterschiedliche Produkte. Dadurch können diese für die jeweiligen Anforderungen hinsichtlich Abmessungen, individuellem Innenausbau, Preisgefüge, aber auch was statische und dynamische Belastungen betrifft, wie zum Beispiel Schock und Vibrationen sowie EMV-Festigkeit, konfiguriert werden.

So besteht beispielsweise der Standard-Baugruppenträger europacPRO (Bild 1) aus mindestens zwei Seitenwänden und vier horizontalen Profilen, den Modulschienen. Passend hierzu gibt es weiteres Zubehör wie Abdeckbleche, die über dem Kartenraum montiert werden, Frontplatten, Rückhauben, Führungsschienen und diverse Teile für den Innenausbau. Je nach Kundenanforderung ist die Basis-EMV-Schirmung einfach aufrüstbar. Zwei unterschiedliche EMV-Dichtungskonzepte für die Frontplatten stehen zur Verfügung (Textil- oder Edelstahldichtungen), die auch jederzeit miteinander kombiniert werden können. Auf Kundenwunsch können diese Standard-Baugruppenträger individuell zusammengestellt werden.

Vielfach sind jedoch geringfügige Anpassungen an Standardprodukten erforderlich, wie zum Beispiel andere Abmessungen, Bohrungen, Ausbrüche und Sonderfarben. Ausgehend von Erfahrungswerten und entsprechenden Marktanalysen hat Pentair Equipment Protection die häufigsten Modifikationswünsche der Kunden identifiziert. Mit einem darauf aufgebauten Service werden die Vorteile aus Standardkomponenten und kundenspezifischen Lösungen miteinander verbunden. Die Kunden profitieren hierbei von einem definierten Spektrum an Modifikationen, mit kurzen Lieferzeiten und niedrigen Preisen. So können die Baugruppenträger- und Gehäuse-Serien aus dem Katalog leicht modifiziert werden. Realisierbar sind beispielsweise andere Abmessungen, Rundlöcher für Leuchtdioden und Schalter oder Ausbrüche für Stecker, Konsolen und Sonderfarben, alles ab Stückzahl 1.

Ein Beispiel für eine kundenspezifische Modifikation im Baugruppen-/Gehäusebereich (Bild 2) ist ein 7 HE hoher, 84 TE breiter und 385 mm tiefer Baugruppenträger. Bereits diese Abmessungen wurden auf Kundenwunsch geändert. Ebenso die zurückversetzte Einbauebene links und die klappbare Teilfrontplatte links mit sieben kundenspezifischen Ausbrüchen. Ebenfalls mit Ausbrüchen versehen sind die eingebauten Frontplatten. Drei davon wurden zusätzlich mit je einem Griff oben und unten ausgestattet. Darüber hinaus erhielt der Baugruppenträger noch eine kundenspezifische Rückwand mit verschiedenen Ausbrüchen für Steckverbinder.

Vorkonfigurierte Baugruppenträger-Versionen

Zur Vereinfachung der Bestellung können Baugruppenträger auch als vordefinierte Bausätze bezogen werden, die die häufigsten Anforderungen der Kunden beinhalten. Anhand der benötigten Dimensionen (B x H x T) und der Festlegung einer bestimmten Applikation beziehungsweise eines Einsatzbereichs wie beispielsweise Compact-PCI-Anwendungen mit Rear I/O oder MSR-Technik oder Ruggedized-Anwendung kann der Kunde sein Produkt sehr einfach mit nur einer Bestell-Nummer ordern. Der Bausatz enthält alle Einzelteile und zum Teil bereits vormontierte Komponenten (zum Beispiel Gewindestreifen, EMC-Dichtungen, Loch- oder Isolierstreifen). Von der einfachen Standardversion bis zum High-End-Baugruppenträger decken diese vorkonfigurierten Baugruppenträger-Versionen (Bild 3) alle gängigen Marktanforderungen ab.

Die einfachste vorkonfigurierte Version des europacPRO ist die Version Typ L „Light“. Da der frontseitig angebrachte 19-Zoll-Befestigungswinkel genau auf diese Anwendung reduziert wurde, ist die Flexibilität dieser preisgünstigen und ungeschirmten Version eingeschränkt. Die Einbaulast ist auf zirka 7,5 kg beschränkt. 

Die am meisten nachgefragte Version Typ F „Flexible“ wird in der Grundversion als ungeschirmte oder geschirmte Variante angeboten. Möglich ist ein Einbau von Steckverbindern nach EN 60603-2/DIN 41612 oder Backplanes. Zur Ausstattung gehören weiterhin tiefenverstellbare 19-Zoll-Winkel. Die Einbaulast ist auf etwa 11 kg ausgelegt. Schock- und Vibrationsfestigkeit liegen in etwa bei 2 bis 3 g.

Ebenfalls geschirmt oder ungeschirmt gibt es die Version Typ H „Heavy“. Zusätzlich werden der 19-Zoll-Winkel und die Seitenwände getoxt, was eine erhebliche Verstärkung des Frontbereichs bewirkt. Frontgriffe aus Aluminium erleichtern außerdem den Einbau dieser mit schweren Komponenten bestückten Baugruppenträger in einen Schrank. Typ H oder artverwandte Baugruppenträgermodelle für Bahnanwendungen sind ausgelegt für Schock- und Vibrationsanforderungen bis 5 g. Die Einbaulast beträgt etwa 15 kg.

Durch die Verwendung stärkerer Seitenwände, verstärkter Modulschienen und 19-Zoll-Winkeln beziehungsweise Eckprofilen werden die Baugruppenträger der Version Typ R „Rugged“ den Belastungen beispielsweise in mobilen Anwendungen und besonders rauen Umgebungen gerecht (Schockfestigkeit bis 25 g). Die Seitenwände sind ebenfalls getoxt und die Überlappung der 19-Zoll-Winkel mit den Seitenwänden ist mehr als doppelt so lang wie bei Typ H. Um eine noch bessere Steifigkeit zu erreichen, wurden Modulschienen mit Dreiloch-Befestigung entwickelt, deren Steifigkeitsmoment um etwa 65 Prozent größer ist als bei Modulschienen mit Zweiloch-Befestigung. Anstelle der Aluminiumprofil-Frontgriffe kommen spezielle Rugged-Frontgriffe zum Einsatz. Zur Sicherung und zusätzlichen Versteifung der Deckbleche wurde eine Verriegelung entwickelt, die an mehreren Stellen mit der Modulschiene und dem Deckblech verschraubt wird. Eingesetzt werden außerdem Befestigungsschrauben aus Edelstahl mit Schraubensicherungslack.

Individuelle Frontplatten

Frontplatten prägen mit spezifischen Beschriftungen oder Firmenlogos das individuelle „Gesicht“ eines Systems (Bild 4) und sind somit maßgeblich für den ersten Eindruck der jeweiligen Applikation verantwortlich. Mit verschiedenen Ausbrüchen für unterschiedliche Steckverbinder, LEDs, Griffe, Schalter sowie Aufdrucke bietet das Schroff-Frontplattenprogramm die Möglichkeit der individuellen Fertigung und Gestaltung mit Farbverläufen und künstlerischem Design innerhalb weniger Tage.

Aus weit über 220 ab Lager verfügbaren Standard-Frontplatten (Bild 5) und -Steckbaugruppen mit Abmessungen von 2 bis 9 HE sowie Breiten von 2 bis 84 TE und verschiedenen Oberflächen und Ausführungen kann gewählt werden.

Über das Internet wird der einfache Zugang zu den Standardprodukten gewährleistet und der Download der 2-D- beziehungsweise 3-D-Daten der Frontplatten lassen sich per Download herunterladen. Anschließend kann der Kunde die gewünschten mechanischen Bearbeitungen, wie unterschiedliche Ausbrüche auf seinem CAD-System, einzeichnen. Für diese grafische Bearbeitung der CAD-Datei erhält der Kunde Unterstützung. Die Frontplatten-Zeichnungen enthalten Bestückungsgrenzen, die dem Konstrukteur zeigen, welchen Bereich der Frontplatte er nutzen kann, ohne beispielsweise mit der 19-Zoll-Norm zu kollidieren. Weiterhin gibt es eine Werkzeugbibliothek mit vordefinierten Ausbrüchen für standardisierte Sub-D- oder Koax-Steckverbinder – mit Senkungen, Planfräsung oder ganz offen. Als Makros downgeloaded, können die Ausbrüche direkt in den Frontplattenentwurf eingebunden werden.

Aus einer breiten Zubehörpalette werden anschließend Ein- und Aushebegriffe, das EMC-Schirmungs- (Textil oder Edelstahl) sowie das Befestigungsmaterial und noch vieles mehr, ausgewählt. Beschriftung und Gestaltung der Frontplatten nach individuellen Vorgaben ist durch Bedruckung oder Gravur möglich – so zum Beispiel per Digitaldruck mit bis zu 32 Millionen Farben (CMYK-Farbraum als Standard, extrahohe Farbechtheit für den RAL-, Pantone- und HKS-Farbraum). Die Farben weisen eine hohe Haltbarkeit und Beständigkeit gegen Licht, Wärme, Kälte, Chemikalien und andere Umwelteinflüsse auf. Nahezu gitterfreie Gradienten und Farbverläufe bis hin zu fotorealistischen Bildern sind möglich. Filigrane Details mit kleinsten Schriftgrößen von bis zu 3 Punkt können mit dem Digitaldruck umgesetzt werden.

Manchmal doch kundenspezifisch

Immer mal wieder gibt es Anwendungen mit sehr individuellen Anforderungen, die eine kundenspezifische Entwicklung erfordern. Aber selbst hier bietet das umfangreiche Angebot an Standardprodukten und -teilen, die als Katalogware vorhanden sind, Vorteile. Einzelne Standardbauteile können immer wieder im Original oder auch modifiziert, verwendet werden, wodurch Entwicklungszeiten und Kosten in einem vertretbaren Rahmen bleiben.

Für einen Baugruppenträger im Bereich der Medizintechnik beispielsweise konnten nur einige wenige Standardbauteile wie Modul- und Führungsschienen aus diesem Produktprogramm verwendet werden. Etwa 80 Prozent des Baugruppenträgers mussten neu konstruiert und gefertigt werden. Im Wesentlichen besteht der Baugruppenträger aus einem abgekanteten Aluminium-Zink-Blech mit einem speziellen Abdeckblech. Seitlich, außerhalb des Chassis ist Platz für notwendige Anschlusskomponenten. Auf der Rückseite sind eine Backplane und die Verkabelung integriert. Der Rahmen für die Aufnahme beziehungsweise die Befestigung im Endgerät besteht aus einem durchgehenden Teil. Mit EMV-Textildichtungen sind die eingesetzten Frontplatten versehen, wodurch die Verbindung zwischen Chassis und Modulen gewährleistet wird.

Die passende Verpackung

Pentair Equipment Protection hat die häufigsten Modifikationswünsche seiner Kunden analysiert und darauf aufbauend einen Service erarbeitet, der die Vorteile aus Standardkomponenten und kundenspezifischen Lösungen miteinander verbindet. Das Unternehmen bietet modulare Baugruppenträger, die auf einer Produktplattform basieren. Mit verschiedenen standardisierten Bauteilen können auf diese Weise unterschiedliche Produkte angeboten werden, zugeschnitten auf die jeweiligen Anforderungen. Die Baugruppenträger lassen sich modifizieren hinsichtlich Abmessungen, Innenausbau, Preisgefüge, aber auch was statische und dynamische Belastungen betrifft, wie zum Beispiel Schock und Vibrationen sowie EMV-Festigkeit.

 

 

Martin Traut

ist Produktmanager Subracks & Cases bei Pentair Equipment Protection in Straubenhardt.

(ah)

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nVent Schroff GmbH

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