Neopost Technologies gehört bei Postsortieranlagen zu den Marktführern in Europa. Viele Kunden wie Sozialversicherungsunternehmen, Banken, Behörden und Versandunternehmen versenden Mengen an Korrespondenzen an Kunden und Interessenten. In vielen Fällen müssen einzelne Anträge und Antworten ihren Zielort schnell und in einwandfreiem Zustand erreichen. Dafür benötigen die Kunden moderne Geräte wie Zuführungs-, Falz-, Kuvertier- und Frankiermaschinen, um ausgehende Post in großen Mengen bearbeiten zu können.

Neopost Technologies Maschinen sind modular aufgebaut, so lassen sich mehrere Zuführmaschinen um Falz- und Kuvertiermodule ergänzen und ganze Maschinenreihen aufbauen. Diese Module sind über ein standardisiertes elektronisches Kommunikationsbussystem und mechanische Schnittstellen verbunden.

Eckdaten

Die Entwickler von Neopost Technologies hatten die Aufgabe, ein HIL-Simulationssystem zum Testen von Embedded-Software bei allen denkbaren Maschinenzuständen und zum Beschleunigen der Entwicklung für die Verwendung in komplexen Postsortieranlagen zu erstellen. Ihre Lösung: Der Einsatz der Labview-FPGA-Module und eines PXI-I/O-Moduls von NI mit rekonfigurierbarem FPGA (Field-Programmable Gate Array) der R-Serie für die Entwicklung eines flexiblen Systems, das verschiedene Signaltypen von Sensoren und Aktoren unter normalen Betriebs- und Fehlerbedingungen wie etwa Papierstaus simulieren kann.

Die Entwicklung eines fehlertoleranten Systems

Die Maschinenbauer von Neopost arbeiten bei der Entwicklung des zuverlässigen und fehlertoleranten Systems für die Maschinen eng mit Elektronikern und Softwareentwicklern zusammen. Allerdings ist ein komplettes manuelles Testen neuer und komplexer Produkte nahezu unmöglich. Wenn ein Problem erkannt und gelöst wurde, ist es darüber hinaus schwierig für die Ingenieure, sich ganz sicher zu sein, dass es definitiv gelöst ist und nie wieder auftritt. Prüfingenieure können alle möglichen Situationen nachbilden. Wenn jedoch manche davon gleichzeitig auftreten, müssen sie eine große Anzahl von Kombinationen testen. Viele Situationen wie falsch ausgerichtetes oder verrutschtes Papier, ein Zusetzen der Komponenten im Laufe der Zeit sowie Schwankungen bei Farbe, Papierqualität und Dicke lassen sich praktisch überhaupt nicht reproduzierbare testen.

Die Herausforderung für Neopost bestand darin, dass die Embedded-Steuerungssoftware der eigenen Module sehr arbeitsintensiv war und parallel zum mechanischen und elektronischen Entwurf ausgeführt wurde. So konnten einige Aufgaben der Softwareentwicklung erst beginnen, als alle mechanischen und elektronischen Bestandteile fertig waren. Das Testen der Software und die Feinabstimmung des Geräts waren die letzten Schritte und mitunter sehr zeitaufwendig. Folglich war es eine Herausforderung, den Zeitplan für das Projekt einzuhalten.

Optimieren der Simulationsumgebung

Um die Testumgebung und die Softwareentwicklung zu verbessern, suchte Neopost nach Lösungen für ein universelles Simulationssystem. Dieses System würde unterschiedliche Geräte wie Zuführgeräte, Falzmaschinen und Kuvertiermodule simulieren müssen. Jedes unserer Modulsysteme umfasst verschiedene Teile wie etwa Fotozellen, Kupplungen, Motoren und Encoder. Das Simulationssystem musste also in der Lage sein, alle analogen und digitalen Signale zu simulieren, sodass ein virtueller Papiertransport simuliert werden kann.

Das Simulationssystem muss nicht nur die Maschine unter normalen Betriebsbedingungen modellieren, sondern auch Fehlerbedingungen beim Papierdurchlauf und/oder Sensorausfälle simulieren. Wenn beispielsweise Papier verrutscht, löst die Fotozelle ein etwas längeres Signal aus. Der Simulator musste dieses Signal erzeugen können, sodass die Entwickler die Embedded-Software bei diesem Fehlerzustand testen konnte.

Hard- und Software von National Instruments

Das HIL-Simulationssystem und zwei PXI-FPGA-Module emulieren ein Zuführungs- und ein Falzmodul.

Das HIL-Simulationssystem und zwei PXI-FPGA-Module emulieren ein Zuführungs- und ein Falzmodul.National Instruments

Die Simulationsumgebung musste über eine Schnittstelle zur Embedded-Hardware verfügen und alle möglichen Situationen simulieren können. Signaltypen, etwa die von Encodern erzeugten, können sich sehr schnell ändern. Daher muss der Simulator präzise und anpassbar sein, sodass er plötzliche Fehlerbedingungen simulieren kann. Das Erstellen dedizierter Leiterplatten für jedes Modul war keine optimale Lösung, weil die Anpassung einer jeden Leiterplatte an eine spezifische Maschine die Entwicklungszeit der Hard- und Software verlängerte. Deshalb entschieden sich die Entwickler für den Einsatz handelsüblicher Komponenten von National Instruments, denn dadurch erhielt Neopost ein vollständiges Hard- und Softwareangebot für dieses Problem. Sie wählten PXI-Hardware, da sie modular (Module lassen sich hinzufügen, um mehrere Geräte oder komplexere Situationen zu simulieren), flexibel und robust ausgelegt ist. NI bietet darüber hinaus auch eine Palette von Embedded-PXI-Controllern an.

Die FPGA-Module der PXI-R-Serie stellen Digital-I/Os sowie analoge Ein- und Ausgänge bereit, über das Neopost alle Signale simulieren kann. Sowohl die Echtzeit- als auch die FPGA-Software erstellten die Ingenieure mit der grafischen Entwicklungsumgebung Labview, denn die Schnittstelle zwischen dem Modul Labview Real-Time und dem Modul Labview FPGA ist einfach gestaltet.

Die Hardwaremodule beinhalten einen FPGA, mit dem Anwender das Modulverhalten und die I/O-Verbindungskanäle rekonfigurieren können. Das erlaubt den Entwicklern von Neopost, mit dem Modul verschiedene Maschinen zu emulieren, wodurch sich das Erstellen neuer Verbindungen der Schnittstelle bei verschiedenen Konfigurationen vereinfacht. Das Simulationssystem wurde mit den Modulen Labview Real-Time und Labview FPGA programmiert. Im FPGA sind zahlreiche Zustandsautomaten implementiert, die den Papierdurchlauf der Maschine modellieren. Der PXI-Echtzeit-Controller wird für die Kommunikation und die Konfiguration des Simulationssystems eingesetzt.

Vorteile der Hardware-in-the-Loop-Simulation

So sieht eines der durchsatzstarken modularen Falz- und Kuvertiersysteme aus.

So sieht eines der durchsatzstarken modularen Falz- und Kuvertiersysteme aus.National Instruments

Das Hardware-in-the-Loop-Simulationssystem (HIL) hat viele Vorteile. Zum Beispiel kann ein Softwaretest normalerweise erst dann beginnen, wenn das mechanische Teil freigegeben wurde. Die Embedded-Hard- und -Software jedoch steht relativ schnell zur Verfügung, da Neopost sie leicht simulieren kann. Das HIL-System kam bereits in realen Szenarien zum Einsatz, in denen die Embedded-Software getestet und freigegeben wurde, noch bevor der mechanische Entwurf abgeschlossen war. Neopost muss mit der Softwareentwicklung nicht mehr auf die Fertigstellung der mechanischen und elektronischen Teile warten. Außerdem lässt sich die Software ohne mechanische Schwierigkeiten testen. Darüber hinaus kann das Unternehmen mithilfe dieses Prüfsystems Fehler in der Embedded-Hard- und -Software zu einem frühen Zeitpunkt entdecken, wodurch sich Prüf- und Markteinführungszeiten erheblich verkürzen. Des Weiteren sinken die Kosten, da Entwickler die Fehler schon aufspüren, bevor sie in die Entwicklungskette gelangen. Fehlerbedingungen lassen sich leichter reproduzieren und zeigen ein gleichbleibendes Verhalten. Auch Tests können nun automatisch ablaufen.

Reint Smit

ist Manager Software-Electronics/Product Quality bei Neopost Technologies in Drachten, Niederlande.

(jck)

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