Bld 1a: GaN-Transistor TPH3205WS im TO-247-Gehäuse

Bld 1a: GaN-Transistor TPH3205WS im TO-247-GehäuseTransphorm

Nachdem Transphorm mit den GaN-HEMTs bereits schnellste Schalttransistoren im 600-V-Bereich vorgestellt hat, führt das Unternehmen aus Goleta, Kalifornien nun den HEMT (High-Electron-Mobility-Transistor) in einem TO-247-Gehäuse ein (Bild 1a, 1b). Mit gerade mal 63 mΩ Innenwiderstand kann solch ein GaN-Transistor 600 V verlustarm schalten. Wie Schaltungsentwickler mit diesem Bauteil noch höhere Wirkungsgrade erzielen sowie weitere Systemvorteile für ihre Stromumformungsanwendungen nutzen, wird im Folgenden anhand von Tests und Messergebnissen dargestellt.

Anforderungen an GaN-HEMT

Bild 1b: Transphorm-Kaskodenschaltung mit N-Kanal-HEMT (oben) und steuerndem Niederspannungs-Silizium-MOSFET (unten).

Bild 1b: Transphorm-Kaskodenschaltung mit N-Kanal-HEMT (oben) und steuerndem Niederspannungs-Silizium-MOSFET (unten).Transphorm

Die Integration des GaN-Transistor in einem Standard-TO-247-Gehäuse bietet besondere Vorteile für Leistungsanwendungen. Dazu zählen die direkte thermische Verbindung mit einem Kühlkörper, die Unterbringung größerer Chip-Flächen für höhere Ströme sowie geringere Durchlasswiderstände, robuste Anschlussfahnen und minimale mechanische Beanspruchungen bei der Montage. Besonders wichtig ist die Berücksichtigung unvermeidbarer Gehäuseinduktivitäten für schnell schaltende Leistungsbauelemente.

Ein Hauptziel von Transphorm war die Verbesserung der Leistungsfähigkeit in Anwendungen, die einen kontinuierlichen Spulenstrom in wechselnder Richtung erfordern, wie beispielsweise Wechselrichter oder brückenlose Totem-Pole-Leistungsfaktorkorrekturfilter. Grundlegendes Schaltungselement ist hier eine einfache Zwei-Transistor-Halbbrückenschaltung.

Eckdaten

Im Industriestandardgehäuse TO-247 bietet Transphorm mit dem TPH3205WS einen HEMT (High-Electron-Mobility-Transistor) auf Basis der GaN-Technologie an. Der Halbleiter schaltet 600 V in wenigen Nanosekunden bei Verlustleistung im unteren Wattbereich. Er erreicht einen Wirkungsgrad bis zu 99 % und eignet sich besonders für hocheffiziente Wechselrichter bis zu mehreren Kilowatt.

Verlustleistung einer Halbbrücke

Angenommen eine Halbbrückenschaltung soll im Halblastbetrieb eine Leistung von 2,5 kW bei einer Schaltfrequenz von mindestens 100 kHz mit einem Spitzen-Wirkungsgrad von 99 % umwandeln. Eine typische Aufteilung der Verluste wäre beispielsweise 65 % für die Halbleiterelemente und 35 % für die induktiven Bauelemente. Das ergibt für die beiden Transistoren eine Verlustleistung von 8,1 W (65 % von 1 % von 1250 W). Bei optimierten Transistoren teilt sich diese Verlustleistung darüber hinaus gleichmäßig auf Leitungs- und Schaltverluste auf. Aufgrund thermischer Kriterien liegt der optimale Arbeitspunkt, bei dem Leitungs- und Schaltverluste gleich groß sind, in der Praxis wahrscheinlich oberhalb vom Halblastbetrieb. Wenn wir die 8,1 W Verlustleistung bei halber Last in 5,5 W Schaltverluste und 2,6 W Leitungsverluste aufteilen, und die 5,5 W anschließend durch 100 kHz teilen, ergibt sich eine Ziel-Verlustenergie von 55 µJ pro Schaltzyklus.

Die genaue Aufteilung der Verlustleistung hängt zwar von realen Gegebenheiten der Schaltung und Bauteile ab, jedoch vermittelt die vorangegangene Überlegung eine grobe Vorstellung der Anforderungen an die Leistungsschalter. Eine ausführliche Analyse zu GaN-Kaskoden-Schalter ist in den Quellen [1] bis [3] am Ende dieses Artikels zu finden. Für die hiesige Überlegung genügt jedoch ein relativ einfacher Ansatz, um zu zeigen, ob der Baustein die Zielsetzungen erfüllt.

Wichtige Parameter des TPH3205WS

  • ID_25C: Dauer-Drainstrom 34 A (bei Tc = 25 °C)
  • VDS: Drain-Source-Spannung 600 V
  • RDS(on): Drain-Source-Durchlasswiderstand 63 mΩ (bei TJ = 25 °C, typisch)
  • Qg: Gate-Gesamtladung 17 nC (bei 10 V)
  • EOSS: Bei COSS gespeicherte Energie 15 µJ (bei 400 V)
  • QOSS: Ausgangsladung 136 nC (bei 480 V)
  • td(on): Einschaltverzögerung 7,2 ns (0…10 V, Rg = 2 Ω, Id = 11 A)
  • Qrr: Speicherladung 138 nC (bei 24 A, 480 V)

Bild 2a: Einschaltverhalten einer simulierten Halbbrücke zeigt den zeitlichen Verlauf von VDS und ID.

Bild 2a: Einschaltverhalten einer simulierten Halbbrücke zeigt den zeitlichen Verlauf von VDS und ID.Transphorm

Beim Ausschalten wird die Energie EOSS in der Ausgangskapazität des geschalteten Transistors gespeichert. Diese Energie wird beim Einschalten wieder abgeführt. Darüber hinaus wird beim Einschalten die Ausgangskapazität des Freilauftransistors über den aktiven Schalter geladen. Im Fall einer linearen Kapazität würde in beiden Fällen die gleiche Energie EOSS abgeführt. Da COSS jedoch nichtlinear ist, wird während des Ladevorgangs eine geringfügig höhere Energie (ungefähr 2 EOSS) abgeführt. Weitere Verluste entstehen aufgrund der endlichen Zeit, die der Drainstrom des aktiven Schalters benötigt, um auf den Wert des Spulenstrom anzusteigen. Diese Zeit entspricht ungefähr der Einschaltverzögerung, die entsprechende Ladungsenergie beträgt etwa

Bild 2b: Einschaltverhalten einer Vollbrücke zeigt den gemessenen zeitlichen Verlauf von VDS und IL.

Bild 2b: Einschaltverhalten einer Vollbrücke zeigt den gemessenen zeitlichen Verlauf von VDS und IL.Transphorm

  • Eon=½Vdd · IL · td(on).

Die Speicherladung Qrr des Transistors, der den Freilaufstrom führt, trägt ebenfalls zur Verlustleistung bei. Im Fall des Kaskoden-GaN-HEMT ist der größte Teil der Ladung Qrr in der Ausgangskapazität gespeichert, und somit bereits im Term EOSS enthalten. Die geringe Ladung, die in die Body-Diode des Silizium-FET injiziert wird, wird vom geschalteten Transistor abgeführt und trägt zur Verlustenergie

  • E = Vdd · Qinj

bei. Die injizierte Ladung

  • Qinj = IL · τ

ist zum Laststrom proportional, wobei τ eine Zeit in der Größenordnung von 1 ns ist. Die gesamte Schaltenergie pro Zyklus beträgt

  • Esw = 3EOSS + ½Vdd · IL · td(on) + Vdd · IL · τ

Bild 3a: Vereinfachtes Schaltbild der Totem-Pole-PFC-Schaltung.

Bild 3a: Vereinfachtes Schaltbild der Totem-Pole-PFC-Schaltung.Transphorm

Unter Verwendung von EOSS =15 µJ aus dem Datenblatt sowie der Annahme von Vdd = 400 V und IL-ave= 5 A (entsprechend 1250 W/230 VAC), reicht eine Einschaltverzögerung von 8 ns aus, um die gewünschte Schaltenergie Esw von 55 µJ zu erreichen. Zum Vergleich ist in den Parametern oben für den TPH3205WS eine Einschaltverzögerung von 7,2 ns angegeben. Die hier angegebene Analyse ist nur eine Näherung, die zur Angabe der für diese Anwendung erforderlichen Schaltgeschwindigkeit dienen soll.

Bild 3b: Evaluierungsboards mit Totem-Pole-PFC-Schaltung.

Bild 3b: Evaluierungsboards mit Totem-Pole-PFC-Schaltung.Transphorm

Bei 400 V Schaltspannung und 19 A Laststrom zeigt VDS in der simulierten und in der realen Schaltung eine fast gleiche Flankensteilheit. Bild 2a zeigt den berechneten Signalverlauf einer simulierten Halbbrücke, das Oszillogramm einer realen Vollbrückenschaltung ist in Bild 2b dargestellt.

Ergebnisse aus Testschaltungen

Um zu zeigen, was mit dem Transistor TPH3205WS tatsächlich erreicht wurde, hat Transphorm Tests für zwei Applikationsschaltungen – einer Totem-Pole PFC-Schaltung und einem Einphasen-Wechselrichter – durchgeführt.

Bild 4: Wirkungsgrad und Verlustleistung der Totem-Pole-PFC-Schaltung bei niedriger (115 Vac) und hoher (230 Vac) Netzspannung.

Bild 4: Wirkungsgrad und Verlustleistung der Totem-Pole-PFC-Schaltung bei niedriger (115 Vac) und hoher (230 Vac) Netzspannung.Transphorm

Die brückenlose Totem-Pole-PFC-Schaltung [4] hat in den letzten Jahren als einfache, hocheffiziente Topologie viel Aufmerksamkeit erlangt. Transphorm hat den TPH3205WS auf einem 2,4-kW-Evaluierungsboard dieser Topologie (Bild 3b) getestet. Bild 3a zeigt das vereinfachte Schaltbild dazu. Die Schalter S1 und S2 auf dem Board sind GaN-Transistoren, die Rücken an Rücken auf dem Kühlkörper montiert sind. SD1 und SD2 sind Silizium-MOSFETS, die mit Netzfrequenz (60 Hz) geschaltet werden und nur geringe Leitungsverluste aufweisen. Die Ausgangsspannung beträgt 385 VDC. Der Kühlkörper ist so bemessen, dass ein Betrieb ohne forcierte Luftkühlung möglich ist. Verlustleistung und Wirkungsgrad der Schaltung sind in Bild 4 dargestellt.

Bild 5a: Vereinfachtes Schaltbild des Einphasen-Wechselrichters.

Bild 5a: Vereinfachtes Schaltbild des Einphasen-Wechselrichters.Transphorm

Transphorm hat den TPH3205WS in einem Einphasen-Vollbrückenwechselrichtermit 3 kW getestet. Bild 5a zeigt das vereinfachte Schaltbild, Bild 5b die aufgebaute Platine. Der für diese Schaltung gemessene Wirkungsgrad ist in Bild 6 dargestellt. Die Schaltverluste einer einzelnen Halbbrücke stimmen mit der Berechnung aus der Voranalyse überein. Weil bipolares Schalten aufgrund zusätzlicher Schaltverluste der zweiten Halbbrücke den Wirkungsgrad herabsetzt, wurde die Schaltung im Modus unipolares Schalten betrieben.

Bild 5b: Evaluierungsboard des Einphasen-Wechselrichters.

Bild 5b: Evaluierungsboard des Einphasen-Wechselrichters.Transphorm

Wie in Bild 6 zu sehen ist, liegen die Spitzen-Wirkungsgrade ziemlich nahe am Zielwert von 99 %. Die Abweichungen lassen sich durch eine genauere Analyse der Transistoren selbst, sowie durch die Einbeziehung zusätzlicher Verlustfaktoren in der Schaltung erklären.

Bei höheren Schaltströmen steigt das Überschwingen aufgrund parasitärer Induktivitäten an, und es empfiehlt sich die Verwendung von RC-Dämpfungsgliedern. Die hier vorgelegten Wirkungsgradwerte stammen in der Tat von Platinen, die ein 8 Ω/44 pF-Dämpfungsglied an jedem Transistor enthielten. Diese waren für die getesteten Leistungspegel zwar nicht zwingend erforderlich, die zugehörigen Verluste in den gezeigten Ergebnissen sind jedoch mit inbegriffen.

Schlussfolgerung

Bild 6: Wirkungsgrad und Verlustleistung des Einphasen-Wechselrichters.

Bild 6: Wirkungsgrad und Verlustleistung des Einphasen-Wechselrichters.Transphorm

Trotz der nicht unproblematischen Gehäuseinduktivitäten hat sich das TO-247 als robustes Gehäuse erwiesen, das die Vorteile der GaN-Technologie in unmittelbar zugänglicher Form bietet. Mit der Bereitstellung eines 600-V-GaN-HEMT in diesem Industriestandardgehäuse kann der Einsatzbereich von GaN-Transistoren auf eine Vielzahl von Anwendungen erweitert werden, darunter PV-Wechselrichter mit Leistungsstufen von einigen 100 Watt (Mikro-Wechselrichter) bis zu mehreren Kilowatt (Zentralwechselrichter für Gebäude).

Literatur

[1] X. Huang, Q. Li, Z. Liu und F. C. Lee, „Analytical loss model of high voltage GaN HEMT in cascode configuration“, IEEE Transactions on Power Electronics, Vol. 29 (5), S. 2208-2219, Mai 2014

[2] X. Huang, Z. Liu, F. C. Lee und Q. Li, „Characterization and Enhancement of High-Voltage Cascode GaN Devices“, IEEE Transactions on Electron Devices, Vol. 62, Nr. 2, Februar 2015

[3] Z. Liu, X. Huang, F. C. Lee und Q. Li, „Package parasitic inductance extraction and simulation model development for the high-voltage cascode GaN HEMT“, IEEE Transactions on Power Electronics, Vol. 29, Ausgabe 4, S. 1977-1985, April 2014

[4] L. Zhou, Y. Wu und U. Mishra, „True Bridgeless Totem-pole PFC based on GaN HEMTs“, PCIM Europe 2013, 14. – 16 .Mai 2013, S. 1017-1022.

Jim Honea

ist Mitarbeiter bei Transphorm.

(jwa)

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