Marktanteile Kommunikation

Marktanteile Kommunikation (Bild: HMS)

Mit dem Industrial Internet of Things (IIoT) und Industrie 4.0 wird die Kommunikationsschnittstelle zur Schlüsselfunktion: Datenvolumen und -geschwindigkeit steigen rasant, Security spielt eine immer wichtigere Rolle. Zukunftsfähige Automatisierungskomponenten müssen daher sowohl die bewährten industriellen Feldbus- und Industrial-Ethernet-Netzwerke für die Prozessdatenübertragung als auch die TCP/IP-basierten Protokolle der IT-Technik unterstützen. Außerdem werden für die Industrie Wireless-Netzwerke wie Bluetooth und WLAN zunehmend interessanter. Als ob das nicht schon genug wäre, rücken mit OPC UA und TSN (Time Sensitive Network) weitere Kommunikationsstandards in den Fokus. Auch wenn die für Anwender nutzbaren Funktionen der einzelnen Bussysteme meist ähnlich sind, haben die Busprotokolle im Detail wenig gemeinsam. Nach wie vor ist kein einheitlicher Standard in Sicht. Bleibt nur ein Ausweg: Automatisierungsgeräte und Maschinen mit Multiprotokoll-Schnittstellen.

Zulassungsstatistik: Feldbusse immer noch vorne

Die Feldbustechnik ist ausgereift und gerade deshalb bei Anwendern beliebt. Denn Profibus & Co. sind bewährt, stabil und zuverlässig. Nach Einschätzung von HMS werden 58 % der Neuinstallationen an industriellen Netzwerken auch 2016 noch auf der Basis bewährter Feldbusse realisiert. Mit 17 % am weitesten verbreitet ist Profibus. Feldbusse haben ihren Zenit nach wie vor nicht überschritten und HMS schätzt die Wachstumsrate in 2016 auf rund 7 %. Gegenüber den Vorjahren hat sich das Wachstum bei den Feldbussystemen jedoch merklich verlangsamt.

Industrial Ethernet ergänzt klassische Feldbusse

Wer Industrie 4.0 machen will, braucht Daten aus dem Feld, beispielsweise über ein OPC-UA-Gateway in Form eines Hutschienenmoduls.

Wer Industrie 4.0 machen will, braucht Daten aus dem Feld, beispielsweise über ein OPC-UA-Gateway in Form eines Hutschienenmoduls. HMS

Bei Industrial Ethernet sind seit etwa vier Jahren deutliche Zuwächse zu beobachten: derzeit rund 20 % pro Jahr bei einem Marktanteil von 38 % für alle Ethernet-Systeme. In Branchen mit kurzen Innovationszyklen, zum Beispiel der Automobilindustrie, hat sich Industrial Ethernet bereits etabliert und ist für den Bereich Motion Control sowie für Anwendungen mit großen Datenmengen prädestiniert. Bei neuen Anlagen ist Industrial Ethernet die bevorzugte Technologie für die industrielle Kommunikation.

Profinet und Ethernet/IP liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wobei Profinet in Europa und Ethernet/IP in Amerika dominiert. Bemerkenswert: Ethernet/IP hat Devicnet mittlerweile überholt. Auch Ethercat ist auf dem Vormarsch und insbesondere in der Halbleiterindustrie und in Motion-Control-Anwendungen weit verbreitet. Ethercat konnte sich ebenso im Maschinenbau durchsetzen, wo es zunehmend CAN-basierte Protokolle ersetzt. Auch Powerlink konnte seinen Markt­anteil im Maschinenbau kontinuierlich ausbauen. Mit dem Gigabit-Ethernet -basierten CC-Link ist ein asiatisches Industrial-Ethernet-Netzwerk ebenfalls mit im Rennen und kommt vor allem im Umfeld von Mitsubishi-Steuerungen zum Einsatz.

Wireless: Basis für innovative Konzepte

Im Umfeld von Industrie 4.0 und dem industriellen Internet der Dinge entstehen neue Maschinen- und Bedienkonzepte. Deren Grundlage bilden Wireless-Technologien für den drahtlosen Zugang in das Automatisierungssystem und zu den verdrahteten Komponenten im industriellen Netzwerk. Damit mausern sich Wireless-Netzwerke von der Sonderlösung für mobile oder rotierende Anwendungen zur Basistechnologie für Datenerfassung, Alarmieren, Bedienen und Beobachten sowie Maschinenwartung.

Noch ist der Anteil der Wireless-Netzwerke in der Fabrikautomation mit 4 % recht überschaubar. Allerdings rechnet HMS mit einem noch schnelleren Wachstum als bei Industrial Ethernet: 30 % Zuwachs pro Jahr. Insbesondere Bluetooth sticht heraus. Denn mit Bluetooth 4.0, auch als Bluetooth Low Energy oder Bluetooth Smart bekannt, können sogar batterie­betriebene Sensoren eingebunden werden. Die so gewonnenen Sensordaten ermöglichen eine bessere Beurteilung des dynamischen Verhaltens und des Materialverschleißes der Maschine. Das hilft, Stillstandzeiten zu reduzieren und die Zuverlässigkeit der Anlage zu erhöhen. Ein typisches Industrie-4.0-Szenario.

Industrie 4.0: Neue Standards rücken ins Blickfeld

OPC UA lässt sich auch als Embedded-Modul in Automatisierungsgeräte integrieren.

OPC UA lässt sich auch als Embedded-Modul in Automatisierungsgeräte integrieren. HMS

Die vierte industrielle Revolution und das industrielle Internet der Dinge (IIoT) stellen neue Anforderungen an die indus­trielle Kommunikation. Die beabsichtigte Anbindung der Automatisierungssysteme an die ERP-Systeme in privaten oder öffentlichen Clouds rückt das Thema Cyber Security in den Fokus. OPC UA (UA: Unified Architecture) hat geeignete Verschlüsselungstechniken von vorne herein berücksichtigt und ist damit prädestiniert für den Übergang von der Feld­ebene in die industriellen IT-Systeme und die Cloud.

Während die etablierten Feldbus-Organisationen OPC UA gerne als Ergänzung zu den jeweiligen Echtzeit-Industrial-Ethernet-Systemen positionieren, gibt es in der OPC Foundation konkrete Überlegungen, den ursprünglich für die Audio- und Video-Übertragung im Ethernet konzipierten TSN-Standard (Time Sensitive Networking, IEEE 802.1.xx) auch für die Echtzeitkommunikation in der Automatisierungstechnik zu positionieren. Damit würden Profinet, Ethernet/IP & Co. langfristig zum Auslaufmodell.

Aktuell ist zu beobachten, dass alle relevanten Feldbusorganisationen Kooperationen mit der OPC Foundation eingegangen sind und sich neue strategische Allianzen in einem sich schnell verändernden Umfeld etablieren. Ausgelöst durch die Industrie-4.0-Initiative und die in Entwicklung befindlichen Echtzeit-Erweiterungen in den IEEE-Standardisierungsgremien ist der Markt für industrielle Kommunikation erneut in Bewegung geraten. Derzeit ist es noch zu früh, um konkrete Empfehlungen für Gerätehersteller und Maschinenbauer abgeben zu können. Nur eins ist sicher: die Vielfalt der industriellen Netzwerke bleibt nicht nur, sie nimmt weiter zu.

Seminar-Reihe

Cyber Security und Safety  in der Automation
Wie können Maschinenbauer und Systemintegratoren ihre Anlagen schützen? Das Seminar der Firmen HMS, Pilz, Belden und dem TÜV skizziert die häufigsten Security-Bedrohungen für industrielle Anlagen und gibt konkrete Handlungsempfehlungen. Die Veranstaltungsreihe findet statt vom 21. bis 30. Juni 2016 in Hannover, Stuttgart, Deggendorf bei München, Dortmund und Chemnitz.

Hannover Messe 2016: Halle 8, Stand D11

Michael Volz

ist Geschäftsführer der HMS Industrial Networks GmbH in Karlsruhe.

(sk)

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