Von Anfang an war sicher, dass der Mikroelektronik und den Systemintegrationstechnologien bei der Vernetzung in der Fertigung eine Schlüsselrolle zukommen wird. Aber auch die IT- und Telekommunikationsfirmen, das ist auf der diesjährigen CeBIT deutlich geworden, sehen ihre Mitwirkung bei Industrie 4.0 als bedeutsam. Große Konzerne wie Microsoft und die Telekom kooperieren verstärkt mit Herstellern der Prozess- und Anlagentechnik, Google steigt in die Entwicklung von Industrierobotern ein. Der Trend zeigt in starkem Maße, dass die Verbindung von IT/Internet- und Produktionstechnologien bereits in vollem Gange ist und für die Unternehmen einen lukrativen Markt darstellt.

Besonders in der Elektronikfertigung ist das Thema Industrie 4.0 inzwischen allgegenwärtig. Die Komplexität beim Aufbau und die Variabilität in der Funktionalität elektronischer Systeme nehmen rasant zu, so dass nur mittels durchgängiger Entwicklungs- und Fertigungsketten eine effiziente, kundenspezifische Produktion von großen Stückzahlen bis zu Losgröße 1 ermöglicht wird. Hierfür werden Integrationstechnologien (Hard- und Software) und angepasste Produktionsprozesse gefordert, die den hohen Ansprüchen an das Produkt in puncto Funktionalität, Baugröße, Anwendungsumgebung, Zuverlässigkeit, Lebensdauer und geringen Herstellungskosten Rechnung tragen. Nicht zuletzt müssen auch der Material- und Energieeinsatz sowie ökologische Aspekte den modernen gesellschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen genügen.

Sensorintegration im Fokus

Erst durch die Ausstattung der Produktionssysteme mit intelligenten, autonomen Sensorsystemen (das gleiche gilt übrigens für Alltagsprodukte) ist es möglich, Zustände der Umgebung aufzunehmen, auszuwerten und die ausführende Aktorik optimiert anzusteuern. In der Regel für kleinste bzw. spezielle Bauräume entwickelt, müssen Sensorfunktionen, Auswerteelektronik, Datenspeicher, Antennen und vor allem die Energieversorgung miniaturisiert und integriert werden. Auch kompakte Energiewandler und Energiespeicher spielen eine immer größere Rolle, um energieautarke Sensorsysteme bereitstellen zu können. Für die übergeordneten IT-Strukturen ist es daher notwendig, Schnittstellen für hohe Datenraten und Speichervolumina zu berücksichtigen. Überdies sind in vielen Fällen die miniaturisierten Aufbauten zusätzlich mit hochwertigen Umgebungsschutzmaßnahmen wie angepasster Verkapselung oder gar hermetischer Gehäusung zu versehen.

Auf dem Weg zu Industrie 4.0

Nicht zuletzt durch die Industrie-4.0-Initiative gewinnen auch in der Elektronikfertigung innovative Systemintegrationstechnologien entscheidend an Bedeutung. Vorteile besitzen hier zukünftig die 3D-Integration auf Waferlevel und das Embedding im Bereich der Leiterplattentechnologien.

Auch auf der diesjährigen SMT Hybrid Packaging 2014 in Nürnberg wird das Thema Industrie 4.0 ein Schwerpunkt sein: Neben aktuellen Trends in der Systemintegration werden eine Vielzahl an Praxisbeispielen rund um die Themen Cyber Physical Systems, drahtlose Kommunikation und Sensorintegration in der Fertigung gezeigt. Im Zentrum der Thematik steht auch die alljährlich präsentierte Fertigungslinie. Die Messe findet dieses Jahr parallel mit der 13. Electronic Circuits World Convention (ECWC13) statt, die von der EIPC und der Mesago organisiert und vom Programmkomitee der SMT inhaltlich begleitet wird.

So vielfaltig wie die Anwendungen sind auch die Anforderungen an integrierte Aufbauten. Gefragt sind zunehmend Lösungen mit einer direkten Sensor-Aktor-Kopplung zur Erfassung und Regelung von örtlichen Prozessparametern (zum Beispiel Drucksensoren und Stelleinrichtungen für Mikrodosiersysteme). Weiterhin werden sich Sensorsysteme durchsetzen, mit denen ein sicheres Verschmelzen der Sensoren mit dem Messort und eine Verringerung der Rückwirkungen auf die Messgröße (Werteverfälschung) möglich ist. Eine drahtlose Datenkommunikation ist in diesem Fall oft eine notwendige Voraussetzung.

Die Systemintegration lässt sich auf ganz unterschiedliche Weise realisieren. Als Beispiele sind hier die Waferlevel-Integration (wie das 3D-Stacking oder das Waferlevel-Molding) und die Panellevel-Integration (etwa das Embedding) zu nennen. Hauptziel der hierbei ausgewählten Technologie ist die Miniaturisierung, allerdings bestimmen weitere Anforderungen wie die Bauteildichte, die zu erreichende Leistungsfähigkeit, die Vereinfachung von Designs und Aufbau sowie der Fertigungskosten ganz entscheidend mit, welche Technologie letztlich zum Einsatz kommt.

3D-Integrationstechnologien

Auch die Integration mehrerer gleicher Sensoren zu Sensorarrays und die Kopplung von physikalischen, chemischen und biologischen Sensoren auf einem Sensorelement wird dabei weiter zunehmen (Lab-on-Chip-Systeme). Mit einer weiteren Miniaturisierung werden hierbei zunehmend multifunktionale Systeme in einem Gehäuse integriert, die neben dem Sensor auch die komplette Signalverarbeitung und -auswertung vereinen. So können neben intelligenten Sensorfunktionen wie etwa Selbstüberwachung oder gar Selbstkalibrierung auch komplette Mustererkennungsverfahren direkt auf dem Sensormodul ablaufen. Gerade bei dynamischen Prozessen mit hohen Abtastraten, bei Video oder Audiodaten können diese Daten an Ort und Stelle ausgewertet und Aktoren angesteuert werden. Bild 1 zeigt das Beispiel einer leistungsfähigen Mikrokamera mit eingebettetem 32-Bit-Bildprozessor, Flash-Speicher, DC/DC-Wandler und passiven Bauelementen. Durch die genutzte Leiterplatten-Embedding-Technologie werden hierbei alle Bauelemente in die Leiterplatte integriert.

Eine weitere Anforderung der Cyber Physical Systems als Basis von Industrie 4.0 besteht darin, Sensormodule zur Verfügung zu stellen, die flexibel mit unterschiedlichen Sensoren aufgebaut werden können. Solche modularen Baukastensysteme können eine Vielzahl an Anwendungen bedienen und sind deshalb ideal für unterschiedliche Fertigungsstückzahlen geeignet.

Eine sehr erfolgversprechende Systemintegrationstechnologie zum Aufbau leistungsfähiger, miniaturisierter und energie- und kosteneffizienter elektronischer Systeme, stellt die 3D-Integration auf Basis von Wafer-Level-Packaging-Techniken mit Through-Silicon-Vias (TSV) und TSV-Interposer dar (vgl. Bilder 2 und 3). Unter Nutzung von TSVs und angepasster Kontaktsysteme werden hierbei aktive Bauelemente entsprechend Chip to Wafer, Chip to Interposer oder Wafer to Wafer gestapelt. Mittels Rückseitenankontaktierung von Chips wird beispielsweise die Herstellung der erwähnten Sensorarrays variabel ermöglicht. Durch TSV-Interposer werden Zwischenträger für gestapelte Komponenten oder Multi-Die-Konfigurationen in Standard-Packages realisiert. Dies wirkt positiv auf die Möglichkeit der Standardisierung in der Fertigung und den Zwang zur Kostenreduzierung. Auch auf Basis von Silizium/Glas-Trägersubstraten und angepassten Cavity-top/bottom-Wafern können zunehmend Wafer-Level-Packages für Sensorintegration mit entsprechender Signalverarbeitung realisiert werden (zum Beispiel MEMS-Sensoren + ASIC + Speicher).

Datenübertragung und Auswertung

Die intelligente Vernetzung von intelligenter, umgebungsangepasster Sensortechnik im Fertigungsbereich unter Einbeziehung der Leistungsfähigkeit der Internettechnologien über optimierte Schnittstellen führt zu einem wesentlich höheren Datenaufkommen und damit zu einem höheren Bedarf an effizienten Übertragungsverfahren, schnellen und energieeffizienten Datenverarbeitungsstrukturen sowie preiswerten Massenspeichern. Lösungen sind hier nur über Systemintegrationen im Hochfrequenzbereich oder über optische Prinzipien möglich. Ein hohes Potential für Übertragungsgeschwindigkeiten von mehr als 1 TBit/s besitzen hierbei zukünftig optische Datenübertragungen auf Basis von Silicon Photonics oder Plasmonics, die aufgrund ihrer geringen Störanfälligkeit, ihrer Abhörsicherheit und ihrer hohen Bandbreite vorteilhaft erscheinen.

Zunehmend gewinnen die optischen Übertragungen dadurch auch für kurze Entfernungen (zum Beispiel bei Sensornetzen oder bei Hochleistungsrechnern) von Rack zu Rack, von Board zu Board oder innerhalb eines Boards an Bedeutung. Sogar die „chip to chip“ und die „on chip“ Übertragung wird in der Fachwelt diskutiert. Die Herausforderungen liegen hierbei insbesondere darin, mit allen Komponenten des Übertragungskanals (transmitter, modulator, receiver, switch, optical PCB sowie Chip- und Board-zu-Board-Verbindungen) die hohen Übertragungsgeschwindigkeiten zu erreichen. Eine optimierte Kombination von Waferlevel- und Panellevel-Systemintegrationsverfahren erscheint hier ein günstiger Weg zur Funktionsumsetzung.

Elektronikfertigung bis zur Losgröße 1

Um flexibler auf Kundenanforderungen zu reagieren und auch kleine Stückzahlen (sogar bis Losgröße 1) noch bezahlbar zu produzieren, sind neben der Integration ausgefeilter Sensorsysteme und Sensornetze am Anfang der Signalkette, zuverlässige Übertragungssysteme und nicht zuletzt eine leistungsfähige Software zur Auswertung der meist riesigen Datenmengen in der Cloud bei der Vernetzung von Fertigungsabläufen und bei den herzustellenden Produkten eine wichtige Voraussetzung.

SMT Hybrid Packaging 2014: Halle 6, Stand 434

Prof. Dr. Dr. sc. techn. Klaus-Dieter Lang

ist Institutsleiter des Fraunhofer IZM in Berlin

Dr. Maik Hampicke

ist Assistent der Institutsleitung des Fraunhofer IZM in Berlin und im Applikationszentrum 'Smart System Integration' tätig

(mrc)

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