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Die Infiniium S-Serie liefert mit ihrem 10-Bit-ADC die nötige Signalintegrität um auch kleine Störungen aufzuspüren.

Die Infiniium S-Serie liefert mit ihrem 10-Bit-ADC die nötige Signalintegrität um auch kleine Störungen aufzuspüren.Keysight Technologies

Mit jeder neuen Generation Elektronikgeräte steigen Integrationsdichte und Geschwindigkeit. Daher wird eine saubere Stromversorgung immer wichtiger. Abweichungen auf den Versorgungsleitungen sind vermutlich die wichtigste Ursache für Daten- und Taktjitter in digitalen Systemen. Dieses Phänomen nennt sich stromversorgungsinduzierter Jitter (PSIJ, Power Supply Induced Jitter). Ein Abfall der Betriebsspannung eines digitalen Geräts kann die Laufzeit der Gatter verändern, das kann im Extremfall die Timing-Marge aufzehren und zu Bitfehlern führen. Mit gestiegenen Taktfrequenzen und kürzeren Flankenzeiten ist die Wahrscheinlichkeit gewachsen, dass Schaltvorgänge auf die Stromversorgung durchschlagen. Davon verursachte Störungen erfolgen mit der Frequenz dieser Schaltvorgänge, die über 1 GHz betragen kann.

Eckdaten

Das Ziel, vom Ausgang der Gleichspannungswandler bis zu den einzelnen Gattern der Schaltkreise einer elektronischen Baugruppe eine möglichst störungsarme Betriebsspannung bereitzustellen, bezeichnet man als Integrität der Stromversorgung. Restwelligkeit, Störspannungen, Reaktionen auf Lastwechsel und viele andere Parameter der Integrität der Stromversorgung misst man üblicherweise mit einem Echtzeitoszilloskop. Der vorliegende Artikel zeigt, wie man ein Oszilloskop zu diesem Zweck einsetzt und wie man mit dessen FFT- und Triggerfunktionen möglichen Quellen von Störungen auf einer Versorgungsleitung auf die Schliche kommt.

Eine weitere Herausforderung für Entwicklungsingenieure ist die Energieeffizienz: sie müssen den Stromverbrauch ihrer Schaltungen senken. Um die Stromdichte zu verringern und die Leistungsaufnahme auf akzeptablem Niveau zu halten, hat man die Betriebsspannungen verringert und/oder verlangt engere Toleranzen auf den Versorgungsleitungen. Der Entwicklungsingenieur hat nun also immer kleinere und schnellere Wechselstromsignale zu messen, die sich der Versorgungsgleichspannung überlagern.

Störspannungen auf der Versorgungsleitung

Im Idealfall gibt es auf einer Versorgungsleitung keine Störspannungen, in der Realität gibt es sie aber sehr wohl. Zunächst einmal verursacht die Wärmebewegung der Elektronen ein thermisches, weißes Rauschen auf der Leitung. Dieses Rauschen ist unvermeidlich, vom Betrag her aber nicht besonders groß.

Die maßgeblichen Störspannungen auf Versorgungsleitungen entstehen durch Schaltvorgänge innerhalb von Schaltnetzteilen sowie durch stark unstetigen Strombedarf der angeschlossenen Schaltungen. Störspannungen durch Schaltvorgänge treten zwar zeitlich scheinbar zufällig auf, in vielen Fällen aber hängen sie mit Takten im System zusammen.

Bild 1: Der Stromversorgungstastkopf N7020A ist dazu ausgelegt, die Integrität einer Stromversorgung zu prüfen. Er erfasst dazu auch Spannungen im Millivoltbereich.

Bild 1: Der Stromversorgungstastkopf N7020A ist dazu ausgelegt, die Integrität einer Stromversorgung zu prüfen. Er erfasst dazu auch Spannungen im Millivoltbereich.Keysight Technologies

Wenn man Störspannungen auf einer Stromversorgungsleitung als Kombination von Signalen begreift, die der Versorgungsgleichspannung überlagert sind, tut man sich mit der Messung und der Analyse leichter. Aufgrund der großen Bandbreite der Störspannungen auf Versorgungsleitungen verwenden Ingenieure zu ihrer Messung gern ein Oszilloskop; es ist breitbandig, leicht einzusetzen und steht ohnehin auf jedem Labortisch.

Analyse in der Frequenzebene

Zur Identifikation von Störquellen auf Versorgungsleitungen hilft oftmals die FFT-Funktion eines Oszilloskops, die Signale in der Frequenzebene darstellt. Im nachfolgenden Beispiel geht es um einen Gleichspannungswandler, der 5 V auf 3,3 V herabsetzt, und mit einer Taktfrequenz von 2,8 MHz arbeitet. Andere Teile der Schaltung arbeiten mit 5 V und sind mit 10 MHz getaktet.

Bild 2: Zeitliche Darstellung der 3,3-V-Betriebsspannung (die beiden oberen Messkurven) und des 10-MHz-Taktes (die beiden unteren Messkurven) mit zusätzlicher Darstellung der 3,3-V-Betriebsspannung in der Frequenzebene.

Bild 2: Zeitliche Darstellung der 3,3-V-Betriebsspannung (die beiden oberen Messkurven) und des 10-MHz-Taktes (die beiden unteren Messkurven) mit zusätzlicher Darstellung der 3,3-V-Betriebsspannung in der Frequenzebene.Keysight Technologies

Der Entwickler in diesem Beispiel misst die 3,3-V-Betriebsspannung mit einem Stromversorgungstastkopf N7020A Bild 1) und einem Oszilloskop der Serie S, beide von Keysight. Gleichzeitig erfasst er den 10-MHz-Takt mithilfe eines normalen passiven Tastkopfs. Bild 2 zeigt die Ergebnisse dieser Messung in der Zeitebene zusammen mit einer Darstellung der 3,3-V-Betriebsspannung in der Frequenzebene. In der Zeitebene zeigt sich auf der 3,3-V-Leitung ein Signal mit einer Periodendauer von etwa 360 ns. Dies sind Reste der Schaltfrequenz von 2,8 MHz des Schaltwandlers. Vergleicht man die zeitliche Darstellung der 3,3-V-Betriebsspannung mit der zeitlichen Darstellung des 10-MHz-Taktes, kann man nicht ohne weiteres erkennen, ob dieser Takt zu Störungen auf der 3,3-V-Versorgungsleitung führt.

Betrachtet man allerdings in Bild 2 die Darstellung in der Frequenzebene, sind die Spitzen sowohl der Schaltfrequenz von 2,8 MHz (und ihrer Harmonischen) als auch des 10-MHz-Taktes deutlich zu sehen. Die Betrachtung der Störspannungen nicht allein in der Zeitebene, sondern zusätzlich in der Frequenzebene gibt also zusätzliche Einsicht in die Störquellen.

Infokasten

Ein Oszilloskop erfasst nach jedem Trigger-Ereignis eine bestimmte Menge Daten, die von der Speicherausstattung und der Samplingfrequenz abhängt. Eine FFT kann Frequenzen im Eingangssignal unterhalb des Kehrwerts dieses Erfassungszeitfenster allerdings nicht erfassen. Die tiefste Frequenz, die eine FFT analysieren kann, beträgt 1 / ( 1 / (Samplingfrequenz × Speichertiefe) ). Um eine verdächtige Quelle in der FFT erkennen zu können, muss die Speichertiefe so hoch eingesetellt sein, dass das Oszilloskop genügend Werte erfasst. Bei einer Schaltfrequenz von 33 kHz ist ein Zeitfenster von mindestens 1/33 kHz (oder 30 µs) nötig, um diese Frequenz in der FFT zu sehen. Bei einer Samplingfrequenz von 20 GSample/s bedeutet das 600.000 Speicherpunkte. Die FFT arbeitet typischerweise nur mit Daten, die auf dem Bildschirm dargestellt sind.

Triggerung

Die FFT-Funktion des Oszilloskops hat schon verraten, dass ein Teil der Störungen auf der 3,3-V-Versorgungsleitung auf den 10-MHz-Takt der angeschlossenen Schaltung zurückgeht. Als nächsten Schritt würde der Entwicklungsingenieur vermutlich feststellen wollen, wie viele Störungen dieser 10-MHz-Takt verursacht. Anhand dieses Messwerts könnte er entscheiden, ob er die Schaltung überarbeitet, um diese Störungen zu reduzieren.

Bild 3: Triggerung auf den 10-MHz-Takt und Durchschnittsbildung eliminiert das statistische Rauschen und Signale, die mit dem Takt nicht kohärent sind. Das Ergebnis zeigt Störungen auf der 3,3-V-Versorgungsleitung, die mit dem 10-MHz-Takt zusammenhängen.

Bild 3: Triggerung auf den 10-MHz-Takt und Durchschnittsbildung eliminiert das statistische Rauschen und Signale, die mit dem Takt nicht kohärent sind. Das Ergebnis zeigt Störungen auf der 3,3-V-Versorgungsleitung, die mit dem 10-MHz-Takt zusammenhängen.Keysight Technologies

Um bestimmte Komponenten von Störsignalen darzustellen und zu messen, die von anderen Teilen der Schaltung auf die Betriebsspannung durchschlagen, kann eine Triggerung helfen. Um dies zu zeigen, eignet sich eine gleichzeitige Messung der 3,3-V-Betriebsspannung und des 10-MHz-Takts. Der Ingenieur setzt dann einen Trigger auf die Anstiegsflanke des 10-MHz-Taktes und stellt das Oszilloskop auf analoge Mittelwertsbildung. Eine Mittelwertsbildung über viele Erfassungszyklen (hier 1024) eliminiert das statistische Rauschen sowie alle Signalkomponenten, die nicht mit dem Takt kohärent sind. Als Ergebnis ist nur der Anteil der Störungen zu sehen, die mit dem 10-MHz-Takt zusammenhängen. Dies ist in Bild 3 dargestellt. Die Entscheidung, ob in diesem Fall ein Redesign nötig ist, um die Störspannungen in unserem Beispiel zu reduzieren oder zu eliminieren, trifft der Entwicklungsingenieur im Rahmen einer Abwägung dieser neuen Information mit seinen anderen Anforderungen.

Gezielt suchen

Die Suche nach Ursachen für Störspannungen auf Versorgungsleitungen ist ein wichtiger Schritt für einen Ingenieur oder Techniker, der für die Integrität der Stromversorgung zuständig ist. Wenn er eine Störquelle erst einmal identifiziert hat, kann er geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Störungen zu reduzieren oder zu eliminieren. Die FFT-Funktion eines Oszilloskops hilft dabei, mögliche Störquellen zu erkennen. Danach lassen sich mit geeigneter Triggerung und Durchschnittsbildung die möglichen Störquellen verifizieren.

Jochen Zimmermann

arbeitet als Produktspezialist im Bereich Digital von Keysight Technologies.

Kenny Johnson

ist ein leitender Entwicklungsingenieur bei Keysight Technologies.

(lei)

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