Mit dem neuartigen modularen Fertigungskonzept der Werkzeuge für den Isolierkörper ist Erni ein Coup gelungen: Neben den ursprünglich eingeführten 50-poligen geraden Messer- und Federleisten stehen nun weitere Versionen mit anderen Polzahlen, Bauhöhen und auch in abgewinkelter Bauform zur Verfügung, und zwar kurzfristig. Mit der durchdachten Werkzeug-Konstruktion, ist Erni nun in der Lage, innerhalb von nur sechs Wochen ab Bestelleingang Versionen mit Polzahlen von 12 bis 140 und Bauhöhen von 1,0 mm oder 2,0 mm für die Messerleisten sowie 4,0 mm, 6,0 mm und 8,0 mm für die Federleisten zur Verfügung zu stellen. „Mit unserem Fertigungskonzept reduzieren wir die sonst zeitintensive Planung und Herstellung von neuen Spritzgießformen auf ein Minimum“, versichert Michael Singer. Dem Marketingleiter von Erni geht es vor allem um schnelle Reaktionszeiten. „Damit können wir flexibel und schnell auf Kundenwünsche reagieren, während wir gleichzeitig die Logistikkosten drosseln.“

Die Microcon-Steckverbinder sind für parallele (Board-to-Board bzw. Mezzanine), orthogonale (90 Grad) und koplanare Leiterplatten-Verbindungen ausgelegt. Durch Varianten mit verschiedenen Bauhöhen für die Feder- und Messerleiste lassen sich unterschiedliche Board-to-Board-Abstände von 5 bis 10 mm (später bis 20 mm) für Mezzanine-Anwendungen realisieren. Für Verbindungen über größere Distanzen sind IDC-Flachkabelverbindungen für AWG 34-Kabel vorgesehen. Mit den Steckverbindern, doppelseitigen Federkontakten im 0,8-mm-Raster, will Erni nicht nur für mehr Platz in kritischen Anwendungen sorgen. Auch will das Unternehmen seine Position sowohl im Finepitch-Bereich als auch auf dem High-Speed-Sektor weiter stärken und dem Trend nach fortschreitender Miniaturisierung und immer höheren Datenraten nachkommen, erläutert Singer. Dabei steht die Anwendungssicherheit hinsichtlich mechanischer Robustheit und elektrischer Leistungsfähigkeit im Fokus.

Clevere Details als Alleinstellungsmerkmale

Die zweireihige Baureihe im 0,8-mm-Raster stellt eine komplementäre Ergänzung zur zweireihigen SMC-Familie im 1,27-mm-Raster und der Microstac-Familie im hermaphroditischen 0,8-mm-Design dar. Die Messerleisten habe schon in der Basisausführung eine verstärkte Außenwand. Außerdem sorgt neben der Kodierung eine „Blind-Mate“-Vorführung mit vergrößertem Fangbereich für ein sicheres Stecken. Einzigartig bei Steckverbindern in dieser Baugröße ist die Verwendung von doppelseitigen Federkontakten für hohe Fangsicherheit und Zuverlässigkeit. Dieses Federkontaktprinzip hat Erni über Jahre hinweg weiterentwickelt und für kleinere Raster skaliert. Daher haben die MicroCon-Steckverbinder trotz Miniaturisierung eine große Fangtoleranz beim Stecken mit einem zulässigen Mittenversatz in Längs- und Querrichtung von ± 0,7 mm. Der Winkelversatz beträgt ± 4 Grad.

Eine weitere Besonderheit liegt im Detail: „Viele Hersteller stecken auf der rauen Stanzkante“, nimmt der Marketingmanager Anlauf. „Jedoch ist die daraus resultierende raue Oberfläche für die Stromtragfähigkeit nicht optimal, so dass die Anzahl der Steckzyklen abnimmt“, ergänzt er mit Blick auf die Herstellungsweise von Erni. Zwar stanze man die Kontakte ebenfalls, drehe aber die Kontakt-Tulpe um 90 Grad. Dadurch erfolgt das Stecken auf der gewalzten glatten Oberfläche, was für hohe Kontaktsicherheit und Stromtragfähigkeit sorgt. „Dieses Verfahren ist in Bezug auf die Stanztechnik sehr anspruchsvoll, wurde jedoch über Jahre perfektioniert“, resümiert er.

Die Microcon-Steckverbinder sind für die SMT-Bestückung ausgelegt, weshalb sie neben dem SMT-Anschluss über ein Kunststoffgehäuse der Federleiste verfügen, das den hohen Temperaturen beim bleifreien Relow-Löten gewachsen ist. Außerdem sind die Steckverbinder über Kopf lötbar (double sided reflow). Sie sind in Gurtverpackung (Tape & Reel) erhältlich. Die robusten Steckverbinder  sind für > 500 Steckzyklen spezifiziert und bieten eine Strombelastbarkeit je Kontakt von bis zu 2,3 A bei 20°C. Der Lötanschluss ist verzinnt.

Schlüsselkomponenten für Nutzfahrzeuge

„80 Prozent aller Ausfälle im Auto sind auf fehlerhafte Kontakte zurückzuführen“, bringt es Herbert Sixl, CSO von Erni, auf den Punkt. Dem will das Unternehmen nun abhelfen und baut seine Dienstleistungen und das Portfolio an Schlüsselkomponenten für die Zentralelektrik von Nutzfahrzeugen weiter aus. Dabei adressiert das Unternehmen die Bereiche Fahrerkabine, Außenbereich und das Motorumfeld von Bussen, Baumaschinen, Lastkraftwagen, Traktoren oder Zugmaschinen. Für die Gewährleistung sicherer Verbindungen auch bei höheren Strömen bringt das Adelsberger Unternehmen für diese Applikationen sein weitreichendes Know-how in der Einpresstechnik, der Leiterplattenbestückung und als EMS-Dienstleister ein.

„Das angebotene Dienstleistungsportfolio unter dem Slogan Bluecontact Solutions umfasst das komplette Projektmanagement vom ersten Muster bis zur Serie, die Entflechtung der Leiterplatten, Entwicklung und Lieferung der mechanischen Komponenten sowie die Integration der Leiterplattenbaugruppe“, betont Sixl. „Komplementär zu unserem Service-Angebot bieten wir ein weites Spektrum an Sicherungshaltern, Relaissockeln sowie Leiterplatten- und Kabelsteckverbindern für Nutzfahrzeuge mit den Vorteilen der elastischen Einpresszone.“ Parallel dazu sind auch viele Powerelemente mit kombinierter elastischer und massiver Einpresszone erhältlich. Während die massive Einpresszone zur Aufnahme des Drehmoments und sichem Halt dient, gewährleistet die flexible Einpresszone eine optimale Stromübertragung.

Außerdem wird ein weites Spektrum an Sicherungshaltern, Relaissockeln sowie Leiterplatten- und Kabelsteckverbindern für Nutzfahrzeuge mit elastischer Einpresszone angeboten. Für diese Eigenentwicklungen nutzt das Unternehmen seine internen Werkzeugbau- und Fertigungs-Ressourcen. Diese Komponenten sind durch einen modularen Aufbau, hohe Anzahl von Kontaktpunkten und Einpresskontakte gekennzeichnet. Das sanfte Einpressen verhindert eine Beschädigung der Leiterplatte. Außerdem entsteht auch hier eine schock- und vibrationssichere Verbindung mit hoher Stromtragfähigkeit.

Erfolgreich am Standort Deutschland

Was vor etwa 30 Jahren als Einpresstechnik begann, hat sich zwischenzeitlich zu einem kundenorientierten Dienstleistungszweig für die Fertigung von elektronischen Baugruppen geweitet. Die EMS-Sparte Erni ES (ES = Electronic Solutions) bietet umfangreiche Dienstleistungsangebote rund um Bestückungs- und Löt-Services. Bei Bedarf ließen sich die bestückten Leiterplatten weiter zu kompletten Baugruppen und Geräten verarbeiten. Das Angebot umfasst die Baugruppenverdrahtung, die Montage von Anbauteilen, Gehäuseintegration und die elektrische Prüfung des Gesamtsystems.

Das Unternehmen bekennt sich klar zum Standort Deutschland: „Der Automatisierungsgrad der Serienfertigung ist so hoch, so billig kann kein Chinese produzieren“, ist sich Michael Singer sicher. Wenngleich das Unternehmen in China einen EMS-Standort für NPI (New Product Introduction), also der Markteinführung neuer Produkte eröffnet hat, findet die Serienfertigung ausschließlich am Stammsitz Adelsberg statt. Das belegen auch die Umsatzzahlen: Die Wachstumskurve zeigt weiter nach oben: Seit dem Krisenjahr 2009, bei dem das Unternehmen einen Umsatzeinbruch von 32 Prozent auf 85 Mio. Euro hinnehmen musste, kletterten die Umsätze kontinuierlich. Im letzten Jahr erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 119 Mio. Euro und die Prognosen stehen gut, dass dieser Wert noch getoppt wird. Auch konnte Erni seine Produktionsstückzahl zwischen 2005 und 2009 verdoppeln. Derzeit laufen 760.000 Bauelemente pro Tag vom Band.

Mit der offiziellen Einweihung der neuen Spritzgießerei haben die Produktionsanlagen im Gewerbegebiet Ziegelhau/Adelberg bereits ihre zweite wesentliche Erweiterung erfahren. Für Singer ist das ein Ausdruck der erfolgreichen Unternehmensentwicklung und ein Bekenntnis zum Standort. Das neue Gebäude schafft eine zusätzliche Fertigungsfläche von etwa 7000 m² und erweitert damit die bisherige Produktion in Adelberg um nahezu ein Drittel. In die neuen Räume werden neben der Spritzgusstechnik weitere Fertigungsbereiche einziehen. Insgesamt finden dort etwa 100 Mitarbeiter moderne Arbeitsplätze. So wird beispielsweise die Abwärme der Maschinen für die Kühlung bzw. Heizung genutzt, während das Regenwasser gesammelt und nach entsprechender Reinigung dem nahegelegenen Stausee zugeführt wird. Das neue Gebäude wurde nach 15 Monaten Bauzeit und bei etwa 11 Mio. Euro Baukosten im Sommer 2012 in Betrieb genommen. Es vergrößert die bisherige Produktion in Adelberg auf etwa 25.000 m².

Nicht nur Steckverbinder

Neben der Fertigung zahlreicher industrieller Steckverbindertypen liegt Ernis Stärke im Bereich EMS. Unter EMS versteht das Unternehmen zahlreiche Electronics Manufacturing Services in den Bereichen Elektronikentwicklung, Automotive, Kontakte, Kabelkonfektion, Einpresstechnik, Löttechnik, Prüftechnologie, Baugruppenträger-, Gehäuse- und Leiterplattenfertigung, Werkzeuge und Pressen. Bei allen Themen im elektrotechnischen Bereich sieht sich Erni als kompetenter Partner – von der Beratung, über die Entwicklung, bis hin zur Serienproduktion.

Marisa Robles Consée

Marisa Robles Consée ist freie Fachjournalistin

(mrc)

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Unternehmen

ERNI Electronics GmbH & Co. KG

Seestraße 9
73099 Adelberg
Germany