Zu den Vorteilen von Siliziumkarbid für Halbleiterbausteine gehören ihre kurze Sperrverzögerungszeit, die hohe Spannungsfestigkeit und soliden thermischen Eigenschaften. Damit bieten sie sich für den Einsatz in der Leistungselektronik an, etwa in Wechsel- und Umrichtern im industriellen Bereich oder Power-Conditioner für die Photovoltaik.

Aufs Material setzen

SiC besitzt eine zwei- bis dreimal so große Bandlücke wie das Silizium (in Abhängigkeit zum Polytyp), seine Durchbruchfeldstärke liegt um den Faktor 10 höher und der Temperaturkoeffizient ist dreimal so groß. Damit ist das Material ideal für das Leistungsmanagement. Bisher erwies sich jedoch die Forderung nach hoher Stromtragefähigkeit als unvereinbar mit einer gleichzeitigen Verkleinerung der Gehäuse, da das Anheben des Nennstroms normalerweise auch die Integration von mehr MOSFETs beinhaltete. Diese Integration erfordert außerdem die Gleichrichtung mit Dioden.

Rohm begegnet dieser Herausforderung mit der Entwicklung eines SiC-MOS-Moduls, das aus einem einzelnen SiC-MOSFET-Leistungshalbleiter besteht und für 1200 V ausgelegt ist. Der Nennstrom bei diesem Baustein ist auf 180 A angehoben, erschließt breitere Anwendungsmöglichkeiten und trägt zum Senken der Leistungsaufnahme sowie zur Kompaktheit bei.

Erfolgreich Synergien bilden

Auf einen Blick

SiC-Module reduzieren die Verluste bei der Leistungsumwandlung gegenüber IGBT-Modulen aus Silizium um bis zu 85 Prozent. Darüber hinaus ermöglichen sie den Betrieb mit Schaltfrequenzen von mindestens 100 kHz, also dem Zehnfachen von IGBT-Modulen. Obwohl die Module für 100 A spezifiziert sind, sind sie dank ihrer hohen Schaltgeschwindigkeit, ihrer geringen Verluste und ihrer guten Wärmeentwicklungs-Eigenschaften vollwertiger Ersatz für Si-IGBT-Module mit 200 bis 400 A Nennstrom. Durch den Ersatz konventioneller IGBTs der 400-A-Klasse durch die  flachen Module lässt sich das Schaltungsvolumen um 50 Prozent reduzieren. Die geringere Wärmeentwicklung bedarf auch weniger Kühlung, so leisten die Bausteine einen entscheidenden Beitrag zur Miniaturisierung der Endprodukte.

Dank eines integrierten Fertigungssystems vom Wafer bis zur Montage sowie proprietär entwickelten Screening-Methoden entstanden SiC-MOS-Module, die belastbar, zuverlässig und auch unter hohen Temperaturen leistungsfähig sind. Die Herstellung von SiC-Bausteinen – die niedrige Diffusionsrate, Ionenätzen, Plasmabehandlung und das Verarbeiten bei hohen Temperaturen bis zu 1700 °C – war früher eine große Herausforderung. Inzwischen senkten sich durch die Verfügbarkeit von Waferscheiben mit immer größeren Durchmessern die Produktionskosten. Defekte wie Versetzungen und Mikroporen reduzierten sich und machten SiC zu einer kommerziell attraktiven Alternative, verglichen mit reinen Silizium-Halbleitern.

Durch die Übernahme von SiCrystal, einem Hersteller von hochwertigen monokirstallinen Siliziumkarbid-Wafern, verfügt Rohm über eine komplette Fertigung – von der Produktion der Rohblöcke bis zur Herstellung einer Palette an Leistungsbausteinen. Das Spektrum umfasst die Werkstoffverarbeitung vom Züchten der Kristalle bis zur Waferproduktion. Im Jahr 2010 gelang Rohm die Massenproduktion von SiC-MOSFETs – laut dem Unternehmen als erstem Anbieter weltweit. Zugrunde liegen eine proprietäre Feldschwächungsarchitektur und spezielle Screening-Methoden. Diese Kombination sichert die Zuverlässigkeit; durch einen komplexen Hochtemperatur-Produktionsprozesses beinflusst sie nur gering die Eigenschaften der Bausteine.

Die SiC-Baustein-Geschichte

Die ersten SiC-MOSFETs am Markt wiesen erhebliche Mängel in punkto Zuverlässigkeit auf. Dazu zählten der typische Leistungsabbau durch die Ableitung der Diode, der vermehrte On-Widerstand und die erhöhte Durchlassspannung sowie Widerstandsverlust, oder der Ausfall der Gate-Oxid-Beschichtung. Diese Faktoren, die eine vollständige Integration früher unmöglich machten, ließen sich überwinden. Rohm entwickelt bereits hochspannungsfeste 1200-V-SiC-Leistungs-MOSFETs der zweiten Generation, ausgelegt für Wechselrichter und Wandler in Power Conditionern.

Der SCH2080KE-SiC-Leistungs-MOSFET verfügt  über eine im selben Gehäuse integrierte SiC-Schottky-Diode. Die Flussspannung reduziert sich um 70 Prozent oder mehr; die Verluste fallen geringer aus. Der Entwickler benötigt weniger Bauelemente und er kann den On-Widerstand pro Flächeneinheit gegenüber konventionellen Produkten um rund 30 Prozent senken. Ebenso erfolgreich war die Integration einer SiC-Schottky-Diode in dasselbe Gehäuse; bisher musste man sie als externes Bauelement hinzufügen. Dies minimiert die Flussspannung, die bei den Body-Dioden bisheriger SiC-Leistungs-MOSFETs noch eine Herausforderung darstellte. Als Resultat dieser Maßnahmen sind die Verluste des SCH2080KE um mindestens 70 Prozent geringer als bei den in herkömmlichen Wechselrichtern verwendeten Si-IGBTs. Dies ergibt geringere Schaltverluste und ermöglicht Schaltfrequenzen über 50 kHz, so dass sich kleinere Peripherie-Bauelemente verwenden lassen.

2012 wurde als Antwort auf die Forderung nach höherer Stromtragfähigkeit mit einem kleineren Format für den Einsatz in Industrieanlagen und andere Anwendungen, ein SiC-Modul in hochspannungsfester 1200-V-/100-A-Ausführung vorgestellt. Neben einer deutlichen Reduzierung der Verlustleistung und der geringeren Wärmeerzeugung – und damit reduzierten Kühlmaßnahmen – benötigte man weniger Bausteine, was wiederum den Platzbedarf um 50 Prozent verringerte und zur Miniaturisierung der Endprodukte beitrug.

Kompakt und verlustarm

Last but not least entwickelte Rohm ein SiC-Power-Modul auf Basis von SiC-MOSFET-Technik der zweiten Generation, bei der sich die Verringerung des Leitvermögens der Body-Diode minimiert lässt, so dass sich auf eine Dioden-Gleichrichtung verzichtet lässt. Hierdurch konnte man unter Beibehalten des kompakten Formats die Befestigungsfläche vergrößern, um die Stromtragfähigkeit zu verbessern.

Als Resultat liegen die Verluste der SiC-MOS-Module um 50 Prozent geringer als bei konventionellen Si-IGBTs, wie sie in Universalwechselrichtern Einsatz finden. Diese Art von Leistungstransistoren weist einen niedrigeren On-Widerstand auf, da am Stromfluss sowohl Elektronen als auch Minoritätsträger (Löcher) beteiligt sind. Ein gravierender Nachteil ist, dass keine hohen Schaltfrequenzen möglich sind, da die akkumulierte Ladung injizierter Löcher zu beträchtlichen Schaltverlusten führt. Rohm hielt bei seinen SiC-MOS-Modulen den On-Widerstand durch die dünne Bausteinstruktur gering und konnte damit die Leistungsfähigkeit des MOSFETs deutlich steigern.

Die Schalteigenschaften bleiben durch Verwendung einer einfachen MOS-Struktur, die für minimale Schaltverluste ohne Stromschweif sorgt, auch ohne Schottky-Diode erhalten. Die Tatsache, dass anders als bei IGBTs kein Stromschweif auftritt (wie erwähnt, verursacht die Akkumulationszeit injizierter Löcher oder die verschiedenen Schnittstellen der Bausteinstruktur beim Abschalten eines IGBTs diesen kurzzeitigen Strom) senkt die Verluste um über 50 Prozent, macht die Performance stabiler und führt zu einer vermehrten Energieersparnis. Die reduzierten Verluste und die Eignung für eine mehr als 50 kHz Betriebsfrequenz des SiC-MOS-Moduls (die mit Si-IGBTs unmöglich wäre) sorgen nun dafür, dass kleinere Peripheriebausteine Verwendung finden, was weiteres Miniaturisieren der Endprodukte zulässt.

Auch mal rückwärts

Universelle Si-IGBTs können keinen Strom in umgekehrter Richtung leiten, das heißt, im Wechselrichterbetrieb fließt Strom durch die Body-Diode, wodurch sich VF reduziert und kurze Sperrverzögerungszeiten erforderlich sind. Durch den Spannungsabfall (Flussspannung) erhöhen sich die Verluste. Im Gegensatz dazu ist die Body-Diode im SiC-MOSFET immer in Sperrrichtung leitend. Abhängig vom Eingangssignal am Gate lässt sich der MOSFET außerdem in beiden Richtungen betreiben, wodurch der On-Widerstand geringer ist als mit der Diode allein. Diese Rückwärtsleitungs-Eigenschaften ermöglichen eine effiziente Synchrongleichrichtung bei 1000 V und mehr. In diesem Spannungsbereich sind Gleichrichterdioden nicht mehr einsetzbar.

Kriterien die zählen

Die Erkenntnisse über die Mechanismen, mit denen sich Defekte durch die leitende Body-Diode ausbreiten, ermöglichen ein Minimieren der primär beteiligten Faktoren durch Maßnahmen am Prozess und der Konstruktion des Bauelements. Eine Verschlechterung der Leiteigenschaften der Body-Diode kann nicht stattfinden. Bei Universalprodukten ist bereits nach zwanzig Stunden eine erhebliche Zunahme des On-Widerstands zu beobachten. Bei dem jüngsten Modul dagegen ist sichergestellt, dass es auch nach über 1000 Stunden zu keiner Zunahme des On-Widerstands und damit zu keinen Performance-Einbußen kommt.

Wirkungsgrad, Platzbedarf und Kosten sind wichtige Faktoren: Diese Applikationsbereiche benötigen die Effizienz, mit der SiC aufwarten kann, außerdem – und das ist ebenso wichtig – stellen sie eine Einsatzumgebung dar, die auf die Temperaturstabilität der SiC-Produkte und ihre Eignung für höhere Betriebstemperaturen angewiesen ist.

Jochen Hüskens

ist im Europe Product Marketing bei Rohm Semiconductor tätig.

(rao)

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