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Bild 1: Das Kalibriermodul InCal von ATE Systems für HF-/Mikrowellen-Testsysteme.

Bild 1: Das Kalibriermodul InCal von ATE Systems für HF-/Mikrowellen-Testsysteme.BSW/ATE Systems

Unter Kalibrierung versteht man in der Messtechnik einen Messprozess zur zuverlässig reproduzierbaren Feststellung und Dokumentation der Abweichung eines Messinstruments zu einem anderen Gerät oder Maß, das als Standard bezeichnet wird. Vielfach – auch im vorliegenden Bericht – wird ein zweiter Schritt zur Definition der Kalibration gezählt: die Berücksichtigung der gefundenen Abweichung zur Korrektur des Messgeräts.

Für Messungen an hochfrequenten, aktiven oder passiven Multiport-Komponenten werden üblicherweise Vektor-Netzwerkanalysatoren (VNA, NWA) als Kerneinheit von Testsystemen eingesetzt. Deren hohe Auflösung innerhalb einer weiten Frequenzabdeckung ist allerdings nur eingeschränkt zu nutzen, wenn die Messgenauigkeit nicht durch korrekte und regelmäßig durchgeführte Kalibration überprüft beziehungsweise wiederhergestellt wird. Der amerikanische Spezialist für HF-Messtechnik ATE Systems hat nun eine neue Kalibriertechnik vorgestellt, die eine wirklich vollautomatische Kalibration ermöglicht und so die Gefahr von anwenderbedingten Fehlern während der Routine ausschaltet. Dabei werden Through-Reflect-Line-(TRL)-Niveau-Genauigkeit und signifikant schnellere Kalibrierzeiten erreicht.

Auf einen Blick

Wo Durchsatz entscheidend ist für die Rentabilität einer Produktion und wo die Zeit, die für die Kalibration eines Testsystems benötigt wird und den gesamten Prüfprozess unterbricht, direkte Kosten verursacht, dort lässt sich durch den Einsatz von InCal der Durchsatz sehr leicht steigern und somit die Prüfkosten in Euro und Cent bewertbar reduzieren. InCal wurde in Nordamerika bereits erfolgreich mit verschiedenen Hardware-Konfigurationen eingesetzt. Vergleiche haben ergeben, dass in Abhängigkeit von der bisherigen Vorgehensweise die InCal-Einführung bis zu einer Beinah-Verdopplung des Durchsatzes geführt hat.

Kalibiermethoden

Die Kalibrationsmethode der ersten Stunde, die bis heute noch weit verbreitet ist, ist die Nutzung mechanischer Cal-Kits, um systematische Fehler zu erkennen. Hierbei werden üblicherweise eine Serie von zuvor exakt determinierten Standards an die einzelnen Testports angeschlossen – immer jeweils einer. An jeweils zwei Ports werden Through-Messungen durchgeführt. Weitere verwandte Vorgehensweisen variieren diesen grundsätzlichen Ansatz. Der Benutzer ist allerdings in jedem dieser Fälle mit dem Anschließen und wieder Entfernen der Standards an den Testports für einige Zeit beschäftigt.

Bereits 1988 wurde damals von ATN Microwave eine modernere Kalibriermethode entwickelt. Diese ist heute unter dem Begriff eCal bekannt und gängig. Bei eCal werden die mechanischen Standards durch elektronische Impedanz-Standards ersetzt. In einem eCal-Modul wird die zuvor rein mechanische Verbindung durch eine interne Umschaltung ersetzt, die jeden Standard mit jedem Port der Reihe nach verbindet und misst. Wenn das eCal-Modul an die VNA-Testports angeschlossen wird, schaltet und misst der VNA-Kalibrationsassistent die einzelnen Pfade. Nach dem Ende der Kalibration trennt der Benutzer das eCal-Modul und kann nun die eigentliche Messung des Prüflings (DUT) durchführen.

Mit dem InCal hat die US-amerikanische ATE Systems nun einen weiteren großen Schritt zur Vereinfachung der Kalibration gemacht. Durch den Einsatz des InCal wird der Prozess noch weiter vereinfacht und beschleunigt. Dies ist gerade für die Anforderungen in den immer weiter verbreiteten produktiven Messsystemen ein unschätzbarer Vorteil. Prüffeld-Ingenieuren, die bisher zugunsten des Durchsatzes auf regelmäßige Kalibration ihrer Netzwerkanalysatoren beziehungsweise Testsysteme verzichtet haben und stattdessen dem Prinzip Hoffnung (gerne auch Erfahrung genannt) im Prüffeld den Vorrang gegeben haben, ist nun eine goldene Brücke gebaut worden.

So wie eCal verwendet auch InCal elektronische Kalibrierstandards, jedoch wird InCal nur einmal an das Testsystem angeschlossen. Die Kalibrierung kann sowohl mit als auch ohne angeschlossenes DUT erfolgen.

Anwendung

Bild 2: Das Fixture Correction Modul (FCM).

Bild 2: Das Fixture Correction Modul (FCM).BSW/ATE Systems

InCal besteht aus zwei Teilen. Das Korrektur-Modul (Instrument Correction Module)  wird benutzt, um eine vollautomatische, in-situ Kalibration des Testinstruments durchzuführen. Dadurch erhält man fehlerkorrigierte Daten an den Test-Ports.

Das Fixture Characterization Modul (FCM) führt eine vollautomatische Charakterisierung des Pfads zwischen Instrument und DUT beziehungsweise Test Fixture durch.

Vorteile

Bild 3: 4-Port-Testfixture mit FCM.

Bild 3: 4-Port-Testfixture mit FCM.BSW/ATE Systems

InCal bietet hervorstechende Vorteile gegenüber den beiden ersten Kalibriergenerationen. Infolge der nur noch einmaligen Konfiguration der System-Hardware entfällt das mühsame und fehleranfällige Umverbinden der Pfade. Dies reduziert sowohl die Gefahr einer fehlerhaften und damit schlecht kalibrierten Verbindung als auch den Verschleiß an den Anschlüssen. In der Liste der unnötigen Reparaturen an Netzwerkanalysatoren steht auch das zu feste oder falsche Andrehen eines Connektors.

Ein weiterer und nicht zu unterschätzender Effekt liegt schlicht darin, dass Kabelbewegungen vermieden werden. Zwar gibt es schon lange HF-Kabel, die bei Bewegung oder Verdrehen unveränderte Eigenschaften behalten, aber immer noch sind viele deutlich günstigere HF-Kabel weit verbreitet, die durch zu viel Bewegung das Messergebnis verfälschen.

Bild 4: Blockdiagramm einer automatischen Kalibrierlösung.

Bild 4: Blockdiagramm einer automatischen Kalibrierlösung.BSW/ATE Systems

Last but not least wird der Zeitaufwand für die Kalibration erheblich reduziert, da die Zeiten für das Verbinden und Lösen vollständig entfallen. Dies ist nicht nur bequem, sondern kann auch eine erhebliche Ersparnis bedeuten, speziell bei Multiport- oder Anwendungen mit hohem Durchsatz. Darüber hinaus ist InCal leicht erweiterbar auf hohe Port-Anzahlen, hier wächst die Ersparnis an Zeit und Kosten exponentiell mit der Anzahl der Ports.

Durch das voll-integrierte InCal kann eine gedriftete Kalibration jederzeit auf Knopfdruck wieder aktualisiert werden, ohne den Messaufbau zu stören. Der beinahe transparente und geführte Kalibrierprozess verringert den Anspruch an das notwendige Fachwissen der Bediener. Messungen mit dem Netzwerkanalysator und InCal werden so einfach wie die Benutzung eines Oszilloskops, ohne auf Genauigkeit zu verzichten.

Verfügbarkeit

Die seit 17 Jahren auf HF-Messtechniklösungen spezialisierte bsw Test Systems & Consulting AG hat den europaweiten Vertrieb für InCal übernommen. Auf europäischen Boden wird InCal erstmals auf der European Microwave Week in Nürnberg gezeigt.

Roland Blaschke

ist Geschäftsführer der bsw TestSystems & Consulting AG, Böblingen.

(jj)

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Unternehmen

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