Hauptabnehmer von Schweißanlagen wie sie die Firma Bräuer konzipiert und fertigt sind vor allem Automobilzulieferer, die damit Karosserieteile herstellen. Just-in-time-Fertigung (JIT) und Just-in-Sequence (JIS) sind in diesem Segment an der Tagesordnung. An Stelle einer umfassenden Lagerhaltung der einzelnen Bauteile und -gruppen, erfolgt die Lieferung der Teile kontinuierlich passend zum Bedarf (Abruf) und in der benötigten Reihenfolge (JIS) an die Produktion des Automobilherstellers. Das hat primär Kostenvorteile für die Hersteller – bedeutet aber für die Zulieferindustrie einen großen logistischen Aufwand: Kommt bei einem Zulieferbetrieb die Fertigung ins Stocken, steht beim Automobilhersteller das ganze Band möglicherweise innerhalb kurzer Zeit, da die Fahrzeugbauer wegen der geringeren Kapitalbindung und des Platzbedarfs nur kleine Pufferspeicher vorhalten. Die Konsequenzen für den Lieferanten können daher existenzgefährdend sein: Beträchtliche Folgekosten bis hin zu hohen Konventionalstrafen.

Arthur Bräuer, Geschäftsführer Bräuer Schweißtechnik: „Wer Just-in-Time-Lieferverträge zu erfüllen hat, weiß eine sichere Fernwartungslösung zu schätzen – spätestens nach der ersten Konventionalstrafe.“

Arthur Bräuer, Geschäftsführer Bräuer Schweißtechnik: „Wer Just-in-Time-Lieferverträge zu erfüllen hat, weiß eine sichere Fernwartungslösung zu schätzen – spätestens nach der ersten Konventionalstrafe.“Bräuer

Betriebssicherheit entlang der gesamten Lieferkette ist deswegen in der Automobilbranche oberstes Gebot. Die Anlagen müssen für neue Teile pünktlich zum Fertigungsanlauf aufgebaut und betriebsbereit sein. Läuft die Serienfertigung, darf möglichst nichts mehr den Ablauf unterbrechen. Für die Beseitigung von Störungen oder neue Software-Updates bleiben praktisch keine Zeitfenster. Um bei Problemen oder einer Störung dennoch ohne Zeitverzug reagieren zu können, bieten immer mehr Maschinenbauer Fernwartung als zusätzlichen Service an. „Wenn es auf jede Minute ankommt, gibt es nichts Effizienteres“, erklärt Arthur Bräuer, Gründer und Geschäftsführer von Bräuer Schweißtechnik in Kirchhundem. Da das Unternehmen europaweit Kunden beliefert, würde viel zu viel Zeit verloren gehen, bis ein Techniker vor Ort wäre. Zudem sind viele Anwender international aufgestellt und haben Bräuer-Anlagen, die ursprünglich in Deutschland ausgeliefert wurden, längst an anderen Produktionsstandorten aufgestellt. „Wenn es hier plötzlich Servicebedarf gibt und die Anlage anstatt im Ruhrgebiet nun in Tschechien steht, summieren sich auch die Reisekosten des Technikers“, betont Bräuer einen weiteren Aspekt, warum er auf Fernwartungslösungen setzt. Die Anforderungen sind schnell skizziert, aber in der Realität nicht so einfach umzusetzen: Bräuer suchte eine universelle Lösung, die sich in jeder Anlage einsetzen lässt und auch für die Nachrüstung älterer Anlagen geeignet ist. Dazu muss das Fernwartungssystem mit gängigen SPS kommunizieren können – „bis hin zu alten S5-Steuerungen, die wir bei Kunden noch hin und wieder vorfinden“, erklärt Bräuer.

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Wachendorff

Spezifiziert wurden schließlich die Fernwartungsrouter der Serie eWON der Firma Wachendorff Prozesstechnik in Verbindung mit dem Online-Serviceportal Talk2M. Selbst die Sicherheitsbedenken, die bei Bräuer-Kunden manchmal gegenüber Fernwartung bestehen, kann der Maschinenbauer damit ausräumen, denn die Router kommunizieren über einen OpenVPN-Tunnel und sind so vor unbefugten Zugriffen geschützt. Die Fernwartungskomponenten können über unterschiedliche Wege den Kontakt zur Außenwelt herstellen: Beispielsweise gibt es Gerätevarianten, die über eine GSM-Karte unabhängig von einem DSL-Netz arbeiten und für die Anbindung abgelegener Standorte oder mobiler Anlagen besonders geeignet sind. Bei Bräuer, dessen Anlagen in Produktionshallen mit entsprechender Infrastruktur aufgestellt werden, kommen dagegen stets Geräte mit WAN-Interface (Typ eWON 2005 CD) zum Einsatz.

Als Systempartner und Vertriebsbüro von Reis Robotics setzt der Maschinenbauer die Lösungen des Roboteranbieters.

Als Systempartner und Vertriebsbüro von Reis Robotics setzt der Maschinenbauer die Lösungen des Roboteranbieters.Bräuer

Dieser Router stellt die Verbindung mit dem Fernwartungsportal via DSL oder LAN her und verfügt für die Anbindung herkömmlicher Steuerungen über eine serielle Schnittstelle. Alternativ kann über eine integrierte MPI- und Profibus-Schnittstelle auch mit S7-Steuerungen, die diese Protokolle unterstützen, kommuniziert werden. Daher braucht nur ein Typ am Lager vorgehalten zu werden, der in jede neue und auch bestehende Anlagen passt.

Meldet ein Kunde per Telefon oder Email Probleme, kann sich der Techniker sofort bei der betreffenden Anlage einloggen und nach der Störungsursache suchen. Ebenso ist eine vorbeugende Wartung realisierbar. Dazu lassen sich Automatismen in der Steuerung implementieren, die anhand der Betriebsstunden oder anderer Parameter den Analgenbetreiber wie auch den Bräuer-Service warnen, bevor Verschleißteile ihren Dienst quittieren. Und auch während der Inbetriebnahme spart Fernwartung Geld: Gerade in den langen Einlaufzeiten solcher Anlagen können noch kleine Anpassungen notwendig sein. „Wenn dies von unserer Zentrale aus mit einigen Mausklicks erledigt werden kann, ist das für alle Seiten ein Gewinn“, ergänzt Bräuer einen weiteren Vorteil der Fernwartungslösung.

Technik im Detail

Sichere Kommunikation per VPN

Das Talk2M-Portal basiert auf einer Client-Server-Architektur, die professionell gehostet in einem Rechenzentrum untergebracht ist. Die Serverarchitektur ist skalierbar und redundant aufgebaut: Es gibt mehrere Serverfarmen, die sich gegenseitig überwachen, um jederzeit auch Verbindungen übernehmen, und so die Auslastung der einzelnen Server ideal ausbalancieren können. Der Client auf dem Rechner eines Servicetechnikers baut jedoch lediglich mit dem Zugangs-Server eine Verbindung auf, welcher wiederum die Daten über den Account, den Benutzer sowie dessen Zugangsrechte kennt und somit entscheidet, zu welchem VPN-Server der Servicetechniker verbunden wird. Um auf eine Maschine Zugriff zu erhalten, müssen sich die Servicetechniker im Portal einloggen und Authentifizieren. Hier erfolgt die Prüfung der jeweiligen Zugangsberechtigungen. Erst danach erfolgt der Aufbau einer VPN-Verbindung über das Portal. Die verwendeten VPN-Sicherheitsmodi nutzen OpenVPN für die Sitzungs-Authentifizierung. Der Zugriff funktioniert auch per Smartphone oder Tablet-PC.

Alarmmanagement per M2M

Mittels integrierter Treiber kann der eWON-Router eine aktive Kommunikation mit der Steuerung betreiben. Verlässt eine Variable den festgelegten Grenzwert, zum Beispiel eine bestimmte Produktionsstückzahl oder Anzahl Betriebsstunden, versendet der Router eigenständig eine E-Mail oder SMS zum Instandhaltungspersonal und/oder dem Maschinenlieferanten. Dadurch kann eine Wartung der Anlage geplant und drohende Stillstandzeiten durch überbeanspruchte Maschinenkomponenten vermieden werden.

Nach dem gleichen Prinzip meldet das Gerät auch Anlagenstörungen an alle im Alarmmanagementsystem des Routers hinterlegten Personen. Getriggert durch diese Warnung kann der Maschinenlieferant über das VPN-Portal direkt auf die Anlage schauen und dem Personal vor Ort Hilfestellung bei der Störungsbeseitigung geben. Am Ende des Serviceeinsatzes kann dann mit Hilfe des im Portal integrierten Einzelverbindungsnachweises der Einsatz minutengenau belegt und der passenden Kostenstelle zugebucht werden.


Unternehmen im Detail

Robotik und Handling inklusive

Die Firma Arthur Bräuer mit Sitz in Südwestfalen beschäftigt sich seit fast 20 Jahren mit Schweißtechnik und bietet nicht nur Maschinen für diesen Zweck an, sondern entwirft und baut individuelle Komplettlösungen. Der Schweißroboter selbst ist hier nur ein Element der Prozesskette – von der Zuführtechnik bis zur Qualitätskontrolle mit Bilderkennungsverfahren integriert das Unternehmen alle erforderlichen Komponenten zu einer Lösung. Eine eigene Lohnfertigung, in der Kunden Prototypen oder kleinere Stückzahlen produzieren lassen können, gehört ebenso zum Unternehmen wie ein Werkzeug- und Vorrichtungsbau.

Stephan Rump

ist Vertriebsingenieur bei der Firma Wachendorff in Geisenheim.

(sk)

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Unternehmen

Wachendorff Automation GmbH & Co.KG

Industriestraße 7
65366 Geisenheim
Germany