Hexagonaler GaN-Einkristall mit einem Durchmesser von 2 Zoll. Die Herstellung dieser Einkristalle ist schwierig und teuer, was derzeit den größten Stolperstein für GaN-Bauelemente auf den Weg in den Hochspannungsbereich darstellt.

Bild 3: Hexagonaler GaN-Einkristall mit einem Durchmesser von 2 Zoll. Die Herstellung dieser Einkristalle ist schwierig und teuer, was derzeit den größten Stolperstein für GaN-Bauelemente auf den Weg in den Hochspannungsbereich darstellt. (Bild: Robert Laska)

Bauelemente der Leistungselektronik müssen hohe Spannungen und Betriebstemperaturen verkraften, schnell schalten können sowie erhöhte Leitungseffizienzen (niedriger on-Widerstand) aufweisen. Dabei sollen sie aber auch zuverlässig und preiswert sein. Perspektivisch können Silizium-Bauelemente diesen Ansprüchen nicht mehr genügen. Aktuell kommen daher in Leistungsbauelementen immer häufiger Materialien mit großer Bandlücke, sogenannte Wide-Bandgap-Halbleiter, wie Siliziumcarbid (SiC) und Galliumnitrid (GaN) zum Einsatz. Der folgende Beitrag gibt einen grundlegenden Einblick in die Eigenschaften von Wide-Bandgap-Materialien, hilft bei der Auswahl von Materialsystemen für Leistungsbauelemente und stellt Materialien vor, die in naher bis mittlerer Zukunft die Leistungselektronik bestimmen könnten.

Warum Wide-Bandgap-Materialien?

Eckdaten

Halbleiter mit großer Bandlücke, sogenannte Wide-Bandgap-Halbleiter, lösen immer mehr die klassische Silizium-Technologie in der Leistungselektronik ab. Materialien wie SiC und GaN sind Si beim Durchbruchverhalten, Sättigungsdriftgeschwindigkeiten der Ladungsträger und der Wärmeleitfähigkeit überlegen. SiC kommt auf Grund seiner hohen Wärmeleitfähigkeit dort zum Einsatz, wo hohe Leistungsdichten notwendig sind, während GaN für Hochfrequenzanwendungen prädestiniert ist. Jedoch stehen mit Galliumoxid und synthetischem Diamant auch bereits zwei Materialien in den Startlöchern, die in Zukunft die Leistungselektronik dominieren könnten. Besonders Diamant punktet hinsichlich seiner herausragenden Ladungsträgerbeweglichkeit und höchsten thermischen Leitfähigkeit aller bekannten Materialien.

Die wichtigsten Eigenschaften eines Halbleiters für die Leistungselektronik sind seine Energie-Bandlücke, das kritische elektrische Feld, die Mobilität der Elektronen im Material, die thermische Leitfähigkeit sowie die Sättigungsdriftgeschwindigkeit der Ladungsträger. Dabei steht die Energie-Bandlücke in direkter Verbindung mit der Stärke der chemischen Verbindungen im Kristallgitter, weshalb Wide-Bandgap-Materialien höhere kritische Feldstärken verkraften. Hinzu kommen niedrigere intrinsische Ströme und Leckagen, warum Bauelemente auf Basis von Wide-Bandgap-Materialien auch bei höheren Temperaturen zuverlässig arbeiten. Zusätzlich besitzt besonders SiC eine hohe thermische Leitfähigkeit, wodurch sich im Bauelement entstehende Wärme leichter an Gehäuse und Kühlkörper ableiten lässt.

Durch Aufbringen einer AlN-Schicht auf das kristalline GaN, verspannt sich der Kristall an der Oberfläche. Durch die höhere Polarisierung von AlN bildet sich ein zweidimensionales Elektronenengas (2DEG) mit sehr hoher Ladungsträgerbeweglichkeit.

Bild 1: Mittels Aufbringen einer AlN-Schicht auf das kristalline GaN, verspannt sich der Kristall an der Oberfläche. Durch die höhere Polarisierung von AlN bildet sich ein zweidimensionales Elektronenengas (2DEG) mit sehr hoher Ladungsträgerbeweglichkeit. Werner Obermayr

Die Durchbruchspannung eines Bauelements hängt direkt vom Produkt aus der Länge des Driftbereiches der Ladungsträger im Halbleiter und des kritischen elektrischen Feldes ab. Je höher das kritische elektrische Feld im Material ausfallen kann, umso kleiner kann daher bei vorgegebener Durchbruchspannung die Driftregion sein und das Bauelement wird damit kleiner.

Da die Driftregion bei SiC und GaN bis zu zehn Mal kleiner ist als bei Silizium, kann die Zahl der Elektronen im Driftbereich 100 Mal größer ausfallen. Die Sättigungsdriftgeschwindigkeit der Elektronen in Materialien mit großer Bandlücke übersteigt die von Silizium um bis zu 100 Prozent. Bauelemente können um so schneller schalten, je höher diese Geschwindigkeit ist. Diese höhere Schaltfrequenz führt zur weiteren Miniaturisierung und Kostensenkung von Schaltkreisen, denn passive Bauelemente können deutlich kleiner ausfallen.

Verspanntes GaN punktet bei Hochfrequenzanwendungen

Ein HEMT aus Schichtfolgen von GaN und AlGaN. Durch diesen Aufbau werden bei der Hetero-Expitaxie entstandene Versetzungen daran gehindert, sich bis in den Bereich des 2DEG vorzudringen.

Bild 2: Ein HEMT aus Schichtfolgen von GaN und AlGaN. Durch diesen Aufbau werden bei der Hetero-Expitaxie entstandene Versetzungen daran gehindert, bis in den Bereich des 2DEG vorzudringen. Werner Obermayr

Die Mobilität der Ladungsträger in SiC und GaN ist mit der in Si vergleichbar. Allerdings besitzt kristallines GaN eine hexagonale Wurtzit-Struktur, was ihm durch spontane Polarisation ein piezoelektrisches Verhalten verleiht. Die Mobilität der Ladungsträger in GaN-Bauelementen lässt sich jedoch verdoppeln, indem eine AlGaN-Schicht auf das kristalline GaN aufgebracht wird. Durch die Unterschiede im Kristallgitter verspannen sich die oberen fünf Nanometer des GaN-Kristalls derart, dass die Elektronenmobilität in diesem Bereich ansteigt. Da der Kristall in der Region nicht dotiert ist, existieren zudem keine zusätzlichen Streuzentren für die Ladungsträger.

Durch die höhere Polarisation von AlN gegenüber GaN liegen die Elektronen als ein 2-dimensionales Elektronengas vor (2DEG), das sich nahezu ungehindert im Material bewegen kann (Bild 1). Auf diese Weise erhöht sich die Elektronenmobilität von etwa 1000 cm²/Vs im entspannten Material auf bis zu 2000 cm²/Vs in der verspannten Region. Diese Technik ist beispielsweise die Grundlage für High Electron Mobility Transistoren (HEMT).

 

Worauf es bei der Wahl der Substrate für Leistungsbauelemente ankommt und warum diese vergleichsweise teuer ausfallen, erklären wir auf Seite 2.

Substrate – Materialeigenschaften vs. Kosten

Hexagonaler GaN-Einkristall mit einem Durchmesser von 2 Zoll. Die Herstellung dieser Einkristalle ist schwierig und teuer, was derzeit den größten Stolperstein für GaN-Bauelemente auf den Weg in den Hochspannungsbereich darstellt.

Bild 3: Hexagonaler GaN-Einkristall mit einem Durchmesser von 2 Zoll. Die Herstellung dieser Einkristalle ist schwierig und teuer, was derzeit den größten Stolperstein für GaN-Bauelemente auf den Weg in den Hochspannungsbereich darstellt. Robert Laska

SiC-Einkristalle sind zwar teuer in der Herstellung, bieten jedoch den Vorteil, dass die aktive SiC-Schicht mittels Homo-Epitaxie aufgebracht werden kann. Dadurch entstehen deutlich weniger Defekte im Material und damit weniger Streuzentren für Ladungsträger.

Bild 4: SiC-Einkristalle sind zwar teuer in der Herstellung, bieten jedoch den Vorteil, dass die aktive SiC-Schicht mittels Homo-Epitaxie aufgebracht werden kann. Dadurch entstehen deutlich weniger Defekte im Material und damit weniger Streuzentren für Ladungsträger. David Monniaux, own work, CC BY-SA 3.0

Bei der Kombination von Substrat und aktiver Halbleiterschicht sind neben Funktionalität und Kosten Eigenschaften wie Unterschiede in den Gitterkonstanten, relative thermische Ausdehnungskoeffizienten, thermische Leitfähigkeiten sowie die Verfügbarkeiten der Materialien zu berücksichtigen. Wie dies im Einzelnen aussieht, lässt sich am Beispiel eines HEMT auf GaN-Basis zeigen (Bild 2). Da GaN-Einkristalle wie in Bild 3 schwer herstellbar und teuer sind, wird das Material hetero-epitaktisch auf Substraten wie Saphir (Al2O3), SiC oder Si gezüchtet. Von großer Bedeutung sind dabei die Defektdichte der Schicht sowie der Unterschied der thermischen Ausdehnungskoeffizienten an der Grenzfläche zwischen Schicht und Substrat.

Gerade leistungselektronische Bauelemente reagieren sensibel gegenüber Defekten, da diese zusätzliche Streuzentren für die Ladungsträger im Material darstellen. Besonders deutlich treten diese Effekte bei der Wahl von Saphir als Substratmaterial in Erscheinung. Die Gitterkonstante von Saphir weicht um etwa 16 Prozent von der von GaN ab und das Material besitzt eine deutlich geringere Wärmeleitfähigkeit. Saphir eignet sich daher trotz niedriger Herstellungskosten nur bedingt für Leistungsbauelemente, bei denen beträchtliche Wärme durch innere Reibungsverluste entsteht. Gerade für vertikal strukturierte Bauelemente führen Defekte im Material zu Problemen, denn sie können sich durch das gesamte Material fortsetzen. Der Effekt lässt sich, wie in Bild 2 dargestellt, bis zu einem gewissen Grad durch die Erzeugung von GaN/AlGaN-Schichtstapeln lösen. Dadurch wird verhindert, dass ein Großteil der Versetzungen bis in die Region des 2DEG hineinwächst.

Die Defektdichte bei der Homoepitaxie, also eine SiC-Schicht auf einem SiC-Substrat aufzuwachsen, ist deutlich niedriger. Der Nachteil von einkristallinem SiC als Substratmaterial (Bild 4) liegt allerdings in den hohen Kosten des Startmaterials, die bis zu 100 Mal größer ausfallen als für Siliziumsubstrate. Aber auch Silizium ist kein ideales Substratmaterial für GaN, da sowohl Gitterkonstanten als auch thermische Ausdehnungskoeffizienten voneinander abweichen. Siliziumsubstrate sind jedoch eine preiswerte Lösung, denn das Material ist kostengünstig und die Infrastruktur zur Herstellung von Bauelementen auf Si-Substraten ist bereits vorhanden. Siliziumsubstrate kommen daher vorzugsweise für Bausteine in DC/DC- und AC/DC-Wandlern zum Einsatz, bei denen Kosten eine größere Rolle spielen.

Hochfrequenz mit GaN, Leistung mit SiC

Sowohl GaN als auch SiC sind Silizium hinsichtlich Hochfrequenzanwendungen und Durchbruchverhalten überlegen. Die Elektronenmobilität von verspanntem GaN ist im 2DEG jedoch noch höher als die von SiC, weshalb Bauelemente auf GaN-Basis bevorzugt für Hochfrequenzanwendungen zum Einsatz kommen. Aufgrund ihrer besseren Wärmeleitfähigkeit punkten SiC-Bauelemente in Bereichen, in denen hohe Leistungsdichten erforderlich sind. Trotz der hohen Kosten für einkristalline Substrate ist die SiC-Technologie bereits weiter fortgeschritten als die Technologie zur Verarbeitung von GaN. Der Grund dafür ist, dass sich die Entwicklung qualitativ hochwertiger GaN-Substrate noch in einem frühen Stadium befindet. Einkristalline GaN-Substrate sind jedoch notwendig, wenn GaN-Bausteine perspektivisch in den Hochspannungsbereich vordringen sollen, den derzeit SiC dominiert.

Transistoren und Dioden auf GaN-Basis sind derzeit für Spannungen bis etwa 650 V erhältlich; SiC-Bauelemente verkraften bis zu 1700 V. Hersteller von Wide-Bandgap-Bauelementen sind beispielsweise Efficient Power Conversion (EPC), GaN Systems, Fujitsu Semiconductor, Panasonic und Texas Instruments mit dem Fokus auf GaN, sowie Cree, Rohm Semiconductors und Infineon mit Fokus auf SiC. Doch auch mit GaN und SiC sind die Möglichkeiten zur Herstellung von Bauelementen für den RF- und Hochspannungsbereich nicht ausgeschöpft, denn zwei Wide-Bandgap-Materialien für noch mehr Leistungsdichte stehen bereits in den Startlöchern.

 

Welche Materialien zukünftig in der Leistungselektronik glänzen, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Galliumoxid – preiswert und beinahe marktreif

Für besonders hohe Spannungen und hochfrequente Anwendungen hat sich Galliumoxid (β-Ga2O3) als ein vielversprechendes Material herausgestellt. Das Material besitzt eine noch größere Bandlücke als SiC oder GaN und verkraftet dadurch nahezu drei Mal so hohe kritische Feldstärken. Galliumoxid-Einkristalle lassen sich wie Silizium oder Saphir durch Tiegelziehverfahren herstellen. Dadurch ist die Herstellung großer Wafer möglich, die zehn bis 100 Mal preiswerter sind als SiC- oder GaN-Substrate.

Die thermische Leitfähigkeit von Galliumoxid hängt stark von seiner Kristallorientierung ab, wobei für die [0,1,0]-Richtung ein Wert von 0,23 W cm-1K-1 ermittelt wurde. Dieser niedrige Wert für thermische Leitfähigkeit stellt die größte Schwachstelle des Materials in Hinblick auf Anwendungen in der Leistungselektronik dar. Japanische Forscher des NEDO-Konsortiums (New Energy and Industrial Technology Development Organization) untersuchen derzeit, wie sich die Wärmeableitung in Galliumoxid durch Nanomembranen verbessern lässt. Ihr Ziel ist es, Galliumoxid bis 2018 zur Marktreife als Material für Leistungsbauelemente zu bringen. Der erste Transistor auf Galliumoxid-Basis mit niedrigen Leckströmen und hoher Durchbruchspannung wurde 2012 demonstriert; Schottky-Dioden mit Idealitätsfaktoren nahe eins befinden sich bereits in Produktion.

Glänzende Aussichten für Leistungselektronik – Diamant

Mittels CVD hergestellte Diamant-Plättchen sind bereits kommerziell erhältlich und eignen sich für den Einsatz in Leistungsbauelementen wie Schottky-Dioden oder Leistungs-FETs.

Bild 5: Mittels CVD hergestellte Diamant-Plättchen sind bereits kommerziell erhältlich und eignen sich für den Einsatz in Leistungsbauelementen wie Schottky-Dioden oder Leistungs-FETs. Element Six

Natürlich vorkommende Diamanten kommen für eine wirtschaftliche Anwendung als elektronisches Material nicht in Frage, da sie zu selten sind und keine homogenen Materialeigenschaften besitzen. Verunreinigungen des Materials sind vor allem auf Stickstoffeinlagerungen zurückzuführen und variieren von Fundort zu Fundort sehr stark. Einkristalliner Diamant lässt sich jedoch mittels CVD (Chemical Vapour Deposition) sowie mit Hochdruck- und Hochtemperaturverfahren herstellen. „Electronic grade“-qualifizierte, einkristalline Diamantplättchen sind bereits kommerziell erhältlich (Bild 5) und eignen sich als Basis für elektronische Bauelemente wie Schottky-Dioden und FETs.

Spannung im Vergleich zur Leistungskapazität von Transistoren auf Basis von Wide-Bandgap-Materialien: Besonders Diamant punktet dank hoher Wärmeleitfähigkeit und Durchbruchspannung.

Bild 6: Spannung im Vergleich zur Leistungskapazität von Transistoren auf Basis von Wide-Bandgap-Materialien: Besonders Diamant punktet dank hoher Wärmeleitfähigkeit und Durchbruchspannung. Werner Obermayr

Das Potenzial von Diamant für den Einsatz in der Leistungselektronik gegenüber anderen Materialien zeigt Bild 6 auf. Von allen Wide-Bandgap-Halbleitern besitzt CVD-Diamant bei Zimmertemperatur die höchste Ladungsträgermobilität. Einem hohen elektrischen Feld ausgesetzt, bestimmt jedoch die Sättingungsdriftgeschwindigkeit die elektrische Leitfähigkeit eines Materials. Hier erreicht Diamant vergleichbare Werte wie SiC. Das wahre Potenzial von Diamant für die Leistungselektronik liegt jedoch darin, dass das Material die größten elektrischen Feldstärken aller Halbleiter verkraftet und die höchste thermische Leitfähigkeit aller bekannten Materialien besitzt.

Um Leistungsbauelemente herzustellen, wird Diamant meist mit Bor dotiert, um über ausreichend Ladungsträger zu verfügen. Jedoch sind herkömmliche Dotiermethoden wie Implantation und Diffusion bei Diamant ineffektiv. Daher wird dem Material der Dotant bereits bei der Herstellung beigemischt. Schottky-Dioden und MESFET-Bauelemente auf Diamant-Basis wurden bereits entwickelt, modelliert und experimentell verifiziert. Für aktuelle Bauelemente-Architekturen sind jedoch flache Dotierungen notwendig. Auf diesem Gebiet besteht auf Grund des Mangels an effektiven Dotierstoffen für Diamant noch großer Forschungsbedarf.

Prof. Werner Obermayr

Institut für Electronic Engineering an der FH Joanneum in Graz und Kapfenberg

(na)

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