Welcher EMS-Anbieter wäre nicht froh, seine Leiterplatten ohne Unterbrechung durch den Lotpastendrucker zu jagen, perfekte Pastendepots und schließlich perfekt aufgelötete Bauelemente zu erhalten. Aber außer bei so einfachen Baugruppen wie beispielsweise LED-Stripes, bleibt das vorerst nur ein Wunschdenken. Präzision ist schon angesichts von Bauteilgrößen im Mikrometerbereich unabdingbar. Neben der Schablone und der Paste, hat der Druck mit etwa 65 Prozent nach wie vor den größten Einfluss auf die Qualität und Funktionalität der finalen Baugruppe. Für ein optimales Abbild der Schablone auf der Leiterplatte müssen viele Parameter genau auf die Anwendung abgestimmt und definiert sein.

Denn egal wie exakt der Lotpastenauftrag berechnet wurde oder wie gut das Schablonendesign auch ist, in den kleinen und aufgrund der zunehmenden Miniaturisierung immer kleiner werdenden Aperturen der Schablone setzen sich nach einer Reihe von Drucken Lotpaste oder Kleber ab. Mit jedem weiteren Druck verstärkt sich dieser Effekt und führt zwangsläufig zu einer Verschlechterung des Auslöseverhaltens. Je nach Komplexität der Baugruppe – mit oder ohne Fine-Pitch-Bauteile oder µBGAs – kann ein exaktes Abbilden der filigranen Aperturen auf der Leiterplatte schon nach weniger als fünf Leiterplatten nicht mehr möglich sein. Die Folge sind unzureichende Pastendepots auf der Leiterplatte, Tombstoning, fehlende Bauteile oder ungelötete Anschlusspins, die wiederum Dysfunktionen, Kurzschlüsse und Überschläge bis hin zur Zerstörung der Baugruppe hervorrufen können.

Derartige „unbemerkte Fehldrucke“ lassen sich mitunter in Nacharbeit manuell korrigieren, aber das kostet Zeit und Geld. Eine Schablonenunterseitenreinigung dauert 1 bis 2 Minuten und die Bestückung eines Bauteils etwa 0,015 Euro. Die Korrektur eines versetzten Bauteils dauert 10 Minuten und kostet rund 7 Euro. Da wird schnell deutlich, dass es in der Regel günstiger ist, vorher zu reinigen als später Fehler zu beheben.

Reinigungsprozesse in der Bestückungsindustrie

Die Schablonenunterseitenreinigung erfolgt mithilfe einer im Pastendrucker integrierten automatischen Reinigungseinheit. Diese besteht aus einem Reinigungsvlies und – zur Verstärkung der Reinigungswirkung – einer Vakuumleiste und einem Lösungsmitteldispenser. Das Tuch wird im gespannten Zustand mit Lösungsmittel befeuchtet und unter kontrolliertem Anpressdruck der Schablone vor- und zurückgeführt. Das Lösungsmittel weicht die in den Aperturen angetrockneten Lotpastenreste an und die Fasern saugen sie mit Unterstützung der Vakuumeinrichtung in das Vlies. Während des Reinigungsvorganges ist das Tuch verschiedenen Wirkkräften ausgesetzt:

1. einer dauerhaften Spannung durch das Auf- und Abwickeln

2. einer Erhöhung des Ausdehnungskoeffizienten durch die Befeuchtung mit Lösungsmittel

3. einer Reibung durch den Anpressdruck der Vakuumleiste

4. Zugkräften auf die Vliesfasern durch die Saugkraft der Vakuumpumpe

Um all diesen Wirkkräften zu widerstehen, muss das Vlies extrem und konstant reißfest und zudem lösungsmittelbeständig sein.

Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung in der Reinigungsbranche unterstützt Vliesstoff Kasper die Elektronikbranche seit langem bei der Optimierung der Reinigungsprozesse – und zwar für die automatische und manuelle Handhabung. So führt das Unternehmen gemeinsam mit dem Application-Center von Christian Koenen, Hersteller von Präzisionsdrucksieben und Schablonen, regelmäßig Reinigungstests durch, um für die unterschiedlichen Anforderungen das richtige Reinigungstuch zu finden. Diese Anforderungen entstehen in der Praxis und daher arbeitet das Unternehmen auch eng mit verschiedenen EMS-Anbietern wie Hannusch Industrieelektronik zusammen. Prozessoptimierung steht auch hier stets im Vordergrund, und die Reinigungsprozesse gehören genauso dazu wie das Entwickeln von neuen Prozessen. Erst Anfang des Jahres hat der EMS seine neue Produktionshalle in Betrieb genommen, um den zukünftigen Herausforderungen der Branche mit moderner Fertigungstechnik begegnen zu können. In Sachen Reinigungsoptimierung legt das Unternehmen viel Wert auf hochwertige Materialien und arbeitet überwiegend mit No-Clean-Pasten.

„Bei uns geht es um kontrollierbare und reproduzierbare Prozesse. Dazu gehört auch eine absolute Materialverlässlichkeit. Und obwohl der Reinigungsprozess ein Nebenprozess ist, hat er einen entscheidenden Einfluss auf das Endergebnis“, erklärt Michael Hannusch. Der Prozess- und Technologiemanager von Hannusch Industrieelektronik berichtet, dass das „Reinigungsintervall standardisiert bei 20 Drucken liegt, wenn keine Bauteile mit besonderen Anforderungen verbaut werden. Ansonsten müssen die Zyklen auf die Anforderungen der Leiterplatten abgestimmt werden und können somit auch bei bis zu drei Drucken liegen.“ Auf diese Weise stellt Hannusch eine hohe Druckqualität sicher. „Wenn das Tuch den Schmutz nicht gut aufnimmt, verlängert dies den Reinigungsprozess. Wenn es sogar reißt, muss der Druck und somit die Fertigungslinie für zirka 5 Minuten unterbrochen werden“, führt Michael Hannusch weiter aus, der mit den über Vliesstoff Kasper erhältlichen Reinigungstüchern von Dupont gute Erfahrungen gemacht hat: „Wir verwenden für unsere Drucker das Reinigungstuch Sontara Cleanmaster V(akuum). Es ist den Anforderungen des automatischen Prozesses mit all seinen Belastungen am besten gewachsen und nimmt die Verschmutzung und die Chemie am schnellsten und umfassend auf“, betont Hannusch.

Expertise in Textiltechnik

30 Jahre Vliesstoff Kasper

Im Jahr 1984 ging Vliesstoff Kasper in Mönchengladbach an den Start. Die Zeichen zeigten stets auf Wachstum, so dass sich der Mittelständler selbstbewusst zu den Marktführen im Vertrieb und in der Konfektionierung von Reinigungstüchern für automatische und manuelle Reinigungsanwendungen zählen kann. Auf über 10.000 m² verarbeitet das Unternehmen allein am Standort Mönchengladbach jährlich etwa 12 Mio. m² Vliesstoff. Mit weiteren Standorten in Großbritannien, den USA und der Schweiz ist das Unternehmen international tätig und ermöglicht seinen weltweit über 12.500 Kunden aus der Druck- Elektronik- und Automobilbranche schnelle Lieferzeiten.

Michael Kasper, Geschäftsführer von Vliesstoff Kasper und Experte für Textiltechnik erläutert die besondere Eignung von Sontara Cleanmaster: „Dieses Tuch ist ein geblasenes Vlies. In einem patentierten Wasserstrahlverfestigungsverfahren namens Sontara werden verschiedene Faserarten so stark verwirbelt, dass das finale Tuch ohne jegliche Silikone, Klebstoffe oder Schmelzfasern hergestellt werden kann. Dadurch erhält Sontara CleanMaster V eine extreme Formstabilität und Reißfestigkeit und ist zudem nahezu flusenfrei.“ Der Verzicht auf Bindemittel verbessert die Saugfähigkeit, und der Anwender kann seine Chemikalien frei wählen, ohne sich Gedanken über deren Verträglichkeit mit dem Reinigungsvlies machen zu müssen. Da Reaktionen zwischen Vlies und Chemikalie völlig ausgeschlossen sind, ist der Reinigungsprozess mit diesem Vlies kontrollierbar. „Vliese, deren Reißfestigkeit mittels Bindemittel erreicht wird, können sich unter Lösemittelzugabe auflösen und anstelle von Sauberkeit zusätzliche Verunreinigungen durch abgelöste Fasern hervorrufen. Das Cleanmaster V nimmt Verunreinigungen restlos auf und die offenen Fasern leiten sie gleichmäßig im Tuch weiter.“

Ein saugfähiges Vlies wie das CleanMaster V entfernt die gelösten Pastenreste schnell und rückstandslos, benötigt bis zu 20 Prozent weniger Lösungsmittel und minimiert so die Unterbrechungszeiten für die Reinigungsintervalle. Die Tuchqualität hat also einen direkten Einfluss auf die Reinigungsdauer und kann so den Gesamtzyklus verkürzen und den Output erhöhen.

Manuelle Reinigungsverfahren

Alle weiteren Reinigungsverfahren erfolgen manuell – bei größeren Lotverschleppungen, bei Misprints und falsch applizierten Klebepunkten oder auch bei schwierigen Materialien wie Glasplatten oder Solarzellen. Und da eine manuelle Zwischenreinigung die Produktion für 10 bis 15 Minuten unterbricht, ist auch hier das effektivste Medium das Mittel der Wahl. Im Hause Hannusch verwendet man mit Stencil-Clean, IPA oder Adhesive-Remover getränkte Tücher der hauseigenen Marke Cleanbox. Mit ihnen lassen sich Pastenreste, Kleber und sonstige Verschmutzungen schnell und restlos entfernen ohne dabei viel Druck ausüben zu müssen. Mehrmaliges Nachwischen ist nicht notwendig und das spart Zeit.

Schwieriger gestaltet sich die Suche nach dem optimalen Reinigungsprozess und -medium für scharfkantige Bauteile wie Solarzellen oder Glasplatten. Der Elektronikfertigungs-Dienstleister Hannusch steht jetzt vor dieser Herausforderung. In einem neuen Prozess bestückt das Unternehmen derzeit erstmals automatisiert Solarzellen. Diese wurden während ihres Herstellungsprozesses durch Frässpäne und Staub verunreinigt und müssen im Anschluss von der Solarzelle manuell entfernt werden. Die Kombination aus Druckempfindlichkeit und scharfen Kanten erfordert eine Reinigung ohne Kraftaufwand und ein Tuch von enormer Reißfestigkeit. Denn sobald man beim Reinigen mit dem Tuch an die messerscharfen Kanten kommt, schneiden diese ins Gewebe und führen zu Flusenbildung. „Es hat sich erst während des Prozesses gezeigt, dass eine anschließende manuelle Reinigung erfolgen muss, damit die Solarzellen ihre volle Leistung bringen können. Aber in Zusammenarbeit mit Vliesstoff Kasper werden wir hierfür sicher bald das richtige Tuch gefunden haben, um den Prozess zu optimieren“, ist Michael Hannusch optimistisch.

Im engen Schulterschluss

Solange ein Anhaften von Lotpaste in den Aperturen der Schablone nicht gänzlich verhindert werden kann, werden die Schablonenunterseitenreinigung und die manuelle Zwischenreinigung der Druckwerkzeuge ein fester Bestandteil der SMT-Bestückung sein. Mit der Entscheidung für ein qualitativ hochwertiges Reinigungsvlies ist es möglich, die Standzeiten zu verkürzen und so die Produktivität seiner Fertigungslinie optimieren. Um künftigen Herausforderungen, wie der zunehmenden Miniaturisierung oder anspruchsvollen Materialien, besser zu begegnen, ist es sinnvoll, Kräfte und Know-how zu bündeln um gemeinsam mit dem Kunden nach der geeigneten Lösung zu suchen.

SMT Hybrid Packaging 2015: Halle 7, Stand 358

Christiane Kamp

ist verantwortlich für die Unternehmenskommunikation von Vliesstoff Kasper

(mrc)

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Unternehmen

Vliesstoff Kasper GmbH

Rönneterring 7-9
41068 Mönchengladbach
Germany