Prof. Leo Lorenz von Infineon

Prof. Leo Lorenz von Infineon erklärt die Zurückhaltung beim Einsatz von SiC damit, dass Ausfallmechanismen der WBG-Halbleiter im Langzeiteinsatz noch völlig unbekannt sind. (Bild: Nicole Ahner)

WBG-Halbleiter (Wide Band Gap) wie SiC und GaN sind auf der diesjährigen begleitenden Konferenz der Leistungselektronik-Messe PCIM in Nürnberg einer der Schwerpunkte, zumal es bei dieser Technologie durchaus zu Problemen kommen kann. Auf der PCIM-Konferenz stehen besonders die Themen Zuverlässigkeit und Robustheit der WBG-Bauelemente als immense Herausforderung im Fokus, wie Prof. Leo Lorenz von Infineon bei der Vorstellung des Konferenzprogramms betonte.

Probleme beim Langzeiteinsatz von SiC und GaN lösen

Der Branche geht es im Bereich der WBG-Halbleiter derzeit darum, ein grundlegendes Verständnis der Fehler und Fehlerursachen in den Halbleitern zu entwickeln, vor allem wenn diese in Automotive- und Bahnanwendungen unter rauen Umgebungsbedingungen im Langzeiteinsatz sind.

Gerade mit der Elektromobilität kommen die Bauelemente nun zum ersten Mal in einem Massenmarkt zum Einsatz, der jeweils eine Lebensdauer von zehn Jahren und mehr verlangt. Viele der Fehlermechanismen, die erst nach zwei oder drei Jahren Dauereinsatz im Halbleiter auftreten und zum Bauteilausfall führen können, sind noch völlig unbekannt. Für viele Automobilhersteller oder Systemintegratoren ist dies im Fall von Siliziumkarbid neben dem hohen Preis eines der Hauptargumente, das Material trotz all seiner Vorteile (hohe thermische Belastbarkeit, hohe Durchbruchspannungen und Schaltfrequenzen) nicht einzusetzen. Bisher völlig unverstandene Fehlermechanismen in den Halbleitern treten eben nicht schon nach einem Jahr auf, sondern führen erst nach zwei oder drei Jahren im Dauereinsatz bei hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit zu Problemen. Eine Rückrufaktion wäre für den jeweiligen Halbleiterhersteller nicht nur teuer, sondern auch ein mächtiger Imageschaden.

Änderung der Testvorschriften für Leistungshalbleiter

Eine der Ursachen für das Fehlen von Daten zu Ausfallmechanismen sind die derzeit gültigen Prüfvorschriften: Der Test von Leistungshalbleitern (auch von SiC und GaN) unter hoher Luftfeuchte wird aktuell nur mit einer Spannung von 80 V durchgeführt, obwohl ihre Nennspannung unter Umständen sehr viel höher liegt. Hierbei treten eben Fehlermechanismen, die bei Dauerbelastung unter hohen Spannungen nach längerer Betriebsdauer auftreten, nicht zu Tage.

Die Vorschriften für diesen Test von Leistungshalbleitern sah bisher nur eine Spannung von 80 V vor, da die auftretenden Verluste bei sehr hohen Spannungen zu hoch waren. Mittlerweile sind die Testsysteme laut Lorenz jedoch so weit fortgeschritten, dass sich die Verluste auch bei hohen Spannungen in Grenzen halten. Aus diesem Grund gibt es aktuell bereits Bemühungen in der Branche, die Vorschriften für den Test von Leistungshalbleitern entsprechend anzupassen: Zukünftige WBG-Bauelemente müssen dann beim Test mit 80 Prozent ihrer Nennspannung beaufschlagt werden.

Wide-Bandgap-Technologien im Forschungsfokus

Wide-Bandgap-Technologien mit Bauelementen basierend auf SiC und GaN stehen im Fokus der Forschung auf Komponenten- und Chipebene, in den Aufbau- und Verbindungstechniken sowie im Packaging-Design. Während bei beiden Materialien bereits ein hoher technischer Stand erreicht wurde, sind WBG-Materialien wie Galliumoxid und Diamant noch Gegenstand der Prozessentwicklung und Materialforschung.

WBG-Halbleiter wie SiC und GaN bieten viele Vorteile

WBG-Halbleiter besitzen eine deutlich höhere Bandlücke als Silizium (Si: 1 – 1,5 eV, SiC 4H: 3,28 eV, GaN: 3,37 eV, Ga2O3: 4,8 eV, Diamant: 5,4 eV), erlauben damit den Betrieb bei deutlich höheren Spannungen, Temperaturen und Schaltfrequenzen. Mit höheren Schaltfrequenzen können passive Bauelemente wie Kondensatoren und Spulen im Systemdesign deutlich kleiner ausfallen, was zu signifikanten Platz- und Gewichtseinsparungen führt. Auch der Aufwand für die Kühlung der leistungselektronischen Systeme gestaltet sich weniger aufwendig. Daher sind Wide-Bandgap-Bauelemente gerade für den Einsatz in Elektrofahrzeugen interessant, denn hier ist der Bauraum beschränkt und Gewichtsreduzierungen erhöhen die Reichweite der Fahrzeuge oder erlauben es, die Batterie als teuerste Komponente im E-Auto kleiner zu gestalten.

(na)

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