Im kommenden Jahr stellen die Fahrzeughersteller neue Modelle mit halbautonomer Steuerung vor. Initiativen des New Car Assessment Program (NCAP) stützen diese Entwicklung, indem sie höhere Sicherheitsanforderungen an Autos mit Fahrerassistenzsystem stellen. Derzeit beschäftigt sich das NCAP-Ranking vornehmlich mit einer verbesserten ADAS-Leistungsfähigkeit. In Zukunft will das Programm zusätzliche Funktionen wie die Fußgängererkennung und automatische Vollbremsung (AEB: Autonomous Emergency Braking) einführen. NCAP erweitert somit stetig die Kriterien. Durch die Erfassung genauer Daten zur Analyse möglicher Gefahren kann das ADAS feststellen, ob Notfallmanöver erforderlich sind oder nicht.

Während der Bedienung können die Augen auf der Straße bleiben; optische Sensoren mit entsprechender Auswerte-Elektronik machens möglich.

Während der Bedienung können die Augen auf der Straße bleiben; optische Sensoren mit entsprechender Auswerte-Elektronik machens möglich.Melexis

ADAS-Empfindlichkeit optimieren

Entscheidend ist die richtige Abstimmung der ADAS-Empfindlichkeit. Damit lässt sich der optimale Moment festlegen, den Fahrer zu warnen oder ein automatisches Bremsmanöver beziehungsweise Ausweichen einzuleiten. Ein zu empfindliches ADAS führt zu falschen Warnungen, die den Fahrer irritieren oder zu unnötigem Bremsen führen, was sich auf andere Verkehrsteilnehmer auswirkt. Ist die Empfindlichkeit hingegen zu gering, kann dies zu ausbleibenden Warnungen führen und die ADAS-Effizienz sinkt. Zugriff auf detaillierte Informationen von den verschiedenen Sensoren im Fahrzeug ist daher von entscheidender Bedeutung. Unter den möglichen Sensortechnologien für Fahrzeuge finden sich wichtige Neuentwicklungen:

Auswertung von optisch erfassten Gesten.

Auswertung von optisch erfassten Gesten.Melexis

Externe CMOS-Kameras

Bildsensoren mit weitem Dynamikbereich (HDR: High Dynamic Range), hoher Auflösung und hoher Bildrate kommen bald zum Einsatz, um verschiedene Sicherheitsanwendungen im Auto zu unterstützen. Dazu zählen AEB, elektronische Spiegel, Kamera-Überwachungssysteme und autonome Ausweichmanöver. Damit Kameras im Automotive-Bereich wirksam arbeiten können, müssen die Kamerasysteme Bildartefakte vermeiden, weil diese sich auf den ADAS-Betrieb negativ auswirken können und möglicherweise Leben in Gefahr bringen. Die meisten Automotive-Kameras stellen Bilddaten als Kombination aus mehreren linearen Bildausschnitten (Frames) bereit, um zusammengesetzte (Composite-)Bilder zu erzeugen. Da die Kameras jeden Bildausschnitt zeitlich nacheinander aufnehmen, weicht die tatsächliche Position beweglicher Objekte (oder von Objekten, die veränderliche Zustände aufweisen) stets etwas vom jeweiligen Bildausschnitt ab. Werden nun mehrere Bildausschnitte miteinander kombiniert, um ein einzelnes HDR-Bild zu erstellen, stellt dieses nicht die wirklichen Geschehnisse dar. Da Rücklichter, Bremslichter und das Tagfahrlicht unserer Autos zunehmend mit gepulsten LED-Leuchten arbeiten (genauso wie Straßenbeleuchtungen, Ampeln und aktive Verkehrszeichen), sorgt die Modulation hier für Probleme.

LED-Impulsfrequenzen oder Tastverhältnisse sind nicht standardisiert, sodass Automotive-Kameras verschiedene Lichtimpulse von verschiedenen Quellen verarbeiten müssen, die nicht synchronisiert sind. Selbst ein einziges Verkehrszeichen kann über verschiedene Emitter-Segmente verfügen, die jeweils mit einer anderen Frequenz arbeiten. Wenn die Kamera ein Bild nur über einen sehr kurzen Zeitraum aufnimmt, dann kann es sein, dass sie das Bild bei einem bestimmten Lichtemitter-Element nicht erfasst. Das ADAS erhält dann nicht alle erforderlichen Daten, die es für eine entsprechende Reaktion benötigt. HDR-Kameratechnik, die nicht durch Bewegungs- oder LED-Flicker-Artefakte beeinträchtigt wird, findet derzeit ihren Weg in die Automotive-Anwendung. Damit verbessert sich die Leistungsfähigkeit des Bildsensors und die ADAS-Effizienz steigt. Anstelle herkömmlicher mehrerer Bildausschnitte kann der Bildsensor ein HDR-Bild in einem einzigen Bildrahmen erstellen, indem eine fortschrittliche Bildverarbeitung mit mehreren Schwellenpegeln (Kniepunkten) zum Einsatz kommt. Dabei bleibt das Ende der Belichtungszeit für alle Lichtpegel gleich, anstatt verändert zu werden.

ToF-Sensoren ermöglichen es, ein detailliertes 3D-Bild zu erstellen.

ToF-Sensoren ermöglichen es, ein detailliertes 3D-Bild zu erstellen. Melexis

CMOS-Kameras für den Fahrzeuginnenraum

Auch im Fahrzeuginnenraum spielt die Bildverarbeitung eine immer wichtigere Rolle. Bildsensoren und Linsen werden immer kleiner, die Bauteilkosten sinken, und Kameras lassen sich mit immer mehr Funktionen ausstatten. Hier sind einige Beispiele: Die Sitzbelegungserkennung überprüft, ob ein Beifahrersitz besetzt ist und schätzt ab, ob sich ein Erwachsener oder ein Kind im Sitz befindet. Damit lässt sich feststellen, ob ein Auslösen des Airbags erforderlich ist, und wenn ja mit voller oder halber Geschwindigkeit. Über die Erfassung der Kopfposition ermittelt das System die Aufmerksamkeit des Fahrers. Das ADAS kann damit abwägen, ob eine Warnung erfolgen soll oder nicht. Eye-Tracking (Verfolgen der Blickrichtung) kommt bereits in einigen Modellen zum Einsatz, um Unfälle durch Müdigkeit oder durch Sekundenschlaf des Fahrers zu vermeiden. Eine höhere Auflösung der Bildsensoren sorgt hier für mehr Genauigkeit. Die Hand/Finger-Gestenerkennung wiederum ermöglicht die Integration fortschrittlicher Mensch-Maschine-Schnittstellen (HMIs) in Fahrzeuge.

Infrarot-Bilderfassung

Obwohl CMOS-Bildsensoren für den Kfz-Außen- und Innenbereich stets weiter verbessert werden, ist bei vielen Bildverarbeitungsanwendungen ein anderer Ansatz erforderlich. Diese müssen kostengünstig sein und trotzdem eine gute Bildverarbeitung garantieren. Daher sollte ein genauer Vergleich zwischen CMOS-Kameras und anderen Lösungen erfolgen. Relativ kostengünstige, kompakte FIR-Arrays (Far Infrared) mit niedriger Auflösung sind eine solche Alternative. Sie bieten die hohe Empfindlichkeit von Thermosäulen und eine direkte Signalverarbeitung: Jedes Pixel ist mit seinem eigenen Verstärker und Datenwandler ausgestattet, um das Signal-Rauschverhältnis zu verbessern. Als Teil eines Überwachungssystems für den Fahrzeuginnenraum lassen sich FIR-Arrays in die oben genannten Systeme integrieren (HMI-Näherungs-/Gestenerkennung, Sitzbelegung, Kopfposition des Fahrers und Klimaregelung).

ToF-Sensorik basiert auf einer Infrarot-Lichtquelle, die einen Strahl projiziert, der an Objekten zurück an den ToF-Sensor reflektiert wird.

ToF-Sensorik basiert auf einer Infrarot-Lichtquelle, die einen Strahl projiziert, der an Objekten zurück an den ToF-Sensor reflektiert wird.Melexis

Aktive Lichtsensoren

Fortschrittliche Optoelektronik findet ebenfalls Einzug in Automotive-HMIs, vor allem für die Näherungserkennung und einfache Gestenerkennung wie Wischen nach links oder rechts. Dabei kann auch eine Unterscheidung zwischen Fahrer und Beifahrer erfolgen, um den Zugriff auf Infotainment-Optionen zu beschränken, die den Fahrer sonst ablenken würden (nur der Beifahrer kann auf sie zugreifen). Es wird erwartet, dass die OEMs solche Sensorsysteme mittelfristig enger mit den ADAS-Funktionen verknüpfen. Damit erfolgt ein Datenzugriff auf das, was der Fahrer gerade macht, wohin er blickt und wo sich seine Hände befinden. Für eine weitere Verbreitung dieser Technik müssen die Entwickler allerdings noch einige Probleme beseitigen. HMIs auf Basis von optischen Systemen müssen bei verschiedenen Hintergrund-Lichtverhältnissen zuverlässig arbeiten, und sie sollten eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber elektromagnetischen Störungen (EMI) aufweisen. Nun wurde eine Technologie entwickelt, die robuste optische Mehrkanal-Sensorsysteme für kurze Reichweiten ermöglicht und für schwierige Betriebsumgebungen wie das Auto geeignet ist. Unabhängige, gleichzeitig arbeitende Lichtmesskanäle erfassen bei Gesten und Umgebungslichtmessungen das reflektierte Licht von der Hand des Nutzers. Fahrer können damit in Zukunft ihr Infotainment-/Navigationssystem, die Kommunikationseinheit sowie die Klimaregelung bedienen und sich dabei vollständig auf die Straße konzentrieren.

Opto-Sensoren im Auto

Neueste Optoelektronik ermöglicht Automotive-Anwendungen der nächsten Generation. Damit lässt sich die Leistungsfähigkeit von Fahrerassistenzsystemen durch eine bessere Bildqualität erhöhen. Auch eine feinere Parametrierung von Funktionen, die das ADAS auslöst, ist jetzt möglich; dazu zählen Warnungen an den Fahrer, Ausweich-Lenkbewegungen und im Extremfall eine Notbremsung. Dies erhöht die Sicherheit und ebnet den Weg hin zu autonomen Fahrzeugen.

ToF-Sensoren

Sensoren mit der ToF (Time of Flight) genannten 3D-Technologie finden sich bereits in Spielkasinos, in der Industrie sowie in Consumer-Produkten. Die Anwendung im Automotive-Bereich verspricht vielfältige Möglichkeiten. Mittlerweile haben die Hersteller die Probleme durch abweichende Lichtverhältnisse gelöst, sodass jetzt erste Sensorsysteme für die Fahrzeugimplementierung auf den Markt kommen. Eine mögliche Anwendung besteht darin, die Ablenkung des Fahrers zu vermeiden und seine Wachsamkeit zu überprüfen, denn ein plötzlicher Konzentrationsverlust kann Fahrzeuginsassen und Fußgänger gefährden, da sich die Reaktionszeit verlängert. In solchen Fällen muss das ADAS bei Bedarf eingreifen. Mit ToF-Sensoren kann das ADAS Informationen über den Aufmerksamkeitsgrad des Fahrers erhalten. Damit lässt sich beurteilen, ob der Fahrer imstande ist, selbst zu reagieren, oder ob das ADAS eingreifen sollte. ToF-Sensorik basiert auf einer Infrarot-Lichtquelle, die einen Strahl projiziert, der an Objekten zurück an den ToF-Sensor reflektiert wird. Der Sensor erkennt das reflektierte IR-Signal und vergleicht es mit einem Referenzsignal, bevor er die zwischen Aussendung und Empfang auftretende Phasenverschiebung ermittelt. Damit stehen Daten für den Abstand zum Objekt bereit, woraus sich ein detailliertes 3D-Bild erstellen lässt. ToF-Sensorsysteme finden in Armaturenbrettern oder Mittelkonsolen Platz und ermöglichen es so, Daten zur Aufmerksamkeit des Fahrers dauerhaft zu erfassen. Bis vor kurzem gab es dabei, wie bei einigen anderen besprochenen optischen Techniken auch, noch das Problem, dass in Fahrzeugen genügend Widerstandsfähigkeit gegen einfallendes Sonnenlicht vorherrschen muss. Der Markteintritt fortschrittlicher Multi-Pixel-Bildsensoren mit HDR-Betrieb erlaubt nun jedoch das Erfassen der relevanten Bereiche im Fahrzeuginnenraum mit hoher Genauigkeit, sodass die Schwierigkeiten in Zusammenhang mit der Sonneneinstrahlung damit überwunden sind.

Cliff De Locht

arbeitet bei Melexis.

(av)

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