53975.jpg

Bild 1: Power over Ethernet – damit lassen sich Geräte über deren Kommunikationsverkabelung mit Energie versorgen.

Bild 1: Power over Ethernet – damit lassen sich Geräte über deren Kommunikationsverkabelung mit Energie versorgen.Phoenix Contact

Das für die Entwicklung von Ethernet zuständige Gremium IEEE 802.3 entwickelte ein Verfahren, bei dem die Hilfsenergie über die gleichen Leitungen läuft wie auch die Ethernet-Kommunikation. Möglich ist das, indem man jeweils ein Adernpaar für das Plus- und Minus-Potenzial einer Gleichspannung von nominal 48 V nutzt. Mit diesem, auch als PoE bezeichneten Verfahren (Power over Ethernet) nach IEEE 802.3af, lässt sich maximal eine Leistung von 13,5 W übertragen.

Mindestens 50 W weitergeben

Die Nachfolgegeneration PoE+ nach IEEE 802.3at ist in der Lage, eine Leistung von maximal 25,5 W zu übertragen. Inzwischen befindet sich Verfahren unter IEEE 802.3bt in der Entwicklung, welches die Bezeichnung PoE++ trägt und voraussichtlich eine Leistung von minde­stens 50 W übertragen kann. Gemeinsam ist allen Verfahren, dass ihre Versorgungsspannung unter die Selv-Kriterien – die Kriterien für die sichere Kleinspannung – fallen und damit nicht berührgefährlich sind. Außerdem muss die Abwärtskompatibilität der Verfahren gegeben sein.

Bild 2: Vor der Aufschaltung der Spannungsversorgung erfolgt eine Erkennung und Klassifizierung des angeschlossenen Gerätes.

Bild 2: Vor der Aufschaltung der Spannungsversorgung erfolgt eine Erkennung und Klassifizierung des angeschlossenen Gerätes.Phoenix Contact

Da nicht alle Geräte die Einspeisung der Hilfsenergie auf den Datenleitungen elektrisch tolerieren können, ist hier ein Verfahren nötig, bei dem das speisende Gerät erst dann die Gleichspannung auf die Datenleitung aufschaltet, wenn das angeschlossene Endgerät die vorgesehene Einspeisung bestätigt hat (siehe Infokasten „Spannungsversorgung per PoE“). Das hat zur Folge, dass beim Einstecken eines Steckverbinders in die Buchse weder die Versorgungsspannung anliegt noch ein Strom fließt. Lediglich eine Detektions­spannung von 2,8 V kann anliegen, die aber – ebenso wie die Spannung zur Signal­übertragung – so gering ist, dass man die hier fließenden Ströme in diesem Zusammenhang vernachlässigen kann (Bild 2).

Bild 3: Eine separate Trennzone verhindert Kontaktschädigungen innerhalb der Kontaktzone.

Bild 3: Eine separate Trennzone verhindert Kontaktschädigungen innerhalb der Kontaktzone.Phoenix Contact

Beim Ausstecken jedoch ist die Situation eine andere: die Versorgungsspannung liegt an und der Versorgungsstrom fließt. Dieser kann im Fall von PoE+ bei einer Leistung von 25,5 W und einer Spannung von 48 V demzufolge rund 0,3 A pro Ader betragen.

Auf die Kontaktoberfläche kommt es an

Beim Trennen einer Gleichstrom-Übertragung kann ein Lichtbogen entstehen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass aufgrund der Spannungs­differenz zwischen den beiden getrennten Kontaktteilen ein elektrisches Feld entsteht, welches so große Kräfte verursacht, dass sich Elektronen aus dem Kontaktmaterial herauslösen und ein Plasma zwischen den beiden Kontaktteilen entsteht. Aufgrund dieses heißen Plasmas erfolgt zunächst die Herauslösung von Material aus denKontaktoberflächen, anschließend verdampft es.

Bild 4: Eine Prüfschaltung sorgt beim Trennen von RJ45-Steckverbindern für Bedingungen wie bei PoE.

Bild 4: Eine Prüfschaltung sorgt beim Trennen von RJ45-Steckverbindern für Bedingungen wie bei PoE.Phoenix Contact

Das geschieht während des Aussteckvorgangs in Sekundenbruchteilen, sodass bei jedem Steck­vorgang nur geringe Schädigungen an den Kontakten erfolgen. Über mehrere Steckvorgänge hinweg kann jedoch ein signifikanter Abbrand an den Kontakten entstehen (Bild 3).

Besondere Aufmerksamkeit gilt den Kontaktober­flächen. Bei preisgünstigen Produkten besteht die Oberfläche nicht aus einem Edelmetall; durch Umwelteinflüsse kann es daher leicht zu Korrosion kommen. Bei edlen Systemen besteht die Kontaktoberfläche aus einer dünnen Schicht eines Edelmetalls wie Silber oder Gold. Vorteilhaft bei diesen Oberflächen ist die hohe Widerstands­fähigkeit gegenüber korrosiven Umwelteinflüssen.

Robuste Goldoberfläche

Weil insbesondere unter industriellen Umgebungsbedingungen Schadgase auftreten, ist die Verwendung von Steckverbindern mit edlen Kontaktoberflächen sinnvoll.

Auf einen Blick

Hochwertige, zuverlässige und durchdachte Steckverbinder sind ein Bestandteil von Anlagen im industriellen Umfeld, deren Versorgung mit PoE realisiert sind. Inzwischen lassen sich, quasi als Hybridlösung über die Kommunikationsverkabelung auch Ströme bis zu 50 W übertragen.

Unter dem Einfluss von Lichtbögen lässt sich die Oberfläche abtragen, sodass Schadgase an den beschädigten Kontakten Zugang zum ungeschützten Basismaterial bekommen. Hier kann Korrosion leicht einsetzen. Ein korrodierter Kontakt besitzt einen größeren Übergangswiderstand als ein unbeschädigter Kontakt, wodurch in Kombination mit dem übertragenen Strom eine Kontakterwärmung eintritt, die wiederum den Korrosionsprozess beschleunigen kann.

Der Steckverbinder ist also schnell soweit geschädigt, dass er weder zur Übertragung von Signalen noch zur Übertragung der Hilfsenergie geeignet ist. Auch zusätzliche mechanische Beanspruchung etwa durch Vibration und Schock führen insbesondere bei Kontakten, die durch Kontaktabbrand geschädigt sind, zu einer verstärkten Korrosion mit dem oben erläuterten Schadensmechanismus. Die genannten Effekte zu vermeiden, ist daher eine wichtige Anforderung im Hinblick auf die zuverlässige Funktion von Automationsanlagen im Industriebereich, die PoE nutzen.

Bild 5: Über die Ethernet-Kommunikationsverkabelung kann ein speisendes Gerät (PSE) ein anderes Gerät (PD) nach dem PoE-Verfahren mit Energie versorgen.

Bild 5: Über die Ethernet-Kommunikationsverkabelung kann ein speisendes Gerät (PSE) ein anderes Gerät (PD) nach dem PoE-Verfahren mit Energie versorgen.Phoenix Contact

Die Steck­verbinder, die dabei auf der Stift- und Buchsenseite Einsatz finden, besitzen eine über die Normvorgaben hinaus reichende Gestaltung. Erstens versieht man die Kontakte mit einer Goldoberfläche und einer Trägerschicht, diese ist so robust, dass sie auch bei beschädigter Oberfläche ein Weiterkriechen der Korrosion und damit einer Ausbreitung des Schadensvorganges entgegen­wirkt. Zweitens sorgt die geometrische Gestaltung der Kontakte dafür, dass die Kontaktgabe im gesteckten Zustand an einem anderen Ort erfolgt als die Kontakttrennung. So kann ein eventuell entstehender Lichtbogen den Kontakt nicht dort schädigen, wo er zur Stromübertragung dient.

Tests bringen Sicherheit

Um die Eignung dieser konstruktiven Maßnahmen nachzuweisen, gibt es ein Testprogramm, spezifiziert nach IEC 60512-99-001. Hierbei simuliert das PoE-System die Strombelastung und die Trennung unter Last. Die Prüfung der Umweltbelastungen geschieht durch Beaufschlagung mit hochkonzentriertem Schadgas. So lässt sich die korrosionsfördernde Umgebung nachstellen (Bild 4).

Nur Produkte, die bei diesen Tests einen definierten geringen Kontaktwider­stand behalten, sind zum Einsatz in PoE-Anwendungen zu empfehlen. Phoenix Contact kann mit seinen Steckverbinder-Komponenten die Kommunikationsverkabelung in automatisierungs­technischen Anlagen gestalten.

Spannungsversorgung per PoE

Für die Etablierung der Spannungsversorgung per PoE sind das speisende Gerät (PSE) und das gespeiste Gerät (PD) verantwortlich (Bild 5). Da nicht alle Geräte in der Lage sind, eine Gleich­spannung auf der Kommunikationsleitung zu tolerieren, darf der Entwickler die Spannungsversorgung nur aufschalten, wenn das gespeiste Gerät dies auch akzeptieren kann. Im ungesteckten Zustand speist das PSE eine Spannung von 2,8 V ein und wertet den Stromfluss aus. Sobald das Gerät eingesteckt ist, fließt ein Strom über den im PD eingebauten Widerstand. Das PSE erhöht dann die Spannung, um den Strom genauer zu quantifizieren. Auf diese Weise ordnet man das PD einer Leistungsklasse zu. Ein PSE kann so mit mehreren Ports den Leistungsbedarf gemäß seiner Möglichkeiten genauer auf die angeschlossenen Geräte verteilen. Ist diese Phase erfolgreich abgeschlossen, schaltet das PSE die Versorgungsspannung von 44 bis 57 V auf. Hierbei erfolgt auch die Stromüberwachung, um eine Überlastung oder gar einen Kurzschluss zu erkennen und die Spannungs­versorgung bei Bedarf abzuschalten. Beim regulären Trennen des Gerätes geht der Strom auf null zurück und das PSE schaltet automatisch wieder in den Detektionsmodus.

Dipl.-Wirt.-Ing. Bernd Horrmeyer

ist Fachreferent für Standardisierung bei Phoenix Contact in Blomberg.

(rao)

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Phoenix Contact Deutschland GmbH

Flachsmarktstraße 8
32825 Blomberg
Germany