Moderner Standard für mehr Power

13 und 25,5 W sind zu wenig, wenn es um eine adäquate Leistungsübertragung bei PoE geht. Mit dem proprietären Standard LTPoE++ lassen sich nunmehr 90 W übertragen. Darüber hinaus punktet die robuste End-to-End-Stromversorgungslösung mit niedrigen Kosten, hoher Zuverlässigkeit und niedriger Komplexität.

Die Anzahl an PoE-Lösungen wächst und so auch der Bedarf an mehr Energie. Mit LTPoE++ steht ein proprietärer Standard zur Verfügung, der sich diesem steigenden Energiebedarf annimmt, indem er die PoE- und PoE+-Spezifikationen auf 90 W an die so genannten Powered-Devices (PDs) gelieferter Leistung ausweitet. LTPoE++ reduziert im Vergleich zu anderen Standards die Leistung ausweitenden Lösungen, die Engineering-Komplexität des Power-Sourcing-Equipment (PSEs) und der PDs ebenfalls deutlich. Die Eigenschaften dieses Standards erweitern die Anzahl über Ethernet versorgter Applikationen um mehrere Größenordnungen, wodurch neue Klassen von PDs möglich werden, wie Energie-hungrige Picozellen, Basisstationen oder Heizungen für Kameras mit Neige-, Schwenk- und Zoom-Funktionen (Pan-Tilt-Zoom, PTZ).

Im Blickpunkt: Power-over-Ethernet

PoE ist ein Standardprotokoll zum Übertragen von Gleichstrom über ein Kupfer-Ethernet-Kabel. Die IEEE-Arbeitsgruppe, die die Ethernet-Datenstandards 802.3 verwaltet, hat 2003 die PoE-Möglichkeit hinzugefügt. Die ursprüngliche PoE-Spezifikation, bezeichnet als 802.3af, erlaubte es, 48 V DC mit maximal 13 W zu übertragen. Die maximal 13 W begrenzten die Anzahl möglicher Anwendungen erheblich. Im Jahre 2009 veröffentlichte die IEEE den Standard 802.3at oder PoE+, der die Spannungs- und Stromstärken so erweiterte, dass sich damit 25,5 W übertragen ließen.

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Linear Technology

Der IEEE-Standard legt ebenfalls die PoE-Terminologie fest, wie Bild 1 verdeutlicht. Ein Gerät, das Leistung in ein Netzwerk einspeist, wird als PSE oder Power-Sourcing-Equipment bezeichnet. Ein Gerät, das Leistung aus dem Netzwerk entnimmt, wird als PD oder Powered Devivce bezeichnet. Es gibt zwei Arten von PSEs: Endpunkte – üblicherweise Netzwerk-Router oder Switches – die sowohl Leistung als auch Daten übertragen sowie Midspans, die zwar Leistung einspeisen, aber einfach Daten durchleiten. Midspans kommen normalerweise zum Einsatz, um die PoE-Fähigkeit in bestehende nicht PoE-fähige Netzwerke nachzurüsten. Typische PD-Anwendungen sind IP-Telefone, Zugangspunkte in drahtlose Netzwerke, Überwachungskameras, Femtozellen, Picozellen und Basisstationen für die drahtlose Kommunikation.

Die IEEE-PoE+-Spezifikation definiert die Rückwärts-Kompatibilität mit 802.3af-PSEs und -PDs. Die PoE+-Spezifikation spezifiziert auch Typ1-PSEs und -PDs, um PSEs und PDs einzuschließen, die bis zu 13 W Leistung liefern oder verbrauchen. Typ2-PSEs und -PDs können bis zu 25,5 W Leistung einspeisen oder ziehen.

Entwicklung von LTPoE++

Die 25,5 W des IEEE-PoE+-Standards waren noch nicht festgelegt, als bereits ersichtlich wurde, dass es einen höheren und weiter ansteigenden Bedarf nach mehr Leistung als 25,5 W gab. Die LTPoE++-Spezifikation stellt bis zu 90 W an ein LTPoE++-PD zur Verfügung. Diese Spezifikation punktet mit einer zuverlässigen Geräteerkennung und Klassifizierungs-Erweiterungen für bestehende IEEE-PoE-Portokolle. LTPoE++ ist rückwärts kompatibel und arbeitet problemlos mit existierenden Typ1- und Typ2-PDs zusammen. Anders als andere die Leistung ausweitende proprietäre Lösungen verfügt LTPoE++ des Herstellers über die gegenseitige Identifizierung zwischen dem PSE und dem PD. LTPoE++-PSEs können zwischen einem LTPoE++-PD und allen anderen Arten von IEEE-kompatiblen PDs unterscheiden, was es den LTPoE++-PSEs ermöglicht, kompatibel mit bestehendem Equipment zu bleiben und auch problemlos mit diesem zusammenzuarbeiten.

LTPoE++-PSEs und -PDs arbeiten nahtlos mit IEEE-802.3at-Typ1- und Typ2-Geräten zusammen. Typ1-PSEs umfassen generell den 802.3af-Funktionsumfang bis zu 13 W. Typ2-PSEs erweitern den traditionellen PoE auf 25,5 W:

  • Typ1-PSEs versorgen alle Typ1-, Typ2 und LTPoE++-PDs mit bis zu 13 W.
  • Typ2-PSEs versorgen Typ1-PDs mit bis zu 13 W und liefern 25,5 W an Typ2- und LTPoE++-PDs.
  • LTPoE++-PSEs lassen sich mit eingeschränktem Funktionsumfang betreiben, selbst wenn sie an traditionelle Typ1- und Typ2-PSEs angeschlossen werden.
  • LTPoE++-PSEs arbeiten mit Typ1- und Typ2-PDs zusammen. LTPoE++-PDs werden bis zur festgelegten Leistungsgrenze vom LTPoE++-PSE versorgt. Wenn ein LTPoE++-PD identifiziert ist, wird das PD versorgt, bis die Leistungsauslegung des PSEs die vom PD benötigte Leistung erreicht oder übersteigt. Ein LTPoE++-PSE kann zum Beispeil sowohl 35-W- als auch 45-W-PDs versorgen.

IEEE-kompatible PD-Erkennung

Die technische LTPoE++-Erkennung und Klassifizierung ist eine einfache, rückwärts kompatible Erweiterung zu bereits bestehenden Methoden. Andere, die Leistung ausweitende Protokolle, verletzen die hingegen IEEE-Spezifikation, was Bild 2 verdeutlicht. Damit besteht das Risiko, auch nicht kompatible NICs zu versorgen.

Jede Verteilung von hoher Leistung, die die von der IEEE vorgeschriebenen Erkennungs-Widerstands-Spezifikationen (Detection-Resistance-Specifications) verletzt, beinhaltet das Risiko, Nicht-PoE-Geräte zu beschädigen oder zu zerstören.

Die folgenden Regeln definieren eine Erkennungsmethode für die höchsten Sicherheitsstandards und eine sichere Zusammenarbeit.

  • Priorität 1: Keine Geräte einschalten, die man nicht einschalten sollte.
  • Priorität 2: Geräte einschalten, die man einschalten darf.

Linear Technologys PSEs verfügen über robuste Detektionssysteme, die eine Vierpunkt-Erkennung einsetzen. Falsche positive Erkennungen werden durch das Prüfen des Signatur-Widerstands (Signature-Resistance) mit erzwungenen Strom- und Spannungsmessungen minimiert.

Vorzüge von LTPoE++ betrachten

Standard-PoE-PSEs nutzen zwei der vier verfügbaren Ethernet-Kabelpaare, um die Versorgung zu realisieren. Einige die Leistung erweiternde Topologien nutzen zwei PSEs und zwei PDs über ein Kabel, um 2 x 25,5 W Leistung zu übertragen. Diese so genannte Zweifach-Typ2-Topologie ist in Bild 3 dargestellt. Hauptproblem bei dieser Strategie: Sie verdoppelt die Anzahl der Komponenten, was die Kosten von PSE und PD ebenfalls verdoppelt. Darüber hinaus erfordert ein robustes Design zwei DC/DC-Wandler am PD, einen für jeden Komponenten-PD, wobei jeder DC/DC-Wandler eine relativ komplexe Flyback- oder isolierte Vorwärts-Versorgung ist.

Einer der DC/DC-Wandler in einer zweifachen Typ2-Anordnung lässt sich durch das ORing der PD-Ausgangsleistung eliminieren, wie in Bild 4 gezeigt wird. Für diese Methode sind allerdings immer noch zwei PSEs und zwei PDs notwendig – mit allen damit verbundenen Kosten- und Platznachteilen. Der Spannungsabfall an den Leistungs-ORing-Dioden kann als Kompromiss für die Einsparungen, die sich durch den Einsatz eines DC/DC-Wandlers erzielen lassen, angesehen werden. In der Regel bleibt die Leistungsverteilung über ORing-Architekturen solange attraktiv, bis die Überspannungstests beginnen. Wegen der inheränten Reduzierung der Toleranz gegenüber Überspannungen erfüllen diese Lösungen nur selten die Designziele von PDs.

Im Gegensatz dazu erfordern die LTPoE++-Lösungen, wie in Bild 5 zu sehen ist, nur jeweils einen einzigen PSE, PD und DC/DC-Wandler, was in deutlichen Einsparungen bezüglich Kosten, Platz und einer Verkürzung der Entwicklungszeit resultiert.

LLPD-Interoperabilität und Optionen

Bei der Wahl eines PoE-Systems samt Architektur tritt ein Nachteil auf: Die Implementierung des Link-Layer-Discovery-Protocols (LLDP) birgt oft versteckte Kosten. LLDP ist eine von der IEEE vorgeschriebene Leistungsabschätzung auf Softwareebene für PDs. LLDP erfordert Erweiterungen des Standard-Ethernet-Stacks und kann einen signifikanten Aufwand für die Softwareentwicklung bedeuten. Unglücklicherweise befindet sich die Anstrengung der Open-Source-Community, eine Unterstützung für LLDP zu bieten, immer noch im Anfangsstadium.

Während Typ2-PSEs optional LLDP implementieren können, muss ein vollständig IEEE-kompatibles Typ2-PD sowohl die physikalische Klassifizierung als auch die Fähigkeit der LLDP-Leistungsabschätzung enthalten. Dafür muss aber die LLDP-Software an allen Typ2-PDs entwickelt werden. Zusätzlich werden die Entwicklungen durch die Zweifach-Versorgung komplizierter, die mit der LLDP-Anforderung zusammenhängt. Insbesondere der PD-seitige Prozessor muss an 13 W voll funktionsfähig sein. Darüber hinaus muss er über LLDP zusätzliche Leistung abschätzen und liefern können. Diese Anforderung erhöht Kosten und Komplexität der Entwicklung und des gesamten Systems.

LTPoE++ verfügt über verschiedene Implementierungsoptionen für LLDP. LTPoE++-PSEs und -PDs sorgen autonom für die erforderlichen Leistungspegel und Fähigkeiten auf der Hardwareebene, wobei sie voll kompatibel zu LLDP-basierten Lösungen sind. Kurz: LTPoE++ gibt System-entwicklern die Wahl, LLDP zu implementieren oder nicht. Proprietäre End-to-End-Systeme sind auf die LLDP-Unterstützung nicht angewiesen. Vorteile: eine schnellere Markteinführungszeit sowie niedrigere Stücklistenkosten, Leiterplattenplatz und Komplexität.

Die Leistung beschreiben

PoE-Leistungspfade lassen sich in drei Hauptfelder aufteilen: die Leistung, die im PSE generiert wird, die Leistung, die an das PD geliefert wird und die Leistung, die an die Applikation geliefert wird. Die Ansprüche der Fähigkeiten von PSE und PD Leistung zu liefern, müssen sorgfältig untersucht werden, bevor sinnvolle Vergleiche angestellt werden können. Ein Lieferant kann beispielsweise die Leistung beschreiben, wie sie vom PSE geliefert wird, ein anderer die Leistung, die an das PD geliefert wird, während der Entwickler von PDs an die Leistung denkt, die die Applikation benötigt.

Obwohl hier die PSE-Leistungsmessung die am wenigsten aussagekräftigste ist, wird sie jedoch am häufigsten im Marketingmaterial zitiert. Die PSE-Leistung ist allgemein als die Leistung definiert, die am PSE-Ende des Ethernetkabels geliefert wird. Die Fähigkeit Leistung zu liefern, wird manchmal noch ungenauer beschrieben, wenn Lieferanten die Leistung bei der maximalen Spannung spezifizieren, die allerdings nur selten erreicht wird.

PD-Leistung oder die auch gelieferte Leistung ist diejenige, die am PD-Ende des Ethernetkabels anliegt – vor der Diodenbrücke. Die notierte Leistung ist ein nützlicheres Maß als die PSE-Leistung, weil sie die Verluste über 100 Meter von CAT-5e-Kabeln mit in Betracht ziehen muss. PD-Leistungsabschätzungen spiegeln einen angenommenen Wirkungsgrad der DC/DC-Wandler von Anwendungen und Diodenbrücken wider, was für Lieferanten von PSE- und PD-Bausteinen ungewohnt ist.

Den Entwickler eines PDs interessiert hauptsächlich die Leistung, die an die Applikation geliefert wird, wobei alle Systemeffekte in Betracht gezogen werden müssen, einschließlich der magnetischen Komponenten des Ethernets, Spannungsabfälle an den Diodenbrücken und des Wirkungsgrads des DC/DC-Wandlers. Diese Angabe ist am aussagekräftigsten, aber schwer exakt zu spezifizieren.

Von bis zu 72 W am PSE in der Zweifach-Typ2-Konfiguration kommen am PD nur 51 W an. Bei 90 % Wandler-Effizienz bleiben der Applikation gerade mal 46 W und damit weit weniger als mit den 70-W- und 90-W-LTPoE++-Lösungen: Dort sind es 63 und 81 W. Linear Technology stellt eine vollständige LTPoE++-Familie an PSE- und PD-Lösungen zur Verfügung. Zusätzlich ist ­eine vollständige PSE-Serie, die 1- bis 12-Port-Lösungen umfasst, ab sofort lieferbar.

Fazit

LTPoE++ ist eine robuste End-to-End-PoE-Stromversorgungslösung mit einem hohen Kosteneinsparungsfaktor. In Zusammenspiel mit einem guten Applikationssupport, belegbaren Nachweisen und einer guten Reputation für die Zuverlässigkeit, stellt LTPoE++ eine der umfangreichsten Hochleistungslösungen im Markt dar. LTPoE++-Systeme vereinfachen die Stromversorgung, so dass sich Systementwickler auf die Entwicklungsaufgaben für ihre Applikationen konzentrieren können, die mit entsprechendem Kundenmehrwert überzeugen.

Heath Stewart

: Heath Stewart ist Senior Design Engineer bei Linear Technology.

(eck)

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