Die globale Ausrichtung heutiger Unternehmen stellt immer höhere Ansprüche an standardisierte Testkonzepte, um flexibel auf sich wechselnde Anforderungen reagieren zu können. Mit steigender Rechenleistung von kommerziell verfügbaren Datenverarbeitungsarchitekturen verlagert sich die Funktion eines Systems zunehmend in die Software. Danach kann die Hardwarebeschreibung eines Testsystems allgemeiner softwaredefiniert werden, da die Differenzierung sich in der Softwareebene abspielt. Das geschieht nicht mehr nur auf der Ebene der Testmanagementsoftware, sondern in vielen Anwendungen mittels rekonfigurierbarer FPGA-Technik, die einen direkten Zugriff auf der Hardwareebene, also auf Pin-Level, möglich macht. Damit entsteht eine völlig neue Geräteklasse, die als ‘softwaredesignt‘ bezeichnet wird.

Die in der Vergangenheit existierenden Grenzen zwischen hoch spezialisierten Testverfahren verschieben sich dabei mehr und mehr zu synergetischen Universaltestkonzepten und bieten dadurch Chancen für eine Standardisierung. So sind auch neu entwickelte, effiziente Verfahren aus dem Halbleitertest zunehmend auf den Baugruppenfunktionstest anwendbar.

Technologieausblick 2013: Software ist Trumpf

Rahman Jamal, Technical and Marketing Director Europe bei National Instruments (NI), bezog sich in seiner Keynote auf die Studie Automated Test Outlook 2013. Sein besonderes Augenmerk gilt fünf Trends in fünf Kategorien: Geschäftsstrategien, Systemarchitekturen, Datenverarbeitung, Software und I/O. Nach Untersuchungen von NI sollte die Frage nicht lauten: „Wie reduziere ich meine Prüfkosten.“ Vielmehr sollte die Frage gestellt werden: „Was muss im Bereich Test investiert werden, um die Kennzahlen zu verbessern?“ Der Fokus muss auf die Modellierung der Testrentabilität gelegt werden, um Investitionen in Testsysteme überhaupt rechtfertigen zu können. Lange galt testen ausschließlich als kostentreibender Faktor. Doch längst läuft ohne Test gar nichts mehr, wozu softwarezentrierte Systeme ihren Teil beitragen.

Im Mess- und Prüfbereich ist eine Zusammenarbeit über verschiedene Branchen hinweg nichts Neues. Aktive Zusammenschlüsse wie die IVI Foundation, die PXI Systems Alliance und das LXI Consortium bringen Unternehmen der Industrie über Jahrzehnte hinweg zusammen, doch häufig mit großen Unterschieden. Dank aktiver Beteiligung an diesen Interessensgruppen durch hard- und softwarespezifische Hersteller liegt der Fokus auf der Interoperabilität für proprietäre Architekturen sowie der Benutzerfreundlichkeit für offene Architekturen, wodurch unternehmerische Ökosysteme gefördert werden. Kooperationen unter Entwicklern und Integratoren, die Standardsoftwareplattformen erstellen, setzen Commercial-off-the-Shelf-Technologie (COTS) ein, um die Funktionalität komplexer Hardware auf früher nicht mögliche Anwendungen auszuweiten. In dem Maße, in dem Softwareplattformen Ökosysteme hervorbringen, die mit jedem weiteren Kunden, Zulieferer, Anbieter von Zusatzpaketen usw. wachsen, werden sie für die Anwender wertvoller. Softwarezentrierte Ökosysteme werden einen großen Einfluss auf den Wert ausüben, den Ingenieure aus softwarebasierten Testplattformen ableiten.

Hardware: Analog lebt!

Intel geht davon aus, dass die Verarbeitungsleistung auch in den kommenden zehn Jahren gemäß dem Mooreschen Gesetz weiter zunehmen wird. Dieser Trend beflügelt nicht nur wesentliche CMOS- und FPGA-Prozessentwicklungen in der Unterhaltungselektronik, sondern führt auch zu Fortschritten bei HF-Prüfgeräten der nächsten Generation. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein weiterer Einsatz der Technologie durch den schnell wachsenden Markt an Unterhaltungselektronik vorangetrieben wird. Dies kann einen grundlegenden Effekt auf Kosten, Größe und Prüfdurchsatz von HF-Testlösungen der nächsten Generation haben.

Nach David Robertson, Vice President von Analog Devices, führt die digitale Revolution nicht dazu, dass die analoge Signalverarbeitung überflüssig wird. Tatsächlich geschieht gerade genau das Gegenteil. Während die digitale Welt weiterhin explosionsartig wächst, werden auch die analogen und Mixed-Signal-Funktionen in Zahl, Leistung und Vielfalt erweitert. Wie immer wird die Herausforderung ‚mehr‘, das heißt Funktionalität, Bandbreite, Dynamikbereich, mit ‚weniger‘, sprich Energie, Größe, Kosten, die Technologie vorantreiben.

Embedded-PCB-Tester

Michael Konrad stellte den PCB-Embedded-Tester Leon III vor, der mit unterschiedlichen Ansprüchen fertig werden muss, denn die Anforderungen der Märkte in Europa und Asien klaffen weit auseinander. Während in Europa kleine bis mittlere Auflagen bei großer Typenvielfalt und extrem hoher Testabdeckung vorherrschen, werden in Asien riesige Mengen bei wenigen Variantenwechseln hergestellt. Und zugleich muss der Testdurchsatz mit der Produktion Schritt halten. Paralleltests, MDA und FCT sind dabei die Regel.

Der Leon Gen III arbeitet auf PXI-Basis. Die PC-Plattform kombiniert die Leistungsmerkmale des elektrischen Bussystems PCI mit den modularen Compact-PCI-Chassis im Eurocard-Format. Zugleich sind die für die Synchronisation konzipierten Busse und speziellen Softwarefunktionen mit drin. Den offenen Industriestandard betreut heute die PXI-Allianz, der viele namhafte Unternehmen angehören, die den Standard stets weiter entwickeln.

Ausgerüstet ist Leon III mit einer zentralen internen und einer zusätzlichen CPU. Beiden Hauptprozessoren sind unterschiedliche Aufgaben zugeordnet. Die Main-CPU ist für die komplette Funktion verantwortlich. In der zusätzlichen CPU bringen Anwender ihre I/O-Logik und die gewünschten Echtzeitvorgaben unter. Mit dem HVCS steht eine Hochstromquelle zur Verfügung, die zugleich die Z-Diodenmessungen für ICT/MDA-Tests durchführt. Ein digitales Voltmeter mit 24 Bit Auflösung, ein D/A- sowie ein A/D-Wandler mit je vier Kanälen und 50 kSample/s Abtastrate gehören mit zur Ausstattung, ebenso zwei PMU-Module. Eine PMU arbeitet mit einer Abtastrate von 4 MSample/s, die andere bietet 3 MSample/s. Dazu gesellt sich noch ein Digital-I/O-Port mit 20 Linien, SPI und ein I2C-Bus zur Kommunikation zwischen ICs über kurze Entfernungen. Ziel ist die Steuerung weiterer Module.

Mikrokontaktierung: Zuverlässig kleinste Strukturen testen

Eine große Aufgabe ist es, kleinste Pads mit geringem Pitch sicher zu treffen und die Signale mit optimaler Leistungskraft und Diagnostizierbarkeit zu transferieren. Für die Tests kommen wahlweise Testpunkte oder Steckverbinder zum Einsatz. Wenn bei hochkomplexen Produkten diese Technik nicht mehr funktioniert, dann wird es schwierig. Nutzen die Produkte dünne, flexible Substrate, dann wird einer fachgerechten Kontaktierung oft der Garaus gemacht. Problematisch sind Keramiksubstrate, denn da sind keine Löcher für Fangstifte enthalten.

Abhilfe schafft in solchen Fällen die Mikrokontaktierstation KT MCS 500. Das Gerät arbeitet mit optischer Unterstützung und hilft, Strukturen bis auf 10 µm genau zu kontaktieren. Referenzmarken auf den Prüflingen oder Prüflingsnutzen werden erkannt, analysiert, die Offset-Parameter errechnet und per Motion-Control-System in die korrekte Lage zu den Kontaktstiften gebracht. Der gesamte Vorgang läuft mit relativ hoher Geschwindigkeit ab. So sind Einzelprüflinge oder auch Prüflinge im Nutzen einfach zu überprüfen. Um die hohe Genauigkeit beim Kontaktieren zu erzielen, ist auf Kontaktstifte mit dünnstem Durchmesser zurückzugreifen. Einen zusätzlichen kritischen Punkt bildet die Verkabelung der Kontaktstifte mit dem entsprechenden Testsystem. In aller Regel werden anspruchsvolle Platinen getestet. Das heißt, die Signalintegrität spielt eine wesentliche Rolle. Dass dazu auch entsprechend hochwertige Kabel und Übergabeschnittstellen gehören, versteht sich von selbst. Ein Beispiel zeigt, was mit Testsystemen von National Instruments möglich ist: Der Automobilzulieferer Hella reduzierte seine operativen Testkosten um rund 46 Prozent bei gleichzeitig gestiegenem Durchsatz von 57 Prozent. Daraus resultierte eine Anlagerendite von 37 Prozent bei einer Amortisationszeit von nur acht Monaten.

Parallel zur Thematik Baugruppentest wurde über HF- und Halbleitertest referiert. Danach bieten auf PXI basierende SoftwaredefinierteHF-Messgeräte große Vorteile für Messaufgaben im Hochfrequenz- und Wireless-Bereich. Zu den Neuheiten der Partnerfirma National Instruments zählte der industrieweit erste RF-Vektorsignal-Transceiver (VST) im PXI-Formfaktor. Nach National Instruments bildet der VST eine neue Klasse von Messgeräten ab, die einen Vektorsignalgenerator (VSG) und Vektorsignalanalysator (VSA) mit einem FPGA für die Signalverarbeitung, Steuerung und Regelung in Echtzeit vereint.

Erfolgreiche Veranstaltung

Bereits zum 11. Mal fand der ATE-Technologietag statt. Der Andrang ist groß, das Informationsbedürfnis nicht weniger: Während zum einen Komplexität, Packungsdichte und Funktionalität in Elektronikbaugruppen stetig wachsen, nehmen in gleichem Maße Qualitätsanforderungen zu. Auch der Kostendruck stellt mehr als eine Randbedingung dar. Mehr denn je nimmt die Prüftechnik in der Elektronikfertigung eine Schlüsselposition ein und Testingenieure stehen bei der Erstellung von Testkonzepten vor großen Herausforderungen. Auf dem Technologietag wurden verschiedene Konzepte und Lösungsansätze vorgestellt.

Manfred Frank

ist freier Fachjournalist

(mrc)

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