Bild 1: Die Elektronik für On-Board-Laden und DC-DC-Wandlung in einem typischen EV.

Bild 1: Die Elektronik für On-Board-Laden und DC-DC-Wandlung in einem typischen EV. (Bild: UnitedSiC)

Im Laufe des letzten Jahrzehnts war zu beobachten, wie Wide-Bandgap-Halbleitertechnologien entstanden und sich schließlich in bestimmten Anwendungsbereichen durchgesetzt haben, in denen sich ihre Leistungsvorteile als besonders wertvoll erwiesen. So steht beispielsweise und Wert in Bezug auf die Fahrzeugelektrifizierung außer Frage. Siliziumkarbid (SiC) steht nun in den Startlöchern, um die Entwicklungen auf die nächste Stufe zu heben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bereits in einigen Aspekten des Designs von Elektrofahrzeugen (EVs) als ausschlaggebend erwiesen hat.

Marktprognose und Motivation für Elektromobilität

Die Notwendigkeit, Luftverschmutzung zu bekämpfen und unsere Abhängigkeit von den schnell zur Neige gehenden fossilen Brennstoffen zu verringern, hat der Entwicklung des EV-Sektors großen Auftrieb gegeben. Regierungen auf der ganzen Welt haben zur Unterstützung Initiativen und gesetzliche Maßnahmen angekündigt. Ein vor wenigen Wochen veröffentlichter Bericht von IHS Markit zeigt, dass der Absatz von Elektrofahrzeugen stark ansteigen wird. Für das Jahr 2021 wird ein Anstieg der Verkaufszahlen um fast 70 Prozent prognostiziert, was einer Gesamtzahl von ca. 4,25 Millionen Einheiten entspricht.

Die größte Nachfrage wird aus China erwartet, gefolgt von Europa, Nordamerika und dann Japan/Südkorea. Wenn die längerfristigen Prognosen des Branchenanalysten zutreffen, dürfte der jährliche Absatz im Jahr 2025 die Zwölf-Millionen-Grenze überschreiten. Und ein Blick noch weiter in die Zukunft ergibt, dass nach Schätzungen des Beratungsunternehmens Wood Mackenzie bis 2040 mindestens 320 Millionen Elektrofahrzeuge auf unseren Straßen unterwegs sein dürften.

SiC im Automobil auf dem Vormarsch

Größere Schaltleistungen, höhere Spannungen, wenig Platzbedarf, geringes Gewicht, hoher Wirkungsgrad: E-Autos stellen hohe Anforderungen an die Leistungselektronik. Kein Wunder also, dass sich Komponenten auf SiC-Basis immer stärker durchsetzen, wie dieser Beitrag zeigt.

„Der Hauptvorteil der Siliziumkarbid-Technologie ist die hohe Leistungsdichte. Damit erfordert sie einen viel kleineren Bauraum als Lösungen mit konventionellen Silizium-Halbleitern und bietet der neuen Fahrzeuggeneration einen echten Vorteil,“ erklärt Christian André, Chairman von Rohm Semiconductor Europe im Interview. Sein Statement: SiC löst viele Probleme.

Dies klingt alles sehr vielversprechend. Jedoch sind mehrere große Herausforderungen zu bewältigen, wenn Menschen dazu gebracht werden sollen, von Autos mit Verbrennungsmotor auf E-Fahrzeuge umzusteigen. Immerhin haben sie die Verbrenner ihr ganzes bisheriges Leben lang gefahren. Zum einen ist da die Frage, wie komfortabel das Laden ablaufen kann. Es geschehen beträchtliche Investitionen für den massenhaften Ausbau der Ladeinfrastruktur. Das gibt Nutzern von E-Fahrzeugen eine größere Sicherheit, dass sie ihre Fahrzeuge aufladen können, egal wohin sie reisen.

Die Geschwindigkeit, mit der der Ladevorgang abgeschlossen wird, ist ein weiterer wichtiger Punkt. Die Zeit, bis der Akku des E-Fahrzeugs wieder aufgefüllt ist, darf nicht zu Unzufriedenheit bei Benutzern führen. Deshalb unterstützen die meisten neu eingerichteten Ladestationen Schnellladefunktionen. Die Erschwinglichkeit von Fahrzeugen bleibt jedoch weiterhin ein Hindernis, und die Hersteller von Elektrofahrzeugen müssen einen effektiven Weg zur Lösung dieses Problems finden. Es zeichnet sich bereits ab, dass dies in erster Linie durch die Eindämmung der Kosten für die Komponenten und ein besseres Systemdesign mit hochentwickelten Technologien realisierbar wird.

Der SiC-Faktor

SiC wird von EV-Herstellern immer häufiger eingesetzt. Es verfügt über die notwendigen Eigenschaften, um die Ladezyklen schneller abzuschließen und auch die Leistungsumwandlung wesentlich effizienter zu gestalten. Mit der Weiterentwicklung der EV-Designs bedürfen jedoch auch die für sie spezifizierten SiC-Bauelemente Verbesserungen.

Durch eine effizientere Leistungsumwandlung bei Elektrofahrzeugen lässt sich die Reichweite deutlich erhöhen. In Bezug auf On-Board-Ladegeräte (OBCs, On-Board Chargers) wird die Unterstützung höherer Spannungen erforderlich sein. FETs, die für 650 V ausgelegt sind, müssen Bauelementen mit höheren Spannungsparametern weichen, ohne dabei die zusätzlichen Kosten in Kauf nehmen zu müssen, die Bauelemente benötigen, welche für mehr als 900 V ausgelegt sind. Schließlich wird der eingesetzte Antriebswechselrichter durch Verbesserungen am Antriebsstrangsystem weniger Auswirkungen in puncto Kosten haben. Alle drei Elemente sind aus Verbrauchersicht von Interesse – und durch die Implementierung in ihre Fahrzeuge können sich Hersteller einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten verschaffen.

Neue Generation an SiC-Bauelementen

Durch architektonische Verbesserungen an SiC-Bauelementen wird es möglich sein, die Leistungsdichte zu erhöhen und einige der Leistungsverluste zu verringern, die in aktuellen EV-Systemen auftreten. Gleichzeitig dürfte es auch möglich sein, die Material-Kosten (BOM) des Systems zu senken, so dass Elektrofahrzeuge zu attraktiveren Preisen positionierbar sind. Halbleiterhersteller müssen diese Verbesserungen innerhalb eines möglichst kurzen Zeitrahmens umsetzen.

In Anbetracht der Dringlichkeit, mit der praktikable Lösungen für die zuvor dargestellten Probleme gefunden werden müssen, hat UnitedSiC seine SiC-Technologie der vierten Generation (Gen 4) vorgestellt. UJ4C075018K4S ist ein AEC-Q101-konformer SiC-FET-Baustein, der für 750 V ausgelegt ist. Er verfügt über eine Trench-SiC-JFET-Struktur mit hoher Dichte. Der JFET wurde mit einem Niederspannungs-MOSFET, der auf Silizium (Si) basiert, kombiniert und bildet eine sogenannte Kaskode. Das JFET-Element ist sehr kompakt, wodurch ein extrem niedriger Einschaltwiderstand im Verhältnis zur belegten Fläche erreicht wird. Alternativ ließe sich über die Gen-4-SiC-Technologie ein FET mit kleineren Abmessungen einsetzen, wobei der Einschaltwiderstand auf einem akzeptablen Wert gehalten werden könnte, so dass ein Downsizing erreichbar wäre.

Die Bodydiode des UJ4C075018K4S liefert sehr gute Werte, sowohl in Bezug auf den Vorwärtsspannungsabfall (VFSD) als auch auf die Sperrverzögerungsladung (QRR). Der SiC-Die ist dünner, um seine elektrischen und thermischen Eigenschaften zu verbessern. Der Die wird dann auf einem Kupfer-Leiterrahmen befestigt, auf den ein Silber-Sintermaterial aufgebracht wird. Dessen Wärmeleitfähigkeit ist herkömmlichen Loten weit überlegen. All dies führt zu Verbesserungen beim Wärmewiderstand zwischen Sperrschicht und Gehäuse. Seine minimalen Gate-Ansteuerungs-Verluste bedeuten, dass dieser FET in weich schaltenden Anwendungen viel schneller schaltbar ist als herkömmliche Bauelemente, ohne dass die Gefahr einer Überhitzung der vorhandenen Gate-Ansteuerungs-ICs besteht.

Höhere Akkuspannungen möglich

Tabelle 1: UnitedSiC-750-V SiC-FETs im Vergleich zu aktuellen 650-V SiC-MOSFET- und 600-V Superjunction-FET-Optionen.

Tabelle 1: UnitedSiC-750-V SiC-FETs im Vergleich zu aktuellen 650-V SiC-MOSFET- und 600-V Superjunction-FET-Optionen. UnitedSiC

Durch die Unterstützung des 750-V-Betriebs kommen die FETs besser mit höheren Akkuspannungen zurecht als die standardmäßigen 650-V-Bausteine. Das bedeutet, dass die besseren Leistungswerte erreicht werden können, ohne dass auf teurere Komponenten mit höheren Spannungswerten (z. B. 900 V oder 1200 V) zurückzugreifen ist. In Tabelle 1 ist ein Vergleich der wichtigsten Leistungsparameter von diskreten Leistungshalbleitern verschiedener Hersteller zusammengestellt. Es handelt sich dabei um einen Si-basierten Superjunction-FET sowie mehrere 650-V-MOSFETs auf SiC-Basis. Obwohl der UJ4C075018K4S für eine weitaus höhere Spannung ausgelegt ist (100 V bis 150 V höher) als die anderen genannten Bauelemente, ist der Wert seines Einschaltwiderstands pro Flächeneinheit immer niedriger. Die 650V-SiC-MOSFETs haben um den Faktor 2 oder 3 höhere Werte als der UJ4C075018K4S, der Si-basierte FET ist eine ganze Größenordnung schlechter.

G4-SiC in EV-Anwendungen

Wie sieht die Implementierung der FETs in EV-Designs aus? Bild 1 beschreibt ein typisches EV-Stromversorgungssystem. Dieses besteht aus einem On-Board-Ladegerät, das mit der AC-Ladestation verbunden ist, sowie einem DC-DC-Wandler, der den Strom vom 400-V-Zwischenbus abnimmt und an die zahlreichen 12-V-Subsysteme im Fahrzeug liefert. Beim Laden des Elektrofahrzeugs fließt der Strom von der AC-Ladestation über eine Totem-Pole-PFC (Power Factor Correction, Leistungsfaktorkorrektur). In der DC-DC-Wandlungsstufe wird ein Vollbrücken-CLLC-Resonanzkonverter eingesetzt. Die 750-V-FETs sind sowohl für die PFC-Einheit als auch für die Primärseite der LLC/CLLC-Einheit gut geeignet. Für höhere Akkuspannungen Gen-4-SiC-FETs mit 1200 V zum Einsatz kommen.

Durch den Einsatz der G4-SiC-FETs mit ihren geringen Schaltverlusten und niedrigem QRR lässt sich die Front-End-PFC-Stufe mit deutlich höheren Frequenzen betreiben, als es die zunehmend veralteten IGBT-basierten Anordnungen vermögen – bis hin zu 100 kHz. Ebenso ist es möglich, wesentlich höhere Frequenzen auf die DC-DC-Stufe anzuwenden. Die Wirkungsgradverbesserungen bei diesem System haben Vorteile im Hinblick auf das Wärmemanagement. Hierbei ist weniger Entwicklungsaufwand notwendig und das BOM-Budget fällt kleiner aus, da weniger Wärme abzuführen ist.

Der Wechselrichter

Das Wechselrichterelement des Elektrofahrzeugs treibt den Antriebsstrang an und macht einen großen Teil der Gesamtkosten eines E-Fahrzeugs aus. Die meisten Hersteller von EV-Wechselrichtern untersuchen bereits aktiv SiC-basierte Lösungen. Durch den Einsatz von Wechselrichtern mit geringeren Gesamtabmessungen ergeben sich große Vorteile. E-Fahrzeuge werden damit auch aus finanzieller Sicht attraktiv. Das Gewicht des Fahrzeugs wird reduziert und durch die geringeren Verluste steigt auch seine Reichweite.

Obwohl größere Elektrofahrzeuge für den kommerziellen Einsatz SiC-FETs mit höheren Spannungen benötigen, gibt es viele Möglichkeiten für FETs mit 750 V, die in den Antriebsstrang von E-Fahrzeugen für die Privatnutzung integrierbar sind. Es hat sich gezeigt, dass die UnitedSiC-G4-SiC-FETs in diesem Zusammenhang die Best-in-Class IGBT-Module übertreffen, da sie weitaus geringere Verlustleistungen aufweisen und mit erheblich höheren Frequenzen arbeiten können. Weitere Vorteile sind deutlich geringere Gleichrichterverluste beim regenerativen Bremsen sowie eine Kurzschlussfestigkeit, die eher dem entspricht, was von IGBTs zu erwarten wäre. Die Fähigkeit von SiC, hohen Temperaturen standzuhalten, bedeutet auch, dass die Wechselrichter-Hardware direkt in die Motorgehäuse integriert werden könnte – was zu Platz- und Kosteneinsparungen sowie zu einem verbesserten Motorbetrieb führt.

E-Mobility: Reichweite

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(Bild: Adobe Stock 204728350, Hüthig)

Wie lässt sich die Reichweite eines E-Autos erhöhen? Höherer Wirkungsgrad durch die richtigen Halbleiter, geringeres Gewicht durch Leichtbau und intelligente Fahrweise sorgen für mehr Reichweite. Welche Technologien dahinter stecken, erfahren Sie hier.

Anup Bhalla

VP Engineering bei UnitedSiC

(na)

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.

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