In der begleitenden Ausstellung konnten sich die Seminar-Teilnehmer über Produkte und Dienstleistungen informieren.

In der begleitenden Ausstellung konnten sich die Seminar-Teilnehmer über Produkte und Dienstleistungen informieren.alle Bilder Manfred Frank

Was einst real „in der Tiefe“ in einem Bergwerk als Seminar begann, findet seit einigen Jahren nunmehr in einem oberirdischen Hotel in Dresden statt. Der Gedanke aber, Referate anzubieten, die „in die Tiefe gehen“, wurde fortgeführt.

Hot Power Connection

Diese neue Aufbau- und Verbindungstechnik ist das Resultat des geförderten Forschungsprojektes Hot Power Connection (HotPowCon). Jörg Trodler von Heraeus Deutschland stellte das Thema aus der Sicht der Anwendungstechnik vor und in einem zweiten Vortrag dann Dr. Andreas Fix von Robert Bosch Schwieberdingen aus der materialtechnischen Sicht. Auf Grund sehr hoher Temperaturen der Steuerelektronik, speziell in Hybrid- und Elektrofahrzeugen, mussten neue Lösungen für diese Aufgabenstellung in der Elektromobilität gefunden werden. Mit mehreren Partnerunternehmen wurde dafür ein neues Pastensystem entwickelt; Forderungen nach „bleifrei“ und kostengünstig wurden dabei erfüllt. Somit können der Automobilindustrie künftig kombinierte Logik- und Leistungsbaugruppen unter ökonomischen Aspekten angeboten werden.

Eck-DATEN

Seminar mit Tiefgang

12 Fachvorträge von 13 Experten aus Forschung und Wirtschaft mit kompakt aufbereitetem Praxiswissen über die Aufbau- und Verbindungstechnologie – das bot das diesjährige 10. Seminar „Wir gehen in die Tiefe“. Eine begleitende Ausstellung der Sponsoren vervollständigte die Plattform zum Wissensaustausch bezüglich der neuesten Technologien in Entwicklung, Design oder Produktion. Sponsoren und Aussteller waren die Unternehmen Christian Koenen, Asys Prozess- und Reinraumtechnik, Heraeus, Vliesstoff Kasper, Rehm Thermal Systems, ASM Siplace und Zevac. Sechs weitere Unternehmen beteiligten als reine Austeller. Das nächste Seminar 2016 soll wiederum im Juni in Dresden stattfinden.

Vlies oder nicht Vlies?

Vlies oder nicht Vlies – das war hier die Frage. Nach der Erfahrung von Michael Kasper von Vliesstoff Kasper spielt das richtige Vlies beim Siebdruck eine relevante Rolle; dies bestätigte auch der zweite Referent dazu, Harald Krumm von Christian Koenen. Denn Vlies ist nicht gleich Vlies, vor allem wenn es um die Reinigung der Unterseite geht. Diesem Aspekt werde vielfach zu wenig Beachtung geschenkt. Zur Bewertung der Unterseitenreinigung zeigten kurze Videos die Auswirkungen auf den Schablonenunterseiten. Demzufolge sind die Folgen erheblich, je nachdem ob die Unterseite einwandfrei oder schlecht gereinigt ist. Wird die Bauform 03015 zugrunde gelegt, spielen Verunreinigungen in der Größe eines menschlichen Haares bereits eine entscheidende Rolle. Deshalb lautete die Botschaft: Zwischen den Druckgängen so oft wie möglich und so oft wie nötig reinigen, um ein effizientes und optimales Druckergebnis zu erzielen.

Inspektion – wo sind Checks sinnvoll?

Michael Mugge vom Prüfsystemhersteller Viscom sprach zum Thema „Effektiv genutzte Inspektionssysteme finden keine Fehler mehr!?“. Mit Blick auf den SMT-Prozess heißt das Lotpastendruck, Bauteil-Platzierung einschließlich Werkzeug-Check, Lötprozess- und finaler Check. Je kürzer die Verarbeitungszeit, desto niedriger die Kosten – vorausgesetzt die Fehler im Produktionsprozess liegen bei nahe Null. Denn sonst sind die Reparaturen der Kostentreiber. Wo aber sind Checks sinnvoll? Schritt eins: Closed-Loop-Koppelung zwischen Pastendrucker und Bestückautomat. Schritt zwei: automatische Bestück-Kontrolle. Schritt drei: automatische optische Lötstellen-Inspektion – Stand alone oder inline. Zu guter Letzt bietet der Viscom Quality Uplink volle Prozesskontrolle, komplette Prozessanalyse, lückenlose Dokumentation und Qualitätssteigerung.

Dampfphasenlöten mit und ohne Vakuum

Dampfphasenlöten mit und ohne Vakuum, welche Technik hat derzeit die Nase vorn? Andreas Kraus von Kraus Hardware ging dem Löten per Kondensation, Dampf und Vapor mit und ohne Vakuum auf den Grund. Drei Namen, ein Verfahren. Per se hat das Dampfphasenlöten die Vorteile auf seiner Seite. Dank der hohen Dichte des Dampfmediums schlägt sich die Kondensationswärme gleichmäßig auf der gesamten Baugruppe nieder. Was geschieht bei Vakuum? Im flüssigen Lot vergrößern sich die Poren mit steigendem Unterdruck. Der Druck in den Poren entweicht über den Rand. Steigt der Unterdruck, werden die Poren kleiner und schließen sich. Bei Normaldruck werden die Poren komprimiert, das Lot erstarrt und behält den kleinen Porenanteil. Fazit: Das Vakuum-Verfahren bewirkt eine bessere Benetzung, geringeren Porenanteil, zuverlässigere und stabilere Lötstellen, bessere Entwärmung und höhere Lebensdauer der Bauteile.

Selektives Heißgaslöten – was geht?

Die Referenten des Seminars, darunter der Moderator und Referent Prof. Mathias Nowottnick (5.v.l.); nicht dabei sind Jörg Trodler und Christian Daschner.

Die Referenten des Seminars, darunter der Moderator und Referent Prof. Mathias Nowottnick (5.v.l.); nicht dabei sind Jörg Trodler und Christian Daschner.

Rework lautet das Gebot der Stunde. Jörg Brand von Kraus Hardware zeigte auf, was mit selektivem Heißgaslöten alles möglich wird. Sein Fazit: Das Zevac-Gerät Onyx 29 macht´s möglich. Kundenobjekte werden röntgentechnisch auf Herz und Nieren untersucht. Danach wird inspiziert mit welchen Hilfsmitteln in das Chaos eingegriffen werden kann. Jeder einzelne Prozessschritt wird unter dem Aspekt Traceability minutiös dokumentiert und jährlich zum Ziel korrekter Ergebnisse eine Maschinenfähigkeitsanalyse gestartet. Beispiele: Fädeldrähte unter BGA oder an Leiterplatten-Pads stellen eine schnelle und kostengünstige Alternative im Stadium der Entwicklung zu einem aufwendigen Re-Design dar. Quad Flat No Leads Package (QFN), Ball Grid Array (BGA) austauschen, LED‘s auf Leiterplattenkante bestücken …, mit 2D- und 3D-Röntgenanalysen den Erfolg untersuchen und Prozesse optimieren. Die für Rework-Arbeiten notwendigen Komponenten werden Inhouse hergestellt.

Vollautomatische LED-Rollen-Produktion

Christian Daschner, Geschäftsführer von db-matik, referierte über „Vollautomatischer LED-Produktionsprozess von Rolle zu Rolle“. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Entwicklung, Forschung und Bau von Sondermaschinen und Automatisierungstechnik. Grundsätzlich neu ist diese Produktionsweise nicht – RFID, Smart Cards und Folienelektronik werden so produziert. Doch eine LED-Linie war eine neue Herausforderung. Und die wurde mit einer vollautomatischen modular aufgebauten Linie bewältigt. Dazu trug auch die hohe Effizienz und Produktivität der ASM-Bestück-Technik bei. Alle Module sind auf die Kundenanforderungen hin zugeschnitten. Eingesetzt wird dieses Verfahren in der Beleuchtungstechnik zur Produktion von Streifen in 35 mm bis 300 mm Bandbreite. Aber auch für die RFID-Technik ist es geeignet. Daschner sieht auch in Chip Foil Packages Chancen des Bestückens, zumal damit das Drahtbonden hinfällig würde.

Reinraum oder Sauberraum?

Zum Thema „IPC/ EDEC – Handhabung feuchtesensibler Bauelemente in der Produktion und SMD Reinraum oder Sauberraum? Wo liegen die Unterschiede?“ sprach Fabian Authenrieth von Asys Prozess- und ReinraumtechnikH. Das Institute for Printed Circuits (IPC) gibt die Richtlinien für das Design und die Fertigung von Leiterplatten auf Basis gemeinschaftlicher Erfahrungswerte der Industrie vor. Die JEDEC Solid State Technology Association gibt als US-amerikanische Organisation den Standard von Halbleitern vor. Im Kern geht es um fachgerechte Lagerung und um eine ebensolche Verarbeitung. Reinraum oder Sauberraumtechnik, wann ist was zu tun? Es sind kontrollierte Bereiche zu schaffen, die in Bezug auf Feuchtigkeit, Schmutzpartikel, Temperatur und ESD (Electrostatic Discharge) detailliert Auskunft geben. Das hängt von der Partikelgröße ab. Im Reinraum werden luftgetragen Partikel in der Größe von kleiner als 5 µm ertragen, im Sauberraum zwischen 5 µm bis 600 µm am Produkt. Der Trend geht hin zu den Reinraum-Anforderungen, wegen der immer kleiner werdenden Bauteile und damit steigenden Anforderungen an die Partikelfreiheit.

Elektronikausfälle: Rückruf – Nein Danke!

Rund 150 Teilnehmer verfolgten die Referate des Technologieseminars über aktuelle Trends in der Aufbau- und Verbindungstechnik.

Rund 150 Teilnehmer verfolgten die Referate des Technologieseminars über aktuelle Trends in der Aufbau- und Verbindungstechnik.

Jens-H. Klingel von KC Produkte referierte über „Elektronikausfälle sind vermeidbar – dem Rückruf vorbeugen“. Er startete seinen Vortrag mit einem Horrorszenario: Rund 60 Prozent aller Pannen waren 2004 bei 3 bis 5 Jahre alten Kfzs durch Fehlfunktionen in der Elektrik beziehungsweise Elektronik verursacht. Rollback von 105.000 Geräten, kanadische Smart Meter fangen Feuer. Brandgefahr bei Yaris & Co., Toyota ruft Millionen Autos zurück. Was sagt uns das? Irgendwo ist der Wurm drin. Allein die Fahrzeugelektronik bietet Tausende von Angriffsflächen für den Ausfall oder gar Totalausfall. Übeltäter können Feuchtigkeit, Temperatur, Vibration, Flussmittel, Schmutz, Gase, Säuren … sein. Sichtbar wird das durch elektrochemische Migration, Korrosion, Spannungsüberschlag, Absenkung des Widerstands, Lötstellenbelastung. Was kann man dagegen tun? Nach intensiver Reinigung Bauteile lackieren, Bauteile vergießen oder per Sonderbehandlung fit machen. Dazu gibt der Arbeitskreis Korrosionsschutz in der Elektronik und Mikrosystemtechnik der Gesellschaft für Korrosionsschutz (GfKORR) mit Leitfäden Hilfestellung.

Keramik-SMD‘s auf FR4-Leiterplatten

Helge Schimanski vom Fraunhofer ISIT stellte das Thema „Zuverlässigkeit von Lötstellen keramischer SMD-Komponenten auf FR4-Leiterplatten“ vor. Er berichtete aus einem Projekt der AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ über den Einfluss des Lotpastendrucks auf die Zuverlässigkeit der Lötstellen kritischer keramischer SMD-Komponenten auf FR4-Leiterplatten. Die Probleme beginnen bereits bei der Ausdehnungsfehlanpassung. Keramik dehnt sich mit etwa 6 ppm/K aus, FR4 aber mit 12 bis 16 ppm/K. Das führt zu Spannungen – und bei großen keramischen Komponenten zum frühzeitigen Ermüdungsausfall der Lötstelle. Final wurden vier Projektergebnisse vorgestellt, die insbesondere KMU in ihrer Fertigung einen sicheren Lotpastendruck gewährleisten. Parallel wird die Wertschöpfung erhöht und Kosten aufgrund geringerer Reparaturen eingespart.

Übeltäter Feuchtigkeit und seine Folgen

Dr. Hans Walter, Fraunhofer Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM), sprach zum Thema „Einfluss von Feuchte und Korrosion auf die Zuverlässigkeit elektronischer Baugruppen“. Was passiert in feuchter Umgebung? Korrosion, Missstimmung von Sensorsignalen, Delamination, Stress im gesamten Package, Stress im Bauteil … sind die Folgen. Feuchte verändert das Eigenschaftsprofil der Werkstoffe, beschleunigt das Korrosionsverhalten, beeinträchtigt das gesamte System oder Bauteil. Hilfreich sind Sorptionsanalysen und Quellungsanalysen, mit der die Wasseraufnahme exakt bestimmt werden kann. Außerdem ist die Finite-Elemente-Methode (FEM) ein hilfreiches Werkzeug für die Bewertung von Bauelementen. Und wie geht´s weiter? Barriere-Erhöhung durch gefüllte Epoxidharze. In Verbindung mit Zeolithen lässt sich die umgebende Feuchtigkeitskonzentration reduzieren; interessant ist das vor allen Dingen für Multilayer.

Alternative Kühlkonzepte durch Beschichtungen

„Alternative Kühlkonzepte durch funktionale Beschichtung auf PCM-Basis“ hatte sich Prof. Mathias Nowottnick – der auch das Seminar moderierte – von der Universität Rostock vorgenommen. Wo Elektronik auftaucht, da wird Wärme produziert. Je mehr Strom, desto höher die Wärme – und die muss weg. Eine Lösung stellte Nowottnick mittels PCM-Beschichtung (Phase Change Materials, Phasenwechselmaterialien als latente Wärmespeicher) vor. Damit wird ein thermisches Managementsystem für leistungselektronische Baugruppen mit hoher Betriebstemperatur realisiert. Die besten thermischen Eigenschaften bewies Erythrit, die Anwendung ist im Dam & Fill sowie Verguss zu finden. Zusätzliche Verbesserungen konnten durch thermisch leitfähige Additive/Phase Change Composite (PCC) erzielt werden; die beste Kombination war Erythrit und Bornitrid. Für die Zukunft sind weitere Optimierungen der PCC-Mischungen, Langzeitstabilitätstests der PCM-/PCC-Beschichtungen und Untersuchungen auf die Auswirkungen mit Blick auf Lebensdauer und Zuverlässigkeit der Baugruppe vorgesehen.

Manfred Frank

freier Fachjournalist

(dw)

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