Bild 1: Winkelsensoren kommen in Heavy-Duty-Anwendungen zum Einsatz und erlauben große Arbeitsabstände zum Maßstab.

Bild 1: Winkelsensoren kommen in Heavy-Duty-Anwendungen zum Einsatz und erlauben große Arbeitsabstände zum Maßstab. (Bild: Mainova)

Druck, Temperatur, Beschleunigung und andere Messgrößen wie Weg, Winkel, Strom oder Magnetfelder sind nur einige der Daten, die Sensoren erfassen können. Regelkreise und Steuerungen in Maschinen, Fahrzeugen, Fabriken oder anderen technischen Einrichtungen benötigen die Sensordaten, um für eine Überwachung technischer Prozesse in Echtzeit zu sorgen. Sie bilden die Grundlage für eine umfassende, intelligente Steuerung industrieller Wertschöpfungsketten. Dabei wirken die unterschiedlichsten Umwelteinflüsse auf die Sensoren ein, denen sie lange Zeit ohne Störungen widerstehen müssen.

Bild 1: Winkelsensoren kommen in Heavy-Duty-Anwendungen zum Einsatz und erlauben große Arbeitsabstände zum Maßstab.

Bild 1: Winkelsensoren kommen in Heavy-Duty-Anwendungen zum Einsatz und erlauben große Arbeitsabstände zum Maßstab. Mainova

Während in vielen technischen Bereichen, zum Beispiel in Smartphones und Wearables, hochintegrierte Sensorsysteme bereits Stand der Technik und aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken sind, sieht die Situation im industriellen Umfeld noch deutlich anders aus. Häufig erweist sich der Einsatz von Sensorsystemen als schwierig bis unmöglich, da die extreme Umgebung industrieller Prozesse, gekennzeichnet durch hohe Betriebstemperaturen, mechanische Belastungen in Form von Druck oder Vibration oder durch ein feuchtes beziehungsweise chemisch aggressives Umfeld, einen zuverlässigen Betrieb empfindlicher Elektronikkomponenten nicht erlaubt.

Dabei besteht gerade in diesem Bereich ein enormer Bedarf an Sensorsystemen, um Anlagen und Prozesse besser überwachen und gezielt regeln zu können. Nur so lassen sich die ehrgeizigen Ziele der Industrie 4.0, wie die Individualisierung von Produkten unter den Bedingungen der (Großserien-) Produktion, eine verbesserte Zustandsüberwachung sowie die Optimierung und Echtzeitsteuerung ganzer Wertschöpfungsnetzwerke umfänglich erreichen.

Magnetoresistive Sensortechnologie

Eck-Daten

Sensoren erfassen eine Vielzahl an verschiedenen Daten und sind aus einer hochtechnisierten Welt nicht mehr wegzudenken. Kommen sie jedoch in Heavy-Duty-Anwendungen zum Einsatz, müssen sie zusätzliche Eigenschaften bezüglich Robustheit und Funktionsfähigkeit besitzen. Besonders magnetoresistive Sensoren (MR-Sensoren) haben sich bei Winkel- und Wegmessaufgaben unter sehr rauen Umgebungsbedingungen in irdischen Anwendungen als auch bei Raumfahrtprojekten der NASA etabliert können. Sie erlauben außerdem größere Arbeitsabstände zwischen Sensor und Maßverkörperung und verursachen weniger Positionsfehler.

Magnetische Messsysteme, basierend auf dem magnetoresistiven Effekt (MR-Effekt) haben sich bereits vielfältig etabliert für Winkel- und Wegmessaufgaben unter schwierigen Umgebungsbedingungen in irdischen Anwendungen als auch bei Raumfahrtprojekten der NASA. Neue Anwendungen zum Beispiel in der Stahl- und Chemieindustrie, in Offshore-Windkraftanlagen, in Aufzügen oder im Bereich Industrie-Handling stellen neue Anforderungen an die Robustheit der Messsysteme. Herstellern von Drehgebern, Wegmesssystemen und Motor-Feedbacksystemen in derartigen Heavy-Duty-Anwendungen kommt es sehr entgegen, wenn der Luftspalt, das heißt der Arbeitsabstand zwischen magnetischem Maßstab und Sensor, sich vergrößern lässt (Bild 1).

MR-Sensoren sind feste Bestandteile von Automobilen, Handys, medizinischen Geräten, Windrädern, Werkzeugmaschinen oder Industrierobotern: sei es für die Messung von Weg, Winkel, elektrischem Strom oder als elektronischer Kompass. Ursprünglich für Festplattenspeicher entwickelt, öffnet der MR-Effekt viele Möglichkeiten für die Sensorik.

Bild 2: Darstellung der Signalamplitude über den Arbeitsabstand.

Bild 2: Darstellung der Signalamplitude über den Arbeitsabstand. Sensitec

MR-Sensoren sind robust, präzise und sehr klein. Dieser Kombination von Eigenschaften verdanken sie ständig zunehmenden Anwendungsbereichen. Aufgrund ihres niedrigen Stromverbrauchs sind sie gut geeignet für kabellose, autonome Sensoranwendungen. Sie bieten Konstrukteuren aus den unterschiedlichsten Bereichen neue Möglichkeiten bei ihren Messaufgaben.

Der MR-Effekt ist bereits seit mehr als 150 Jahren bekannt. Der britische Physiker William Thomson, später genannt Lord Kelvin, machte die Entdeckung, dass der elektrische Widerstand eines Leiters sich unter dem Einfluss eines magnetischen Feldes ändert. Allerdings war es erst vor zcirka 30 Jahren mit der Dünnschichttechnik aus der Halbleiterindustrie möglich, die sensorische Nutzung des MR-Effekts voranzutreiben.

Schreib-Leseköpfe: Wirkung von Effekten

Die intelligente Anordnung der Dünnschicht-Strukturen innerhalb eines Sensors ermöglichte die Entwicklung vieler unterschiedlicher Sensortypen zum Messen des Winkels, der Stärke oder des Gradienten eines Magnetfeldes. Der von Thomson entdeckte Effekt ist als anisotroper magnetoresistiver Effekt (AMR) bekannt und resultierte in einer Änderung des Widerstands von nur wenigen Prozent. Hersteller nutzten den Effekt millionenfach in der Produktion von Schreib-Leseköpfen in Festplatten. Ende der 1980er Jahre entdeckten Prof. Grünberg vom Forschungszentrum Jülich sowie Prof. Fert an der Universität Paris unabhängig voneinander den Giant Magnetoresistive Effect (GMR). Hier liegt die Änderung des Widerstands bei mehr als 50 Prozent, wodurch sich die Einsatzmöglichkeiten für MR-Sensoren vervielfältigten. Beide Entdecker erhielten 2007 den Nobelpreis für Physik.

Bild 3: Darstellung von Positionsfehlern übder den Arbeitsabstand.

Bild 3: Darstellung von Positionsfehlern über den Arbeitsabstand. Sensitec

Inzwischen basieren die Schreib-Leseköpfe von Festplatten nahezu vollständig auf dem Tunnel Magnetoresistive Effect (TMR), der unter Laborbedingungen eine Änderung des Widerstands von mehreren hundert Prozent erreicht. Diese Technologie bietet weitere Eigenschaften, die nicht nur in der Speichertechnik, sondern auch für Sensoren interessant sind. TMR-basierte Sensoren haben beispielsweise eine extrem hohe Empfindlichkeit, eine hohe Temperaturstabilität und einen sehr niedrigen Stromverbrauch.

MR-Sensorchips können je nach Design als Winkel-, Magnetfeld-, Positions- oder Stromsensor ausgelegt sein. Die meisten nutzen eine Wheatstonebrücke, das heißt MR-Streifen zum Formen der Widerstände. Stromsensoren, basierend auf dem MR-Effekt nutzen ein vom Leiter generiertes Magnetfeld. Magnetfeldsensoren messen die Stärke und/oder Richtung des Magnetfelds, zum Beispiel das Erdmagnetfeld für Kompassanwendungen. MR-Sensoren nutzen bei Winkel- und Positionsmessungen einen Magneten oder einen magnetischen Maßstab, um ein variierendes Magnetfeld zu erzeugen. Eine Standardkonfiguration sieht so aus, dass der Permanentmagnet am Ende einer Motorwelle sitzt, um deren Winkelposition zu messen.

Magnetische Maßstäbe können entweder aktiv (magnetische Nord- und Südpole auf einem magnetischen Werkstoff geschrieben) oder passiv sein (Zahnrad oder Zahnstange; Sensor detektiert die Veränderung des von den Zähnen verursachten Magnetfelds). MR-Sensoren kommen im Automobilsektor (zum Beispiel Lenkwinkel, Raddrehzahlsensor, elektrische Motorkommutation) sowie im Konsumbereich (zum Beispiel Smartphones, Spielekonsolen) und dem Industriebereich (zum Beispiel industrielle Automation, Antriebstechnik, erneuerbare Energien, Luft- und Raumfahrt oder biomedizinischen Geräten) zum Einsatz.

Einsatz in rauen Umgebungen

MR-Sensoren funktionieren problemlos unter hohen (bis circa 200 °C) und niedrigen (kein Limit) Temperaturen. Nur bei Temperaturen weit über 200 °C kann es zu einer Beeinträchtigung der Eigenschaften der MR-Schichten kommen. Aufgrund der geringen Abmessungen und des niedrigen Gewichts hat mechanischer Schock keinen wesentlichen Einfluss. Erst besonders hohe Strahlungen können den MR-Effekt stören, die Sensoren gelten daher als strahlungsfest in den meisten praktischen Anwendungen.

Bild 4: Das Design des AA746 ist ausgelegt für Winkelmessungen am Wellenumfang beziehungsweise Linearmessung.

Bild 4: Das Design des AA746 ist ausgelegt für Winkelmessungen am Wellenumfang beziehungsweise Linearmessung. Sensitec

Neue Anwendungen, zum Beispiel in der Stahl- und Chemieindustrie, in Offshore-Windkraftanlagen, in Aufzügen, in Rolltreppen oder im Bereich Industrie-Handling stellen jedoch weitere Anforderungen an die Robustheit der Messsysteme. Bei diesen Anwendungen geht es nicht nur um Widerstandsfähigkeit gegenüber teilweise rauen Umgebungsbedingungen, sondern auch um zuverlässigen Betrieb bei zwangsbedingt gröberen mechanischen Toleranzen oder langen Toleranzketten. Den Herstellern von Drehgebern, Wegmesssystemen und Motorfeedbacksystemen in solchen Heavy-Duty-Anwendungen kommt es sehr entgegen, wenn der Luftspalt zwischen magnetischem Maßstab und Sensor sich deutlich vergrößern lässt, ohne Kompromisse bei der präzisen Messung von Weg oder Winkel zu machen.

Bild 5: Neben Winkelmessung am Wellenumfang kann der AA746 auch Messungen am Wellenende durchführen.

Bild 5: Neben Winkelmessung am Wellenumfang kann der AA746 auch Messungen am Wellenende durchführen. Sensitec

Der AA746-Winkelsensor, basierend auf dem AMR-Effekt, ermöglicht eiine Verdoppelung des Luftspalts gegenüber bisherigen AMR-Winkelsensoren, bei teilweise höherer Genauigkeit. Im Vergleich zu vorherigen Winkelsensoren in dieser Produktfamilie verfügt der Sensor über eine höhere Empfindlichkeit und somit eine geringe Sättigungsfeldstärke. Der Nutzen für den Anwender, den Sensor ideal bei rauen Umgebungsbedingungen zu verwenden, leitet sich aus der höheren Empfindlichkeit erst auf den zweiten Blick ab. Die höhere Empfindlichkeit bedeutet, dass der Sensor im Design und Schichtaufbau so ausgelegt ist, dass bereits Nutzfeldstärken des Magnetmaßstabes ab etwa 3 mT ausreichen, um den Sensor in den sogenannten Sättigungsbetrieb zu bringen. In diesem Sättigungsbetrieb erreicht der Sensor seine optimale Performance, wodurch dann hohe Auflösungen und Messgenauigkeiten realisierbar sind.

Sensor für Heavy-Duty-Geber

Für die Auslegung und das Design eines Gebersystems bedeutet dies, dass der Sensor sich weiter entfernt vom Nutzmagneten beziehungsweise zu messendem Maßstab platzieren lassen kann, weil die Feldstärke bei diesem größeren Abstand dennoch ausreichend ist, um den Sensor optimal zu betreiben. Damit ist dieser Sensor ideal für Heavy-Duty-Geber, bei denen dickere Wandstärken oder größere Abstände zwischen Sensor und Maßverkörperung konstruktionsbedingt notwendig sind.

Um die verbesserten Eigenschaften zu belegen, wurden Messungen mit LGA-gehausten Sensoren an einem kunststoff-gebundenen Magnetband mit Rückschluss und 10-mm-Polen durchgeführt. Verglichen wurde der AA746-Winkelsensor und ein AA745-Winkelsensor aus der vorherigen Generation. Bild 2 zeigt, dass der AA745 Sensor bereits bei einem Abstand von zirka 6 mm den Sättigungsbereich verlässt und die Signalamplitude stark abfällt. Der AA746-Sensor zeigt hier eine nahezu stabile Signalamplitude bis über 10 mm Abstand hinaus.

Bild 6: AA746 als Bare Die (links) und in SMD-bestückbaren LGA-Gehäuse (rechts).

Bild 6: AA746 als Bare Die (links) und in SMD-bestückbaren LGA-Gehäuse (rechts). Sensitec

Bild 3 verdeutlicht die Auswirkung dieses Vorteils in Form des Fehlerverlaufs über den Arbeitsabstand. Hier korreliert eine abfallende Amplitude mit einem steigenden Winkelfehler, da der Sensor den optimalen Arbeitsbereich verlässt und die Signalqualität deutlich abnimmt. Dies wiederum führt zu einem größeren Positionsfehler. Es ist klar erkenntlich, dass der Arbeitsabstand bei gleichem zulässigem Fehler beim AA746-Sensor beinahe doppelt so groß ist als beim AA745-Sensor. Das Design des AA746 ist ausgelegt für Wellenende sowie Wellenumfang beziehungsweise Linearmessung (Bilder 4 und 5) und er ist als Bare Die oder im SMD-bestückbaren kompakten LGA6-Gehäuse verfügbar (Bild 6).

Dr. Rolf Slatter

(Bild: Sensitec)
Geschäftsführender Gesellschafter bei Sensitec

(aok)

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