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Bild 2: Dieses Design vermeidet einen spitzen Winkel bei besserer Leistung. (Bild: Silicon Microstructures)

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Bild 1: Diese Querschnittszeichnung zeigt die Glas-/Silizium-/Glas-Struktur, die heute bei den meisten Rückseiten-Sensoren im Automobilbereich eingesetzt wird. Die mit „A“ gekennzeichnete Ecke ist eine potenzielle Quelle für Delamination. Silicon Microstructures

Drucksensoren sind ein Puzzleteil der neuen Fahrzeug-Architektur: Sie übernehmen die Überwachung des Drucks in den Reifen, das Konstanthalten der Ölpegel und die Kontrolle der Flüssigkeitsstände. Auch in zeit- und sicherheitskritischen Applikationen sind Drucksensoren unverzichtbar. Beispiele hierfür sind Seitenairbags oder Fußgängerschutzsysteme in der Frontstoßstange. Aus diesen Gründen bezieht der Automobilbereich gegenwärtig 58 Prozent der weltweiten Produktion an Drucksensoren und die Branche verzeichnet seit Jahren ein Wachstum.

Attraktiver Markt mit hohen Hürden

Da der Markt so attraktiv ist, könnte man annehmen, dass alle Hersteller von Drucksensoren als Zulieferer für die Autoindustrie tätig sind. Die Eintrittsbarriere für zukünftige Automobil-Zulieferer ist jedoch hoch. Die Zulieferer müssen darauf vorbereitet sein, eine TS 16949- sowie ISO 9001-Zertifizierung zu erlangen oder aufrechtzuerhalten. Zudem verlangen zahlreiche Hersteller auch die Erfüllung der Umweltnorm ISO 14000. Zusätzlich müssen Zulieferer für die Autoindustrie auf Überprüfungen ihrer Produkte durch Endanwender vorbereitet sein. Aus diesen Gründen bleibt die Anzahl von Optionen für den Designer von Automobilsystemen also begrenzt.

Anforderungen der Branche

Die wichtigsten Punkte in der Branche sind: Zuverlässigkeit, Lebensdauer und Kosten. Der Sensor sollte 100 Prozent der Zeit funktionieren. Er sollte für 10 bis 15 Jahre oder 200.000 bis 300.000 Kilometer zuverlässig arbeiten. Und schließlich muss der Sensor angesichts des hohen Kostenbewusstseins der Automobilbranche günstig sein.

ECK-DATEN

Die Herausforderungen für den Automobil-System-Designer werden von Generation zu Generation größer. Obwohl die aktuelle Generation von Drucksensoren im Einsatz unter schwierigen Bedingungen eine gute Leistung zeigt, fordert die Branche nun statt einer evolutionären gar eine revolutionäre Verbesserung bei der Leistung der Sensoren. Durch ein komplett überarbeitetes Design von Drucksensoren ist dies möglich.

Diese Anforderungen sind umso schwieriger zu erfüllen, da Automobil-Drucksensoren in extrem anspruchsvoller Umgebung funktionieren müssen. Da die Verbrennungsmotoren kleiner und heißer werden, erweitert sich der Bereich der Betriebstemperatur der Sensoren: Im Jahr 2014 wurde die Betriebstemperatur Grade 4 von 0 °C bis +70 °C vom Automotive Electronics Council gestrichen. Gegenwärtig ist Grade 0 bei Betriebstemperaturen von -40 °C bis +150 °C festgelegt. Doch Autohersteller sprechen bereits über Anwendungen, bei denen +165 °C und mehr erforderlich sind. Insgesamt erwartet der Markt bei härten Umgebungsbedingungen eine verbesserte Leistung bei gleichbleibenden oder niedrigeren Kosten für die Kunden. Um all diese Anforderungen gleichzeitig zu erfüllen, muss im Sensor-Design eine wesentliche Weiterentwicklung stattfinden. Ein gutes Design schützt die Sensoren und liefert Zuverlässigkeit sowie eine lange Betriebsdauer.

Entwicklung der Sensoren

Betrachten wir die Leistungsbeschränkungen der Sensoren, die gegenwärtig für Absolutdruckmessungen in der Automobilbranche eingesetzt werden. Bild 1 zeigt einen typischen Sensor-Chip, in diesem Fall einen Sensor SM9231 von Silicon Microstructures, Inc. Diese Sensor-Chips werden aus Wafer gefertigt und bestehen aus Silizium mit an der Ober- und an der Unterseite anodisch gebondeten Glaswafern.

Das obere Glas beinhaltet den Hohlraum für die absolute Referenz über der Membran zur Druckerfassung. Das untere Glas bietet mechanische Isolierung zwischen der Messmembran und dem Silizium-Körper und ermöglicht zudem einen zusätzlichen Bonding-Bereich unten. Das obere Glas ist so angeordnet, dass der Zugang zu den Bond-Pads auf der Silizium-Schicht ermöglicht wird, während das untere Glas eine Öffnung aufweist, damit die unter Druck stehende Flüssigkeit Zugang zur Unterseite der Membran zur Druckerfassung hat.

Für diese Art von Sensoren gibt es gegensätzliche Beziehungen zwischen der Leistung und dem Bereich der Betriebstemperatur. Der Temperaturkoeffizient des Offsets und die Temperatur-Hysterese sind durch die thermische Diskrepanz zwischen dem Silizium und dem oberen und unteren Glas beschränkt. Um sowohl eine hohe Leistung als auch einen erweiterten Bereich der Betriebstemperatur zu erreichen, wäre es daher vorzuziehen, thermische Diskrepanzen im Bereich der mechanischen Membran zu vermeiden. Die mit „A“ bezeichnete Stelle in Bild 1 zeigt eine potenzielle Spannungsspitze auf der Glas-/Silizium-Grenzfläche. Unter extremem Druck oder bei extremen Druckveränderungen könnte der spitze Winkel in diesem Bereich sich zu einer Fehlerstelle entwickeln.

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Bild 2: Dieses Design vermeidet einen spitzen Winkel bei besserer Leistung. Silicon Microstructures

Ein neues Sensor-Design

Diese zuvor genannten Probleme können durch ein modifiziertes Sensor-Design beseitigt werden. Betrachten wir einen Sensor, der aus einer dicken Silizium-Basisschicht mit einem in die Rückseite geätzten Hohlraum besteht, um so die Membran zu bilden. Ein zweiter Silizium-Wafer ist an die obere Fläche gebondet und bildet so den Hohlraum für die absolute Referenz zwischen den beiden Wafern.

Dieses Design bietet mehrere Vorteile. Erstens wird eine thermische Diskrepanz zwischen Silizium und Glas vermieden. Zweitens gibt es keine Glas-/Silizium-Grenzflächen, die auf der Rückseite einem Druck ausgesetzt sind – somit wird die Möglichkeit einer Fehlerstelle an der Glas-/Silizium-Grenzfläche beseitigt. Fusions-Bonden von Silizium zu Silizium führt zu einem Absolutdruck-Hohlraum mit niedrigerem Druck im Inneren als dies durch anodisches Bonden erreicht werden kann. Zudem wird eine stärkere Verbindung als beim anodischen Bonden von Glas zu Silizium gebildet. Durch die Prozesse beim Ätzen oder Bonden entstehen keine spitzen Winkel.

Zusätzlich zur Entfernung der Glas-Silizium-Grenzfläche mit einem spitzen Winkel, profitiert dieses Design von einem Überdruckschutz, welcher durch die sorgfältige Kontrolle der Dicke des Referenz-Hohlraums erzielt wird. Wenn die Druckwerte etwa 2,5x FS (Full Scale) erreichen, kommt die Membran in Kontakt mit der oberen Silizium-Abdeckung, wodurch eine weitere Bewegung der Membran verhindert und zusätzlicher Schutz gegen Risse oder Schäden bei Überdruck geboten wird. Bild 2 zeigt eine Variante des beschriebenen Sensor-Chips, bei der der Hohlraum auf der Rückseite mit tiefem reaktivem Ionenätzen (DRIE, Deep Reactive Ion Etching) anstatt durch Nassätzen geätzt wird (in diesem Fall der Sensor SM9820 von Silicon Microstructures). Weitere Vorteile dieses Designs beinhalten die geringe Chipgröße, die erreicht werden kann – dadurch wird die die Anzahl der Chips je Wafer erhöht.

Leistungsvorteile

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Bild 3: Typische Leistungsstabilität im Verlauf der Zeit bei 150 °C für das neue Design, welches nur aus Silizium besteht. Silicon Microstructures

Sensor-ICs mit der beschriebenen Design-Verbesserung werden nun dem Markt vorgestellt. Die vorhergegangenen Tests zeigen insbesondere Verbesserungen beim Berstdruck. Im Vergleich zu bisherigen Designs zeigt sich, dass der Berstdruck gegenüber der Vorgängergeneration um etwa 300 Prozent verbessert werden konnte. Der neue Sensor erreicht einen FS-Wert von 15x (10 bar), während der Vorgänger-IC nur 5x standhalten konnte.

Die Leistungsfähigkeit des Sensors gegenüber Temperaturänderungen wurde ebenfalls verbessert. Durch die Beseitigung von Glas-/Silizium-Grenzflächen zeigten umfangreiche Tests, dass bei der Stabilität gegenüber hohen Temperaturen und bei der Temperatur-Hysterese deutliche Fortschritte erzielt wurden. Die thermische Hysterese des neuen Designs lag unterhalb von 0,2 Prozent bei Messung über den gesamten Bereich der Betriebstemperatur von -40 °C bis +150 °C. Bild 3 zeigt die Leistung bei einem 48-Stunden-Test bei maximaler Betriebstemperatur und Betriebsspannung.

Neben den Verbesserungen beim Burstdruck als auch bei der Temperaturstabilität, standen bei der Entwicklung natürlich auch die hohen Zuverlässigkeits-Standards der Automotive-Branche im Fokus. Das neue Design zeigt weniger als ein Prozent Gesamtänderung des Ausgangssignals. Dieser Wert konnte bei einer Zuverlässigkeits-Stressprüfung mit folgenden Parametern erzielt werden: elektrostatische Entladung bis zu 2 kV, Hochtemperatur-Nutzungsdauer bei 150 °C und maximale Betriebsspannung für 200 Stunden, 2000 Temperaturzyklen von -55 °C bis +150 °C, Sturz- und Vibrationsprüfung und Druckzyklen.

Dr. Justin Gaynor

ist Program Management Officer bei Silicon Microstructures, Inc., einem Tocherterunternehmen der Elmos Semiconductor AG.

(jj)

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