Mehr als 600.000 Hosen nimmt das Lager von Brax heute auf drei Etagen auf. „Die Hosen automatisch reinfahren ohne feste Lagerplätze, um sie anschließend nach Auftrag kommissioniert wieder zu entnehmen – 5.000 Stück pro Stunde. Die gleiche Anzahl beim Einlagern. Das war die Aufgabenstellung“, fasst Dirk Sieksmeier, Entwicklungsleiter bei Dürkopp, die Eckpunkte des Projekts knapp zusammen. Rund sieben Millionen Euro hat das Unternehmen in die neue Kommissionierungsanlage investiert. „Das Fertigwarenlager für 600.000 Hosen basiert auf dem Pickspeichersystem, einer Weiterentwicklung der existierenden Rolladaptertechnik von Dürkopp“, erläutert Sieksmeier. Mithilfe eines neu entwickelten Speicherkonzepts mit verminderten Teileabständen erreicht die Anlage eine hohe Lagerdichte. Obendrein machen die verwendeten Adapter die Anlage bügeltolerant. Das heißt, auch auf unterschiedlichen Bügeln lassen sich Kleidungsstücke sicher einlagern. Die Rolladapter sind zur Identifizierung mit RFID-Transpondern ausgestattet, die für hohe Lesesicherheit und Transparenz sorgen. Informationen wie Menge und aktueller Lagerplatz einzelner Artikel lassen sich so jederzeit abrufen.

Energiesparsame Fahrt auf 288 Achsen

Für das Antriebskonzept sind nur kleine Antriebseinheiten nötig, um die kugelgelagerten Rollen der Adapter zu bewegen. „Wir reduzieren im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen mit Gleitschienen und entsprechend hohen Reibwiderständen den Energieverbrauch drastisch“, stellt der Entwicklungsleiter fest. Aufgrund der Auslegung durch den Projektpartner Lenze benötigen die neuen, energieeffizienteren Antriebseinheiten mit geringer Drehzahl im niedrigen Drehmomenten nur 300 W. Drei Achsen sind notwendig, um die Module zum Einpuffern, den Kettenspeicher mit fixer Kette und den unabhängigen Kettenspeicher anzutreiben. Jeder Speicher kann maximal 7.000 Hosen aufnehmen. Von diesen Speichern gibt es 32 auf jeder der drei Ebenen – bei drei Achsen pro Speicher benötigt das Antriebskonzept also insgesamt 288 Achsen. „Für uns kam für diese Aufgabe nur eine Umrichterlösung in Frage. Wir brauchen variable Drehzahlsollwerte und das möglichst preiswert“, erläutert Dirk Sieksmeier.

Gemeinsam mit Lenze entstand eine Lösung aus Inverter Drives 8400 in der Ausbaustufe Stateline zusammen mit effizienten Kegelradgetriebemotoren vom selben Hersteller. Die Umrichter der neuen L-force-Generation wurden in der Anlage zu Einheiten von 16 Antrieben in kompakten Schaltschränken dezentral so verteilt, dass die geschirmten Motorleitungen möglichst kurz waren. Die Kommunikation zur übergeordneten Soft-SPS haben die Ingenieure elegant gelöst. Sieksmeier erläutert: „CAN eignet sich im Feld nicht so gut und andere Protokolle wären für diesen Einsatz zu teuer gewesen.“ Die Lösung: Kommunikation innerhalb des Schaltschranks per CAN über den serienmäßig an Bord der Frequenzumrichter befindlichen Systembus – und von dort per Switch weiter mit Ethercat zur übergeordneten Soft-SPS.

5.000 Hosen pro Stunde auf die richtige Reihe gebracht

In der täglichen Praxis werden die Bekleidungsstücke auftragsbezogen aus den Speichern entnommen. „Die durchschnittliche Bestellmenge liegt in Webshops zum Beispiel bei 2,7 Teilen“, erklärt der Entwicklungsleiter. 5.000 schafft die Anlage pro Stunde – nicht zuletzt aufgrund der intelligenten Entnahme aus den Lagerspeichern und des anschließenden In-die-richtige-Reihenfolge-Bringens über drei-stufige Matrixsortierer. Hier übernehmen ebenfalls L-force-Frequenzumrichter den Antrieb – allerdings auf dezentrale Weise.

Aufgrund der räumlichen Verteilung der Antriebe fiel die Wahl hier auf einbaufertige dezentrale Lenze Drive Packages, einer Technik, die auch bei den Hauptförderstrecken im Brax-Materialfluss im Einsatz ist. Die Drive Packages bestehen aus einem Asynchronmotor mit Kegelradgetriebe und einem direkt angebauten Frequenzumrichter der Reihe 8400 Motec. Ein Vorteil dieser Antriebslösung resultiert aus dem Konstruktionsprinzip der Motoren und dem Betrieb mit 120 Hz: Die neuen Drehstrommotoren MF können um bis zu zwei Baugrößen kleiner ausfallen als herkömmliche Asynchronmaschinen gleicher Leistung. Wegen der höheren Drehzahl der Motoren reicht beispielsweise für 1,5 kW Nennleistung die Baugröße 71 aus – ein herkömmlicher Drehstrommotor verlangt hierfür Baugröße 90. Die mehr als doppelt so hohe Drehzahl der Motoren kompensiert der Motor mit einer entsprechend höheren Getriebeübersetzung. Diese ist ohne zusätzliche Stufe möglich, weil das Getriebeeingangsritzel per Kegelpressverband kraftschlüssig in die Motorausgangswelle gepresst wird.

Passform und Imagegewinn durch Energieeffizienz

Ein weiteres technisches Detail sticht heraus, weil es für Energieeffizienz und Kostenreduzierung steht: der Modus ‚VFC eco‘. Mit diesem arbeiten bei dieser Intralogistikanwendung sowohl der 8400 Motec als auch das Schaltschrankpendant, die Inverter Drives 8400 Stateline. Die Funktion ist darauf ausgelegt, den Magnetisierungsstrom eines Asynchronmotors zu verringern. Dazu wird automatisch der Eigenbedarf des Motors ermittelt und der jeweils notwendige Magnetisierungsstrom an die Belastung angepasst. Gerade bei Teillast von Drehstrommotoren liegt dieser in der gängigen Praxis höher, als es die Betriebsbedingungen eigentlich erfordern. Mit dem Energiesparmodus sinken im Teillastbereich die sonst üblichen Verluste um bis zu 30 %.
Neben Aspekten wie Ausfallsicherheit und den generellen Vorteilen des Rolladapters zählte vor allem die Energieeffizienz zu den maßgeblichen Kriterien bei der Systemauswahl. „Wir haben im Vorfeld zum Beispiel die Anschlussleistungen als wesentliche Kenngröße bei einzelnen Anbietern abgefragt, damit wir wissen, worüber wir überhaupt sprechen“, stellt Heinrich Gallus, Leiter Logistiksysteme bei Brax/Leinweber, fest. Denn er ist davon überzeugt, dass die Energiekosten weiter steigen werden. Im gleichen Zuge wachse die Erwartungshaltung der Konsumenten an die Industrie, energiesparender zu produzieren. „Die grüne Logistik wird hier Thema sein“, sagt Gallus und ist davon überzeugt, dass die Energieeffizienz mittelfristig auch zum festen Teil eines Markenimages aufsteigt.

Thomas Rattay

: ist Key Account Manager bei der Lenze SE.

(mf)

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