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(Bild: ATX)

Waren Prüfadapter in der Anfangszeit automatischer Testvorrichtungen noch sehr einfach zu bauen, stellen heute hohe Bauteildichten, höhere Komplexität und steigende Qualitätsanforderungen neue Herausforderungen dar, die viele Prüfadapter selbst zum High-Tech Produkt werden lassen. Für den Neuanwender, der erstmalig Prüfvorrichtungen plant, aber auch für den erfahrenen Anwender, auf den neue Anforderungen zu kommen, wird es immer schwieriger, alle Problemstellungen und Anforderungen im Blick zu behalten. Besonders wichtig ist dabei die Frage, ob die Prüfadaptertechnik durch die fortschreitende Miniaturisierung bereits die physikalischen Grenzen erreicht hat oder ob sie weiterhin zur Unterstützung wirtschaftlicher Testverfahren verfügbar bleibt.

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Vertauschungssichere Standardniederhalter mit verschiedenen Formen und Durchmessern. ATX

Wegen der höheren Lebensdauer werden sowohl bei Stecker Kontaktierungen als auch bei direkter Kontaktierung der bestückten Leiterplatte über Testpunkte meist Prüfkontaktstifte eingesetzt. Der typische Federkraftbereich liegt zwischen 1N bis 3N. Weit verbreitet sind Prüfkontaktstifte von 2,54 mm Rasterabstand (100 mil) bis zu einem Abstand von 1 mm (40mil). Bei noch kleineren Abständen oder vielen Prüfkontaktstiften mit 40 oder 50 mil kommen Starrnadel-Adapter zum Einsatz, bei denen über eine Kombination von Prüfkontaktstiften und leicht schräg geführten Starrnadeln Prüfpunkt-Abstände bis zu 0,5 mm erreicht werden können.

Eckdaten

ATX Hardware ist  ein mittelständisches, inhabergeführtes Unternehmen mit ca. 150 Mitarbeitern und produziert individuell angefertigte Kontaktier-Einrichtungen für die Prüfung von bestückten elektrischen Baugruppen. Jedes Gerät ist ein feinwerktechnisches Unikat mit unterschiedlichen Komplexitäten. Die Bandbreite bewegt sich von einfachen Handadaptern bis zu vollautomatisierten In-Line Testanlagen.

Bei großer Anzahl von Prüfkontaktstiften entstehen hohe Gesamtkräfte, die durchaus bei mehreren 1000 N liegen können. (zum Beispie 2000 Prüfkontaktstifte mit je 1,8N = 3600 N). Diese Federkräfte müssen durch Niederhalter abgestützt werden. Zu wenig gesetzte Niederhalter führen zu hohen mechanischen Belastungen der Platine, sodass Bauteile oder Lötstellen beschädigt werden können. Am stärksten betroffen sind hier keramische Bauteile wie BallGrid Arrays (BGA) oder keramische Kondensatoren. Kritischer Parameter ist die Dehnung, gemessen in µm/m.  Für BGA-Bauteile werden in der Richtlinie IPC/JEDEC-9704 im Anhang A Grenzwerte dargestellt. Für eine 1,5 mm dicke Platine wird beisppielsweise für die Praxis daraus oft ein Grenzwert von 800 µm/m abgeleitet.  Das Einhalten dieser Grenzwerte kann durch eine Stressanalyse mit Berechnung des Dehnungsverlaufs oder aufgeklebte Dehnungsmessstreifen kontrolliert werden.

Platzierung der Niederhalter

Während früher dem Setzen der Niederhalter weniger Aufmerksamkeit gewidmet werden musste und Standard Abstandshalter manuell leicht platziert werden konnten, ist dieser Prozess heute mit der anspruchsvollste Teil des Adapterbaus. Moderne Adapterbau-Unternehmen haben für diese Aufgaben spezielle Software Tools entwickelt, die das sichere Platzieren überhaupt erst ermöglichen und den Konstrukteur unterstützen. Insbesondere sind Sicherheitsvorkehrungen erforderlich, damit auch unter Berücksichtigung von Toleranzen und Verschiebungen von Bauteilen gewährleistet ist, dass keine Beschädigung von Bauteilen beim Test auftritt, was im schlimmsten Fall hohe Kosten durch Regressforderungen nach sich ziehen kann. Eine Softwareunterstützung kann hier dem Konstrukteur sicher Vorgaben machen, wie weit man sich den Bauteilen nähern kann und ob ausreichend viele Niederhalter platziert wurden. Neben toleranz- und verschiebungsbedingten Sicherheitsabständen berücksichtigt die Software auch Bauteilhöhe und Einschwenkbereiche einer Haube.

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Verdrahtungshalbautomat mit getrennter Anfahrung von Interface und Nadelfeld sowie Test by Wiring-Funktionalität. ATX

Eine Auswahl an unterschiedlichen Niederhalterformen und Größen ermöglicht es auch, bei kleinsten Bauteilabständen noch Niederhalterpositionen zu finden. Wichtig ist hierbei, dass auf eine Vertauschungssicherheit bei den Niederhaltern geachtet wird, um im Wartungsfall falsche Montagen zu verhindern. Für extrem dichte Baugruppen stehen hochfeste Spezial Materialien mit großen Vorteilen gegenüber Standard GFK-Material zur Verfügung, die es ermöglichen, Kontur Niederhalter in extrem feinen Strukturen zu fräsen.

  1. Verdrahtung und Adapter

  2. Aufgrund der schnellen und sehr zuverlässigen Verdrahtungstechnik an halbautomatischen Systemen ist die Wire-Wrap-Verbindung weiterhin stark verbreitet. Bei Funktionsadaptern mit hohen Strömen findet man auch Löt- oder Crimptechnik, bei HF ebenso Koax-Verbindungen. In modernen Betrieben kommen Verdrahtungsautomaten mit Test by Wiring-Funktion zur Anwendung, die bereits direkt nach Abschluss jeder Verdrahtung sofort die Verbindungen 1:1 überprüfen und damit schon ein erstes Austesten des Adapters bereits beim Verdrahten durchführen. Diese Verdrahtungsautomaten sind ein weiterer Schritt zum Null Fehler Adapter. Je nach Anwendung und verwendeter automatischer Testsysteme des Kunden kommen Prüfadapter mit Vakuum-Technik, ausgefeilte mechanische Hebelsysteme oder elektromechanische Lösungen zum Einsatz. Für Bewegungsabläufe beim Test werden häufig Pneumatik-Zylinder und pneumatische Steuerungselemente eingesetzt.
  1. Kombination von In-Circuit und Funktionstest

In vielen Fällen ist es die ideale Teststrategie, den auf einfache Diagnose von Fertigungsfehler orientierten In-Circuit Test durch einen Funktionstest zu ergänzen. Dafür ist es dann aber wichtig, dass nur die für den Funktionstest notwendigen Prüfnadeln kontaktiert werden. Dies lässt sich durch eine zweistufige Mechanik in Verbindung mit kürzeren und längeren Prüfnadeln realisieren. Sobald Projekte mit hohen Stückzahlen getestet werden sollen, stellt sich die Frage eines automatisierten Handlings. Neben Inline-Adaptern, die einen genau auf die Fertigungslinie angepassten Adapteraufbau benötigen, spielt in den letzten Jahren auch flexibles Roboter Handling eine wichtige Rolle. Hier werden dann Standard Adapter benutzt, die bei hohen Anforderungen an den Durchsatz zusätzlich eine automatisch öffnende Haube erhalten. Im Interesse der Flexibilität kann der gleiche Adapter dabei aber auch bei kleineren Fertigungs-Chargen an einem anderen Arbeitsplatz mit manueller Bedienung genutzt werden. Ein Vorteil gegenüber inline Lösungen ist dabei zusätzlich, dass beim Programm Debugging nicht die komplette Fertigungslinie blockiert wird.

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Mechanische Adapter mit individuellen Einsätzen decken ein breites Spektrum an Anwendungen ab. ATX

  1. Austesten komplexer Prüfadapter

Je komplexer ein Prüfadapter wird, umso wichtiger ist es auch, dass bei der Herstellung Möglichkeiten bestehen, fertiggestellte Prüfadapter vor der Auslieferung weitgehend automatisiert auszutesten und es nicht auf den Kunden abgewälzt wird, Verdrahtungsfehler und andere Probleme zu beheben. Eine gute Lösung ist die oben schon erwähnte Test by Wiring-Technologie in Verbindung mit einem realitätsnahen End-Test auf einem Universal-Tester mit Zwischenkonvertern für die verschiedenen Kundensysteme.

Ein erfolgreiches Prüfadapter-Projekt beginnt mit guten Daten von Platine und erforderlichen Verdrahtungen. Neben den Verdrahtungs- und Bohrdaten sind weitere direkt vom Layout-System erzeugte Daten erforderlich (GenCad, ODB++). Zusätzliche 3D-Daten sind als Ergänzung ideal, haben sich als alleinige Daten bisher aber nicht bewährt, da durch Datenumwandlung, fehlende Modelle oder andere Faktoren nicht immer alle Details korrekt wiedergegeben werden. Wichtig ist auch weiterhin eine bestückte Musterplatine. Sonderverdrahtung findet sich oft in Excel-Listen, ideal sind spezielle Standardformen wie das ufdf (universal fixture data) Format. Reine Schaltplandaten sind für automatische Datenumsetzungen oft nicht direkt geeignet und erfordern daher zusätzlichen Aufwand.

Viele Facetten, aber auch viel Potenzial

Die vielen Details machen deutlich, dass Prüfadaptertechnik viele Facetten hat, aber auch viel Potenzial bietet. Damit schließt sich dann auch der Kreis zur Frage, ob denn die Prüfadaptertechnik bereits technische Grenzen erreicht hat. Die Erfahrung von mehreren tausend Adapterprojekten in den letzten Jahren zeigt, dass durch zahlreiche Innovationen bei Adaptermechanik und Niederhaltertechnik, sowie Entwicklung spezieller Software auch die schwierigsten Projekte mit Prüfadaptern testbar geblieben sind, wenn vom Layout her einige Grundvoraussetzungen eingehalten wurden.

Circuit und Funktionsadapter in Vakuum-Ausführung.

Ein kombinierter In-Circuit und Funktionsadapter in Vakuum-Ausführung. ATX

Marcus Griesl

(Bild: ATX)
Technische Beratung und Vertrieb bei ATX Hardware

(hw)

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