Durrer Spezialmaschinen aus Küssnacht entwickelt Sondermaschinen für verschiedene Branchen. Stets kommt es dabei auf Speed und Präzision an. Ein aktuelles Beispiel ist eine neue Maschinengeneration für das Stanzen der von Katalogen her bekannten Griffregister. Für diesen komplexen Prozess müssen die Seiten nicht nur entsprechend des jeweiligen Kapitels exakt beschnitten, sondern auch bei unterschiedlichen Papierarten auf die Seite genau gezählt werden. Der Maschinenbauer hat diesen Vorgang vor Jahren mit vollautomatischen Maschinen revolutioniert. Bei der aktuellen Maschinengeneration Rega 3 funktioniert der komplexe Bewegungsprozess nochmals schneller, flexibler und mit erhöhter Prozesssicherheit bei einem Bauvolumen von lediglich 2,8 mal 1,8 mal 2 m. Die Grundlage hierfür bilden kompakte Servoantriebe mit der Einkabel-Anschlusstechnik OCT (One Cable Technology).
Aufgebaut ist die Rega 3 aus zwei unabhängigen, manuellen Ein- und Auslagestationen, die dem vollautomatisch arbeitenden Zähl- und Stanzwerk abwechselnd die Produkte (Adressregister, Kataloge oder Lexika) zuführen. Die Verarbeitungsstation selbst besteht aus einer Übergabeeinheit, dem Parallel-Eckenzählwerk mit Zählkontrolle, dem Stanzwerk sowie einem fahrbaren Arbeitstisch für die Zähl- und Stanzeinheit und dem Förderband zur Entsorgung der Papierreste.
Die Stanzmaschinen kann alle maschinell lesbaren Papiersorten sowohl mit Hard- als auch Soft-Cover bis zum Format 350 mal 350 mm verarbeiten. Dabei ermöglicht das Parallel-Eckenzählwerk eine automatische Kontrolle schon während der Blattzählung. Die einfache Parametereingabe mit Menüführung über das Maschinenterminal sorgt für Bedienkomfort: Blattanzahl und Stanzparamater wie Länge und Einschnitttiefe lassen sich für jede Stanzung individuell programmieren sowie über entsprechende Rezepturen bei Bedarf aufrufen und beispielsweise bei jährlichen Katalogen wieder verwenden.
Plädoyer für PC-basierte Steuerungen
Für die Automatisierung ihrer Sondermaschinen setzt Durrer seit 2008 auf PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff. Ausschlaggebend war laut Patrick Suter, Bereichsleiter Entwicklung, vor allem die Offenheit, Flexibilität und Modularität dieser Steuerungstechnik: „Dies beginnt bei der Breite des Produktspektrums, das sowohl steuerungs- wie auch antriebsseitig unsere Anforderungen abdeckt. Zudem steht ausreichend Leistungspotenzial für künftige Entwicklungen zur Verfügung, ohne dass dafür ein Systemwechsel nötig wäre.“ Suter verweist hier auf Technologien wie extreme Fast Control (XFC) und das Extended Transport System (XTS).
Für Offenheit und Flexibilität spricht auch Ethercat als Kommunikationssystem. „Denn zum einen“, so Suter, „handelt es sich um einen Ethernet-basierten und damit auf IT-Standards basierenden Bus. Zum anderen ist Ethercat so weit verbreitet, dass zum Beispiel genügend Sensorik von Drittanbietern zur Verfügung steht.“ Hinzu kommt die sicherheitsgerichtete Kommunikation als integraler Bestandteil der Steuerungsarchitektur. Damit sind auch die Safety-Funktionen realisiert. Suter führt hier die Twinsafe-I/Os und die Twinsafe-Drive-Optionskarte an, die den Bediener vor dem immerhin fast 40 cm langen Stanzmesser schützen. Mit den Komponenten werden die Schutztüren, -tore, Lichtgitter und Klemmleisten überwacht, die pneumatischen Hauptventile zu- und abgeschaltet sowie die Servoachsen per SS1, SOS und STO angesteuert.
Die Steuerungsfunktionen übernimmt ein Embedded-PC CX2020 (Celeron-CPU/ 1,4 GHz Taktfrequenz) mit Windows Embedded Standard 7 als Betriebssystem. Für die Visualisierung kommen die Software Twincat PLC HMI und das 15,6″-Multitouch-Control-Panel CP2916 zum Einsatz. „Das Control Panel bietet mit seinem Widescreen-Format und der Multitouch-Funktionalität ein enormes Innovationspotenzial für unsere künftigen Entwicklungen.“ Dass die Registerstanzmaschine hohe
Anforderungen an die Dynamik und Präzision der Achsbewegungen stellt, belegt die Konfiguration der Antriebstechnik: 21 Servoachsen sorgen dafür, dass bis zu 50 Blatt Papier pro Sekunde gezählt werden und bis zu sechs Stanzvorgänge pro Sekunde möglich sind. Dabei werden 17 Achsen über zehn Servoverstärker AX5000 gesteuert und über Servomotoren der Baureihe AM8000 bewegt, die teilweise mit Haltebremse ausgerüstet sind. An einigen Stellen kommen Servomotoren der Baureihe AM85xx zum Einsatz, deren erhöhtes Rotorträgheitsmoment die Regelgüte steigert. Die restlichen vier Achsen werden für den Zählvorgang benötigt und sind mit den kompakten Servomotorklemmen EL7201 und Servomotoren vom Typ AM8100 realisiert.
Dynamische Servotechnik
für anspruchsvolle Choreografie
Bei den beiden Ein- und Auslagestationen sind es je eine Achse für den Buchtransport sowie eine y- und z-Achse für das Hochbiegen des Buches. Bei der Zähleinheit bewegt eine z-Achse die Formatbacke, die Servomotorklemmen steuern jeweils zwei Mal das Zählen und Puffern der Papierseiten. Hinzu kommen zwei Achsen für das Schwenken sowie vier Achsen – zwei davon gekoppelt über ein elektronisches Getriebe – für das Verschieben der Zählmechanik. Beim Stanzen kommen schließlich drei Servoachsen zum präzisen Verschieben und eine weitere Achse für die Stanzbewegung des Messers zum Einsatz.
Installationsaufwand reduziert
Alle Servomotoren sind in der One Cable Technology (OCT) ausgeführt, bei der Power- und Feedback-System in der Standard-Motorleitung zusammengefasst sind. Die Vorteile skizziert Suter: „Da wir für den Motoranschluss nur noch ein Kabel benötigen, reduziert sich der Verdrahtungsaufwand um 20 bis 30 %. Außerdem können einige Maschinenkomponenten konstruktiv leichter ausgelegt werden.“ Zusätzlich profitieren die Entwickler vom vereinfachten Software-Engineering: „Ein großer Teil unserer Software-Entwicklungsarbeit betrifft die Berechnung der Positionierungen“, so Suter. Hier bieten die vorgegebenen Motion-Bausteine in Twincat Vorteile. Sie vereinfachen die Achsprogrammierung und decken alle Bewegungsanforderungen der Maschinenbauer ab.
Dezentral installierte Ethercat-Box-Module (IP67), die den Großteil der I/O-Signale in der Maschine erfassen, reduzieren den Installationsaufwand zusätzlich. Im Schaltschrank selbst sind lediglich acht digitale Ein- beziehungsweise Ausgänge (EL1008 und EL2008) sowie über die Twinsafe-PLC EL6900 und die Safety-Klemmen (EL1904 und EL2904) zwölf Safety-Ein- und vier Safety-Ausgänge untergebracht. „Alle übrigen I/Os sammeln wir über die IP67-geschützen Klemmen in der Anlage ein“, so Suter, „insgesamt 56 Digital-Eingänge, 24 Digital-Ausgänge und 16 digitale Safety-Eingänge.“ Durch die dezentralen Module hat sich zum einen der Kabelbaum verkleinert und zum anderen der Verdrahtungsaufwand halbiert. Die Verdrahtung der Maschine mit vorkonfektionierten Kabeln hat sich hierdurch ebenfalls vereinfacht.
SPS IPC Drives 2014
Halle 7, Stand 406
Stefan Ziegler
(sk)