Um Apps und mobile Endgeräte in eine bestehende Struktur zu integrieren, müssen Automatisierer auf Insellösungen setzen.

Um Apps und mobile Endgeräte in eine bestehende Struktur zu integrieren, müssen Automatisierer auf Insellösungen setzen.Ifak System

Die Vorteile von Apps in der Automatisierung liegen – gerade bei umfangreichen Anlagen – in der mobilen Konfiguration und Diagnose. Denn es entfällt die Notwendigkeit einer PC-Anbindung. Außerdem muss nur eine Software gepflegt werden. Kompatibilitätsprobleme sind, zumindest innerhalb der einzelnen Hard- und Software-Ökosysteme, ausgeschlossen. Auch der Anschluss und die Installation von Hardware vor Ort entfällt, da eine Verbindung ‚Over the Air‘ hergestellt wird. Die Entwicklung entsprechender Applikation bedeutet, je nach Funktionsumfang, jedoch erhöhten Aufwand. Grundlegende Funktionen lassen sich zwar portieren, für jedes Betriebssystem – Android oder iOS – müssen aber Elemente der grafischen Benutzeroberfläche und spezielle Funktionen angepasst werden.

Problematisch kann vor allem die Distribution der Apps sein. Denn bei Apple herrscht eine Zwangsbindung an den App Store. Dieser lässt sich nur umgehen, wenn man die Apple Handys hackt und so diverse Sicherheitsmechanismen umgeht. Ein sogenannter Jailbreak ist jedoch technisch anspruchsvoll und kann zu einem Verlust der Gerätegarantie und Sicherheitslücken führen. Möchte der Automatisierer das dem Kunden nicht zumuten, bleibt nur die App über den App Store anzubieten – bei kundenspezifischen Lösungen eine weniger sinnvolle Lösung. Android bietet gegenüber iOS mehr Freiheiten auch Apps zu installieren, zum Beispiel über USB. Hier haben die Programmierer aber mit der starken Fragmentierung des Betriebssystems zu kämpfen. Es gibt verschiedene Betriebssystem-Varianten und unzählige unterschiedliche Geräte. Welchen Weg man beschreitet und wie man die Distribution der Apps umsetzt, hängt letztlich an der Nachfrage seitens der Kunden, aber auch an den gegebenen technischen Möglichkeiten.

Industriestandards Fehlanzeige

Die Einbindung mobiler Geräte wie Tablets und Smartphones kann effektiv nur über Wlan erfolgen. Wenn das Wlan verschlüsselt ist, sollte dies keine sicherheitsrelevanten Einschränkungen mit sich bringen. Eine Anbindung über Bluetooth ist nur sinnvoll, wenn einzelne Geräte eingebunden werden sollen. Denn Bluetooth verfügt nur über  eine geringe Reichweite und bietet keinen Zugang zum Netzwerk der Anlage. Ein großes Hindernis bei der Integration sind jedoch die fehlenden Automatisierungsstandards wie FDT oder FDI, die bisher nicht für mobile Betriebssysteme portiert sind. Für FDI existiert eine Arbeitsgruppe, die die Spezifikation auf Kompatibilität mit mobilen Geräten untersucht und entsprechende Empfehlungen abgibt. Eine für mobile Systeme verfügbare Spezifikation ist allerdings auch hier nicht in Sicht.

Apple-Geräte und Apps über eine OPC-UA-Architektur zu integrieren ist umständlich und zeitaufwendig. Hier fehlen Standards und Ent­wick- ler-Kits.

Apple-Geräte und Apps über eine OPC-UA-Architektur zu integrieren ist umständlich und zeitaufwendig. Hier fehlen Standards und Ent­wick- ler-Kits.Ifak System

Die OPC Foundation hat mit OPC UA eine Schnittstellen-Spezifikation bereitgestellt, bei der die Kommunikation zwischen Server und Client über Webservices läuft. Damit lässt sich prinzipiell eine plattformunabhängige Implementierung vornehmen. Die verfügbaren Referenzimplemtierungen und Software Development Kits (SDK) sind in .Net, Ansi C und Java implementiert. Die plattformspezifischen Bereiche wie der TCP Stack sind allerdings nur für Windows vorhanden. Ifak System hat für OPC UA als Proof of Concept eine Portierung für iOS umgesetzt, die die OPC-UA-Bibliotheken für iOS verfügbar macht. Der OPC UA Sample Client kann sich so mit einem Server verbinden, den Namensraum auslesen und die einzelnen Objekte darstellen.

Die prototypische Implementierung des OPC UA Clients basiert auf den Ansi-C-Bibliotheken der OPC Foundation. Diese wurden zu Objective C konvertiert und  mit Apples XCode für iOS kompilierbar gemacht. Dabei kam erschwerend hinzu, dass neben der plattformspezifischen Umsetzung des TCP Stacks auch die Implementierung der Secure Socket Layer Keys (SSL) und der verschlüsselten Verbindungen nur rudimentär in der SDK-Implementierung der OPC Foundation vorhanden ist. Weiterhin war zu beachten, dass unter iOS nur eingeschränkte Möglichkeiten für Multitasking bestehen und somit eine Entkopplung von Kommunikation und Oberfläche nicht möglich ist. Der Aufwand der Umsetzung stand damit in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Durch die geringe Verbreitung von OPC UA Servern haben sich bisher proprietäre Lösungen, zugeschnitten auf den speziellen Anwendungsfall und das eigene Produkt, als performanter erwiesen als eine generische Lösung. Aus diesem Grund hat Ifak von einer kompletten Portierung des OPC UA Clients zu iOS Abstand genommen. Durch eine direkte Verbindung der herstellereigenen Geräte über eine herstellereigene Schnittstelle mit herstellereigener Software-Lösung kann die Verbindung schneller hergestellt werden und es muss nicht auf die OPC-Architektur Rücksicht genommen werden. Da der Server, die Konvertierung in TCP/IP und die Verschlüsselung mittels SSL wegfällt,  ist die Kommunikation schneller. Nachteilig ist dabei die Beschränkung auf bestimmte Hersteller und Geräteeigenschaften, welche sich im Betrieb selbst aber durch schnellere Zugriffszeiten auszahlen können.

Proprietäre Lösungen sind der einfachste Weg der Integration. Damit legt der Anwender sich jedoch auf einen Hersteller und ein System fest.

Proprietäre Lösungen sind der einfachste Weg der Integration. Damit legt der Anwender sich jedoch auf einen Hersteller und ein System fest.Ifak System

Zurzeit ist die Speziallösung die beste

Geräteübergreifende Applikationen auf HTML5-Basis sind aufgrund nicht vorhandener Java-Unterstützung mobiler Betriebssysteme bisher nicht zu verwirklichen, wenn man Echtzeitdaten auf physikalischer Ebene abrufen möchte. Denn mit HTML5 sind nur Web-Applikationen möglich, die über Javascript, CSS und HTML funktionieren. Diese können in den mobilen Betriebssystemen wie iOs und Androide als App verkapselt werden und sind dann ein eigenes lauffähiges Programm. Allerdings sind sie für zeitintensive und zeitkritische Anwendungen in der Automatisierung ungeeignet, da Javascript zu langsam ist und  einige Funktionen nicht unterstützt. Daher müssen Entwickler auf die System-eigenen Programmiersprachen und SDKs von Androide und iOs zurückgreifen. Dies bedeutet einen erheblichen Aufwand, da viele Dinge von Grund auf neu programmiert werden müssen.

Andere Informationen, wie Status von Geräten oder Telegramme, lassen sich dagegen mit Web-Applikationen darstellen. Diese Lösungen sind allerdings immer proprietär, da bisher kein geräteübergreifender Standard existiert. Verschiedene Hersteller bieten die Möglichkeit über webbasierte HTML-Konfigurations- und Übersichtsseiten, die direkt auf den Ethernet- oder Profinet-Gateways implementiert sind, einfache Vorgänge wie IP-Wechsel durchzuführen oder Geräteübersichten darzustellen.

Feldbus-Diagnose-App: Vom Feldbus bis zum Smartphone

Ein existierendes Beispiel für eine Umsetzung einer App speziell für Herstellereigene Geräte  ist das Diagnosemodul von Ifak System. Es ermöglicht über Profibus DP/PA und Foundation Fieldbus eine stationäre Daueraufzeichnung auf Speicherkarte, passives Mitzeichnen, Fernwarten und das Einstellen von Triggern. Die dazugehörige Software isField Diagnosis kann nicht nur logische Fehler (Parametrierung, Adresse) diagnostizieren, sondern auch physikalischen Fehlern (Verkabelung, Polarität) mit einem Software-Oszilloskop ermitteln. Über eine Wlan-Anbindung ist auch eine Diagnose über eine iPad App möglich. Die Software wurde für das iPad optimiert, da dieses über einen größeren Bildschirm verfügt und sich so die App übersichtlicher gestalten ließ.  Sie ist einfach zu bedienen ohne auf wichtige Funktionen zu verzichten. Für Ingenieure im Feld bedeutet dies, dass sie sich auf die Fehlersuche, nicht auf die Beherrschung der Software konzentrieren müssen. Das System ist jedoch nur mit den Monitoring-Modulen der Ifak Systems funktionsfähig. Sobald entsprechende Industriestandards für mobile Betriebssysteme vorliegen, lassen diese sich integrieren.

Tobias Thobaben

ist PR- und Werbeverantwortlicher bei der Ifak System GmbH in Magdeburg.

(mf)

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