Berührungsfreie Drehmomentmessung: Bild 1: Beispiel für einen Sensor zur berührungsfreien Drehmomentmessung.

Bild 1: Beispiel für einen Sensor zur berührungsfreien Drehmomentmessung. (Bild: NCTE)

Sensoren für die berührungsfreie Drehmomentmessung ersetzen in immer mehr Anwendungen die Dehnmesstreifen-Technologie. Dafür gibt es zahlreiche gute Gründe: Installation und Anwendung kommerzieller Folien-Messtreifen sind teuer und komplex. Im Einsatz halten sie insbesondere anspruchsvollen Bedingungen nur mit sehr hohem Aufwand stand. Mechanische, thermische und chemische Beanspruchung bringen herkömmliche Lösungen schnell an ihre Grenzen, sodass es zu Beschädigungen an den empfindlichen Dehnmessstreifen (DMS) kommt oder die DMS nur noch unzureichende Daten liefern. Zudem ist die Signalübertragung per Telemetrie aufwendig, teuer und störanfällig. Dies sind nur einige der Gründe, warum Drehmomentmessung trotz ihrer großen Aussagekraft bislang oft nur in exklusiven Prüf-, Test- und Entwicklungsanwendungen zum Einsatz kam.

Berührungsfrei messen: ein Maschinenleben lang

Berührungsfreie Drehmomentmessung: Bild 1: Beispiel für einen Sensor zur berührungsfreien Drehmomentmessung.

Bild 1: Beispiel für einen Sensor zur berührungsfreien Drehmomentmessung. NCTE

Das hat sich geändert, denn moderne Drehmomentsensorik arbeitet berührungsfrei. Durch die präzise Erfassung von Messwerten direkt an Wellen und Gelenken ermöglicht die berührungsfreie Arbeitsweise neue Messmöglichkeiten in einer Vielzahl von Anwendungen jenseits der Prüfstände: von Elektrofahrrädern über Richtmaschinen und Extruder, Flugzeuge, Robotik und Industrie 4.0, bis in die Medizin- und Lebensmitteltechnik.

Die von NCTE entwickelte Drehmomentmesstechnik arbeitet vollständig berührungsfrei und robust. Im patentierten NCTE-Prozess werden Welle, Achse oder rotierende Komponenten eines Motors oder einer Maschine selbst zum Primärsensor. Zur Kraftmessung nutzt NCTE das Prinzip der Magnetostriktion. In einem eigenentwickelten patentgeschützten Strompulsverfahren wird die Achse dauerhaft mit einer remanenten, schwachen magnetischen Codierung versehen.

Das dabei erzeugte Magnetfeld ist langzeitstabil und auch unter anspruchsvollen Umgebungsbedingungen unempfindlich gegenüber Vibrationen, hohen Umdrehungszahlen und Temperaturen. Nahe der Achse erfassen hochauflösende Miniatursensoren berührungslos und verschleißfrei selbst kleinste Magnetfeldänderungen durch einen Luftspalt von mehreren Millimetern. Die erhobenen Daten lassen sich direkt und automatisiert zur optimalen Steuerung des Motors oder der Maschine nutzen.

Noch präziser messen

Mit der Baureihe 2300 hat NCTE eine neue Sensorserie entwickelt, die Konstrukteuren und Entwicklern noch präzisere berührungsfreie Messungen in einem noch größeren Drehmomentbereich ermöglicht. Die neuen Sensoren arbeiten mit einer Messgenauigkeit von 0,5 Prozent in einem Messbereich von 1 Nm bis 100 Nm, sodass jetzt auch für feinste Messungen im Bereich unter 2,5 Nm keine instabileren und teureren Dehnmessstreifen mehr notwendig sind. NCTE entwickelte die Baureihe 2300 gezielt für anspruchsvolle Messungen im Prüfstandsbau, für Robotik und Industrie 4.0, für Hochpräzisionsmessungen in der Prozessüberwachung und für End-of-Line Tests. Dabei arbeitet die neue Sensor-Serie über den Temperaturbereich von -20 °C bis +100 °C stabil. Die Sensoren sind gemäß IP65 geschützt und lassen sich an die üblichen Schnittstellen-Standards wie CAN und USB anschließen.

Ein Anwendungsfeld, in dem die neue Serie viele Vorteile bietet, sind große Industrie-Rührer in der Medizintechnik und Lebensmittelindustrie. Hier ermöglicht der feinere Messbereich die Identifizierung selbst geringster Unebenheiten, Viskositätsunterschiede und Rheologien in der gerührten Lösung. Die neuen Sensoren eignen sich auch für die Kontrolle feinstmechanischer Kraftprozesse, beispielsweise in Greifadaptern für die Kroneneinstellung von Uhren.

Berührungsfreie Drehmomentmessung bietet Vorteile

Berührungsfreie Drehmomentmessung: Bild 2: So funktioniert die Drehmomentmessung per Magnetostriktion; gemäß dem physikalischen Prinzip der Magnetostriktion ändert sich die Länge eines Körpers unter dem Einfluss eines äußeren Magnetfeldes. Dieser Effekt ist robust, langzeitstabil, präzise reproduzierbar und streng linear.

Bild 2: So funktioniert die Drehmomentmessung per Magnetostriktion; gemäß dem physikalischen Prinzip der Magnetostriktion ändert sich die Länge eines Körpers unter dem Einfluss eines äußeren Magnetfeldes. Dieser Effekt ist robust, langzeitstabil, präzise reproduzierbar und streng linear. NCTE

Gerade für den Einsatz auf Prüfständen und in Elektromotoren bietet berührungsfreie Drehmomentmessung eine Reihe entscheidender Vorteile gegenüber Dehnmessstreifen. In bewegungsführenden Wellen, Achsen oder Gelenken erfassen berührungsfreie Drehmomentsensoren kontinuierlich und in Echtzeit die auftretenden Kräfte. Dadurch ermöglichen sie die exakte Anpassung von Antrieben und Bewegungen an das jeweils ermittelte Drehmoment. Berührungsfreie Drehmomentsensoren sorgen für besonders kurze Systemlaufzeiten der Messdaten an die Kundenschnittstelle, sodass eine schnelle Regelung entsprechend den Sensordaten möglich ist. So lassen sich Schäden und Überlastsituationen sicher vermeiden. Zudem ermöglicht die ständige Kraftrückmeldung eine Antigravitationsregelung, was insbesondere in Industrie 4.0- und Robotik-Anwendungen beachtliche Vorteile bietet.

Sogar Hohlwellen mit innenliegenden leistungsführenden Kabeln können zu Primärsensoren magnetisiert werden. Die gekapselten Sekundärsensoren sind geschützt vor magnetischen Störfeldern und erfüllen alle EMV-Anforderungen. Ebenso besteht die Möglichkeit, Innenwellen zu magnetisieren und als Sensoren zu nutzen. Damit sind auch in extrem engen Bauräumen hochpräzise Drehmomentmessungen möglich, beispielsweise in Getrieben, Antrieben und Elektromotoren.

Wartungs- und kalbrierungsfrei

Während der gesamten Lebensdauer des Sensors fallen keinerlei Kalibrierungs- oder Wartungsaufgaben an, da die magnetische Codierung dauerstabil ist, und weil die Welle selbst zum Primärsensor wird, sind auch keine Zusatzteile erforderlich. Die Sekundärsensoren finden ohne großen Aufwand auch in engen Bauräumen Platz. Da das gesamte Prinzip berührungsfrei arbeitet, verrichtet es selbst unter besonders schwierigen Bedingungen hochzuverlässig seinen Dienst – auch bei starker Staubentwicklung, in Öl oder Wasser und bei hohen Temperaturen oder großen Temperaturschwankungen.

 

Themen auf der nächsten Seite: Kombinierte Kraftmessung sowie Wartung und Kosten.

Kombinierte Kraftmessung: Drehmoment, Scherung, Biegung

Berührungsfreie Drehmomentsensoren ermöglichen sogar mehrdimensionale Messungen: Die Sensoren erfassen nicht nur zuverlässig, präzise und serientauglich das Drehmoment, sondern sie können gleichzeitig auch das Biege- und Schermoment von Wellen messen. Das eröffnet ihnen völlig neue Einsatzbereiche der parallelen Beobachtung unterschiedlicher Arten von Belastungen in Echtzeit. So lassen sich Schäden an Wellen vermeiden oder Bauteile lastgerecht auslegen. NCTE-Sensoren vereinigen Drehmomentmessung und parallele Biegungsmessung in zwei Achsen in einem einzigen Sensor. Hierfür werden mehrere Miniatursekundärsensoren miteinander verbunden, die berührungsfrei und in Echtzeit die verschiedenen Leistungsdaten erheben. Diese Messtechnologie bietet in Anwendungen mit komplexen Bewegungsabläufen, beispielsweise in Robotern und anderen Industrie 4.0-Anwendungen, entscheidende Vorteile.

Wartung und Kosten

Dank ihrer hohen Präzision ermöglichen Drehmomentsensoren effiziente, vorausschauende Wartung, denn sie machen selbst hochdynamische Prozesse sichtbar und transparent. Bei Bedarf arbeitet die Technologie so genau, dass zum Beispiel beim Einsatz in Getrieben jeder einzelne Zahnradeingriff einzeln hochaufgelöst dargestellt wird. Dies liefert völlig neue und teils überraschende Einblicke in wichtige Lastsituationen und Prozesse und ermöglicht exakte Erkenntnisse zu Lebensdauer, Last und optimalen Wartungsintervallen. Teile werden nur dann proaktiv gewartet oder ausgetauscht, wenn dies auch wirklich erforderlich ist.

Eckdaten

Mit der Baureihe 2300 hat NCTE eine neue Serie von Drehmoment-Sensoren entwickelt, die berührungsfreie Messungen mit einer Messgenauigkeit von 0,5 Prozent im Messbereich von 1 Nm bis 100 Nm ermöglicht. Die neuen, nach dem magnetorestriktiven Prinzip arbeitenden Sensoren ermöglichen jetzt auch feinste Messungen im Bereich unter 2,5 Nm, sodass auch hier keine instabileren und teureren Dehnmessstreifen mehr notwendig sind.

Berührungsfreie Drehmomentsensoren sind besonders robust und halten ein Maschinenleben lang. Ihre geringe Systemkomplexität und einfache Integration machen sie kostentechnisch interessant für den Serieneinsatz. Dank der kontinuierlichen Erfassung entscheidender Daten zu Lastsituation, Verschleißfrüherkennung und Wartungsintervallplanung muss Service nur dann erfolgen, wenn er auch wirklich nötig ist. Durch die automatische Regelung der Drehmomentsensorik fahren Anlagen und Motoren größtenteils im idealen Bereich. Dies trägt ebenfalls zu längeren Wartungsintervallen, reduzierten Standzeiten und längerer Lebensdauer bei. Je nach Anlagentyp lassen sich Effizienzpotenziale von über 20 Prozent realisieren. In besonders anspruchsvollen Industrien, in denen ein Maschinenausfall katastrophale finanzielle Schäden nach sich zieht, ist der Wert noch höher; ein gutes Beispiel hierfür sind Spezialextruder für die Pharmaindustrie.

Schutz und Überwachung

In vielen Anwendungen ist ein Überlastschutz durch kontinuierliche Drehmomentmessung erforderlich: Sobald ein Sensor eine Drehmomentänderung identifiziert, gibt er die Daten direkt an die Steuerung weiter, die das Drehmoment automatisch und in Echtzeit anpasst. Diese Funktion sichert nicht nur in Produktions- und Erntemaschinen gleichbleibend hohe Qualität durch die automatische Anpassung der Maschinengeschwindigkeit an die Realbedingungen.

In Industrie- und Robotik-Anwendungen ermöglichen berührungslose Drehmomentsensoren eine automatisierte Überwachung von Antrieben und Motoren interagierender Aggregate. Die Echtzeitmessung der auftretenden Kräfte vermeidet hierbei Fehlfunktionen, Kollisionen und Beschädigungen aller Art. Dies erhöht insgesamt Ausfallsicherheit, Effizienz und Verfügbarkeit der Anlagen, steigert die Produktionsleistung und kann helfen, Reparaturkosten zu vermeiden.

Alfred Vollmer

Chefredakteur elektronik journal. Er erstellte diesen Beitrag auf Basis von Unterlagen der Firma NCTE.

(av)

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