Eine meterhohe Wand aus Bildschirmen überspannt die Ein- und Durchgänge zur Sicherheitskontrolle am Wiener Flughafen. 100 Grafikkarten versorgen die Monitore mit Bilddaten.

Eine meterhohe Wand aus Bildschirmen überspannt die Ein- und Durchgänge zur Sicherheitskontrolle am Wiener Flughafen. 100 Grafikkarten versorgen die Monitore mit Bilddaten.Flughafen Wien

ktuelle Prozessoren auf Grafikkarten (GPU – Graphics Processing Unit) erzeugen Bildinhalte für verschiedener analog oder digital angesteuerte Bildschirme über Schnittstellen wie VGA, HDMI, DVI oder auch LVDS (Erläuterungen der Abkürzungen im Glossar). Neben der reinen Grafikausgabe lassen sie sich aber auch als Beschleuniger für alle anderen Berechnungen eines PCs einsetzen, etwa in technischen und wissenschaftlichen Anwendungen. Mit Programmierschnittstellen (APIs) wie Open-GL und Direct3D für die Grafikausgabe oder Cuda und Open-CL für die Nutzung als Coprozessor zum Berechnen von Daten existieren einheitliche Standards, welche eine Anpassung auf Software-Ebene einfach ermöglichen. Mit dieser Flexibilität können Grafikprozessoren gerade gegen FPGAs oder Asics punkten.

Bauform-Dschungel

GPUs haben außerdem den großen Vorteil, dass sich einige Standardformate sowohl für den Embedded-Bereich als auch für den industriellen Einsatz durchgesetzt haben. Einzelne GPUs wie auch Speichermodule gibt es fast nur noch in BGA-­Gehäusebauform (Ball Grid Array). Die Kontakte sind dabei als kleine Lotperlen unter dem Gehäuse ausgeführt. Da GPUs wegen ihres bis zu 512 bit breiten Speicher-Interface eine große Anzahl von Anschlüssen benötigen, lassen sie sich so in einem kompakten Gehäuse unterbringen. Der Nachteil dabei: Sie können nur im Reflow-Verfahren gelötet werden, benötigen vergleichsweise teure Multilayer-Platinen und die Qualitätskontrolle funktioniert nur mit aufwendigen Röntgen- oder Ultraschall-Verfahren. Diskrete Designs, also ein einzelner GPU auf einer Platine, lohnen sich darum oft erst bei sehr großen Stückzahlen.

Das MXM-Format (Mobile-PCI-Express-Module) hat sich in industriellen und wissenschaftlichen Anwendungen etabliert. Auf kompakten Modulen sind hier jeweils GPU, Speicher und Spannungsanpassung untergebracht.

Das MXM-Format (Mobile-PCI-Express-Module) hat sich in industriellen und wissenschaftlichen Anwendungen etabliert. Auf kompakten Modulen sind hier jeweils GPU, Speicher und Spannungsanpassung untergebracht.PNY

Neben Individual-Lösungen aus separaten GPUs und RAM (Random Access Memory; Arbeitsspeicher) hat sich daher gerade das MXM-Format (Mobile-PCI-Express-Module) etabliert. Auf kompakten Modulen sind hier jeweils GPU, Speicher und Spannungsanpassung untergebracht. Diese lassen sich sehr preisgünstig auch in Einzelstücken verwenden. Den MXM-Standard hat die Firma Nvidia im Jahr 2004 als einheitliche PCI-Express-Schnittstelle inklusive Steuer und Grafiksignalen für den Mobile-PC-Markt entwickelt. Im Jahr 2008 hat die unabhängige MXM-Special Interest Group (MXM-SIG) die Entwicklung übernommen. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Firmen wie Dell, AMD, Acer und Samsung sowie Nvidia, die MXM als Standard weiterentwickeln. Spezifiziert sind hierüber die mechanischen Abmessungen, Leistungsaufnahme und Kühlung sowie die elektrischen Signale. Wobei die Kühlung immer separat vom MXM-Modul realisiert wird.

Bei der BGA-Gehäusebauform (Ball Grid Array) befinden sich die Kontakte als kleine Lotperlen unter dem Gehäuse. Auf diese Weise lassen sich die benötigten Anschlüsse platzsparend in einem kompakten Gehäuse unterbringen.

Bei der BGA-Gehäusebauform (Ball Grid Array) befinden sich die Kontakte als kleine Lotperlen unter dem Gehäuse. Auf diese Weise lassen sich die benötigten Anschlüsse platzsparend in einem kompakten Gehäuse unterbringen.Nvidia

Aber auch aus dem klassischen PC-­Bereich bekannte Grafikkartenformate wie ATX (Advanced Technology Extended; Standard zur Anordnung von Hardware) als Full-Size (Standard-Formfaktor für PCI-Karten) oder Low-Profile (kleinerer PCI-Karten-Formfaktor für kompakte Gehäuse) finden häufig Anwendung. Hier gibt es eine breite Auswahl von kleinen, passiv gekühlten, mehrschirmfähigen Karten bis hin zu High-End-Lösungen für Virtual-Reality-Cluster- oder High-Performance-Computing-Anwendungen. Größter Nachteil der konventionellen Bauformen gegenüber dem MXM-Standard sind aber der deutlich höhere Platzbedarf und die geringere Energieeffizienz.

Leistung ist nicht alles

In verschiedenen Spielautomaten finden sich etwa Grafikkarten aus der Nvidia-NVS-Baureihe im MXM-Format von PNY, einem Hersteller und Anbieter von Beschleunigerkarten für Computergrafiken, professioneller Grafik-Boards und anderen Speicherkomponenten. Bei der NVS-Baureihe handelt es sich um ­relativ einfache, passiv gekühlte PCI-­Express-1x-Karten im Low-Profile-Format. Diese dienen zum pixelweisen Ansteuern von zwei unterschiedlich auflösenden Monitoren. In der Anwendung kommt es darauf an, dass noch eine qualitativ hochwertige VGA-Schnittstelle vorhanden ist. Bei den großformatigen Geräten spielte der benötigte Platz nur eine untergeordnete Rolle.

Es gibt aber auch Anwendungsfälle, die eine hohe Grafikleistung bei gleichzeitig niedriger Leistungsaufnahme erfordern. Etwa bei mobilen Radargeräten wie sie im Infanterie- und Marinebereich zum Einsatz kommen. Hier sorgt die Grafikkarte zum einen für die Bildausgabe, zum anderen führt sie ein sogenanntes Postprocessing (Nachbearbeitung) über Open-GL Shader aus, um Bildelemente in Echtzeit anzupassen; etwa zur Helligkeits- oder Kontrastanpassung. Aufgrund der Rahmenbedingungen setzt der Hersteller hier auf das MXM-Format. Da die Geräte mobil sind und gegebenenfalls von Hand transportiert werden müssen, zählt jedes Gramm, das eingespart werden kann. MXM erlaubt hier deutlich kompaktere und leistungsoptimiertere Designs, was auch wieder der Gewichts Reduzierung auf der Akkuseite zugutekommt. Je nach gewünschtem Einsatzzweck lässt sich über die verschiedenen Module die Grafikleistung individualisieren.

Audi setzte bei seinem Auto-Infotainment-System auf das MXM-Format mit Quadro-Core-Tegra-CPU- und GPU-Kombination. Diese ermöglichen einen eventuellen späteren Austausch oder ein Upgrade.

Audi setzte bei seinem Auto-Infotainment-System auf das MXM-Format mit Quadro-Core-Tegra-CPU- und GPU-Kombination. Diese ermöglichen einen eventuellen späteren Austausch oder ein Upgrade.Audi

Modularer Alleskönner

Audi setzte bei seinem Auto-Infotainment-System ‚Modularer Infotainment-Baukasten‘ (MIB) auf das MXM-Format mit Quadro-Core-Tegra-CPU- und GPU-Kombination. Diese bilden im Zusammenspiel mit Arbeitsspeicher und I/O-Controllern ein Visual-Computing-Modul (VCM), welches einen eventuellen späteren Austausch oder ein Upgrade ermöglicht. Erstmals baute Audi im Jahr 2010 auf die Tegra-2-Plattform im damals aktuellen A8. Dazu kam dann 2013 der Tegra 3 im Audi A7 und der A3-Limousine in der Sportsback-Variante sowie in verschiedenen weiteren Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns.

Das vernetzte Audi-MIB-System befeuert Audi Connect, das Bilder von Google Earth abruft und kontinuierlich aktualisiert sowie mit 360°-Panorama-Aufnahmen von Google Street View kombiniert. Zusätzlich erleichtert es auch die Bereitstellung von anderen Online-Informationen wie Echtzeit-Benzinpreise, Wettervorhersagen und nahegelegene Sehenswürdigkeiten über die Google Local Search.

Highend-Grafikkarten am Flughafen

Öffentlichkeitswirksam setzt die Installation in der Gepäcksausgabehalle am Flughafen Wien ebenfalls auf das MXM-Format. 30 PNY-Grafikkarten, Modell Nvidia Quadro 4000, steuern in dieser Anwendung 120 Monitore an. Eine Grafikkarte versorgt vier Bildschirme mit jeweils Full-HD-Auflösung. Die Auflösung, welche eine einzelne Grafikkarte bewältigen muss, beträgt somit 7.680 mal 1.080 Pixel.

Auch bei dem Kunstprojekt ‚Zeitraum‘ der ARS Electronica am selben Flughafen, kommen Karten von PNY zum Einsatz. ARS Electronica ist ein Unternehmen, das sich mit der Verbindung zwischen Kunst, Technologie und Gesellschaft beschäftigt. Für das neue Terminal am Flughafen Wien entwickelt, interpretiert die interaktive Kunstinstallation den ein- und ausgehenden Flugverkehr in Echtzeit. Zeitraum besteht aus mehreren Stationen und begleitet die Passagiere auf ihrem Weg zum Flugzeug. Eine meterhohe Wand aus Bildschirmen überspannt die Ein- und Durchgänge zur Sicherheitskontrolle. 100 Grafikkarten der Nvidia-Quadro-2000-Baureihe versorgen die Monitore mit Bild­daten. Jeder, der sich dieser Wand nähert, löst virtuelle Schneeschauer aus herunterrieselnden Buchstaben aus. Unten angekommen, fügen sich die Buchstaben zu Texten, die wiederum die Topografie einer Landschaft formen. Der Flughafen Wien nutzt daneben 50 % der verfügbaren Zeit als Werbefläche.

Hier wurden Standard-PCI-Express-16x-Grafikkarten in ATX-Bauform eingesetzt. Räumlich wie auch von der Leistungsaufnahme her war es nicht notwendig, auf eine klassische Embedded-Lösung zu setzen. Allerdings erforderte die Anwendung eine lange Verfügbarkeit der Komponenten, einfache Wartung und garantierte, lange Standzeiten im Rund-um-die-Uhr-Betrieb.

Technik im Detail

Der MXM-Standard

Anfangs war MXM hauptsächlich für den Einsatz in Notebooks gedacht, um deren Entwicklung sowie Produktion zu vereinheitlichen, damit sie flexibler und preiswerter werden. Mittlerweile nutzen Anwender GPUs auf MXM-Modulen aber auch häufig für den Embedded-Bereich sowie für hochintegrierte Server-Systeme. Abseits der Verwendung als Grafikprozessoren finden sich auch einige Lösungen in verschiedenen Bereichen, welche nur die mechanischen MXM-Spezifikationen und Stecker nutzen.
Aktuell ist die MXM Version 3.1, daneben wird noch häufig die Version MXM 2.1a genutzt. Neben einigen technischen Erweiterungen haben sich hier hauptsächlich die mechanischen Abmessungen geändert. Daher sind MXM-2.1a- und MXM-­3.0-Module nicht miteinander kompatibel. Über den MXM Anschluss werden die PCI-Express-Signale, die Stromversorgung sowie sämtliche Bildsignale übertragen. Bei Version 2.1a gibt es zwei Varianten, eine Standardversion mit 230 Pins und eine High-End-Version (HE) mit zwei zusätzlichen Pins, um Module mit höherer Leistung mit ausreichend Strom zu versorgen. Ab Version 3.0 gibt es nur noch zwei Größen und einen auf 285 Pins erweiterten Stecker.
Die zusätzlichen Pins werden dabei größtenteils für weitere Display-Signale genutzt. Hier sind dann bis zu sechs individuelle, parallele Bildsignale möglich. Displayport, HDMI, VGA und DVI sind standardmäßig vorhanden, optional können Dual-Link-DVI, TV-Out und LVDS dazukommen. MXM definiert außerdem, wo die Hersteller GPU und Speicher auf dem Modul platzieren dürfen. Auch die maximale Höhe und die Anbindung an das Kühlsystem sind festgelegt.

Glossar

Kryptische Abkürzungen kurz erklärt

Api
Application Programming Interface. Eine Programmierschnittstelle (API) ist eine Schnittstelle für den Programmierer, auf der bestimmte interne Funktionsabläufe abstrahiert werden. Eine solche Schnittstelle besteht aus Funktionen, Konstanten sowie Variablen und stellt Befehle, Routinen und Makros als Programmierhilfen bereit.

Cuda
Parallele Berechnungsarchitektur des Grafikkarten-Herstellers Nvidia. Die Technik ermöglicht eine deutliche Steigerung der Rechenleistung, indem die Leistung des Grafikprozessors für ansonsten allein vom Hauptprozessor durchgeführte Berechnungen genutzt wird.

Direct3D
Bestandteil von Direct-X. Direct-X ist die von Microsoft für Windows entwickelte Programmierschnittstelle (API) für interaktive Technologien. Direct-X ist die Sammelbezeichnung für diverse APIs für grafische Funktionen (Direct3D), Sound, Multimedia und Streaming.

DVI
Digital Visual Interface. Ein Schnittstellenstandard für den digitalen Anschluss von LCD- und TFT-Displays, Projektoren oder Kameras.

HDMI
High-Definition Multimedia Interface. Eine kompakte Audio/Video-Schnittstelle, um unkomprimierte digitale Daten zu übertragen.

LVDS
Low Voltage Differential Signaling. Schnittstelle für Hochgeschwindigkeits-Datenübertragung. Ein Protokoll für Digital-Schnittstellen, das auch bei großen Kabellängen störsicher ist und wenig Leistung verbraucht.

Open-GL
Open Graphics Library oder Language. Eine Standardisierung für die Programmierschnittstellen (API) von 3D-Grafikkarten. Plattform und Betriebssystem-unabhängige Entwicklung der Khronos Group.

Open-CL
Open Computing Language,ist ebenfalls eine Programierschnittstelle (API) ähnlich wie Cuda zur Ansteuerung des Grafikprozessors für Rechen­intensive Aufgaben. Hardware und Software unabhängige Standardisierung durch die Khronos Group.

PCI-Express
Peripheral Component Interconnect Express, abgekürzt PCIe oder PCI-E. Ein Erweiterungsstandard zur Verbindung von Peripheriegeräten mit dem Chipsatz eines Hauptprozessors. PCI-E ist der Nachfolger von PCI sowie AGP und bietet im Vergleich zu seinen Vorgängern eine höhere Datenübertragungsrate.

Shader
Ein Shader ist ein Programm, welches auf der Grafikkarte läuft. Diese können zur Verbesserung von Grafikoberflächen und Texturen aber auch zur Berechnung genommen werden. Etwa für Finite Elemente oder zur Analyse von Bildinhalten

VGA
Video Graphics Adapter. Ein Darstellungsformat für grafische Bildschirmdarstellungen. Die Abkürzung wird häufig auch synonym für die Schnittstelle zwischen Grafikkarte und Monitor verwendet.

Stefan Hummel

ist Field Marketing Manager Emea bei der PNY Technologies Quadro GmbH in Würselen.

(dl)

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