Das US-Unternehmen SpaceX entwickelte für die Raumstation ISS zum Einstellen der Sonnensegel bürstenlose Motoren von Maxon.

Das US-Unternehmen SpaceX entwickelte für die Raumstation ISS zum Einstellen der Sonnensegel bürstenlose Motoren von Maxon. (Bild: Space Exploration Technologies Corp.)

Gleichstromantriebe gibt es als bürstenbehaftete, sogenannte DC-Motoren, und als bürstenlose Motoren, BLDC-Motoren. BLDC steht dabei für brushless DC, die beim Schweizer Antriebsspezialisten Maxon auch EC-Motoren heißen, mithin elektronisch kommutieren.

Für die Ewigkeit konstruieren?

Erstes Unter- und damit Entscheidungsmerkmal der Motoren ist die angestrebte beziehungsweise notwendige Lebensdauer eines Gleichstromantriebs: Beim DC-System mit Kommutierung, das heißt mit Bürsten, ist die Lebensdauer begrenzt. Normalerweise sind solche Motoren einige tausend Stunden im Betrieb, im besten Fall 10.000 Stunden.

Was aber auch passieren kann: Die Lebensspanne dauert weniger als 100 Stunden. Genau voraussagen lässt sich der Zeitpunkt nicht, da vieles von der Belastung abhängt und verlässliche Berechnungsalgorithmen fehlen. Hohe Ströme und Drehzahlen, häufiger Umkehrbetrieb und starke Vibrationen verringern die Lebensdauer. Oft braucht es deshalb einen Vergleich mit ähnlichen Anwendungen, um die Lebensdauer grob zu ermitteln. Dennoch: Es bleibt häufig eine Schätzung auf Basis von Erfahrungswerten.

Bei bürstenlosen DC-Motoren hingegen gibt es keine Schleifkontakte. Mithin sind die Kugellager der limitierende Faktor, der die Lebensdauer des Motors bestimmt. Und über Lager gibt es umfangreiches Wissen, sodass deren Lebensdauer ziemlich präzise vorhersagbar und auch viel länger ist. Ein typisches Lager hält mehrere 10.000 Stunden. Nach wie vor gilt aber: Für viele Anwendungen reicht eine Betriebsdauer des Motors von einigen 1.000 Stunden meist aus.

Die wichtigsten Motorentypen und Anwendungen im Überblick

Es gibt eine viele Arten von Elektromotoren, die sich in Bauweise, Funktionsweise und Anwendungsgebieten unterscheiden. Hier sind einige der gängigsten Typen und ihre typischen Einsatzbereiche:

  1. Gleichstrommotoren (DC-Motoren):

    • Bürstenbehaftete DC-Motoren: Werden häufig in Anwendungen eingesetzt, bei denen eine einfache Geschwindigkeitsregelung erforderlich ist, wie in Spielzeugen, Elektrowerkzeugen und Haushaltsgeräten.
    • Bürstenlose DC-Motoren (BLDC): Finden Verwendung in Anwendungen, die eine höhere Leistung und Effizienz erfordern, wie in Elektrofahrzeugen, Drohnen, Computerlüftern und in der Automatisierungstechnik.
  2. Wechselstrommotoren (AC-Motoren):

    • Asynchronmotoren (Induktionsmotoren): Sehr verbreitet in industriellen Anwendungen wie Pumpen, Lüftern, Förderbändern und in der Fertigungstechnik, wo Robustheit und einfache Wartung gefragt sind.
    • Synchronmotoren: Werden in Präzisionsanwendungen eingesetzt, wo eine konstante Geschwindigkeit erforderlich ist, wie in Uhren, Aufzügen und in einigen Arten von Generatoren.
  3. Schrittmotoren:

    • Werden in Anwendungen eingesetzt, die eine präzise Positionierung erfordern, wie in 3D-Druckern, CNC-Maschinen, Kameras und in der Robotik.
  4. Servomotoren:

    • Finden Anwendung in präzisen Steuerungs- und Positionierungssystemen, wie in Robotern, automatisierten Fertigungssystemen und in der Luft- und Raumfahrttechnik.
  5. Linearmotoren:

    • Werden für Bewegungen in einer geraden Linie eingesetzt, wie in Magnetschwebebahnen, automatisierten Fertigungslinien und in einigen medizinischen Geräten.
  6. Universalmotoren:

    • Können mit Gleich- oder Wechselstrom betrieben werden und werden oft in Haushaltsgeräten wie Staubsaugern und Küchenmaschinen verwendet.

Welches Drehzahl und Drehmoment-Niveau ist notwendig?

Mit einem bürstenbehafteten DC-Motor lassen sich Drehzahlen bis maximal 20.000 min -1 realisieren. Aber auch hier gilt: In den meisten Fällen liegt die Grenzdrehzahl bei DC-Motoren unter 10.000 min -1. Darüber nimmt die Lebensdauer des Motors aufgrund steigender elektrischer und mechanischer Abnutzung massiv ab. Ein von der Baugrösse und magnetischem Aufbau her vergleichbarer bürstenloser DC-Motor kann dagegen bei viel höheren Drehzahlen arbeiten, einzelne Varianten sogar über 100.000 min -1. Das prädestiniert diese Antriebe für Anwendungen wie Fräsen, industrielles Schneiden oder für spezielle Lüfter.

Interessant: Bürstenlose Motoren sind oft mehrpolig ausgeführt. Dies vergrößert das Drehmoment, allerdings auf Kosten der Drehzahl. Viele Anwendungen arbeiten ohnehin nicht in diesen Drehzahlregionen; können das zusätzliche Drehmoment aber gebrauchen. Dennoch: Hauptvorteil der bürstenlosen Motoren ist deren höheres Drehzahl-Niveau. Welche Drehzahlen und Drehmomente genau möglich sind, muss der Konstrukteur spezifisch für den verwendeten Motortyp klären.

Spezielle Umgebungsbedingungen: EC-Motoren dominieren

Das Bürstensystem von Gleichstrommotoren kann bei speziellen Anwendungen zu Komplikationen führen:

  • Bürstenfeuer verursacht elektromagnetische Störungen, die eventuell gedämpft werden müssen. Graphitbürsten erzeugen Graphitstaub, der Reinräume, Vakuum oder optische Anwendungen verunreinigen kann.
  • Graphitbürsten funktionieren nur in etwas feuchter Luft und mit Sauerstoff einwandfrei.
  • Edelmetallbürsten müssen geschmiert werden. Daraus folgt: Beide Bürstensysteme sind nicht für Hochvakuum-Anwendungen geeignet.
  • In zündfähigen Gasen können Funken Explosionen verursachen. Allerdings benötigt auch ein EC-Motor Modifikationen, um explosionsgeschützt zu sein.

Aus diesen Gründen sind die meisten Motoren für spezielle Umgebungsbedingungen bürstenlos. Dies gilt etwa für Anwendungen im Ultrahoch-Vakuum, in der Tiefenbohrung oder in sterilen Geräten für die Medizintechnik.

Einen Vergleich von DC-Motoren mit und ohne Bürsten liefert dieses Youtube-Video

Ansteuerung und Betrieb der Motoren

Wenn es um den praktischen Betrieb geht, gibt es keinen Motor, der sich so einfach betreiben lässt, wie der Gleichstrommotor mit Bürsten. Eine Spannung an beiden Anschlüssen genügt und der Motor dreht. Dagegen brauchen bürstenlose Motoren eine zusätzliche Kommutierungselektronik. Mithin ist die Verkabelung aufwendiger, weil bis zu acht Drähte anzuschließen sind.

Bei geregelten Antrieben ist die Situation anders: Meist kommen die Regler für Drehzahl, Position oder Drehmoment mit beiden Motortypen (DC und BLDC) gleich gut zu Recht. In beiden Fällen sind die Kosten für die Elektronik und den Feedbacksensor sowie der Verkabelungsaufwand sehr ähnlich.

Die Balkengrafik zeigt die prognostizierte Entwicklung des weltweiten Marktes für BLDC-Motoren bis 2032.
Die Balkengrafik zeigt die prognostizierte Entwicklung des weltweiten Marktes für BLDC-Motoren in Milliarden US-Dollar bis 2032 laut den Marktforschern von Precedence Research. Getrieben werde die Entwicklung vor allem durch die Bereiche Automobil und industrielle Automatisierung. (Bild: Precedence Research)

Die Bilanz des Praktikers

Bürstenbehaftete oder bürstenlose Motoren? Bei der Entscheidung spielen verschiedene Kriterien eine Rolle. Es gilt:

  • Sind besondere Drehzahlen erforderlich: bürstenlose Motoren
  • Falls lange Lebensdauer nötig: Vorteile für bürstenlose Motoren
  • Besondere Umgebungsbedingungen: Anpassungen bei bürstenlosen Motoren sind meist einfacher.
  • Verkabelungs- und Betriebsaufwand: Vorteile für Antriebe mit Bürsten

Am Ende hängt die Entscheidung – DC- oder BLDC-Motoren – von technischen Erwägungen ab. Aber auch ökonomische Überlegungen spielen eine Rolle. Wer zwischen allen Aspekten abwägt, findet sicher die richtige Lösung. Wer Hilfe bei der Antriebsauswahl möchte, der findet beim Antriebsspezialisten Maxon Motor entsprechende Expertise.

DC- und BLDC-Motoren: Das sind die Hauptunterschiede

DC-Motoren (Gleichstrommotoren):

  • Mechanische Kommutierung: DC-Motoren verwenden Kohlebürsten und einen mechanischen Kommutator, um die Drehrichtung des Motors zu ändern.
  • Weniger effizient: Da DC-Motoren eine mechanische Kommutierung verwenden, können sie weniger effizient sein als BLDC-Motoren. Die Kohlebürsten sind anfällig für Abnutzung und können Funken erzeugen, was zu einem Energieverlust führt.

BLDC-Motoren (Brushless Gleichstrommotoren):

  • Elektronische Kommutierung: BLDC-Motoren verwenden eine elektronische Steuerung, um die Drehrichtung des Motors zu ändern. Sie haben keine Kohlebürsten und einen mechanischen Kommutator, was zu einem höheren Wirkungsgrad führt.
  • Höhere Effizienz: Da BLDC-Motoren eine elektronische Steuerung verwenden, sind sie in der Regel effizienter als DC-Motoren. Sie haben keinen Funkenflug und weniger bewegliche Teile, was zu einem geringeren Energieverlust und einer längeren Lebensdauer führt.

Unterschiede von DC- und BLDC-Motoren in der Übersicht

DC-Motoren mit Bürsten

EC-, DC-Motoren bürstenlos

Lebensdauer Lebensdauer

DC-Motoren mit einigen Stunden Lebensdauer reichen meistens aus. Die Haltbarkeit hängt von Stromstärke, Drehzahl und Vibrationen ab und ist nur schwer voraussagbar.

Die Kugellager begrenzen die Lebensdauer von bürstenlosen DC-Motoren. Deren Abnutzung lässt sich jedoch präzise abschätzen. Üblich sind mehrere zehntausend Stunden.

Drehzahl Drehzahl

< 10.000 min-1

Erreichbare Drehzahlen von 10.000 min-1 sind meistens ausreichend. Höhere Drehzahlen verringern die Lebensdauer)

>120.000 min

Elektrisch kommutierte Motoren ermöglichen Drehzahlen bis zu 120.000 min-1 und somit für industrielle Anwendungen geeignet.

Spezielle Umgebungen Spezielle Umgebungen

Mögliche Komplikationen

Bürstenfeuer

  • Elektromagnetische Störungen in explosiver Umgebung

Abrieb der Graphitbürsten, deshalb nicht in:

  • Reimraumanwendungen,
  • Optischen Systemen und
  • Hoch- und Ultrahoch-Vakuum.

Schmierung der Edelmetallbürsten

  • Keine Anwendung im Hoch- oder Ultrahoch-Vakuum.

Leichter adaptierbar für

  • Hohe und tiefe Temperaturen,
  • Betrieb im Vakuum,
  • Betrieb im Öl,
  • sterilisierbar im Autoklav und
  • Vibrationen und Schocks

Betrieb

Betrieb

Gleichstrommotoren mit Bürsten lassen sich einfach betreiben, nur eine Spannung anlegen und der Motor dreht.

BLDC-Motoren benötigen eine Kommutierungs-Elektronik , nur damit sich der Motor dreht.

Dr. Urs Kafader

verantwortet seit 20 Jahren die technische Ausbildung bei Maxon Motor in Sachseln, Schweiz.

(sk)

Die wichtigsten Abkürzungen in den Bereichen Automotive und Elektronik

Automobil-Begriffe wie ABS und CAN gehörten zu den ersten TLAs (Three-Letter Acronyms, also Abkürzungen, die aus drei Buchstaben bestehen) im Automotive-Bereich, aber mittlerweile gibt es so viele Abkürzungen, dass selbst Experten manchmal ins Grübeln kommen – zumal die Abkürzungen mittlerweile nicht nur aus drei Buchstaben bestehen. Weil selbst Experten, die jeden Tag mit den Begriffen umgehen, manchmal durcheinander kamen, hat die Redaktion ein großes, ständig aktualisiertes Abkürzungsverzeichnis mit weit über 1.000 Einträgen erstellt, das der Übersichtlichkeit halber in mehrere Einzelbeiträge aufgeteilt ist. Zu den Rubriken zählen unter anderem ADAS und AD; Schnittstellen, Test, Diagnose und Frameworks; Elektromobilität;  IoT, Wireless, Netzwerk und Schnittstellen sowie viele weitere.

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