Festo hat seine Nachhaltigkeitsstrategie entlang der Strategischen Entwicklungsziele (SDGs) der Vereinten Nationen ausgerichtet. Dabei werden die Scope3-Emissionen eine wichtige Rolle spielen. Hierbei werden Emissionen durch Einkauf und Logistik auf der einen Seite und die Nutzung der Produkte bei den Kunden auf der anderen Seite betrachtet. Im jährlich erscheinenden Nachhaltigkeits-Bericht dokumentierte Festo anhand zahlreicher Beispiele seine globale Verantwortung und informiert über seine nachhaltige Unternehmensentwicklung. Dabei visualisiert das Unternehmen seinen Ansatz in der „Blue World“. „Damit wollen wir zum Ausdruck bringen, wie Automatisierungstechnik die Versorgung der Weltbevölkerung einerseits und den Schutz unserer natürlichen Ressourcen sowie eine klimaneutrale Produktion andererseits in ein Gleichgewicht bringen kann“, erläutert Dipl.-Ing. Dr. h.c. Oliver Jung, Vorstandsvorsitzender von Festo. Mit der Blue World wird veranschaulicht, wie Festo eine Transformation der industriellen Produktion in eine effiziente und klimaschonendere Art der Herstellung anstrebt. Der Technologieäquator steht für die heutigen und zukünftigen Technologiefelder. „Unsere Kunden nehmen uns zunehmend als Partner in diesem Prozess wahr. Gemeinsam mit uns können sie den Wandel der Industrie vorantreiben. Innovationen sind dabei der Schlüssel“, so Oliver Jung weiter. Den nächsten Entwicklungsschub für die industrielle Produktion sieht Festo in dem Wandel in Richtung einer konsequenten Kreislaufwirtschaft. Dieser Wandel birgt ein enormes Wachstumspotenzial und bewahrt gleichzeitig die natürlichen Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen. „In der Natur gibt es keinen Abfall und keine Verschwendung, wir müssen nur lernen, diese Prinzipien auf unser Wirtschaften zu übertragen. Deshalb arbeiten wir im Rahmen unseres Bionic Learning Network mit dem Projekt „PhotoBionicCell“ daran, diese Prinzipien auf die Automatisierung zu übertragen“, sagt Oliver Jung.
Automatisierte Kultivierung von Biomasse
Unsere Erde verändert sich in nie dagewesenem Maße. Die Weltbevölkerung wächst, die Folgen des Klimawandels sind spürbar. Wir erhalten uns eine lebenswerte Zukunft nur, wenn Menschheit, Tier- und Pflanzenwelt in einem harmonischen Gleichgewicht leben. Daher betrachtet das Esslinger Unternehmen die Bioökonomie als Wirtschaftssystem der Zukunft. „Unser Anspruch ist, einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität heutiger und kommender Generationen zu leisten, auch durch die Kultivierung von Biomasse im großen Stil durch unsere Automatisierungstechnik“, erklärt Dr. Elias Knubben, Vice President Corporate Research and Innovation. Das Bionik-Team beschäftigt sich verstärkt mit der Photosynthese. Mit dem innovativen Photobioreaktor lassen sich Algen automatisiert kultivieren und ihr Wachstum kontrollieren.
Algenzellen wandeln mittels Photosynthese in ihren Chloroplasten Sonnenlicht, Kohlendioxid (CO₂) und Wasser in Sauerstoff und chemische Energieträger oder organische Wertstoffe um. So wird die Biomasse im geschlossenen Kreislauf effizient und ressourcenschonend gezüchtet. Algen können mit der Automatisierungstechnik von Festo unter anderem durch optimale Begasung und Durchmischung einhundert Mal mehr Kohlendioxid binden als Landpflanzen wie Bäume oder Mais.
Als Produkte ihrer Stoffwechselvorgänge produzieren die Algen Fettsäuren, Farbpigmente und Tenside. Diese dienen als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Medikamenten, Lebensmitteln, Kunststoffen oder Kosmetika. Anders als Produkte auf Erdölbasis können die biobasierten Endprodukte meist biologisch abgebaut und – ganz im Sinne einer gesamthaften Kreislaufwirtschaft – immer klimaneutral rückgeführt werden. Zum Beispiel benötigt man für die Herstellung eines Shampoo-Behälters rund einen Liter Erdöl. Wird die Shampoo-Flasche nach der Nutzung verbrannt, setzt sie zusätzlich drei Kilogramm CO₂ frei und hat somit eine negative CO₂-Bilanz. Nutzt man stattdessen Bio-Kunststoff auf Basis von Algen, werden drei Kilogramm CO₂ gebunden, die bei der Entsorgung wieder frei werden. Somit ist der Kreislauf im Gleichgewicht.
Effiziente Photosynthese im Hightech-Bioreaktor
Für die Arbeiten zu PhotoBionicCell haben sich die Forscher aus dem Bionic Learning Network auf die Kultivierung der Blaualge Synechocystis fokussiert. Sie produziert Farbpigmente, Omega-3-Fettsäuren und Polyhydroxybuttersäure (PHB). Dieses gewonnene PHB lässt sich durch den Zusatz weiterer Stoffe unter anderem im 3D-Druck verarbeiten.
Eine große Herausforderung bei Bioreaktoren ist, die Menge der Biomasse genau zu bestimmen. Hierfür setzt Festo auf einen Quantentechnologie-Sensor des Start-ups Q.ANT. Dieser gibt präzise und in Echtzeit Auskunft über das Wachstum der Organismen. Die Algen werden ihm dafür automatisiert und kontinuierlich durch spezielle mikrofluidische Komponenten, beispielsweise Pumpen zur präzisen Steuerung kleinster Flüssigkeitsmengen, zugeleitet. Der Quantensensor ist in der Lage, einzelne Zellen optisch zu analysieren, sodass die Menge der Biomasse exakt ermittelt werden kann. Zusätzlich untersucht er die Zellen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) auf ihre Vitalität. Erst dadurch ist es möglich, vorrausschauend auf Prozessereignisse zu reagieren und regelnd einzugreifen.
Softwarelösungen für ein digitalisiertes Labor
In Laboren werden bisher viele Analysen von Hand gemacht. Das ist aufwändig und kann zu Fehlern führen. Durch die Automatisierung der Laboranlagen ließen sich zukünftig alle notwendigen Daten direkt und in Echtzeit ablesen. Daher haben die Forscher für PhotoBionicCell eine eigene Software entwickelt. Ihr Dashboard bildet mehrere Photobioreaktoren mit aktueller Datenlage und Live-Aufnahmen ab. So lassen sich rund um die Uhr auch aus der Ferne manuelle Parameteränderungen und die entsprechenden Auswertungen vornehmen. Die Nutzer können jederzeit auf Veränderungen im Bioreaktor reagieren und beispielsweise die Produkternte zum optimalen Zeitpunkt einleiten. Zur Auswertung der Daten setzt man auch KI-Methoden ein. Damit kann der Bioreaktor entweder auf die Vermehrung der Algenkulturen optimiert werden oder darauf, vorgegebene Wachstumsparameter bei minimalem Energieeinsatz zu erhalten.
Mit KI der Verschwendung auf der Spur
Hohe Energiepreise, steigender Kostendruck und das Ziel einer klimaneutralen Produktion machen Energieeffizienz zu einer Kernaufgabe in vielen Unternehmen. Die Festo Energy Saving Services nach DIN EN ISO 11011 bieten dafür ein maßgeschneidertes Dienstleistungsprogramm. Mit diesem können Energieeffizienzexperten gemeinsam mit den Anwendern Einsparpotentiale in der Nutzung von Druckluft ganzheitlich ermitteln und Lösungen für weniger Verbrauch aufzeigen, ab jetzt mit Künstlicher Intelligenz.
Will ein Nutzer die Energieeffizienz seines gesamten Druckluftsystems steigern und somit CO2-Emissionen reduzieren, kann er das Druckluft-Energieeffizienz-Audit von Festo einsetzen. Hier decken die Energieeffizienz-Experten Schwachstellen auf und weisen darauf hin, welche Maßnahmen sich beim Druckluftsystem des Kunden auszahlen. Diese werden im Festo Energy Saving Services Portal online gestellt, über das die Kunden einfach und strukturiert die Behebung von Mängeln wie z. B. Leckagebeseitigung überwachen können. Nicht zuletzt lassen sich dadurch die Energieverluste und der CO2-Ausstoß beziffern.
Das Druckluft-Energieeffizienz-Audit umfasst fünf Schritte: In den ersten drei Schritten analysieren Energieeffizienz-Experten die Drucklufterzeugung, die Druckluftaufbereitung und die Druckluftverteilung des Gesamtsystems, bevor sie sich den pneumatischen Anwendungen widmen, also den Maschinen und Anlagen selbst. Dabei analysieren sie die Energieeffizienz dieser Maschinen und Anlagen und orten Leckagen. Sie überprüfen, ob Antriebe, Ventile und Schläuche optimal dimensioniert sind, ob Blas- und Vakuumanwendungen effizient gestaltet sind und ob Installations- und Steuerungskonzepte optimiert werden sollten. Im fünften und letzten Schritt erarbeiten die Spezialisten ein Konzept für ein Druckluft-Monitoringsystem, mit dem dauerhaft die Energiezustände überwacht werden können.
Am Ende erhalten die Kunden einen ausführlichen Bericht mit genauer Dokumentation der Daten und nach Priorität gewichtete Handlungsempfehlungen. In der Dokumentation sind u.a. Energieverbrauch und -kosten, Leistungsreserven und CO2-Emissionswerte ausgewiesen, die viele Unternehmen zur Angabe in ihrem Nachhaltigkeitsbericht beispielsweise gemäß GRI oder GHG benötigen.
Mit Künstlicher Intelligenz und Machine Learning
Um kontinuierlich die Energieeffizienz einer Maschine oder Anlage beobachten und permanent bei energiefressenden Abweichungen von Sollwerten korrigierend eingreifen zu können, kann die Festo Automation Experience, kurz Festo AX, eingesetzt werden. Diese Tool ist eine einfach zu bedienende Lösung, mit der Anwender mittels Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning einen hohen Mehrwert aus den Daten erzielen kann, die aus den Maschinen und Anlagen kommen. Damit lässt sich nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch die Kosten für die Energie reduzieren und gleichzeitig Qualitätsverluste vermeiden.