Herr Dr. Zipse, welche Kundenanforderungen setzt Euchner mit der Zuhaltung um?
Hannes Zipse: Bei der Entwicklung standen besonders die Anforderungen der Verpackungsmaschinenhersteller im Fokus. Die optimale Zuhaltung für Anwendungen in diesem Bereich ist so kompakt, dass sie in bestehende Gestaltungskonzepte unauffällig integrierbar ist. Häufig nahe an der Produktion angeordnet, müssen die Komponenten resistent gegen unterschiedlichste Reinigungsmittel sein und eine hohe Schutzklasse erfüllen. Deshalb haben wir bei der Konstruktion die Prinzipien des ‚Hygienic Design‘ berücksichtigt. Und durch die kugelförmige Gestaltung des Betätigers kann der CTM auch bei sehr kleinen Türradien zum Einsatz kommen.
Erreicht die Zuhaltung bei den kompakten Abmessungen die notwendigen Kräfte?
Hannes Zipse: Die in diesem speziellen Bereich typisch erforderlichen Anforderungen an die Zuhaltekraft von bis zu 1 kN werden vom CTM übertroffen. Durch das bistabile Prinzip bleibt er bei Abschalten oder Ausfall der Spannung im aktuellen Zustand der Zuhaltung und kann so gleichermaßen für den Personen- und den Prozessschutz eingesetzt werden.
Die in zwei Stärken angebotene Rastkraft sorgt dafür, dass die Türen nach einer Entriegelung nicht aufspringen. Bei der Vorstellung des CTM bei ersten Pilotkunden zeigt sich immer deutlicher, dass die kompakte Bauform und die unkomplizierte Handhabung auch außerhalb der Verpackungsmaschinenindustrie positiv auffallen und eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten erschließen; Überall dort, wo kleine Türen mit relativ geringen Kräften sicher zugehalten werden müssen, ist der CTM eine interessante Option.
Sie sprechen davon, dass Ihr neuer Sicherheitsschalter eine der kleinsten seiner Klasse sei. Ist theoretisch noch eine kleinere Zuhaltung möglich oder ist das Maximum an „Miniaturisierung“ erreicht?
Hannes Zipse: Der Wunsch nach dem ‚unsichtbaren Sicherheitsschalter‘ ist schon sehr alt. Da wir bei normengerechten Zuhaltungen für den Personenschutz aber immer eine mechanische Verriegelungsfunktion realisieren müssen, setzt uns die Mechanik bei der Miniaturisierung Grenzen. Schließlich muss der Schalter in der Regel Zugkräfte in der Größenordnung von 1000 N aufnehmen.
Die mechanische Bewegung des Sperrmittels erfolgt heute meist über die Ansteuerung von Elektromagneten. Es gibt auch Lösungen über Stellmotoren. Generell, beide Methoden erfordern einen gewissen Bauraum, der sich nicht beliebig minimieren lässt. Weniger relevant für die Größe des Schalters ist die Elektronik. Durch eine weitere Integration von Funktionen ließe sich die Leiterplatte sicherlich weiter verkleinern.
Wenn der CTM so klein ist, wie sieht es mit der Verdrahtung aus. Ist dafür noch Platz?
Hannes Zipse: Bei der Anschlusstechnik setzen wir abhängig von der Baugröße auf unterschiedliche Steckverbinder in M8, M12 oder M23 mit Pig-Tail oder fest angeschlossene Leitungen. Gerade bei Zuhaltungen ist die hohe Anzahl der Informationen zu berücksichtigen, die für den Anwender interessant sein können und übertragen werden müssen.
Häufig wird nicht nur der für die funktionale Sicherheit entscheidende Zustand der beiden OSSD-Signalausgänge abgefragt, sondern auch die Türstellung selbst. Außerdem muss der Zuhaltemagnet angesteuert werden, wobei in einigen Anwendungen sogar eine zweikanalige Ansteuerung gefordert wird, um das erforderliche Sicherheitslevel zu erreichen. Bei einer Reihenschaltung mehrerer Zuhaltungen werden zwei zusätzliche Signale benötigt, um mit dem Nachfolger in der Kette zu kommunizieren.
Die Anzahl der erforderlichen Pins im Stecker steigt dann schnell an. In einen M12-Anschluss passen heute bis zu zwölf Pins – was für einige Anwendungen auch erforderlich sein wird. Häufig reichen aber auch acht Kontakte. Mit dem M12/8-poligen Steckverbinder kann der Kunde auf kostengünstige Standardkabel zurückgreifen.
Sollte man hier nicht auch in Richtung ‚Wireless-Verdrahtung‘ denken?
Hannes Zipse: Grundsätzlich ist es zwar möglich, auch sichere Signale drahtlos zu übertragen. In der Praxis wird dies jedoch aus Verfügbarkeitsgründen kaum eingesetzt. Wie bereits erwähnt: Einer Verkleinerung von Zuhalteschaltern sind in erster Linie mechanische Grenzen gesetzt. Der Platzbedarf für den elektrischen Anschluss ist da weniger entscheidend.
Aktuell ist Ihr Sensor IO-Link fähig. Wie sieht es mit IO-Link-Safety aus?
Hannes Zipse: Für die Kommunikation unserer Sicherheitsschalter untereinander steht die Euchner-eigene Kommunikation zur Verfügung. Im Schaltschrank werden die nicht-sicheren Signale aus der Reihenschaltung durch das Hutschienengerät ESM-CB in IO-Link übersetzt, die dann ein IO-Link-Master weiterverarbeiten kann.
Davon getrennt werden die sicheren Signale bereitgestellt. Mit IO-Link Safety würde dies entfallen und auch die sicheren Signale könnten über einen entsprechenden IO-Link-Safety-Master ausgewertet werden. Aktuell gibt es am Markt noch keinen IO-Link-Safety-Master. Vielleicht sehen wir erste Geräte auf der SPS. Selbstverständlich beobachten wir die Entwicklung genau und stellen uns als Spezialisten der funktionalen Sicherheit diesen Anforderungen. Sicherlich werden wir mittelfristig IO-Link-Safety-fähige Produkte auf den Markt bringen.
Das Interview führte IEE-Chefredakteur Stefan Kuppinger
Euchner auf der SPS 2019: Halle 7, Stand 280
Kompakter Sicherheitsschalter
Der Sicherheitsschalter mit Zuhaltung CTM baut mit Abmessungen von 120 x 36 x 25 mm wirklich kompakt, lässt sich demzufolge nahezu unsichtbar in Maschinen integrieren. Der Elastomer-gelagerte Kugelbetätiger gestattet selbst die Absicherung von Türen mit kleinen Schwenkradien ab 150 mm.
Mit einer speziellen Hygieneausführung ist der Schalter besonders für die Lebensmittel- oder Pharmabranche geeignet. Die bistabile Zuhaltefunktion sorgt dafür, dass die Zuhaltung bei Stromausfall oder beim Abschalten der Anlage im aktuellen Zustand verbleibt: So bleibt die Tür zugehalten, wenn sie vorher bereits zugehalten war. War die Zuhaltung vorher nicht aktiviert, lässt sich die Tür ebenso beliebig öffnen und schließen. Ein unbeabsichtigtes Einschließen von Personen bei Stromausfall ist somit praktisch unmöglich.
Im Hinblick auf Industrie 4.0 lässt sich der Sicherheitsschalter mit anderen Geräten des Unternehmens in Reihe schalten. Die integrierte Schnittstelle ermöglicht zudem die Anbindung an das Auswertegerät ESM-CB, das die Daten via IO-Link an die übergeordnete Steuerungsebene weitergibt.
(sk)