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Verschließ-Anwendung mit dem PR02 Hubdreh-Motor (Bild: LinMot)

Verpackungsmaschinen sind gnadenlos: Zu große Schwankungen der Verschließkraft, des Verschließmoments oder der Aufpresskraft und schon muss das komplette Gebinde entsorgt werden. Oft reichen dafür schon wenige mNm Abweichung vom vorgegebenen Drehmoment.

Immer mehr Anwendungen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie stellen solch hohe Anforderungen an den Verschließprozess. Dementsprechend wächst der Wunsch nach feinfühligen Lösungen. Variantenfertigungen, Null-Fehler-Produktionen oder moderne Industrie-4.0-Konzepte mit ihrem Datenhunger tun ihr Übriges dazu, dass Schraub- und Montagevorgänge flexibler und kontrollierter sein müssen als zuvor. Dies setzt voraus, dass das Drehmoment und der Drehwinkel des rotativen Antriebs sowie die Vorschubkraft und die Position des linearen Antriebs im Rahmen der kombinierten Hub-Dreh-Bewegung beim Verschließvorgang jederzeit bekannt sind und sich präzise regeln lassen.

Lin Mot hat Mitte 2018 eine neu konzipierte Hub-Dreh-Motorserie vorgestellt, die über ein hohes Niveau bei der Überwachung und der genauen Ausführung von Hub-Dreh-Operationen verfügt. Zudem stellen sie zu jedem Verschließvorgang die gesammelten Prozessdaten zur Verfügung.

Integrierte Messtechnik erhöht Genauigkeit

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Eingebaute Komponenten des PR02 Hubdreh-Motors LinMot

Bei der Motorserie PR02 sind nicht nur ein Linearmotor und ein Servomotor in einem Gehäuse untergebracht, sondern es gibt auch noch Platz für weitere Ausstattungsoptionen. So können Anwender den Drehmotor mit integriertem Drehmomentsensor und einem Kraftsensor or-dern. Damit lassen sich ohne externe Messtechnik mit hoher Auflösung, Reproduzierbarkeit und Präzision die tatsächlich erreichten Istwerte der Prozessparameter Drehmoment, Drehwinkel, Hub/Position und Vorschubkraft lückenlos und verifiziert erfassen.

Die Genauigkeit der Kraft- und Torque-Sensoren des bereits in Serie erhältlichen Motortyps PR02-52 (100 mm max. Hub, 255 N max. Vorschubkraft, 2,2 Nm max. Drehmoment) ist besser/gleich 1 % des Nennwerts. Bei der optionalen Drehmomentmesswelle mit einem Messbereich von 2,5 Nm gibt es also Messergebnisse mit einer Genauigkeit von ±0,025 Nm. Diese Werte eignen sich zur Dokumentation jedes Verschließvorgangs oder zur weiteren Prozessanalyse direkt vom Motor via analoger Signalschnittstelle oder vom Servoregler via Feldbus an die SPS. Dort stehen sie für den Aufbau geschlossener Regelkreise oder für weitere Analysen zur Verfügung.

Online-Diagnose und Fehlerbehebung

Vorteile der
Direktantriebs-
technik

Die bei den Hub-Dreh-Motoren zum Einsatz kommende Direktantriebstechnik ist für weitere charakteristische Produktmerkmale verantwortlich: Sie ermöglicht es beispielsweise, dass sowohl die Hub- als auch die Drehbewegung ohne Riemen, Getriebe/Gewindetriebe, Pneumatikzylinder oder Hubkurven berührungslos erzeugt wird. Zudem lassen sich die Bewegungen unabhängig voneinander über programmierbare Profile steuern.

Hub-Dreh-Motoren vereinen damit hohe Flexibilität mit Dynamik und Geschwindigkeit sowie Verfügbarkeit und weitgehender Wartungsfreiheit. Gegenüber pneumatischen Lösungen sind sie zudem sauberer, leiser, kompakter und energieeffizienter.

Eine Online- oder Offline-Auswertung der Werte gewährt einen Einblick in den Verschließprozess. So kann je nach Anwendung beispielsweise nicht nur erkannt werden, ob beispielsweise eine Schraube zu fest oder zu locker angezogen wurde, sondern auch, ob sie falsche Dimensionen besitzt, verbogen ist, schief eingeschraubt oder überrattert wurde. Fehlende Unterlegscheiben lassen sich ebenso detektieren wie gebrochene Werkstücke oder Werkzeuge. Sich langsam ändernde Werte ermöglichen zudem Rückschlüsse auf eine anstehende Wartung der mechanischen Komponenten des Schraubsystems oder einen Verschleiß des Werkzeugs.

Da sich die Bewegungsprofile bei Direktantrieben frei programmieren lassen und die Sensordaten in Echtzeit vorliegen, können Anwender auftretende Fehler gegebenfalls korrigieren, das Gebinde automatisch ausschleusen oder für die Nacharbeit vorbereiten. So kann etwa ein fehlerhaft aufgebrachter Verschluss sofort wieder abgedreht werden, um die Nacharbeitszeit zu verkürzen oder die Entsorgung zu vereinfachen.

Durch den Wegfall externer Sensoren sowie der zugehörigen Kabel und bewegten Teile (zum Beispiel Schleppkabel) vereinfachen sich die Konstruktion und die Wartung des Verschließsystems. Bei einem vertikalen Einbau des Hub-Dreh-Motors kann der Maschinenbauer zudem ohne zusätzliche externe Bauteile eine Kompensation der bewegten Last einbauen und das Absacken der Achse im stromlosen Zustand verhindern, da das Motorgehäuse auch noch Platz für eine magnetische Feder vom Typ MagSpring bietet. Auch eine Vakuum-/Druckluftdurchführung haben die LinMot-Konstrukteure im buchförmigen, nur 399 x 135 x 50 mm großen, harteloxierten Gehäuse des PR02-52 untergebracht. Trotz der gebündelten Leistung weist es keine Kühlrippen oder schlecht zu reinigende Winkel und Ritzen auf, was den Motor zusätzlich für einen Einsatz in Reinraumumgebungen qualifiziert.

Belastbare Daten durch Redundanz

Seitenansicht des PR02 Hubdreh-Motors mit einem max. Hub von 100 mm. LinMot

Seitenansicht des PR02 Hubdreh-Motors mit einem max. Hub von 100 mm. LinMot

Vom hohen Integrationsgrad der LinMot-Lösung profitiert unmittelbar auch der Endanwender: Das Schraubsystem ist deutlich weniger komplex, erfordert weniger Platz und lässt sich bei einem Ausfall einfacher und schneller tauschen. Aufgrund der reduzierten Teilezahl verringern sich zudem die Fehleranfälligkeit und der Logistikaufwand.

Aber noch wichtiger in sicherheitsrelevanten Anwendungen: Die Daten der integrierten Sensoren lassen sich mit den redundanten Informationen aus den Stromdaten der Servoregler verifizieren. Liefert beispielsweise der Torque-Sensor einen Wert für das Drehmoment, der nicht mit dem Sollwert aus der Ansteuerung des Rotationsmotors übereinstimmt, kann ein Defekt der Drehmomentmesswelle vorliegen, der ohne die Redundanz möglicherweise erst einmal unentdeckt bliebe.

Produktfamilien mit Zukunft

Wer nicht ganz so feinfühlige Verschließbewegungen oder belastbare Sensordaten für seine Anwendung benötigt, kann auf die optionalen Sensoren der PR02-Motoren verzichten oder die Hub-Dreh-Motoren der Serie PR01 einsetzen. In beiden Fällen stehen dem Anwender die Sollwerte der Bewegungsanteile aus dem Servoregler zur Nutzung zur Verfügung. Da sich beide Motorserien auch wegen ihrer unterschiedlichen Bauform (PR02: Linearmotor und Drehmotor Motor parallel angeordnet, kürzeres, dickeres Buchformat; PR01: Linearmotor und Rotationsmotor hintereinander angeordnet, zylindrisch schlanke Bauform) kaum in den Anwendungen überschneiden, baut LinMot beide Serien parallel weiter aus.

Beispielsweise gibt es ab dem 1. Quartal 2019 den PR02-88. Dieser Hub-Dreh-Motor kennzeichnet sich durch einen maximalen Hub von 300 mm, eine Nennkraft von 145 N und ein Drehmoment von bis zu 8,9 Nm. Damit ist er für Anwendungen wie Trigger- und Pumpspray-Verschließer prädestiniert. Für Mitte 2019 plant Lin Mot die Einführung des PR02-38 als kleinere Version des PR02-52. Er eignet sich für leichtere Pick&Place- sowie Biege- oder Aufpress-Operationen. Parallel erweitert das Unternehmen die PR01-Familie um den Dreh-Hub-Motor PR01-70. Dieses Modell ist noch kompakter als der bereits seit einiger Zeit verfügbare ­PR01-84, bietet aber nahezu die gleichen Kraftdaten.

Hannover Messe 2019: Halle 16, Stand F16

Franz Joachim Roßmann

Technikjournalist aus Gauting bei München

(ml)

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NTI AG LinMot & MagSpring

Bodenaeckerstrasse 2
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