Automation

Zugang zum Shop erhalten Personen mit einem im System registrierten RFID-Badge. (Bild: Digi Sens)

Wallbox
Nur eine Person kann den Shop zu einer Zeit betreten (Wallbox signalisiert Rot). (Bild: Digi Sens)

Automatisierte Geschäfte, die rund um die Uhr geöffnet haben und ohne Kassenpersonal auskommen, nennt man Cashierless Stores. Die Kunden melden sich über eine Smartphone-App an, über die auch die Bezahlung abgewickelt wird. Solche Lösungen sind attraktiv für den Lebensmittel-Einzelhandel, gefallen aber auch Online-Anbietern, die festgestellt haben, dass man Lebensmittel erfolgreicher über eine physische Präsenz vor Ort verkauft. Amazon macht gerade mit seinen „Amazon Go Groceries“ erste Gehversuche in mehreren US-Städten. Diese Geschäfte bieten ein Sortiment wie normale Supermärkte. Hunderte hochtechnisierte Sensoren an der Decke erfassen den Kunden und das was er aus dem Regal entnimmt bzw. wieder zurücklegt. Auf diese Weise wird sein Einkauf vollautomatisch erfasst und man erspart ihm den Self-Checkout, also das Scannen der eingekauften Waren. Die Abrechnung erfolgt über das gewohnte Amazon-Konto des Kunden.

Eine Nummer kleiner, nämlich nur 18 m² groß ist der Voi-Cube der schweizerischen Handelskette Migros. Damit will Migros außerhalb der Ladenöffnungszeiten und in strukturschwachen, ländlichen Gebieten ein ausgewähltes Produktspektrum anbieten. Nur eine Person kann nach dem Einchecken über eine Smartphone-App diesen begehbaren Kiosk betreten. Die Kundendaten sind über die App bekannt, sodass darüber die Abrechnung vorgenommen werden kann. Die Erfassung der Einkäufe erfolgt noch über den Self-Checkout, aber Migros denkt bereits auch über ein automatisches System nach.

Auf die Schnelle

Das Wesentliche in 20 Sek.

  • Automatisierte Geschäfte, die rund um die Uhr geöffnet haben und ohne Kassenpersonal auskommen.
  • Lösung: ein begehbarer Kiosk mit Zugangskontrolle über Kreditkarte und automatisierter Erfassung des Einkaufs und der Abrechnung.
  • Türsteuerung sorgt dafür, dass immer nur eine Person den Raum betreten kann.
  • Industrie 4.0 ist jetzt auch in der Intralogistik angekommen.

Auch die Materialbewegungen überwachen

Waage
Alle Warenbewegungen, Entnahmen und Rückgaben, werden von elektronischen Waagen automatisch erfasst. (Bild: Digi Sens)

Während die Bezahlprozesse beim Online-Handel oder bei bargeldlosen Bezahlsystemen weitgehend gelöst sind, bereitet die automatisierte Erfassung der Einkäufe noch Probleme. Auch wenn das Sensorsystem der Amazon-Läden präzise auf die Regal-Position ausgerichtet wurde, kommt es noch vor, dass es übersieht, dass ein Artikel wieder zurückgelegt wurde. Anders der Self-Checkout der Migros-Lösung, der aber keine Sicherheit davor bietet, dass unabsichtlich oder aber auch gewollt Artikel an der Kasse vorbei den Ausgang passieren.

Dabei gibt es bereits seit vielen Jahren eine sehr sichere und bewährte Methode der Bestandsüberwachung. Digi Sens mit Sitz im schweizerischen Murten, hat mit ihrem e-nventory-System die Überwachung der Entnahme und Rückgabe von Artikeln aus Lagern perfektioniert. Das jüngste Produkt des Unternehmens ist der DShop. Es ist, ähnlich dem Voi Cube, ein begehbarer Kiosk mit Zugangskontrolle über eine Kreditkarte und automatisierter Erfassung des Einkaufs und der Abrechnung. Den DShop kann ebenfalls nur eine Person betreten, somit sind alle Warenbewegungen dieser Person zweifelsfrei zuzuordnen.

Michael Kuster, Marketing- und Vertriebschef von Digi Sens, sagt dazu: „Der DShop basiert auf einer robusten Technologie, mit der wir schon seit über 20 Jahren Lager in der Industrie automatisieren. In unserem automatischen Lager wird über Sensoren die Anzahl der Artikel an jeder Lagerposition elektronisch überwacht. Beim e-nventory System sind es digitale Waagen, welche für die Bestandsüberwachung automatisch, präzise und weitaus zuverlässiger als beispielsweise Kamerasysteme sorgen. Diese bewährte Technik, ergänzt um eine intelligente Türsteuerung und ein softwarebasiertes Abrechnungssystem, das ist die Philosophie des DShops. So gesehen, ist der Shop die logische Weiterentwicklung unserer bisherigen Lagersysteme.“

Digi Sens beliefert traditionell Kunden aus der Industrie. Die mit dem System mögliche elektronische Bestandserfassung war eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung neuer dezentraler Lösungen für die Materialversorgung in der Produktion. Moderne Systeme tauschen die Bestandsdaten über die Cloud aus. So können die Vorräte auch an weltweit verteilten Standorten jederzeit eingesehen und überwacht werden.

Wunschversorgung am Arbeitsplatz

Check-Out
Das Betreten der „Check-Out-Zone“ löst die Buchung auf das Konto des Mitarbeiters aus. (Bild: Digi Sens)

Auf Basis dieser Technologie können dort Lager eingerichtet werden, wo der Bedarf tatsächlich besteht, bevorzugt bestückt mit den dort benötigten Artikeln. Solche dezentralen Lager bieten Zeit- und Kostenvorteile, weil lästige Wege zur zentralen Warenausgabe entfallen. Das ist besonders sinnvoll für Mitarbeitende, die beispielsweise in einem hygienisch geschützten Bereich, zum Beispiel in der Pharmaindustrie oder in Kliniken, arbeiten. Die Verfügbarkeit der richtigen Materialien vor Ort erspart umständliche und zeitraubende Prozeduren beim Verlassen und Betreten dieser Bereiche.

Als kompakte Lösung bewährt sich schon seit einigen Jahren der I-Cupboard als automatisches Warenausgabesystem. Der i-cupboard ist ein Ausgabesystem in Schrankform, dessen Türen sich, wie beim DShop, nur mithilfe eines RFID-Badges öffnen lassen. Über den Besitzer der Karte erfolgt die Zuordnung zu Kostenstellen oder aktuellen Projekten. Auch das automatische Warenausgabesystem erfasst die Lagerbestände und informiert über jede einzelne Materialentnahme mit Zeit, Anzahl Artikel und entnehmende Person. Jeder dieser Schränke kann bis zu 104 verschiedene Artikel in den handelsüblichen Lagerboxen aufnehmen. Geplant ist der Einsatz in Industrie-Unternehmen, im Lebensmittelsektor, sowie in Krankenhäusern und Tierarztpraxen.

Die Schranklösung kommt dann an ihre Grenzen, wenn die Produkte, die am Arbeitsplatz benötigt werden, nicht nur die Größe von Schrauben oder Einmalhandschuhen haben. Man denke da an ganze Baugruppen oder Kabel oder Schläuche auf Trommeln, also Teile, die mehr Platzbedarf als eine handelsübliche Lagerbox haben. „Der Schritt zum Cashierless Store war tatsächlich nicht sehr weit“, sagt Michael Kuster. Je nach Bedarf kann der DShop in einem Container, einer eingezäunten Regal-Insel oder in einem separaten Raum realisiert werden. Bei der Ausstattung des Shops mit Regalen und der Bestückung mit Artikeln hat der Nutzer alle Freiheiten. Der Zugang erfolgt über eine elektronisch verriegelte Tür. An der außen angebrachten Wallbox weist sich die Person ähnlich wie beim I-Cupboard mit ihrem persönlichen Badge aus. Möglich ist auch die Abfrage zusätzlicher Angaben wie Projektnummer und Kostenstellen, bevor sich die Tür öffnet.

Die Türsteuerung sorgt dafür, dass immer nur eine Person den Raum betreten kann. Auf diese Weise können die Materialbewegungen zweifelsfrei dieser Person zugeordnet werden. Ganz intuitiv kann man Artikel entnehmen oder auch wieder zurücklegen. Das Betreten der am Boden eingezeichneten Check Out Zone löst beim Verlassen des Raumes die Buchung der Materialentnahmen aus. Die Auflistung der entnommenen und/oder zurückgelegten Artikel erhält der Besucher in wenigen Sekunden an der Wallbox in Gestalt eines Ausgabe-Bons. Der Shop ist als Baukasten konzipiert und lässt sich beliebig erweitern. Der Basis-Kit besteht aus der Türmechanik, der Wallbox mit Touchscreen, dem Badge-Lesegerät und dem Basis Controller für die Bewirtschaftung von bis zu 500 Artikeln.

Wenn der Lieferant dem Kunden folgt

Inzwischen haben die Zulieferer die Ausgabesysteme als Point-of-Sales in den Räumlichkeiten ihrer Kunden für sich entdeckt. Sowohl die Schranklösung I-Cupboard als auch das Ausgabelager werden immer öfter als Verkaufskiosk genutzt, der rund um die Uhr verfügbar ist. Befinden sich die Nutzer nicht in einer Fabrikhalle, sondern draußen auf Baustellen, nimmt der Kiosk idealerweise die Gestalt eines Containers an. Der typische Einsatz sind Großbaustellen, vor allem im Industrie- und Anlagenbau. Oft ist der Großhandel der bevorzugte Lieferant der dort tätigen Handwerker. Am Shop-Container können sie bargeldlos, nur mit ihrer persönlichen Karte, die Waren beziehen, welche sie auf der Baustelle benötigen.

Die elektronische Bestandserfassung ist der Wegbereiter für zwei wichtige Trends in der Industrie: zum einen die nahtlose Einbindung externer Lieferanten in die interne Materialversorgung, zum anderen die Errichtung dezentraler, bedarfsgesteuerter Lager vor Ort. Dies verlangt nicht nur ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen zwischen Beschicker und Abnehmer, sondern auch eine zuverlässige, über Ortsgrenzen hinweg verfügbare Technik. Denn erst wenn der Lieferant über die tatsächliche Bestandsentwicklung an den Standorten seiner Kunden in Echtzeit informiert wird, kann er bedarfsgerecht und pünktlich nachliefern. „Industrie 4.0 ist jetzt endlich auch in der Intralogistik angekommen“, freut sich Michael Kuster.

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