Die von Logicals und dem Christian-Doppler-Labor CDL-Flex an der Technischen Universität Wien entwickelte, offene Integrationslösung für den Einsatz heterogener Engineering-Software basiert auf drei Ebenen. Die erste Ebene ist die technische Integration der beteiligten Software-Werkzeuge. Diese werden an den sogenannten Automation Service Bus (ASB) angebunden. Die zweite Ebene ist die semantische Integration. Sie bildet die unterschiedlichen Repräsentanzen der Engineering-Objekte auf ein gemeinsames virtuelles Datenmodell im Projekt ab. Die dritte und letzte Ebene ist die Prozessintegration. Sie erlaubt es, mit den technisch und semantisch integrierten Werkzeugen abgestimmte Prozesse umzusetzen und auch weitere Dienste anzubinden.

Das Grundprinzip der Integration selbst besteht jeweils darin, dass zunächst die gemeinsamen Konzepte identifiziert werden, die für die Kooperation zwischen unterschiedlichen Fachbereichen und Rollen im Projekt wesentlich sind. Dabei wird die Integrationsbreite auf genau die Engineering-Objekte – etwa Signale, Geräte und Funktionen – abgestimmt, in denen sich die beteiligten Fachbereiche auf Projektebene austauschen. Danach erfolgen auf der offenen ASB-Plattform die technische Integration der Werkzeuge und die semantische Integration der Engineering-Objekte. Bislang mussten Fachexperten zwischen gemeinsamen Konzepten und lokalen Repräsentationen aufwändig übersetzen, um Routinevorgänge wie Änderungsmanagement oder Projektfortschrittserfassung durchzuführen. Die semantische  Integration ermöglicht eine für Maschinen verständliche Darstellung dieser Konzepte und ihre Abbildung auf domänenspezifische Repräsentationen und erlaubt so das Automatisieren von Engineering-Abläufen. Im dritten Schritt werden die den Prozess unterstützenden Anwendungsfälle umgesetzt und erforderliche Mehrwertkomponenten integriert, um das Engineering effizienter und einfacher zu machen. Drei Anwendungsfälle zeigen, wie es funktioniert.

Anwendungsfall 1: Software-Werkzeuge übergreifendes Änderungsmanagement

Im Engineering industrieller Anlagen haben Planänderungen in einem Fachbereich oft Auswirkungen auf Pläne in anderen Bereichen. Die Software-Werkzeuge arbeiten aber nicht nahtlos zusammen. Daher stellt die korrekte und effiziente Weitergabe und Pflege von Engineering-Objektdaten eine große Herausforderung dar. Übergreifendes Änderungsmanagement erlaubt das automatische Verteilen von Änderungen über die Integrationsanwendung und verringert so den Aufwand in Software-Werkzeugen anderer Bereiche.

Die Integration erlaubt nicht nur den Austausch und Abgleich von Daten, sondern auch das automatische Erkennen von Änderungen und Konflikten und das zielgenaue Informieren der relevanten Fachexperten im Projektteam. Durch den gewählten Ansatz lassen sich auch vor Ort vorgenommene Änderungen erfassen. Dadurch werden Planungsänderungen effektiv, effizient und robust erkannt und verteilt. Fehler und Risiken durch inkonsistente Anlagenpläne werden verringert. Außerdem werden Konflikte bei parallelen Änderungen einfach und schnell gefunden und gelöst.

Anwendungsfall 2: Aktueller Projektüberblick mit dem Engineering Cockpit

Das parallele und verteilte Entwickeln von Planungsdaten der unterschiedlichen Fachbereiche erschwert das Projektmanagement und schränkt den kontinuierlichen Überblick über den realen Projektfortschritt ein. So werden Risiken und Verzögerungen oft erst kurz vor Projektmeilensteinen erkannt und effizientes Gegensteuern wird verhindert.  Insbesondere Planungsänderungen, die spät im Projekt erforderlich werden, sind oft nur unzureichend sichtbar und für Verbesserungen kaum analysierbar.

Sobald die Engineering-Gruppen lokale Änderungen an Planungsdaten über den ASB abgleichen, ermöglicht das webbasierte Engineering Cockpit durch die systematische Integration der relevanten Datenmodelle kontinuierlich und ohne Zusatzaufwand eine Projekt- und Prozesssicht über Fachbereiche hinweg. In rollenorientierten Benutzersichten, etwa als Manager oder Ingenieur mit bestimmtem Fachbereich, können nach Gewerk, Objekttyp oder Bereich konfigurierbare Auswertungen zum Projektfortschritt oder zu Risikoindikatoren, wie beispielsweise verspätete Änderungen an freigegebenen Datenbeständen, durchgeführt werden.

So erhält das Projektmanagement anhand von realen Planungsdaten auch zwischen Meilensteinen eine Bereiche-übergreifende Projekt- und Fortschrittssicht. Das Qualitätsmanagement ist in der Lage, Risikofaktoren, wie etwa eine unerwartet große Anzahl von Änderungen an Engineering-Objekten, im Projekt frühzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu setzen.    Für das Nachforderungsmanagement lassen sich einfach Unterlagen gewinnen, die den vom Auftraggeber ausgelösten Änderungsaufwand belegen.

Anwendungsfall 3: Effiziente Inbetriebnahme mit Laufzeitdaten zu Engineering-Objekten

Um das Anlagenverhalten bewerten zu können, muss insbesondere während der Inbetriebnahme, aber auch zur Instandhaltung und im Fall von Störungen häufig eine Fachbereiche übergreifende Sicht auf Signale oder Geräte hergestellt werden. Das bedeutet, dass beispielsweise aus dem R&I-Schema Prozesskontext und Typ eines Sensors gewonnen werden müssen, aus dem Elektroplan die Verdrahtung bis zur Klemme und aus dem Funktionsplan die Verschaltung in der Automatisierungsapplikation. Und dann muss auch noch der aktuelle Zustand geeignet ermittelt werden.

Wenn der ASB die Repräsentationen der Engineering-Objekte in der Laufzeitumgebung und in den Software-Werkzeugen verknüpft, ermöglicht dies in mehrfacher Hinsicht, den Aufwand zu verringern. So lässt sich nicht nur zwischen für Fachbereiche spezifischen Plänen direkt navigieren, um zum Beispiel  aus dem Funktionsplan direkt zum Verwendungsort eines Signals im Elektroplan zu gelangen, sondern es können in derartigen Plänen auch gleich die zugehörigen aktuellen Werte aus der Anlage angezeigt werden. Damit erlaubt die Integrationsanwendung nicht nur Querverweisbezüge herzustellen und zu verfolgen, sondern auch aus den eingesetzten Software-Werkzeugen heraus erstellte PDF-Dokumente einzubinden und darin kontinuierlich aktualisierte Laufzeitdaten anzuzeigen.

Das führt zu einer effizienten Navigation zwischen Anlagenplanungsdaten in unterschiedlichen Software-Werkzeugen – zwei Sekunden statt zwei Minuten. Fehler bei der Inbetriebnahme lassen sich vermeiden und Fehlerursachen lassen sich schneller finden, da die Laufzeitdaten direkt und ohne weiteres Suchen im Kontext ersichtlich sind.

SPS/IPC/Drives 2011
Halle 7A, Stand 138 

Ao. Univ.Prof. Dr. Stefan Biffl, Dr. Alois Zoitl und Heinrich Steininger

: Ao. Univ.Prof. Dr. Stefan Biffl Leiter des Christian Doppler-Forschungslabors CDL-Flex an der Technischen Universität, Wien (Österreich). Dr. Alois Zoitl Koordinator CDL-Flex Modul 2 an der Technischen Universität, Wien (Österreich). Heinrich Steininger Geschäftsführer der Logicals GmbH in Oberwölbling (Österreich).

(mf)

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