Wie haben sich die Anforderungen an die Umsetzung eines HMI/Scada-Projekts in den vergangenen drei Jahren gewandelt?
Der Markt hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert: Die Ansprüche an eine HMI/Scada-Lösung steigen kontinuierlich. Die Aufgaben, die eine Software bewältigen muss, werden immer vielfältiger und immer komplexer. So wird die Integrationsfähigkeit und die Plattformunabhängigkeit einer Software immer wichtiger – das reibungslose Zusammenspiel der Software mit jeder marktüblichen Hardware, Datenbank oder ERP-Anwendung. Zudem fordern heute mehr und mehr Kunden, dass eine HMI/Scada-Lösung nicht mehr nur die klassischen Kennzahlen wie Störmeldungen, Ereignisse oder Grenzwerte liefert, sondern auch Produktionskennzahlen und Medienverbräuche. Gerade in der Lebensmittelbranche stellen wir das fest. Hier erwarten Kunden Antworten, wie sie betriebswirtschaftlicher produzieren können. Eine Scada-Lösung muss diese Antworten liefern: Betriebsdaten erfassen, Produktionskennzahlen darstellen, Medienverbräuche analysieren – und das durchgängig von der Warenaufnahme bis zur Warenabgabe.
Eine weitere Anforderung des Marktes ist es, für eine einfache und komfortable Bedienung zu sorgen. Die Argumente für benutzerfreundliche Lösungen liegen auf der Hand: hohe Akzeptanz der Anwender, wenige Fehleingaben, niedriger Trainingsaufwand. In Konsequenz bedeutet dies für Unternehmen weitere Kostensenkungen. Firmen, die das Thema Usability ernst nehmen, werden langfristig erfolgreicher am Markt agieren.

Was muss eine HMI/Scada-Lösung heute kennzeichnen?
Die Durchgängigkeit ist sicher einer der wichtigsten Faktoren: Durchgängigkeit von der Datenerfassung in der Produktion bis hin zur Archivierung der Daten. Effizientes Engineering spielt ebenso eine Rolle. Vorgefertigte Tools ermöglichen es, Projektierer von einem Großteil der manuellen Prozesse zu befreien, einen hohen Grad an Automatisierung zu erzielen und gleichzeitig die Fehlerhäufigkeit drastisch zu reduzieren. In einem Projekt in der Automobilindustrie kommt heute beispielsweise ein Zenon-Tool zum Einsatz, das ein SPS-Programm für Stellgeräte interpretiert und automatisch das passende Projekt erzeugt. Damit hat sich der Arbeitsaufwand an dieser Stelle von zwei Stunden auf zwei Minuten reduziert.

Welche weiteren Anforderungen stellen Kunden an eine moderne HMI/Scada-Lösung?
Ein weiteres Entscheidungskriterium bei der Wahl einer HMI/Scada-Lösung ist die Modularität. Modularität bietet für den Kunden die Möglichkeit, eine Softwarelösung anzuschaffen, die exakt auf seine Bedürfnisse abgestimmt ist. Die Lösung lässt sich dann bei steigenden Anforderungen um zusätzliche Funktionen erweitern – bedarfsgerecht, zeitlich flexibel und kosteneffizient. Gleichzeitig muss gegeben sein, dass der Anwender unter vielen Modulen auswählen kann, die die Produktionsprozesse optimal unterstützen und Sicherheit schaffen: Funktionen für das Alarmmanagement und vorbeugende Wartung sowie Module für die Analyse, die wiederum Zusammenhänge in der Produktion aufzeigen und Aufschlüsse über Optimierungspotenziale geben.

Wo hakt es bei der Implementierung von HMI/Scada-Lösungen?
Ein wichtiges Kriterium für die erfolgreiche Umsetzung eines HMI/Scada-Projekts ist Connectivity, denn grenzenlose Kommunikation, Offenheit und Integrationsfähigkeit bilden die Basis für eine durchgängige und vor allem zukunftsorientierte Lösung. Nicht alle Lösungen können dies heute bieten. Dabei gilt es jedoch nicht, eine One-Vendor-Strategie zu fahren. Denn eine One-Vendor-Strategie bietet zwar den vermeintlichen Vorteil der Durchgängigkeit, ist jedoch risikoreich für den Kunden. Denn er begibt sich in ein Abhängigkeitsverhältnis. Unsere Empfehlung lautet, eine Lösung zu wählen, die in ihrer Technologie und in ihrem Leistungsumfang die Anforderungen exakt abbildet und gleichzeitig absolute Integrationsfähigkeit mitbringt. Der Kunde muss die Wahlfreiheit behalten – heute und in Zukunft.

Wo sehen Sie die Notwendigkeit von individuellen Kommunikationsschnittstellen, an welcher Stelle sind Standardschnittstellen das Maß aller Dinge?
Beide – sowohl individuelle als auch standardisierte Schnittstellen – haben ihren Wert und ihre Bedeutung für Unternehmen. Standardisierte Schnittstellen eignen sich vor allem für kleine und mittlere Leistungsanforderungen, bezogen auf die Geschwindigkeit und Performance. In Großprojekten ist es jedoch oftmals nötig, auf individuelle Erweiterungen zu setzen, um beispielsweise die gewünschten Datenverdichtungen zu erzielen
und – falls nötig – schnell agieren und reagieren zu können. Oftmals gibt es auch die Anforderung, kundenspezifische Geräte oder individuelle Systemlösungen zu integrieren – dies lässt sich dann oftmals nur über individuelle Schnittstellen erreichen.

Welche Ihrer Kunden setzen bereits heute ein SAP-Interface ein – mit welchem Ergebnis und welchen Erfahrungswerten?
Ein Beispiel hierfür ist Audi Hungaria. Das ungarische Unternehmen fertigt Vier-, Fünf-, Sechs-, Acht-, Zehn- und Zwölfzylinder sowie einige Sondermotoren. Die Motorenfertigung und -prüfung werden durch moderne Fördertechnik und eine effiziente Transportabwicklung optimal unterstützt. Seit 2005 sorgt Zenon in der Fördertechnik für die Visualisierung aller Status- und Bedieninformationen an zentraler Stelle. Die Abläufe sind – just in time, just in sequence – durch die Aufzeichnung wichtiger Daten wie etwa Palettennummer, Motornummer, Motortyp und Lagerbewegung transparent. Ziel war es, das SAP-ERP-System mit dem Prozessleitsystem zu koppeln und so für einen reibungslosen Datenaustausch und eine optimal koordinierte Transportabwicklung zu sorgen. Heute können die Bediener im Audi Werk in Ungarn zu jeder Zeit nachvollziehen, wo sich welcher Motor wann befindet. Zusätzlich ermöglicht der Datenaustausch zwischen Prozess und ERP eine Transportvorbereitung exakt nach Lieferbedarf. Damit ist die Wirtschaftlichkeit der Motorenförderanlage gesichert: Der logistische Aufwand ist auf ein Minimum reduziert, der Zeitaufwand und die Kosten sind gesunken.

Welche künftigen Entwicklungen können wir im HMI/Scada-Markt erwarten?
Internationalisierung kennzeichnet die Zukunft der Industrieautomation. International tätige Konzerne erwarten heute, dass eine weltweit eingesetzte Lösung auf jeder Plattform lauffähig ist. Jedoch rückt die Hardware in ihrer Bedeutung zunehmend in den Hintergrund. Mit der Internationalisierung steigen vor allem die Anforderungen an die Software bei der Planung und Umsetzung sowie im Betrieb von Industrieprojekten. Dies umfasst, dass eine Software multilingual arbeitet, denn in Produktionsumgebungen ist es nicht automatisch gegeben, dass jeder Mitarbeiter Englisch spricht. Wichtiger ist jedoch, dass die Software sowohl in der Maschinenführung ein effizientes Werkzeug für den Bediener darstellt als auch auf Scada-Ebene alle Aufgaben wie die Auswertung der Produktions- und Verbrauchskennzahlen erfüllen kann.

Melanie Feldmann

: Redakteurin IEE

(mf)

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