Der PGV-Sensor kombiniert drei Technologien zu einer flexiblen Lösung für fahrerlose Transportsysteme: Optische Farbbandverfolgung zum ­Fahren, Data-Matrix-Codes zur Positionierung und Steuercodes zur Navi­gation.

Der PGV-Sensor kombiniert drei Technologien zu einer flexiblen Lösung für fahrerlose Transportsysteme: Optische Farbbandverfolgung zum ­Fahren, Data-Matrix-Codes zur Positionierung und Steuercodes zur Navi­gation.Pepperl+Fuchs

Position Guided Vision, kurz: PGV, heißt ein neues Positioniersystem, das 2D-Kamera, LED-Beleuchtung, Signalverarbeitung und Feldbusschnittstellen in einem robusten Gehäuse kombiniert. Mit diesen Eigenschaften eignet sich das PGV für die Integration in fahrerlose Transportsysteme und autonom navigierende Fahrzeuge in der Intralogistik. Planern von Fertigungs- und Transportprozessen bietet das Verfahren mehr Flexibilität und Freiheitsgrade bei der Streckenführung. Dafür sorgt die variable Kennzeichnung der Routen: Wegstrecken, Kreuzungen, Verzweigungen, Pufferstrecken oder Übergabeplätze lassen sich per Farbbänder und Data-­Matrix-Kennzeichnung einrichten und bei Bedarf ebenso schnell ändern. Die optische Spurführung bietet eine Reihe von Vorteilen:

  • Streckenparcours können mit Farbbänder leicht angelegt, geändert und ergänzt werden.
  • Fahrwege sind für Personen gut erkennbar und werden nicht zugestellt.
  • Die umständliche Programmierung von Hallenlayouts oder die Position von Reflektoren entfällt.
  • Farbbänder kosten weniger als eine induktive Spurführung und funktionieren unabhängig von Metall oder Unebenheiten im Hallenboden.

Das PGV unterstützt Transportgeschwindigkeiten bis 6 m/s. Selbst bei dieser für FTS hohen Geschwindigkeit bleibt die Spurtreue mit 0,2 mm gegeben, auch dann, wenn Verschmutzungen oder Beschädigungen des Farbbandes, Glanzreflektionen des Hallenbodens oder Fremdlicht herkömmliche optische Systeme längst ausbremsen. Für das Kamerasystem spielt die Farbe der Bänder keine Rolle. Einzig der Kontrast zum Boden zählt. Dementsprechend sollten bei einem dunklen Bodenbelag helle Farbbänder gewählt werden beziehungsweise dunkle bei hellen Böden. Diese Flexibilität hat wiederum Vorteile bei der im Produktionsumfeld gängigen Einteilung der Arbeitsbereiche durch farbige Markierungen auf dem Boden.

Abbiegevorgänge im Streckenverlauf werden mit seitlich angebrachten Steuercodes (Detailbild) eingeleitet.

Abbiegevorgänge im Streckenverlauf werden mit seitlich angebrachten Steuercodes (Detailbild) eingeleitet.Pepperl+Fuchs

Farbband-Verfolgung und Codelesung per BV-Sensor

Basistechnologie des PGV ist ein bildverarbeitender Kamerasensor, der innerhalb eines Feldes von 120 mal 80 mm zweidimensionale Bilder aufnimmt und gleichzeitig das Farbband sowie die entlang des Fahrwegs angebrachten Data-Ma­trix-Codes erfasst. Die Ausleuchtung des Kamerafelds übernimmt eine integrierte LED-­Beleuchtung. Sie sorgt in der ‚Region of Interest‘ für ein hohes Detektionsvermögen – unabhängig von den wechselnden Umgebungsbedingungen in der Produktion. Aufgrund der Fremdlichtempfindlichkeit von mehr als 100.000 Lux und dem Anbringungsort unterhalb des Fahrzeugs können Reflexionen und Umgebungslicht keine Störungen verursachen. Zudem entfällt das bei anderen Systemen notwendige Kontrastband zur Unterscheidung der optischen Farbleitspur vom Bodenbelag. Die Parametrierung des PGV, beispielsweise die Spurbreite, Protokoll-Anpassungen für die Kommunikation mit dem Leitsystem, Funktion der Control-Codes und Fahrzeugsteuerung, kann wahlweise mit einem PC-basierten Parametriertool oder mithilfe von Codekarten erfolgen.

Wenn Positionen exakt anzufahren sind, etwa Lagerpositionen oder Übergabestationen, kommen Klebebänder mit Data-Matrix-Codes zum Einsatz.

Wenn Positionen exakt anzufahren sind, etwa Lagerpositionen oder Übergabestationen, kommen Klebebänder mit Data-Matrix-Codes zum Einsatz.Pepperl+Fuchs

Für die Intralogistik prädestiniert

Mobile Sensorapplikationen in der Intralogistik erfordern besondere Auslegungsmaßnahmen, um dauerhaft eine hohe Verfügbarkeit von Anlagen sicherzustellen. Der PGV als derzeit einzige Kombination von Farbband-Verfolgung zum Fahren, Data-Matrix-Codes zur Positionserfassung und Steuercodes zur Navigation trägt den Anforderungen dieses anspruchsvollen Einsatzgebiets Rechnung. Untergebracht in einem kompakten Gehäuse aus stoß- und schlagfestem Kunststoff (PC/ABG) hält der Sensor, der in etwa 100 mm Abstand zum Hallenboden an der Fahrzeugunterseite montiert wird, auch gelegentlichen Berührungen mit kleineren Gegenständen auf dem Fahrweg (Palettensplitter oder Packmaterialien) stand. Aufgrund der Kameratechnologie gibt es im PGV keine beweglichen Teile, die Fahrzeugvibrationen beschädigen und zu einem Ausfall des Sensors führen könnten. Dieser statische Aufbau trägt ebenso zu einer hohen Verfügbarkeit bei wie die Dimensionierung des ­Lesefensters: Sie sorgt dafür, dass das beliebig farbige, 10 mm bis 40 mm breite Spurband auch bei Lücken oder Verschmutzungen bis 60 mm Länge noch ­sicher erkannt wird und das FTS seine Fahrt ohne Unterbrechung fortsetzt.

Zudem ermöglicht das große Lesefeld auch bei engen Kurvenradien eine präzise Spurführung. Aufgrund der Schutzart IP67 des Gehäuses lassen sich auch Outdoor-Strecken realisieren und im Logistik-Konzept einer Fertigung berücksichtigen.

Hochzeit im Automobilbau: Über ein Data-Matrix-Codeband erfolgt die exakte Positionierung der FTS.

Hochzeit im Automobilbau: Über ein Data-Matrix-Codeband erfolgt die exakte Positionierung der FTS.Pepperl+Fuchs

Spurassistent und Tempomat inklusive

Die Kombination aus hell ausgeleuchtetem Detektionsfeld und hoher Auflösung versetzt den PGV in die Lage, das Farbband in Y-Richtung zu erkennen. Mehr noch: Spurabweichungen und der Winkel zur Idealspur werden ebenso ermittelt. Das schafft die Voraussetzungen für eine automatische Korrektur der Fahrtrichtung des FTS. Mithilfe der Data-Matrix-Codes, die als Kennzeichnungen entlang des Streckenverlaufs angebracht sind, lässt sich die Fahrzeugposition erfassen und definierte Abbiegevorgänge einleiten. Zudem kann bei Nutzung eines speziellen Data-Matrix-Codebands anstatt des Spurbands auch die Geschwindigkeit des Fahrzeugs gesteuert werden.

Auch bei der Einbindung des Sensorsystems in die Steuerungstechnik des FTS wurde auf Flexibilität geachtet: Das Datenübertragungsprotokoll ist offen gestaltet. Dadurch lässt sich das Positioniersystem – zusätzlich zur RS485 – über eine Universalschnittstelle an gängige Feldbusse wie Profibus, Profinet, CANopen und Ethernet/IP anbinden und so flexibel in jedes Leitsystem integrieren.

Der Einsatz als Positioniersystem für fahrerlose Transportsysteme in der Intralogistik sowie in der Lager- und Fördertechnik ist eine naheliegende Zielapplikation. Seine Eigenschaften erschließen dem PGV darüber hinaus viele weiterer Anwendungs­felder: In der Automobilindustrie etwa als Positionier- und Navigationslösung für freifahrende Skids, oder als elektronischer Wegweiser zu Nachbearbeitungsplätzen oder zu den Ladestationen des FTS. In Bodenlägern, aber auch zur Verbindung von Fertigungsstationen kann das PGV halbautomatischen Gabelhubwagen den Weg zu den Palettenstellplätzen oder zu Behälterbahnhöfen weisen. Realistische Szenarien sind ebenso Einsätze als Transportplattform in Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen sowie im aufstrebenden Markt der mobilen Servicerobotik.

Armin Hornberger

ist Produktmanager Industrial Vision Components im Geschäftsbereich Fabrikautomation bei der Pepperl+Fuchs GmbH in Mannheim.

(sk)

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Pepperl+Fuchs SE

Lilienthalstraße 200
68307 Mannheim
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