Auf zwei Stanzanlagen und zwölf Schweißlinien produziert Voestalpine Europlatinen lasergeschweißte Platinen. Bisher mit Excel, jetzt produktiver mit einem MES.

Auf zwei Stanzanlagen und zwölf Schweißlinien produziert Voestalpine Europlatinen lasergeschweißte Platinen. Bisher mit Excel, jetzt produktiver mit einem MES.Voestalpine

Die Vorherrschaft von Excel in Produktionsplanung und Logistik von Voestalpine Europlatinen verhinderte eine flexible und umfangreiche IT-basierte Planung. Das führte dazu, dass alle Auswertungen von Produktions- und Logistikdaten mit hohem Aufwand verbunden waren. „Entsprechende Datenqualität und Datenintegrität waren nicht gewährleistet“, fasst es Thomas Nolz, IT-Koordinator und Projektleiter MES bei Voestalpine Europlatine, zusammen. Durch das manuelle Erfassen der Maschinenzeiten und unterschiedliche Interpretationsmethoden war auch keine Objektivität gegeben. „Was wir aber brauchten, war eine Planungsstabilität und damit objektive Leistungsdaten – ebenso eine effizientere Abwicklung in der Wertschöpfungskette und eine massive Optimierung unserer Administration“, so der Projektleiter weiter.

Die Anforderungen an ein MES waren daher klar: „Wir wollten ein MES mit Feinplanung inklusive Schichtplanung, Maschinenanbindung und einer Schnittstelle zum führenden System SAP – und das alles möglichst als Standardlösung“, so Nolz. Denn die Feinplanung im SAP-Standard reichte für die Anforderungen des Stahlproduzenten nicht aus und wäre zudem in der Erweiterung mit APO (Advanced Planner & Optimizer) auch nicht rentabel gewesen.

Anwender im Detail

Voestalpine Europlatine

Voestalpine Europlatinen ist eine Tochter des Stahlkonzerns Voestalpine aus dem österreichischen Linz. Mit 200 Mitarbeitern fertigt das Unternehmen auf zwei Stanzanlagen und 12 Schweißlinien jährlich mehr als 15 Millionen lasergeschweißte Platinen mit linearen, semi-linearen und nicht-linearen Nähten, ultrahochfeste Platinen (phs-ultraform), Kleinformate, Prototypen und Aluminium lasergeschweißte Platinen sowie Präzisionsstanzteile. Eingesetzt werden sie beispielsweise im Automobil für Seitenwände, Innentüren sowie für B-Säulen im Bereich der Innenkarosserie.

Doch nicht nur das Produkt, sondern auch der Hersteller stand im Fokus des Entscheidungsprozesses: „Der Software-Produzent musste ein stabiles Unternehmen mit Mindestgröße und einem entsprechenden wirtschaftlichen Erfolg sein.“ Am Ende der Auswahlphase fiel die Entscheidung auf Cronetwork des MES-Spezialisten Industrie Informatik. Die MES-Standardlösung erfüllte die Anforderungen bis ins Detail. Nolz erläutert: „Dazu wollten wir die Konsistenz, die Integrität und die Qualität aller Daten und Informationen erhöhen – und das alles ohne Funktionen gegenüber den aktuellen Lösungen abzubauen. Außerdem wollten wir alle relevanten Excel-Dateien ablösen.“ Eine automatische Zeiterfassung der Maschinendaten wurde ursprünglich ausgeklammert, im Laufe des Projekts aber als wesentlich betrachtet und ebenfalls umgesetzt.

Reibungslos integrieren mit klarer Strategie

Laut Nolz waren mit der Umsetzung des Gesamtprojekts 15 Mitarbeiter rund 3.000 Stunden beschäftigt. Anbieterauswahl, Vorarbeiten in SAP, Anbindung des Konsignationslagers der Lieferanten sowie Vorarbeiten in der Materialverfolgung bis hin zum Echtstart waren die dabei zu bewältigenden Aufgaben. Die Implementierungsstrategie war besonders wichtig, wie Thomas Nolz erläutert: „Was uns sehr geholfen hat, waren die vorab angefertigte und durchdachte Prozessdarstellung und die Beharrlichkeit in der Definition der Standard-Prozesse.“

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"Die Flexibilität und Anpassungsmöglichkeiten des MES waren die entscheidenden Faktoren für die erfolgreiche Umsetzung." Thomas Nolz, IT-Koordinator & Projektleiter MESVoestalpine

Nach Einführung der Cronetwork-Module Feinplanung, BDE (Betriebsdaten), MDE (Materialdaten), PZE (Personalzeit) für Bewertung und Personalplanung sowie Produktionsinfo mit KPI (Key Performance Indicators) deckt der Standard der Software bereits 85 % der Anforderungen des Linzer Stahlunternehmens ab. Zusatzentwicklungen fanden hauptsächlich in der Erweiterung und im Ausbau bereits vorhandener Funktionen statt. Bei den Lagereinheiten wurde eine Funktion und Schnittstelle für Europlatinen entwickelt, die es ermöglicht, im MES erstellte Lagereinheiten an SAP zu übertragen und im SAP Warehouse Management, das im Versandlager zum Einsatz kommt, weiter abzuwickeln. Dabei verwenden beide Systeme die gleiche Referenznummer.

Detaillierter Blick in die Produktion

Insgesamt nutzen 160 Mitarbeiter des Zulieferers das MES – darunter die technische Geschäftsführung sowie Mitarbeiter im Büro, in der Produktionsplanung und natürlich in der Produktion. Einsatzschwerpunkte liegen bei der technischen Geschäftsführung und in der Produktionsleitung. Sie arbeiten mit Auswertungen zu Produkt- und Anlagenkennzahlen als Basis für Planung und Kalkulation. Das Controlling nutzt sowohl direkte (MES) als auch indirekte (SAP) Auswertemöglichkeiten.

Ziel der MES-Einführung war es, Produktionsplanung, Administration und Produktion flexibler und effizienter zu gestalten. Aktuell arbeiten über 160 Mitarbeiter mit dem MES, von der Produktion bis in die Geschäftsführung.

Ziel der MES-Einführung war es, Produktionsplanung, Administration und Produktion flexibler und effizienter zu gestalten. Aktuell arbeiten über 160 Mitarbeiter mit dem MES, von der Produktion bis in die Geschäftsführung.

In der Produktionsplanung dient das Modul ‚Feinplanung‘ als Fortführung zum SAP-MRP-Lauf (Material Requirements Planning). „Die PZE wird bei uns nur dazu verwendet, um unser komplexes Schichtmodell in Zusammenspiel mit der Feinplanung der Anlagen abbilden zu können. Dazu kommen die Betriebsdatenerfassung mit automatischer Erfassung der Stillstandszeiten aller Serienanlagen und teilweise auch die automatische Erfassung der Stillstandsgründe“, berichtet Nolz. Auftragsbuchungen für Menge und Zeit, Auswertungen aller Art mit Kennzahlen, Mengen und Zeiten auf Basis von Anlagen und Produkten komplettieren das System. „Wertvoll sind auch Auswertungen, um Fehler bei Buchungen zu finden, zur Materialverfolgung sowie Tagesberichte mit einer Kennzahlenübersicht auf Basis der Anlagen“, so Thomas Nolz weiter.

Für die Zukunft wird die Integration des MES mit SAP weiter verstärkt, indem die Schnittstelle zur Synchronisation der Systeme überarbeitet und der Datenaustausch damit beschleunigt wird. Weiter soll eine Erstellung von Lagereinheiten nicht nur für Einlagerung und Verarbeitung im Versand, sondern auch für die gesamte Produktion möglich sein. Damit wird, auf Basis von Lagereinheiten, die Verwaltung und Findung von Material innerhalb des Produktionsprozesses vereinfacht.

Tino Böhler

ist freier Journalist in Dresden.

(mf)

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