Der Netlink Proxy wird auf die Profibus-DP-Buchse des Slaves gesteckt und über die Spannungsversorgung des Feldgeräts mit Energie versorgt

Der Netlink Proxy wird auf die Profibus-DP-Buchse des Slaves gesteckt und über die Spannungsversorgung des Feldgeräts mit Energie versorgtHilscher

Als offener Industrial Ethernet-Standard bietet Profinet eine Reihe von Vorteilen: Profinet nutzt TCP/IP und setzt auf gängige IT-Standards. Das Ethernet-basierte System ist nicht nur echtzeitfähig, es ermöglicht auch die direkte Integration von Feldbus-Systemen. So lässt sich vom Feldgerät über die Leitebene bis hinauf zur Produktionssteuerung eine transparente Ethernet-Infrastruktur realisieren.

Praktiker wissen es zu schätzen, dass sie sich bei Profinet nicht mehr um lästige Dinge wie Adressschalter oder Abschlusswiderstände kümmern müssen. Bei Feldbussen sorgt das auch heute noch für ungewollten Aufwand bei der Inbetriebnahme oder dem Wiederanlauf nach einem Gerätetausch. Zudem lässt sich die Netzwerk-Topologie gezielt den Anforderungen anpassen, da bei Profinet Stern-, Linien- und Ringstrukturen kombiniert werden können. Das summiert sich bei der Inbetriebnahme zu einer großen Zeitersparnis. Von der spürbar höheren Performanz im Betrieb ganz zu schweigen.

Transparente Kommunikation über alle Ebenen

Daher ist es nachvollziehbar, dass sich immer mehr Unternehmen vom herkömmlichen Profibus trennen und bei einer Aktualisierung oder Neuinstallation ihres Automationssystems zu Profinet migrieren. Wobei die damit verbundenen Vorteile ganz besonders für Industriezweige interessant sind, in denen es auf eine lückenlose Qualitätssicherung ankommt und eine durchgängig nachvollziehbare Dokumentation jedes einzelnen Produktionsschritts gefordert wird. Ein Anspruch, der heute nicht nur auf die Produktion von Lebensmitteln und pharmazeutischen Produkten zutrifft, sondern immer häufiger auch andere Industriezweige betrifft. Gerade der Automotive-Bereich hat in Sachen Qualitätssicherung einen hohen Standard entwickelt und eine lückenlose Prozessdaten-Dokumentation aufgebaut, die von der Entstehung jeder einzelnen Komponente bei den Zulieferern bis zur Endmontage reicht.

In der Praxis werden solche Prozesse zur Qualitätssicherung vor allem auf Leitsystem-Ebene verwaltet, wobei die darunter liegende Steuerungsebene die erforderlichen Prozessdaten liefert – fortlaufend und in Echtzeit. Die daraus generierten Qualitätsdaten werden dann in speziellen Qualitäts-Datenbanken archiviert. Dieser Kommunikationsprozess ist erheblich transparenter, wenn über alle Ebenen hinweg dasselbe Kommunikationssystem zum Einsatz kommt: Profinet.

Der Profinet-Proxy macht aus Profibus-Geräten einen vollwertigen Profinet-Teilnehmer.

Der Profinet-Proxy macht aus Profibus-Geräten einen vollwertigen Profinet-Teilnehmer.Hilscher

Damals wie heute: die Schnittstellenproblematik

Profinet ist zwar auf dem Weg zum Standard in der Automatisierungstechnik. Doch diese Entwicklung unterstützt nicht jeder Hersteller gleichermaßen, beispielsweise wegen Engpässen bei den Entwicklungsressourcen oder aus Kostengründen. Daher gibt es noch immer unzählige Feldgeräte, die nach wie vor nur über eine Profibus-Schnittstelle verfügen. Besonders Hersteller hochspezialisierter Feldgeräte, die eher in kleineren Stückzahlen verkauft werden, scheuen den relativ hohen Entwicklungsaufwand, den ein Upgrade auf Profinet mit sich bringt. Das ist der Grund, weshalb es noch zahlreiche Mess-, Codier- und Erfassungsgeräte ohne Profinet-Anschaltung gibt.

Hinzu kommt: In jeder Branche gibt es Prozessschritte, die schon seit vielen Jahren bestens eingespielt sind und reibungslos funktionieren. Anlagenbetreiber schrecken bei einer Modernisierung bestehender Produktionsanlagen daher aus verständlichen Gründen vor einer grundlegenden Änderung zurück und belassen es lieber bei der bestehenden Gerätekombination. Die Konsequenz: Auch bei Profinet-Systemumgebungen trifft man immer wieder auf Konstellationen, bei denen nur wegen eines einzigen Feldgeräts ein separater Profibus-Strang installiert und eine passende Profibus-Steuerung verbaut ist – ein hoher Aufwand, der nach einer intelligenteren Lösung verlangt.

Mit dem Profinet-Dongle können auch die Hersteller von Feldgeräten eine 'Sowohl-als-auch'-Strategie fahren.

Mit dem Profinet-Dongle können auch die Hersteller von Feldgeräten eine 'Sowohl-als-auch'-Strategie fahren.Hilscher

Profinet-Upgrade per Stecker

Die Firma Hilscher hat deshalb einen schlanken Migrationsweg entwickelt, herkömmliche Profibus-Geräte nahtlos in ein Profinet-Umfeld zu integrieren. Im Gehäuse eines Profibus-Adaptersteckers wurde das Gateway Netlink Proxy implementiert, ein intelligenter Konverter, der jeden Profibus-Slave innerhalb weniger Minuten in ein Profinet-Netzwerk integrieren kann. Dazu wird der Stecker auf die Profibus-DP-Schnittstelle des Feldgeräts gesteckt und über eine RJ45-Buchse an Profinet angeschlossen. Aufgrund des kurzen Übertragungsweges am Profibus entfällt der Busabschlusswiderstand. Die Versorgungsspannung wird einfach vom Slave abgegriffen. Gegenüber Profinet verhält sich das Gateway wie ein I/O­-Gerät. Das heißt, die Prozessdaten des Slaves werden entsprechend der Proxy-Richtlinie der PI-Nutzerorganisation als Modul im entsprechenden Profinet-Slot/Subslot abgebildet. Die Inbetriebnahme erfolgt per Laptop, entweder per Direktverbindung zum Ethernet-Port des Adapters oder über einen beliebigen Ethernet/Profinet-Switch. Projektiert wird über die grafische Benutzeroberfläche des FDT/DTM-basierenden Planungs-, Konfigurations- und Diagnosewerkzeugs Sycon.net. Zusammen mit der originalen GSD-Datei des Profibus-Slaves, werden die Informationen wie Parameter, I/O-Datenlänge zu seiner Identifikation über eine Profibus-Scan-Funktion automatisch ermittelt und an den Stecker übertragen. Ist die Konfiguration abgeschlossen, konvertiert das Tool die Geräte-Parameter in eine standardisierte GSDML-Datei, die sich in jedes Profinet-Controller Konfigurationswerkzeug importieren lässt.

Systemwechsel ist auch eine Frage des Investitionsschutzes

Für Anlagenbetreiber ist das Gateway auch hinsichtlich Investitionsschutz eine interessante Lösung. Schließlich stellt der Austausch aller Profibus-Geräte einen erheblichen Kostenblock dar. Mit dem Gateway-Stecker können die bewährten Feldgeräte beibehalten werden, ohne auf den transparenten Datenaustausch über Profinet verzichten zu müssen. Ein Geräte­tausch braucht dann nur zu erfolgen, wenn das Profibus-Geräte aufgrund eines technischen Defekts ohnehin ersetzt werden muss. Oder man nutzt die Stecker als Übergangslösung bis der jeweilige Hersteller eine Profinet-Variante seines Geräts zur Verfügung stellt. Für solche Szenarien ebenso interessant ist netTAP, der große Bruder des Proxy-Steckers. Diese Hutschienen-Variante integriert einen kompletten Profibus-Strang mit bis zu 125 DP-Slaves in Profinet.

Mit dem Profinet-Dongle können auch die Hersteller von Feldgeräten eine ‚Sowohl-als-auch‘-Strategie fahren. Sie können allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entscheiden, ob und wann sich der Aufwand für sie lohnt, ein bestehendes Profibus-Gerät neu zu entwickeln und mit einer Profinet-Schnittstelle auszustatten oder mit dem Gateway zu arbeiten.

Armin Beck

ist Produktmanager Gateways bei der Hilscher Gesellschaft für Systemautomation mbH in Hattersheim.

(sk)

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Hilscher GmbH Gesellschaft für Systemautomation mbH

Rheinstraße
65795 Hattersheim
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